Ende der neunziger Jahre befand sich die Inszenierungsthese auf ihrem Höhepunkt. Eine moderne Gesellschaft die durch die mediale Logik bestimmt und deren Strukturen (Organisationsformen, rechtliche Verfasstheit und ökonomische Ausrichtung) durchzogen ist, neige, so Befürworter der Inszenierungsthese, zur Theatralisierung aller sozialer Systeme.
Der Wandel hin zu einer Mediengesellschaft und dessen Auswirkungen auf das politische System sind unverkennbar. Eine nivellierende Ausrichtung hin zu einer kurzfristigen Medienresonanz auf Kosten eines sorgfältigen Arbeitens in den Parlamenten ist mit Bedauern systemübergreifend festzustellen, egal ob in einer parlamentarischen oder präsidentiellen Demokratie, in einem Zwei- oder Mehrparteiensystem oder in Systemen mit einem Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht.
Vor allem aus legitimatorischen Gründen sind besonders politische Akteure darauf angewiesen, ihre Politik mit der Öffentlichkeit abzustimmen bzw. politische Vorstellungen und deren Umsetzung an die Bevölkerung zu kommunizieren. In einer Mediendemokratie ist es deshalb nicht verwunderlich, dass Spitzenakteure von Parteien intentionale Telepolitik betreiben, um so ihre Wählerschaft zu erreichen.
Im Zuge einer Ökonomisierung der Gesellschaft und nachlassender parteipolitischer Bindungen setzen politische Spitzenakteure vermehrt auf Techniken des politischen Marketings. Die Imagekonstruktion und –pflege parteipolitischer Spitzenmänner ist dabei nur eines von vielen Instrumenten, welches im modernen politischen System Einzug gehalten hat.
Im Zuge der vorliegenden Arbeit sollen nicht nur wissenschafts-theoretische Kenntnisse über die Theatralisierungsthese und die Image-Konstruktion politischer Spitzenaktuere vermittelt, sondern auch ein praktischer Bezug hergestellt werden. Im Zentrum der praktischen Analysen steht Roland Koch, neben Uwe Barschel der zweitjüngster Ministerpräsident eines Bundeslandes in der Bundesrepublik Deutschland. Anhand einer Inpunt-Output-Analyse findet eine Gegenüberstellung der Aktivitäten des politischen Spitzenaktuers, die Übermittlung der Handlungen von Roland Koch durch die Medien und die Rezeption dieser bei den Wählern statt.
INHALT
1. EINLEITUNG
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.1 Einführung in das Forschungsgebiet der Theatralisierungsthese
2.2 Zur Imagekonstruktion – Allgemeine Begriffsdefinitionen
2.3 Methodisches Vorgehen
3. Absichten bei der Imagekonstruktion – die senderorientierte Perspektive
3.1 Methodik und Grundlagen
3.2 Retrospektive – Das private und politische Leben des Roland Koch
3.2.1 Persönliche Vitae
3.2.2 Politische Vitae
3.3 „Inszenierst Du schon oder wirst Du inszeniert?“ Wie konstruiert Roland Koch sein Image?
3.3.1 Zur reflexiven Beurteilung von Roland Koch
3.3.2 Die Selbstinszenierung des Roland Koch
3.4 Zwischenfazit
4. „Wer ist Koch und wer ist Kellner?“ Inwieweit Manipulieren Medien bei der imagekonstruktion von roland koch?
4.1 Systematik und Auswertung
4.2 Dialektische Konstruktion von Roland Kochs Image durch die Medien – Jedoch: „Koch bleibt Koch.“
4.2.1 Die Darstellung des Privatmenschen Roland Koch in den Medien
4.2.2 Der „Lügner“ Koch – Skandale und Affären im politischen Leben des CDU-Spitzenkandidaten
4.2.3 Der brillante Politprofi Roland Koch – Positive Zuschreibungen und Charakterisierungen in den Medien
4.3 Zwischenresümee
5. „Roland Koch der König von Hessen“ – Perzeption des öffentlichen bildes beim Wähler
5.1 Methodisches Vorgehen und Datenbasen
5.2 Authentizität vom Schein und Sein - entscheidende Relevanz zu Zeiten ökonomischer Knappheit?
5.3 Zwischenfazit
6. Diskussion
7. LITERATUR
8. Linkverzeichnis
1. EINLEITUNG
Ende der neunziger Jahre befand sich die Inszenierungsthese auf ihrem Höhepunkt (siehe ausführlich dazu Willems/Jurga, 1998). Eine moderne Gesellschaft die durch die mediale Logik[1] bestimmt und deren Strukturen (Organisationsformen, rechtliche Verfasstheit und ökonomische Ausrichtung) durchzogen ist, neige, so Befürworter der Inszenierungsthese, zur Theatralisierung aller sozialer Systeme (vgl. Meyer, 2003, S.12).
Der Wandel hin zu einer Mediengesellschaft und dessen Auswirkungen auf das politische System sind unverkennbar.[2] Eine nivellierende Ausrichtung hin zu einer kurzfristigen Medienresonanz auf Kosten eines sorgfältigen Arbeitens in den Parlamenten ist mit Bedauern systemübergreifend festzustellen, egal ob in einer parlamentarischen oder präsidentiellen Demokratie, in einem Zwei- oder Mehrparteiensystem oder in Systemen mit einem Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht (vgl. Korte/Hirscher, 2000, S.7).
Vor allem aus legitimatorischen Gründen sind besonders politische Akteure darauf angewiesen, ihre Politik mit der Öffentlichkeit abzustimmen bzw. politische Vorstellungen und deren Umsetzung an die Bevölkerung zu kommunizieren. In einer Mediendemokratie ist es deshalb nicht verwunderlich, dass Spitzenakteure von Parteien intentionale Telepolitik betreiben, um so ihre Wählerschaft zu erreichen (vgl. Jarren, 2001, S.10).
Im Zuge einer Ökonomisierung der Gesellschaft und nachlassender parteipolitischer Bindungen setzen politische Spitzenakteure vermehrt auf Techniken des politischen Marketings. Die Imagekonstruktion und –pflege parteipolitischer Spitzenmänner ist dabei nur eines von vielen Instrumenten, welches im modernen politischen System Einzug gehalten hat (vgl. Pries, 2004, S.153ff).
Im Rahmen des Hauptseminars „Versöhner“, „Macher“, und „Eiserne Ladies“ – Zur Imagekonstruktion politischer Spitzenakteure – im Sommersemester 2005 unter der Leitung von Martin Florack, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen, sollten nicht nur die Auswirkungen des Wandels von einer parlamentarischen hin zu einer Mediendemokratie problematisiert werden, sondern auch praxisnah erforscht und untersucht werden, wie das politische System versucht, die Medien zu instrumentalisieren und wie die Marketingtechnik der Imagekonstruktion in der politischer Praxis Anwendung widerfährt.
Die Teilnehmer des Seminars bekamen die Aufgabe, in kleinen Teams politische Spitzenakteure hinsichtlich ihres Images, dessen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und dessen Konstruktion durch die Medien intensiv zu analysieren. Der vorliegende Forschungsbericht fast die Ergebnisse einer dieser Untersuchungen zusammen. Dabei konzentrierte sich ein Projektteam von fünf Studenten/innen auf die Image-Generierung von Roland Koch (CDU).
Im anschließenden Abschnitt werden die theoretischen Grundlagen für das Forschungsprojekt dargestellt. So wird zunächst eine wissenschaftliche Rahmung und Einführung in das Forschungsgebiet der Theatralisierungsthese vorgenommen, die theoretische Herleitung des Begriffs Imagekonstruktion und die Methodik der Forschungsgruppe Roland Koch differenziert erläutert.
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.1 Einführung in das Forschungsgebiet der Theatralisierungsthese
In den Kommunikationswissenschaften wird der Wandlungsprozess dynamischer und moderner Gesellschaften anhand des prägenden Merkmals der Evolution der Medien charakterisiert.[3] Werden Medien als komplexe institutionalisierte Systeme, die sich aus überwiegend technisch organisierten Kommunikationskanälen mit spezifischen Leistungsvermögen zusammen setzen, definiert und wirken diese in alle Ebenen individuellen und kollektiven Seins hinein, egal ob in kultureller, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht, kann medienvermittelte Kommunikation auch als soziales Totalphänomen bezeichnet werden. (vgl. Saxer, 1998, S.52ff).
Angesichts der fortschreitenden Globalisierung, der technisch induzierten grundsätzlichen Veränderung des Mediensystems und der Dualisierung des Rundfunksystems in vielen europäischen Ländern Mitte der achtziger Jahre erachten es viele Wissenschaftler für sinnvoll, von einer Mediengesellschaft zu sprechen (vgl. Kaase, 1998, S.24-25). In diesem immer komplexer werdenden und ökonomischen Gesetzmäßigkeiten folgenden sozialen System gewinnt Kommunikation, der Prozess der Zeichen- und Bedeutungsvermittlung, für den Zusammenhalt und die Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft eine immer größer werdende Relevanz (vgl. Saxer, 1998, S.52-53).
Politische Öffentlichkeit in einer Mediengesellschaft ist hinsichtlich ihrer Inhalte, Strukturen und Prozesse weitgehend medial beeinflusst. In dem Maße wie sich allgemeine Kommunikations- und Informationspraxen durch die Mediatisierung verändern,[4] wandelt sich auch die politische Kommunikation. Die Mediatisierung der politischen Kommunikation wird im Rahmen dieser Arbeit holistisch betrachtet. D.h. auf die drei wesentlichen Perspektiven der Mediatisierungsthese, der wachsenden Verschmelzung von Medienwirklichkeit und politischer sowie sozialer Realität, der zunehmenden Wahrnehmung von Politik im Wege medienvermittelter Erfahrung und der Ausrichtung politischen Handelns und Auftretens an der Medienlogik, wird hier im Einzelnen nur ansatzweise und nicht detailliert eingegangen (vgl. Jarren, 2001, S.12).
Theatralische Darstellungen und die damit im Zusammenhang stehende Inszenierungsthese des Politischen, verbreitet durch immer modernere und weitreichendere Medientechniken, finden zunehmend in der Öffentlichkeit Zuspruch.[5] Begründbar ist dies durch die Machtverschiebung vom geschriebenen oder gesprochenen Wort hin zur bildlichen Darstellung. Durch die Visualisierung, hauptsächlich generiert durch das Leitmedium TV und dessen innere Funktionslogik,[6] spielt es keine Rolle mehr, wer was sagt, sondern wie das zu vermittelnde durch Bildhaftigkeit die Sinne des Rezipienten in Regie nimmt (vgl. Meyer u.a., 2000, S.89).
Politik in der Demokratie lebt von der immerwährenden Legitimation ihrer Intentionen, Verhaltensweisen und von ihren Handlungserfolgen. In einer Mediengesellschaft kann und muss dies über medienvermittelte – explizit elektronische – Kommunikation erfolgen. Die durch mediale Logik bestimmte Gesellschaft zwingt das politische System allerdings dazu, sich in die Abhängigkeit des Mediensystems zu begeben. Um Aufmerksamkeit zu erlangen und die Bürger zu erreichen, müssen politische Ereignisse oder Akteure theatralisiert bzw. inszeniert werden (vgl. Meyer, 2003, S.12ff).
Von politischen Begebenheiten kann dann als theatralisches Event gesprochen werden, „wenn es sich um Darstellungsaktivitäten handelt, die vor allem mit dem tätigen Körper und/oder seinen mediatisierten Bildern operieren“ (Meyer u.a., 2000, S.45). Findet politische Kommunikation als das Vorzeigen „bewegter Körper und der Führung des Blicks in einem öffentlich hervorgehobenen Raum statt, wobei unterschiedliche Sinnbereiche, Medien und Zeichensysteme zusammenwirken“, kann von Theatralität des Politischen gesprochen werden (Meyer u.a., 2000, S.45).
Der Begriff der Inszenierung meint in diesem Kontext „das Ensemble von Techniken und Praktiken, mit denen etwas absichtsvoll und hochselektiv zur Erscheinung gebracht wird und zugleich den Prozess des Erscheinens selbst. Das erklärt auch das Verhältnis zwischen den beiden Schlüsselbegriffen Inszenierung und Theatralität: Die Inszenierung ist das, was Theatralität zur Erscheinung bringt“ (Meyer u.a., 2000, S.54).
Die Inszenierungsthese besagt im Kern, dass moderne politische Kommunikation nur noch den Gesetzmäßigkeiten des medialen Systems folgt und jegliche Art von politischer Kommunikation und politischem Handeln allein symbolischen Wert besitzt, um die Aufmerksamkeit des Bürgers bzw. potentiellen Wählers zu gewinnen bzw. seine Meinung über den politischen Akteur, dessen Partei oder Programmatik intentional zu beeinflussen. In einer Mediengesellschaft fehlt dieser Darstellungspolitik jedwede politische Substanz und Entscheidungspolitik wird als irrelevant kategorisiert (vgl. Korte/Hirscher, 2000, S.11).
Aus anthropologischer Sicht lässt sich zur Inszenierungsthese zwar anmerken, dass politische Akteure bereits vor Jahrhunderten versucht haben, ihre Ziele oder Verdienste, ihre Person oder die Gruppe, die sie vertraten, durch entsprechende Inszenierungspraktiken für eine breite Öffentlichkeit ins rechte Licht zu setzten. Allerdings hat sich durch den Wandel hin zur bildlichen Kommunikation sowie durch die inflationäre Mitteilungsflut und der damit zu problematisierenden Aufmerksamkeitsmalaise eines Massenpublikums der Konkurrenzdruck in der Politik drastisch verschärft. Die Situation und die Möglichkeiten der politischen Kommunikation haben sich damit grundlegend verändert (vgl. Meyer, 2003, S.13-14; Müller, 1999, S.41-42).
In einer von Bildern durchzogenen und geleiteten Gesellschaft ist es für politische Akteure essentiell und überlebenswichtig geworden, auf PR- und Marketingtechniken (evtl. unter Zuhilfenahme von Medienberatern) zurückzugreifen, um überhaupt noch Aufmerksamkeit erlangen zu können (vgl. Kahler, 2004, S.184ff). Folgender Forschungsbericht über den politischen Spitzenakteur Roland Koch, Ministerpräsident des Landes Hessen und CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag, thematisiert die Inszenierungsthese aus einer praktischen Perspektive.
Dabei soll das Bild oder besser Image, welches ein politischer Spitzenakteur besitzt, aus angesprochenem Anlass – der Inszenierungsthese – näher analysiert werden. Welche Möglichkeiten der Inszenierung bieten sich für den Politiker oder dessen Image-Broker? Wie können die Medien von diesen Akteuren instrumentalisiert werden und zugleich manipulieren? Welche Auswirkungen haben die unterschiedlichen Intentionen und Regelsysteme der beteiligten Akteure auf die Öffentlichkeit und deren Meinung (vgl. Priess, 2003, 157ff; Korte, 2004, S.211ff)?[7]
2.2 Zur Imagekonstruktion – Allgemeine Begriffsdefinitionen
Im Folgenden soll das Instrument der Inszenierung des Politischen an der Praktik der Imagekonstruktion exemplarisch behandelt werden. Der Begriff Image leitet sich von dem lateinischen Wort Imago (Bild) ab. Ein Image ist definiert als die Gesamtheit von Vorstellungen, Einstellungen und Gefühlen, die eine Person im Hinblick auf ein Objekt, z.B. eine Person, eine Organisation, ein Produkt oder eine Idee, besitzt (vgl. Merten, 1999, S.244).
In der Werbe- oder Sozialpsychologie geht dem Image das Konzept der Einstellung voraus, das als Struktur mit drei verbundenen Komponenten verstanden werden kann: einer kognitiven (Aufmerksamkeit), einer konativen (Handlung) und einer affektiven (Sympathie, Wertung). Somit sind Einstellungen innere Bereitschaften (Prädispositionen) eines Individuums, auf bestimmte Stimuli der Umwelt konsistent positiv oder negativ zu reagieren. In den Kommunikations- oder Publizistikwissenschaften wird der Begriff Meinung anstelle von Einstellungen verwendet. Das Image charakterisiert somit die Einstellung oder Meinung einer Person zu einem Objekt und kann deshalb als differenziertes und dabei ganzheitliches Bild eines Einstellungsgegenstandes begriffen werden (vgl. Mattenklott, 2004, S.625-626, Kindelmann, 1994, S.29 und Meffert, 2000, S.118-119).
Im Lexikon für politische Bildung wird ein Image als Bild bezeichnet, das Werbung und Public Relation mit Hilfe der Massenmedien von einer Person, einer Sache oder einer Personengruppe erzeugen (vgl. Schüler Duden, Politik und Gesellschaft, Bildung, 1992, S.186-187). Insbesondere für unsere Studie, die diese Marketing- und PR-Instrumente bei der Konstruktion eines Politiker-Images untersucht, ist diese Definition sehr passend. Es werden bereits zwei der drei beteiligten Hauptakteure im Prozess der Image-Konstruktion explizit angesprochen. Zum einen spielt bei der Image-Genese der politische Spitzenakteur und dessen Intention eine wesentliche Rolle. Auf der anderen Seite sind die Massenmedien zu nennen, die ihrer eigenen Logik folgen. Dabei ist davon auszugehen, dass der politische Akteur versucht, das mediale System und dessen Akteure für seine Zwecke zu instrumentalisieren, damit diese ein möglichst positives und nach seinen Zielen ausgerichtetes Selbstbild transportieren.
Im Gegensatz zum politischen System läuft die Präsentations- und Selektionslogik der Massenmedien in eine andere Richtung. Hier zählt die Einschaltquote und der Nachrichtenwert. Des Weiteren wollen sich die Medien auch nicht vor den „Karren“ der Politiker spannen lassen und versuchen deshalb, möglichst unabhängig vom politischen System zu agieren. Der dritte, wenn nicht sogar der entscheidende Akteur bei der Image-Konstruktion, kann entweder als Wähler oder Konsument bezeichnet werden, je nachdem ob die mediale oder politische Perspektive gewählt wird. Folgende Grafik soll den Prozess der Image-Genese besser veranschaulichen und die Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren darstellen (vgl. Sarcinelli, 2003, S.16ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Imagekonstruktion und die reziproken Verhältnisse zwischen den beteiligten Akteuren (eigene Darstellung)
Der politische Spitzenakteur kann entweder durch personale Kommunikation, z.B. durch Wahlveranstaltungen, sein Image an die Wähler direkt vermitteln (Pfeil 1), auf spezielle Instrumente zur Image-Genese zurückgreifen (Pfeil 2) oder versuchen, die Medien für seine Zwecke zu instrumentalisieren, z. B. durch Event-Management (Pfeil 3). Politiker können aber auch professionelle Beratung durch Image-Broker in Anspruch nehmen (Pfeil 4). Dabei ist anzumerken, dass diese politischen Akteure zweiter Ordnung ebenfalls intentional spezielle Techniken verwenden, um das Image zu konstruieren (Pfeil 2). Um in einer medialen Gesellschaft die Wähler am besten und effektivsten zu erreichen, sind die Medien das wichtigste Instrument bei der Image-Konstruktion (Pfeil 3).
Bei der Darstellung ist zu berücksichtigen, dass die Medien versuchen, dem politischen System ihre Logik aufzuzwängen.[8] Pfeil 5 soll aufzeigen, dass die Medien die Wähler eher als Konsumenten betrachten und durch Visualisierung politischer Prozesse, hier der Image-Konstruktion, versuchen, eine möglichst hohe Einschaltquote zu erreichen. Der institutionelle Kontext umrahmt und strukturiert die politischen und medialen Systeme als auch die in ihnen handelnden Akteure.
2.3 Methodisches Vorgehen
Die Aufgabe des Forschungsteams Roland Koch bestand zunächst darin, sich über das methodische Vorgehen zu verständigen und ein entsprechendes Konzept zu entwerfen. Aufgrund der zeitlichen Reglementierung – die gesamten Teams des Seminars hatten nur acht Wochen Zeit, Ergebnisse zu erarbeiten – entschloss sich die Projektgruppe, exemplarisch für das mediale System, die Printmedien auszuwählen.
Daraufhin wurde ein entsprechender Untersuchungszeitraum für die Recherche abgesteckt: Die erste Amtszeit von Roland Koch zwischen 1999 und 2003. Dabei wurde auf das Internet und eine Zeitschriften-Datenbank zurückgegriffen. Nachdem ein ausreichender Fundus an Zeitungsartikeln vorlag, mussten die relevanten Dimensionen des Konstruktes Image bestimmt werden. Diese Dimensionen dienen dazu, anhand von qualitativen Inhaltsanalysen der Zeitungsartikel festzustellen, wie das Image von Roland Koch in den Medien transportiert wird, wie er es selbst inszeniert und wie es bei den Rezipienten ankommt.
Aufgrund des begrenzt zur Verfügung stehenden Zeitkorridors wurde bei der Operationalisierung des Konstruktes Image eine Studie von Kindelmann (1994) hinzugezogen. Diese Untersuchung wurde aus zwei wesentlichen Gründen ausgewählt: Zum einen wegen der thematischen Nähe der Arbeit von Kindelmann zu dem vorliegenden Forschungsprojekt und zum zweiten aufgrund der hohen wissenschaftlichen Reputation dieser Untersuchung (vgl. Sarcinelli, 1998, S.286).
[...]
[1] Bei der medialen Logik handelt es sich um zwei aufeinander abgestimmte Regelsysteme, der Selektions- und Präsentationslogik. „Das erste Regelsystem besteht in der Auswahl berichtenswerter Ereignisse nach Maßgabe ihrer Nachrichtenwerte, das zweite aus einem Kanon von attraktionssteigernden Inszenierungsformen für das so ausgewählte Nachrichtenmaterial, um die Maximierung eines anhaltenden Publikumsinteresses zu sichern.“ (Meyer, 2003, S.15)
[2] Thomas Meyer stellt die „kopernikanische Wende“ – den Wandel von der Parteien- hin zur Mediendemokratie – ausführlicher in seinem Werk „Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch das Mediensystem“ dar (vgl. Meyer, 2001).
[3] So betrachten beispielsweise McLuhan (1964/1995) und – im Anschluss daran Meyrowitz (1987) - die Entwicklung der Gesellschaft als Geschichte ihrer Medien (vgl. Meyer u.a., 2000, S.71).
[4] Das Fernsehen ist bei der Mediatisierung nicht nur als Faktor zu betrachten, sondern hat mittlerweile auch die Funktion des Leitmediums oder Meinungsführers inne. Von Relevanz ist somit, dass die Bildung der öffentlichen Meinung immer stärker an die Medien abgetreten wird und ein Wandel weg von realen hin zu virtuellen Opinion-Leader festzustellen ist (Vgl. Merten, 1999, S.243)
[5] Nach Merten ist eine analytische Differenzierung zwischen Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung ratsam. Dabei kann Öffentlichkeit als Situation mit fünf typischen Elementen definiert werden: „1) der Beobachtbarkeit von allem durch alle [...], die 2) Diskurse anstößt zu 3) Themen, die 4) nach Relevanz behandelt werden und 5) dazu Meinungen provozieren.“ (Merten, 1999, S.217-218) Öffentliche Meinung in der Mediengesellschaft wird systemisch als neuzeitliche Struktur von Kommunikation verstanden, die nicht mehr auf Authentizität, sondern viel eher auf die Unterstellung von Wahrhaftigkeit aufbaut. Dabei spielt die Akzeptanz einer Meinung, welche nicht authentisch sein muss, eine immer größere Rolle, wobei die Akzeptanz einer Meinung über die Öffentlichkeit beschafft werden kann (vgl. Merten, 1999, S.217ff). Bei unseren Arbeiten und schriftlichen Ausführungen wird allerdings nicht zwischen diesen beiden theoretischen Konstrukten unterschieden.
[6] Jarren thematisiert in dem Artikel „Mediengesellschaft – Risiken für politische Kommunikation“ detailliert die inneren Strukturen und Regelsysteme etablierter Medienorganisationen (vgl. Jarren, 2001, S.13ff).
[7] Arnswald geht in seinem Essay „Die Inszenierung der Politik in einer theatralisierten Gesellschaft“ von der Prämisse aus, dass drei Akteure - die politischen Eliten als Protagonisten der Inszenierung, die Medien und das allgemeine Publikum - bei der Inszenierung eines Images von Relevanz sind (vgl. Arnswald, 2003, S.28).
[8] Wer nun genau „Koch oder Kellner“ im Kampf der Gewalten ist, bleibt wohl weiterhin eine unbeantwortete Frage. Ausführlicher betrachtet und betreibt diese Diskussion Hombach, ehemaliger Medienberater von Gerhard Schröder und mittlerweile Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe in Essen (vgl. Hombach, 2003, S.6 ff).
- Arbeit zitieren
- Marc Petrovic (Autor:in), 2005, ROKO I. - König von Hessen - Intention, Manipulation und Rezeption - Roland Koch und sein Image als politischer Spitzenakteur in der mediatisierten Öffentlichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52851
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.