Einleitung
Die Frühe Neuzeit war nicht nur die Zeit der großen Entdeckungsreisen, sondern auch die Zeit der humanistischen Bildungsreform. Wurde im Mittelalter noch die Stabilität gegenüber der Mobilität aufgewertet, drehte sich dieses Verhältnis in der frühen Neuzeit um. Damit sah man auch die zuvor als sündhaft betrachtete theoretische Neugier (curiositas) in einem anderen Licht. Neues zu erfahren und die Erweiterung des Horizonts, gehörte in der Frühen Neuzeit zunehmend zur Umwelt bestimmter gesellschaftlicher Schichten, besonders des Adels. Die damit verbundene Erfahrungssuche ermöglichte das Zeitalter der Entdeckungen, wodurch auch neue Formen der Bildung, wie die Bildungsreise entstanden. Es genügte nicht mehr, sich nur erzählen zu lassen, was auf der Welt passiert, man musste selber reisen, sehen und Erfahrungen sammeln. Die Bildungsreise rückte in der Frühen Neuzeit in den Kontext der Bildung und Erziehung. 1
Diese Hausarbeit möchte einen Überblick über die „Grand Tour“ 2 geben und die Frage beantworten, warum die Grand Tour als Höhepunkt adliger Bildung in der Frühen Neuzeit angesehen wurde. Im Folgenden soll zunächst der Begriff Grand Tour erläutert werden, um im zweiten Schritt den Zweck der adligen Bildungsreise aufzuzeigen. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit dem Ablauf einer Grand Tour, wie diese vorbereitet wurde, worauf die „grandtourists“3 zu achten hatten und welche Reiseziele angesteuert wurden. Im letzten Kapitel werden die Schlussfolgerungen zusammengefasst und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der adligen Bildungsreise gegeben. Die Entwicklung der Grand Tour in anderen europäischen Ländern, wie sie zum Beispiel in Deutschland und den Niederlanden stattgefunden hat, wird in dieser Arbeit aber ausgeklammert oder nur erwähnt.
Zum Thema der Grand Tour und der adligen Bildungsreise gibt es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, wie Monographien, Aufsätze oder Zeitschriftenartikel, welche das Thema bereits behandelt haben. Hervorzuheben ist hier Attilio Brilli der als einer der größten Kenner der Reiseberichte und der Reiseliteratur gilt. Die Reiseberichte der Grandtouristen sind die wichtigsten Quellen der Forschung, welche sich mit dem Phänomen der Grand Tour beschäftigt. Diese Texte liegen oft in englischer Sprache oder handschriftlich vor, was das Studieren und Analysieren dieser Texte sehr erschwert.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Die Grand Tour
3. Die Krönung einer guten Erziehung
4. Der Ablauf einer Grand Tour
Die Reiseklugheitsregeln
Die Reiseutensilien
Reiserouten und Begleiter
5. Die Durchführung der Grand Tour
Das Hauptziel der Grand Tour: Italien
Besuch einer Universität
6. Probleme der Reisenden
7. Die weitere Entwicklung der Grand Tour
8. Schlussbemerkungen
9. Quellenverzeichnis
10. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Frühe Neuzeit war nicht nur die Zeit der großen Entdeckungsreisen, sondern auch die Zeit der humanistischen Bildungsreform. Wurde im Mittelalter noch die Stabilität gegenüber der Mobilität aufgewertet, drehte sich dieses Verhältnis in der frühen Neuzeit um. Damit sah man auch die zuvor als sündhaft betrachtete theoretische Neugier (curiositas) in einem anderen Licht. Neues zu erfahren und die Erweiterung des Horizonts, gehörte in der Frühen Neuzeit zunehmend zur Umwelt bestimmter gesellschaftlicher Schichten, besonders des Adels. Die damit verbundene Erfahrungssuche ermöglichte das Zeitalter der Entdeckungen, wodurch auch neue Formen der Bildung, wie die Bildungsreise entstanden. Es genügte nicht mehr, sich nur erzählen zu lassen, was auf der Welt passiert, man musste selber reisen, sehen und Erfahrungen sammeln. Die Bildungsreise rückte in der Frühen Neuzeit in den Kontext der Bildung und Erziehung.[1]
Diese Hausarbeit möchte einen Überblick über die „Grand Tour“[2] geben und die Frage beantworten, warum die Grand Tour als Höhepunkt adliger Bildung in der Frühen Neuzeit angesehen wurde. Im Folgenden soll zunächst der Begriff Grand Tour erläutert werden, um im zweiten Schritt den Zweck der adligen Bildungsreise aufzuzeigen. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit dem Ablauf einer Grand Tour, wie diese vorbereitet wurde, worauf die „grandtourists“[3] zu achten hatten und welche Reiseziele angesteuert wurden. Im letzten Kapitel werden die Schlussfolgerungen zusammengefasst und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der adligen Bildungsreise gegeben. Die Entwicklung der Grand Tour in anderen europäischen Ländern, wie sie zum Beispiel in Deutschland und den Niederlanden stattgefunden hat, wird in dieser Arbeit aber ausgeklammert oder nur erwähnt.
Zum Thema der Grand Tour und der adligen Bildungsreise gibt es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, wie Monographien, Aufsätze oder Zeitschriftenartikel, welche das Thema bereits behandelt haben. Hervorzuheben ist hier Attilio Brilli der als einer der größten Kenner der Reiseberichte und der Reiseliteratur gilt. Die Reiseberichte der Grandtouristen sind die wichtigsten Quellen der Forschung, welche sich mit dem Phänomen der Grand Tour beschäftigt. Diese Texte liegen oft in englischer Sprache oder handschriftlich vor, was das Studieren und Analysieren dieser Texte sehr erschwert.
2. Die Grand Tour
Der Ausdruck Grand Tour tauchte in der Reiseliteratur erstmals etwa 1697 in Richard Lassels „Compleat Journey through Italy“ auf[4], wurde aber sehr wahrscheinlich schon vorher benutzt. Der Begriff Grand Tour stammt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt große Rundfahrt. Zudem bezeichnet der Begriff Grand Tour eine Bildungsreise durch den europäischen Kontinent, vor allem durch Frankreich und Italien.[5]
Die Grand Tour entwickelte sich Ende des 16. Jahrhunderts als Königin Elisabeth I. in England (1558-1603) regierte. Unter ihr begann eine Entwicklung, die das Reisen auf den Kontinent als Abschluss der Standesbildung junger Adliger und zum guten Ton erklärte. Die Königin selbst forderte, dass eine Reise durch Frankreich und Italien als Vorbereitung für eine diplomatische Karriere dienen sollte.[6] Dadurch wurde es geradezu zur Pflicht, dass die adligen Engländer ihre Söhne auf die Rundreise durch Europa schickten.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Grand Tour auch in den anderen europäischen Ländern, wie Frankreich, Deutschland und den Niederlanden zum Höhepunkt adliger Bildung und zum „festen Erziehungsprogramm der höheren Stände“[7]. So sprach man in Deutschland von der Grossen Tour oder Kavalierstour und in den Niederlanden von der Grooten Tour.[8]
3. Die Krönung einer guten Erziehung
Wie das Wandern des Handwerkers diente auch die „Grand Tour“ dem jungen männlichen, ab dem Ende des 18. Jahrhunderts auch weiblichen Adligen der Vorbereitung auf den späteren Beruf und der Charakterbildung. Die Reisenden welche zwischen 16 und 22 Jahren alt waren sollten ihre Ausbildung abschließen, dabei bewegte sich die Grand Tour zwischen zwei Arten von Erwartungen. Die erste Erwartung war der nützliche und praktische Zweck der Grand Tour. An den Universitäten gab es kaum Lehrbücher über die Staatssystem in anderen Ländern, also waren die jungen Adligen, welche später die Führungselite darstellen sollten, auf das Reisen angewiesen. Die Reisenden sollten auf der Reise mehr über die Wissenschaft des Forschens lernen und die Zustände in den Reiseländern erkunden.[9]
Zudem sollten die Grandtouristen Grundkenntnisse erwerben, um nach ihrer Rückkehr bessere Diener ihrer Königin zu sein. Zu diesen Grundkenntnissen gehörte, dass der junge adlige Reisende seine Erfahrungen in Sachen Diplomatie, Unternehmungsgeist, Mut, Vermögen, andere Menschen zu führen, Kraft zu schnellen Entschlüssen, Vertrautheit mit Sitten, Manieren, Kunst, Anstandsregeln und Fremdsprachenkenntnisse schulen sollte.[10] Ein Reisender der Grand Tour, James Boswell, schrieb in einem Brief aus Rom an Jean-Jacques Rousseau:
„Ich habe beinahe meine Rundfahrt durch Italien geschafft. Ich habe mit Enthusiasmus die klassischen Sehenswürdigkeiten und die Überreste der untergegangenen römischen Kultur besucht. Ich studierte gründlich, Architektur, Statuen und Gemälde; und ich glaube ich habe mir ein gewisses Maß erworben“.
[...]
[1] Krempien, Petra: Geschichte des Reisens und des Tourismus (Ein Überblick von den Anfängen bis zur Gegenwart), Limburgerhof 2000, S. 90; Zimmers, Barbara: Geschichte und Entwicklung des Tourismus (Trierer Tourismus Bibliographien, Bd. 7), Trier 1995, S. 29; Spode, Hasso: Der moderne Tourismus – Grundlinien seiner Entstehung und Entwicklung vom 18. bis zum 20. Lahrhundert, in: Storberg, Dietrich (Hrsg.): Moderner Tourismus – Tendenzen und Aussichten, Trier 1990, S. 47.
[2] Durchgehend gebraucht von: Stannek, Antje: Telemachs Brüder (Die höfische Bildungsreise des 17. Jahrhunderts), Frankfurt am Main 2001.
[3] Brilli, Attilio: Als Reisen eine Kunst war (Vom Beginn des modernen Tourismus: Die „Grand Tour“), Berlin 2001, S. 22.
[4] Vgl. Brilli: Als Reisen eine Kunst war, S. 21.
[5] Leibetseder, Mathis: Die Kavalierstour (Adlige Erziehungsreisen im 17. und 18. Jahrhundert), Köln 2004, S. 18; Brilli: Als Reisen eine Kunst war, S. 17.
[6] Krempien: Geschichte des Reisens und des Tourismus, S.90; Stagl, Justin: Ars Apodemica: Bildungsreise und Reisemethodik von 1560-1600, in: Ertzdorff, Xenja: Reisen und Reiseliteratur im Mittelalter und der Frühen Neuzeit (Vorträge eines interdisziplinären Symposiums vom 3.-8. Juni 1991 an der Justus-Liebig-Universität Gießen), Amsterdam 1992, S. 141-143.
[7] Neutsch, Cornelius: Von der adligen „Grand Tour“ zum Tourismus des Bürgertums (Reisen in Deutschland um 1800), in: Sozialwissenschaftliche Information 32 (2003), S. 44.
[8] Leibetseder: Die Kavalierstour, S. 19.
[9] Bauer, Hans: Wenn einer eine Reise tat (Eine Kulturgeschichte des Reisens von Homer bis Baedeker), Leipzig 1973, S. 81.
[10] Brilli: Als Reisen eine Kunst war, S. 17; Bauer: Wenn einer eine Reise tat, S. 78; Brilli, Attilio: Reisen in Italien (Die Kulturgeschichte der klassischen Italienreise vom 16. bis 19. Jahrhundert), Köln 1990, S. 33; Stannek: Telemachs Brüder, S.45.
- Quote paper
- Christian Richter (Author), 2004, Die Grand Tour - Die Bildungsreise der Adligen in der Frühen Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52961
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