Mit dieser Arbeit wird eine umfassende Analyse des Konzeptes „Global Sourcing“ vorgelegt. Aufbauend auf einer klaren Zuordnung von Global Sourcing innerhalb der Beschaffungsstrategien werden grundlegende interne Anforderungen, wesentliche Teilprozesse der Beschaffung und Ansatzpunkte für ein Beschaffungscontrolling im internationalen Zusammenhang betrachtet sowie Herausforderungen für die Unternehmenspraxis herausgearbeitet.
Die Auswertung der relevanten Fachliteratur und die Befragung von Experten aus der Praxis haben dabei folgende wesentliche Erkenntnisse gebracht:
1. Die Beschaffungsfunktion hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg von Unternehmen, wird aber noch nicht dementsprechend eingebunden;
2. Durch effiziente Organisation der internen Beschaffungsaktivitäten können wesentliche Einsparungen bei Prozess- ebenso wie Einstandskosten der bezogenen Objekte erzielt werden;
3. Große Herausforderungen wie auch Erfolgspotentiale liegen in der Vernetzung der IT-Systeme, intern ebenso wie extern, mit Lieferanten;
4. Die Vorbereitung des Personals auf die Arbeit im Global Sourcing und ggf. die Entwicklung nicht vorhandener Qualifikationen ist erfolgskritisch;
5. Im Global Sourcing müssen bei der Lieferantenauswahl vor allem die gestiegenen Beschaffungsrisiken berücksichtigt werden;
6. Die Beschaffungslogistik muss die zusätzlichen Risiken bei Transport- und Bestandsplanung besonders berücksichtigen;
7. Lieferantenmanagement wird zur Kernaufgabe der strategischen Beschaffung;
8. Für Global Sourcing muss ein Beschaffungscontrolling eingesetzt werden, das die Aspekte der Kosten- und Risikobetrachtung besonders beachtet; Kennzahlen werden eingesetzt, um die Informationsmenge beherrschen zu können;
9. Spend Management ist als umfassendes Steuerungskon-zept der Beschaffung zu bezeichnen und sollte daher in der Praxis verstärkt angewendet werden.
Bei Berücksichtigung der oben genannten Punkte lassen sich die großen Herausforderungen des Global Sourcing in absehbarer Zeit in Erfolge umwandeln
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2 Ziele und Vorgehensweise
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen des Global Sourcing
2.1 Definition wichtiger Begriffe des Beschaffungsmanagements
2.2 Abgrenzung der in der Arbeit behandelten Thematik
2.3 Allgemeine Übersicht von Beschaffungsstrategien
2.3.1 Normstrategien in der Beschaffung
2.3.2 Übersicht wichtiger Sourcing-Konzepte
2.4 Global Sourcing als Strategiekonzept in der Beschaffung
2.4.1 Grundlagen von Global Sourcing
2.4.2 Chancen und Herausforderungen von Global Sourcing
3 Interne Voraussetzungen für Global Sourcing
3.1 Organisation der globalen Beschaffung
3.1.1 Entwicklung des Einkaufs in der Unternehmensorganisation
3.1.2 Wesentliche Einflussgrößen der Beschaffungsorganisation
3.1.3 Leitlinien für die Organisation von Global Sourcing
3.1.3.1 Segmentierung der Beschaffungsaufgaben
3.1.3.2 Zentralisierungsgrad der weltweiten Beschaffungsfunktion
3.1.3.3 Funktionsübergreifende Zusammenarbeit im Global Sourcing
3.1.3.4 Koordination in der Global Sourcing-Organisation
3.1.4 Möglichkeiten der Nutzung externer Einkauforganisationen
3.1.4.1 Outsourcing von Beschaffungsleistungen
3.1.4.2 International Procurement Offices
3.2 Internationale Beschaffungssysteme
3.2.1 Anforderungen an eine globale Systemstruktur
3.2.2 Operative Systeme im Global Sourcing (E-Procurement)
3.2.3 Strategische IT-Systeme für die Beschaffung (E-Sourcing)
3.3 Global Sourcing – Herausforderung für die Personalpolitik
3.3.1 Vom Einkäufer zum globalen Supply Manager
3.3.2 Personalmanagement für Global Sourcing
4 Der internationale Beschaffungsprozess
4.1 Ermittlung der internationalen Bedarfspotentiale
4.1.1 Die Make-or-Buy-Entscheidung
4.1.2 Beschaffungsobjekte für das Global Sourcing
4.2 Festlegung der zu bearbeitenden Ländermärkte
4.2.1 Kriterien der Beschaffungsmarktwahl
4.2.1.1 Allgemeine Kriterien zur Länderbeurteilung
4.2.1.2 Beschaffungsmarktspezifische Kriterien
4.2.2 Länderauswahlverfahren
4.2.2.1 Auswahlprozess
4.2.2.2 Auswahlmethodik
4.3 Lieferantenauswahl im Global Sourcing
4.3.1 Identifikation von leistungsfähigen Lieferanten
4.3.2 Lieferantenauswahlkriterien im Global Sourcing
4.4 Verhandlung und Vertragsabschluß im internationalen Umfeld
4.4.1 Verhandlungsführung
4.4.2 Rechtsfragen des globalen Beschaffungsmanagements
4.5 Wesentliche Aspekte internationaler Beschaffungslogistik
4.5.1 Weltweite Transportlogistik
4.5.2 Global Sourcing und Bestandsmanagement
4.5.3 Beschaffungslogistik und Lieferantenmanagement
4.6 Management einer globalen Lieferantenstruktur
4.6.1 Lieferantenbeziehungen im Wandel
4.6.2 Bewertung internationaler Lieferanten
4.6.3 Lieferantenentwicklung im Global Sourcing
5 Controlling von Global Sourcing
5.1 Grundlagen eines internationalen Beschaffungscontrolling
5.1.1 Verständnis des Controllingbegriffs
5.1.2 Funktionsbereiche des Controlling
5.1.3 Organisatorische Grundfragen des Beschaffungscontrolling
5.2 Vollkostenperspektive für Global Sourcing
5.2.1 Grundlagen des Total Cost of Onwership-Konzeptes
5.2.2 Wesentliche Bestandteile der TCO im Global Sourcing
5.3 Risikomanagement bei Global Sourcing
5.3.1 Grundlagen des Risikomanagements in der Beschaffung
5.3.2 Risiken der internationalen Beschaffung
5.4 Erfolgsmessung im Global Sourcing
5.4.1 Performance Controlling in der Beschaffung
5.4.2 Anforderungen an Kennzahlensysteme
5.4.3 Kennzahlensystem für das Global Sourcing
5.5 Spend Management als ganzheitlicher Ansatz zur Steuerung globaler Einkaufsaktivitäten
5.5.1 Grundlegende Aspekte eines internationalen Spend Managements
5.5.2 Ausgabenanalyse als Grundlage der Sourcing-Strategie
5.5.3 Vertragsmanagement in der globalen Beschaffung
5.5.4 Kostenmanagement im Produktentwicklungsprozess
6 Fazit und Ausblick
6.1 Zusammenfassende Handlungsempfehlungen
6.2 Ausblick
Anhang
Anhang A: Unterscheidungsmerkmale von Beschaffungsprozessen
Anhang B: Gestaltungselemente der prozessorientierten Einkaufsorganisation
Anhang C: Materialgruppenmanagement als Modell für internationale Beschaffungsorganisation
Anhang C.1: Grundlagen des Materialgruppenmanagement-Konzeptes
Anhang C.2: Organisatorische Ausgestaltung eines internationalen Materialgruppenmanagements
Anhang C.3: Nutzen und Herausforderungen des Materialgruppen-managements
Anhang D: Einkaufskooperationen im Global Sourcing
Anhang E: Beispiele für Lieferantenhomepages
Anhang F: Kooperationspotentiale in Lieferantenpartnerschaften
Anhang G: Risikomanagement als Prozess
Anhang H: Beispiel für eine Risikocheckliste
Anhang I: Zusatzinformationen zu den Expertenkontakten
Anhang I.1: Verzeichnis der befragten Experten
Anhang I.2: Fragenverzeichnis zu den Expertenbefragungen
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Vorwort
Diese Arbeit entstand im Zeitraum zwischen November 2005 und Februar 2006 und beschließt mein Studium der Europäischen Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Landshut und der Anglia Ruskin University, Cambridge, Großbritannien.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Stauffert für die Übernahme des Referats und die umfassende Betreuung während der Anfertigungsphase, sowie bei Herrn Prof. Dr. Winkelmann für die Übernahme des Zweitgutachtens bedanken.
Für wertvolle Hinweise und Hilfestellungen bei der fachlichen ebenso wie konzeptionellen Arbeit danke ich den beteiligten Mitarbeitern der Firma < Nicht veröffentlicht > herzlich. Ohne sie wäre die Arbeit in dieser Form nicht möglich gewesen.
Ebenso gilt mein Dank den Fachleuten aus der Unternehmenspraxis, die sich für die Expertengespräche zur Verfügung gestellt haben. Die spontane und freundliche Hilfsbereitschaft, die mir hier entgegengebracht wurde, war mit Sicherheit eine der positivsten Erfahrungen die ich im Rahmen dieser Diplomarbeit gemacht habe.
Des Weiteren danke ich Freunden und Familienmitgliedern, für ihre Geduld, ihr Verständnis und die andauernde moralische Unterstützung während der Anfertigungsphase dieser Arbeit.
Beschließen möchte ich dieses Vorwort mit dem Dank an meine Eltern, Frau Ulrike Busolt-Kleemann und Herrn Karl Kleemann, die mich über die gesamte Dauer meiner Ausbildung hinweg in allen Lebenslagen unterstützt, und damit maßgeblich zum Erfolg meines Studiums beigetragen haben. Ihnen widme ich diese Arbeit.
Bei diesem Dokument handelt es sich um die veröffentlichte Version meiner Diplomarbeit. Einige wenige Passagen, insbesondere die bezüglich der befragten Experten, wurden aus Gründen der Vertraulichkeit anonymisiert, liegen dem Verfasser aber in detaillierter Form vor.
München, im Februar 2006
Kontakt: Florian C. Kleemann
Hiltenspergerstraße 95
80796 München
089 / 123 085 03
fckleemann@web.de
Abstract
Mit dieser Arbeit wird eine umfassende Analyse des Konzeptes „Global Sourcing“ vorgelegt. Aufbauend auf einer klaren Zuordnung von Global Sourcing innerhalb der Beschaffungsstrategien werden grundlegende interne Anforderungen, wesentlichen Teilprozesse der Beschaffung und Ansatzpunkte für ein Beschaffungscontrolling im internationalen Zusammenhang betrachtet sowie Herausforderungen für die Unternehmenspraxis herausgearbeitet.
Die Auswertung der relevanten Fachliteratur und die Befragung von Experten aus der Praxis haben dabei folgende wesentliche Erkenntnisse gebracht:
1. Die Beschaffungsfunktion hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg von Unternehmen, wird aber noch nicht dementsprechend eingebunden.
2. Durch effektive Organisation der internen Beschaffungsaktivitäten können wesentliche Einsparungen bei Prozess- ebenso wie Einstandskosten der bezogenen Objekte erzielt werden.
3. Große Herausforderungen wie auch Erfolgspotentiale liegen in der Vernetzung der IT-Systeme, intern ebenso wie extern, mit Lieferanten.
4. Die Vorbereitung des Personals auf die Arbeit im Global Sourcing und ggf. die Entwicklung nicht vorhandener Qualifikationen ist erfolgskritisch.
5. Im Global Sourcing müssen bei der Lieferantenauswahl vor allem die gestiegenen Beschaffungsrisiken berücksichtigt werden.
6. Die Beschaffungslogistik muss die zusätzlichen Risiken bei Transport- und Bestandsplanung besonders berücksichtigen.
7. Lieferantenmanagement wird zur Kernaufgabe der strategischen Beschaffung.
8. Für Global Sourcing muss ein Beschaffungscontrolling eingesetzt werden, das die Aspekte der Kosten- und Risikobetrachtung besonders beachtet; Kennzahlen werden eingesetzt, um die Informationsmenge beherrschen zu können.
9. Spend Management ist als umfassendes Steuerungskonzept der Beschaffung zu bezeichnen und sollte daher in der Praxis verstärkt berücksichtigt werden.
Bei Berücksichtigung der oben genannten Punkte lassen sich die großen Herausforderungen des Global Sourcing in absehbarer Zeit in Erfolge umwandeln.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wertschöpfungstiefen in ausgewählten Branchen
Abbildung 2: Anteil aus Niedrigkostenländern bezogener Produkte am Gesamt-Beschaffungsvolumen
Abbildung 3: Normstrategien zur Güterklassierung
Abbildung 4: Systematisierung der Sourcing Konzepte
Abbildung 5: Zwei Dimensionen der globalen Beschaffung
Abbildung 6: Strategische und operative Beschaffungsaufgaben
Abbildung 7: Nutzen von IT-Systemen in der Beschaffung
Abbildung 8: Beschaffungsprozessmodell
Abbildung 9: Bedarfsanforderungen
Abbildung 10: Beispiel für ein Make-or-Buy-Entscheidungsportfolio
Abbildung 11: Trichtermodell zur Marktwahl
Abbildung 12: Auswahl von Lieferantenauswahlkriterien
Abbildung 13: Prozess des Beschaffungscontrolling
Abbildung 14: Funktionen des Controlling
Abbildung 15: Risiko-Matrix
Abbildung 16: Übersicht über Lieferantenrisiken
Abbildung 17: Funktionen von Kennzahlen im Beschaffungscontrolling
Abbildung 18: Stoßrichtungen des Spend Management
Abbildung 19: Der Spend Management - Prozess
Abbildung 20: Kombinationsmerkmale zur Abgrenzung von Einkaufsprozessen
Abbildung 21: Möglicher Aufbau des Einkaufs im Prozessmodell
Abbildung 22: Zentralisierungsgrad und MGM
Abbildung 23: Beispiel einer MGM-Organisation
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Bestandteile der Total-Cost-of-Ownership
Tabelle 2: Global Sourcing-Risiken und Gegenmaßnahmen
Tabelle 3: Beispiel für ein Kennzahlensystem
Tabelle 4: Beispiele für Lieferantenhomepages
Tabelle 5: Beispiel einer Checkliste für Lieferantenrisiko
Tabelle 6: Verzeichnis der Expertenkontakte
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
Die Globalisierung [1] ist sicher eines der bedeutendsten Phänomene der heutigen Zeit. Verbesserte Kommunikationstechnologien wie z.B. die steigende Verbreitung des Internets, erleichterter Finanzverkehr und die zunehmende Öffnung nationaler Märkte für ausländische Unternehmen, haben diese Entwicklung stark begünstigt (Wilken/ Kracht 2003, S.116). Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht – zumeist negativ – über ihre Auswirkungen berichtet wird (z.B. o.V. 2005b, www.spiegel.de). Insbesondere deutsche Unternehmen sehen sich einer Vielzahl von Problemen gegenüber: die Sättigung der nationalen Absatzmärkte (Gawlik 2004, S.5), die ständig zunehmende Marktdynamik, die Unternehmen immer schnelleres Handeln abverlangt (z.B. Boutellier/ Locker 1998, S.15) oder ein national wie international härter werdender Wettbewerb (Droege 1998, S.134).
Dieser Herausforderung können Unternehmen dabei auf vielfältige Weise begegnen. Ein Weg ist die Anpassung der Absatzstrategie, z.B. die Besetzung einer internationalen Marktnische (Tietz, 2005, www.spiegel.de). Ein anderer ist die Anpassung der Unternehmensstruktur begleitet von der zunehmenden Fremdvergabe von Unternehmensleistungen (Hawranek et al. 2005, www.spiegel.de), auch unter dem Begriff Outsourcing bekannt[2]. Der Druck, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten, führt wie erwähnt zu einer erhöhten Dynamik am Markt: Produktlebenszyklen verkürzen sich bei gleichzeitig steigender Komplexität der Produkte; dadurch steigt das Risiko, in falsche Produkte oder Aktivitäten zu investieren (z.B. Boutellier 2003, S.457). Unternehmen können diesen gestiegenen Ansprüchen oft nur noch genügen, wenn sie Leistungen fremdbeziehen, sei es aus Gründen der (limitierten) intern vorhandenen Kapazitäten, z.B. in der F&E -Abteilung, oder die Möglichkeit, sich auf bestimmte Aufgaben zu beschränken bzw. zu spezialisieren (Lückefedt/ Anders 1994, S.89f.).
Dieser Trend hat unter dem Begriff Kernkompetenzkonzentration [3] Eingang in die Managementliteratur gefunden (z.B. Knab/ Kremmler, 2002, S.143). Die sinkende Fertigungstiefe bedingt dabei, dass immer höhere Auftragsvolumina an externe Lieferanten vergeben werden – die Beschaffungstiefe[4] also steigt. Daher gewinnt die Beschaffungsfunktion als zuständiger Unternehmensbereich stark an Bedeutung (Gelbrich et. al. 2005, S.98). Je nach Branche kann der Anteil der fremdbezogenen Materialien und Leistungen am Umsatz des Unternehmens Werte von über 75% erreichen (o.V. 2005, BA 04/2005, S.25). Aber auch in anderen Industriezweigen sinkt die Wertschöpfungstiefe auf unter 50%, wie sich aus folgender Abbildung ergibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wertschöpfungstiefen in ausgewählten Branchen
(Quelle: in Anlehnung an Möhrstädt et al. 2001, S.7)
Der Trend, immer mehr Leistungen extern zuzukaufen, lässt der Beschaffungsfunktion eine immer größere Bedeutung zukommen. Dabei wurde sie lange Zeit als rein operativer Bereich angesehen, und noch heute ist ihre strategische Bedeutung umstritten (Cox 2003, S. 81ff.). Mittlerweile aber wird, getrieben von der Globalisierung, der Beschaffung zunehmend strategischer Einfluss zuerkannt (Piontek 2004, S.26f.), nicht zuletzt wegen der Hebelwirkung[5] die vom Einkaufsvolumen ausgeht.
Geht man davon aus, dass sich Erfolgspotentiale der Globalisierung wie z.B. unterschiedliche Faktorkosten bei gleichzeitig sinkenden Transportkosten (Gourdin 2001, S.198) für die Ausnutzung dieser Hebelwirkung einsetzen lassen, wirkt es umso erstaunlicher, dass viele deutsche Unternehmen, auch im europäischen Vergleich, dies noch nicht in größerem Umfang praktizieren. Zwar betreiben Studien zufolge bereits 90% deutscher Industriebetriebe eine globale Beschaffungspolitik, beschränken dies aber auf relativ geringe Anteile am Gesamt-Beschaffungsvolumen (Klapper 2001, S.13.). Dies bestätigt auch folgende Abbildung, die zeigt, welchen prozentualen Anteil ihres Beschaffungsvolumens die an der zugrunde liegenden Studie teilnehmenden Unternehmen in so genannten Low-Cost-Countries einkaufen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Anteil aus Niedrigkostenländern bezogener Produkte am Gesamt-Beschaffungsvolumen
(Quelle: Rademacher 2001, S.5, www.competence-site.de)
Somit wird deutlich, dass deutsche Firmen, während sie sich mit dem Phänomen der Globalisierung auf der Absatzseite bereits erfolgreich auseinander gesetzt haben, die Chancen auf der Beschaffungsseite noch nicht in dem Umfang angehen, der den dort liegenden Potentialen entspricht. Das Problem könnte sein, dass noch zu starke Vorbehalte gegenüber den Herausforderungen, die sich unbestritten durch die globale Ausrichtung des Einkaufs ergeben, existieren.
1.2 Ziele und Vorgehensweise
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die strategische Herausforderung für eine internationale Beschaffungspolitik umfassend zu analysieren und darzustellen. Unter Nutzung der in diesem Bereich vorhandenen Literatur, ergänzt durch Erkenntnisse aus Gesprächen mit Experten aus der Unternehmenspraxis, werden zentrale Aspekte des modernden Beschaffungsmanagements vorgestellt und in einen internationalen Kontext übertragen. Dabei wird besonderer Wert auf eine ganzheitliche Betrachtungsweise gelegt. Neben den strategischen Grundlagen, der Vorstellung der internen Erfolgsvoraussetzungen und dem eigentlich Beschaffungsprozess sollen insbesondere auch Möglichkeiten des Controllings im Global Sourcing[6] in die Betrachtung einbezogen werden.
1.3 Aufbau der Arbeit
In Kapitel 2 wird zunächst eine Einordnung der gängigsten Begriffe im Beschaffungsmanagements sowie eine Abgrenzung des Global Sourcing gegenüber anderen Beschaffungsstrategien vorgenommen. Danach werden in Kapitel 3 mit den Bereichen Organisation, IT-Systeme und Personal die wichtigsten internen Voraussetzungen[7] für eine erfolgreiche Umsetzung des Global Sourcing behandelt. Kapitel 4 zeigt dann, orientiert an einem beispielhaften Modell des Beschaffungsprozesses, welche Besonderheiten sich durch die Internationalisierung des Einkaufs ergeben. Dies sind unter anderem die Themenbereiche Bedarfsbestimmung, Lieferantenmanagement und Beschaffungslogistik. Wie man Global Sourcing mit modernen Konzepten des Controllings kombiniert, um den Erfolg der Strategie zu sichern, ist Inhalt von Kapitel 5. Dabei wird zunächst einleitend Beschaffungscontrolling eingeordnet, um dann im Folgenden ausgewählte Controlling-Konzepte, die durch die Internationalisierung stark an Bedeutung gewinnen, vorzustellen. Den Abschluss bildet Kapitel 6, in dem noch einmal wichtige Erkenntnisse dieser Arbeit zusammengefasst sowie ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen gegeben werden.
2 Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen des Global Sourcing
Das folgende Kapitel definiert zuerst wichtige Fachbegriffe des Themenbereichs. Darauf aufbauend wird im zweiten Abschnitt eine exaktere Abgrenzung der in dieser Arbeit behandelten Problemstellung vorgenommen. Der dritte Abschnitt enthält dann eine Übersicht der gängigsten Beschaffungsstrategien. Grundlegende Aspekte des Global Sourcing bilden im vierten Abschnitt den Abschluss dieses Kapitels.
2.1 Definition wichtiger Begriffe des Beschaffungsmanagements
Ein Problem für die in Kapitel 1.1 erwähnte, fehlende strategische Anerkennung der Beschaffungsfunktion liegt auch in der Vielzahl der zu ihrer Beschreibung verwendeten Begriffe (Jahns 2005a, S.24f.). In der Fachliteratur ist die Diskussion um die Begriffe rund um die „Beschaffung“ und ihre Bedeutung noch nicht abgeschlossen. Diese Diskussion hier aufzugreifen - oder gar fortzuführen - ist nach Ansicht des Verfassers aber wenig zweckmäßig. Deshalb folgen die dargelegten Begriffsdefinitionen der Mehrheit der Autoren.
Der Begriff Einkauf (engl.: „Purchasing“) wird dabei überwiegend zur Beschreibung der operativen Einkaufstätigkeiten (z.B. Bestellwesen, Angebotsvergleich, Preisverhandlung) herangezogen (Hofbauer/ Bauer 2004, S.11). Die Betrachtungsperspektive geht hier nicht über die interne Schnittstelle zum Beschaffungsmarkt und über die einmalige Transaktionsabwicklung hinaus (Jahns 2005a, S.26f.). Aufgaben und Ziele beschränken sich ausschließlich auf die termingerechte Versorgung der anfordernden Bereiche mit Gütern (bzw. Leistungen) in der richtigen Menge, am vorbestimmten Ort in der vorgesehenen Qualität (Arnold 1997, S.66).
Unter der Bezeichnung Beschaffung (engl. „Procurement“) dagegen werden auch strategische Aspekte subsumiert, wobei insbesondere die Marktorientierung betont wird (Arnold 1997, S.2f.). Die strategischen Aufgaben der Beschaffung umfassen dabei die Verbesserung der Integrationsfähigkeit der bezogenen Vorleistungen, die Steigerung der eigenen Innovationsfähigkeit durch diese sowie die Nutzung vertikaler (bspw. durch Lieferantenintegration) und horizontaler Verbundeffekte, wie z.B. innerhalb eines Einkaufsverbunds (Arnold 1997, S.64ff.).
Hieran angelehnt ist die Bezeichnung Beschaffungsmarketing, bei der insbesondere der Aspekt der Marktorientierung betont wird. Ziel ist eine aktive Gestaltung der vorhandenen Marktgegebenheiten (Piontek 1997, S.3).
Ein Begriff, der in den letzten Jahren an Bedeutung verloren hat, ist der der Materialwirtschaft. Er bezeichnet vor allem Aufgaben rund um die innerbetriebliche Materialbewirtschaftung, wie z.B. Lagerung und Transport (Hofbauer/ Bauer 2004, S.11).
Mittlerweile wird die Materialwirtschaft oft nur noch als Teilbereich der Logistik angesehen. Darunter wird wiederum die Steuerung der Informations- und Materialflüsse innerhalb von und zwischen Unternehmen verstanden, und das sowohl beschaffungs- als auch absatzseitig. Kernziele sind vor allem die Sicherstellung hoher Lieferbereitschaft bei geringen Bestands- und Prozesskosten (Arnold 1997, S.6).
In jüngerer Zeit haben die englischen Begriffe Supply Chain Management und Supply Management verstärkt Eingang in die Fachliteratur gefunden. Hierzu folgende Unterscheidung: Supply Chain Management bezeichnet ein Konzept, das, insbesondere unter Nutzung moderner Software-Systeme, die unternehmensübergreifende Optimierung der Wertschöpfungskette, mit Schwerpunkt auf den logistischen Aufgabenfeldern zum Ziel hat (Jahns 2005a, S.28). Supply Management dagegen bezeichnet einen ganzheitlichen Ansatz im Bereich der Beschaffungsaufgaben, die weniger einzelne Teilaufgaben, sondern die Zusammenhänge der verschiedenen Beschaffungsaufgaben betrachtet (Bogaschewsky 2003, S.25f)[8].
Ein weiterer Fachbegriff, der in seinem englischen Wortlaut übernommen wurde, ist das Sourcing. Obwohl in vielerlei Kombinationen (siehe hierzu Abschnitt 2.3.2) auch in der deutschen Literatur verwendet, findet sich hier keine gängige Definition für diese Bezeichnung. Während die Übersetzung in etwa „Beschaffung“ lautet (Leo Dictionary, o.J., dict.leo.org), definiert das ISM „Sourcing“ als „den Prozess der Identifikation von Lieferanten, die vom beschaffenden Unternehmen benötigte Produkte oder Dienstleistungen bereitstellen können“ (ISM 2005a, www.ism.ws) – vereinfacht also die Suche nach Beschaffungsquellen.
Daraus abgeleitet ergibt sich als Bedeutung für den Begriff Global Sourcing entweder „die globale Suche nach Beschaffungsquellen“ oder „weltweite Beschaffung“. Obwohl keine einheitliche Definition existiert, so neigt die Mehrheit der Autoren doch dazu, den strategischen Anspruch des Konzeptes zu betonen (z.B. Faber 1998, S.27). Da dieser Anspruch auch für den Begriff „Beschaffung“ existiert, wird im Rahmen dieser Arbeit unter Global Sourcing „weltweite Beschaffung“ verstanden.
2.2 Abgrenzung der in der Arbeit behandelten Thematik
Der folgende Abschnitt grenzt die in dieser Arbeit behandelte Thematik ein bzw. ab. Größtenteils entspricht die vorgenommene Abgrenzung dem Vorgehen in der gängigen Fachliteratur, teils wurde sie aber auch aus Gründen der Praxisrelevanz oder der Begrenzung des Umfangs dieser Arbeit vom Verfasser selbst vorgenommen.
Die erste wichtige Unterscheidung erfolgt zwischen Supply Chain Management und Supply Management auf Basis der Definitionen in 2.1. Es ist wichtig zu erkennen, dass Supply Management (neben Logistik und Demand Management) einen eigenständigen, mit anderen Bereichen verknüpften Teil der Supply Chain darstellt, (Arnold et al. 2005, Controlling 01/2005, S.42). Diese Arbeit kann aufgrund des vorgegebenen Umfangs nicht die Internationalisierung der Wertschöpfungskette als Ganzes betrachten, sondern beschränkt sich auf den Aspekt der Beschaffungsseite.
Obwohl der Begriff „Global Sourcing“ für sich keinerlei Abgrenzung der zu beschaffenden Objekte darstellt, hat sich eine solche Unterscheidung in der Fachliteratur doch durchgesetzt. Der Umfang der zu beschaffenden Objekte wird meist auf Materialien (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Module/ Systeme), Handelswaren, und Investitionsgüter beschränkt, während die Beschaffung von Finanzmitteln und Personal, nicht zuletzt weil auch entsprechende eigenständige Wissenschaftszweige existieren, in der Praxis den jeweiligen Fachabteilungen überlassen ist (z.B. Piontek 2004, S.35f.). Ob dagegen Dienstleistungen im Rahmen eines Global Sourcing beschafft werden können, ist nicht eindeutig geklärt (Boutellier/ Locker 1998, S.139). Grundsätzlich widerspricht dem die Ortsgebundenheit der Dienstleistungen (Meffert/ Bruhn 2000, S.27). Zunehmend internationalisieren sich jedoch auch Dienstleistungsunternehmen (Wissmeier 2003, S.301). Ebenso werden z.B. Software-Produkte oft als Dienstleistung verstanden und können durchaus global beschafft werden (Read 2005, Expertenbefragung). Zumindest in einigen Bereichen scheint daher eine internationale Beschaffung von Dienstleistungen möglich.
Die Einführung eines Global Sourcing-Konzeptes kann weitreichende Vorbereitungen und Änderungen in einer Vielzahl von Unternehmensbereichen nötig machen, was wiederum ein gezieltes Projekt- und Change Management erfordert (Marlier/ Davis 2001, S.97). Dies kann aufgrund des vorgegebenen Umfangs der Arbeit aber nur in Ansätzen berücksichtigt werden.
Ebenso kann diese Arbeit nicht den Anspruch erheben, sämtliche erwähnten Beschaffungsinstrumente im Detail vorzustellen. Sie beschränkt sich auf die wichtigsten Instrumente, weshalb ggf. auf Detailausführungen verzichtet und auf weiterführende Literatur verwiesen wird.
Schließlich muss noch einmal betont werden, dass Global Sourcing eine Reihe von Anforderungen (siehe hierzu 2.4.2) an das nutzende Unternehmen stellt. Die Erfolgspotentiale des Konzeptes sind dabei nicht auf eine bestimmte Unternehmensgröße abgestellt. Art und Umfang der internen Voraussetzungen (siehe hierzu Kapitel 3) für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) einerseits und Großunternehmen andererseits sind aber sehr unterschiedlich (Boutellier/ Corsten 2002, S.35f.). Deshalb wird in dieser Arbeit vornehmlich auf die Bedürfnisse von großen bis mittelgroßen Unternehmen hingearbeitet, ohne explizit KMU auszuschließen. Die Betrachtung auf beide Größentypen auszudehnen, scheint im gegebenen Umfang der Arbeit nicht zweckmäßig.
2.3 Allgemeine Übersicht von Beschaffungsstrategien
Der folgende Abschnitt soll zum einen die grundlegenden Normstrategien in der Beschaffung vorstellen, zum anderen das Global Sourcing gegenüber anderen gängigen Beschaffungskonzepten differenzieren.
2.3.1 Normstrategien in der Beschaffung
Boutellier hat ein einfaches Beschaffungs-Strategie-Portfolio entwickelt, das durch die Kombination der Merkmale Beschaffungsvolumen und Versorgungsrisiko für jede Art von Beschaffungsobjekt (und seine Lieferanten) die grundlegende strategische Stoßrichtung festlegt, wie die folgende Abbildung zeigt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 : Normstrategien zur Güterklassierung (Quelle: Boutellier/ Locker 1998, S.11)
Besonderheit der Hebellieferanten ist, dass bei Ihnen relativ problemlos beschafft werden kann, und sie wegen des hohen Beschaffungsvolumens einen starken Gewinneinfluss aufweisen. Hier gilt es, die Möglichkeiten des Marktes (sprich Angebot größer als Nachfrage) zu nutzen und vor allem die Einstandskosten der bezogenen Güter zu senken (Orths 2003, S.36f.).
Für unkritische Lieferanten ist charakteristisch, dass bei ihnen Produkte geringen Werts beschafft werden, die in ausreichendem Maße am Markt vorhanden sind. Da der Wert der Güter relativ gering ist, geht man hier von so genannten C-Gütern[9] aus, bei denen die Beschaffungskosten einen relativ hohen Wertanteil haben – weshalb das Kernziel ist, die Beschaffungs prozesse so effizient wie möglich zu gestalten (Orths 2003, S.37).
Kernlieferanten sind die, die über besondere Fähigkeiten, Kompetenzen oder Kostenstrukturen verfügen – oder durch gezielte Lieferantenentwicklung verfügen werden. Ziel der Strategie für diese Lieferantengruppe ist deshalb, diese an sich zu binden und weitgehend mit ihnen zu kooperieren (Orths 2003, S.38).
Bei kritischen Lieferanten ist davon auszugehen, dass in der Geschäftsbeziehung Probleme auftreten können, z.B. weil das bei den Lieferanten beschaffte Volumen für dieses keinerlei Motivation für höhere Anstrengungen darstellt. Auswege bietet zum einen der Wechsel des Lieferanten oder aber die Erhöhung der Sicherheitsbestände, um das hohe Versorgungsrisiko abzufedern (Orths 2003, S.39).
Im Rahmen des Global Sourcing eignen sich eher diejenigen Strategien, denen ein hohes Beschaffungsvolumen zugrunde liegt, da durch internationale Beschaffung ein Zusatzaufwand an Ressourcen entsteht, der nur bei hohem Beschaffungswert ein entsprechendes Einsparvolumen erwarten lässt (Orths 2003, S.145). Aber auch bei Engpasslieferanten kann nach Auffassung des Autors Global Sourcing dazu genutzt werden, die Anzahl der verfügbaren Lieferquellen zu erhöhen und so kritische Lieferanten zu substituieren.
Die Schwierigkeit dieser Strategie-Einteilung liegt darin, dass sie mit ihren zwei Dimensionen der Dynamik der heutigen Märkte nur noch unzureichend Rechnung trägt (Boutellier/ Corsten 2002, S.9). Deshalb kommt ein Einsatz in der Praxis nur noch ergänzend in Frage. Eine gezieltere Auswahl der Beschaffungsstrategie ermöglicht die Sourcing-Toolbox von Arnold, die im nächsten Abschnitt behandelt wird.
2.3.2 Übersicht wichtiger Sourcing-Konzepte
In der deutschsprachigen Literatur hat sich vor allem die Sichtweise von Arnold durchgesetzt, der Beschaffungskonzepte nach sechs Merkmalen einteilt (Arnold 2002, S.208)[10], die im Folgenden jeweils kurz erklärt werden.
Kein Strategieelement der Beschaffung im eigentlichen Sinne ist die Dimension „Träger der Wertschöpfung“, die die grundlegende Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug (bzw. In- vs. Outsourcing) klärt. Es handelt es sich hierbei vielmehr um eine grundlegende unternehmerische Entscheidung (siehe hierzu 4.1.1), die sich u.a. aus der Unternehmensstrategie ableitet (Arnold 1997, S.94f.).
Das Strategieelement „Lieferantenkonzept“ zielt auf die Anzahl der Bezugsquellen ab, von denen man ein Gut bezieht. Man unterscheidet im Wesentlichen „single“ (dt.: einzeln), „sole“ (einzig, siehe Beispiel), „dual“ (dt.: zwei) und „multiple“ (dt.: mehrere) Sourcing (Arnold 1997, S.95ff.). Die Anzahl der genutzten Lieferanten kann z.T. freiwillig gewählt sein, z.B. Single Sourcing bei partnerschaftlichen Lieferantenbeziehungen (Faber 1998, S.36f.). Sie kann aber auch aus der Marktstruktur ergeben (Hofbauer/ Bauer 2004, S.24), bspw. ein „sole sourcing“ auf Monopolmärkten.
„Objektkonzepte“ unterscheiden nach der Komplexität der Beschaffungsobjekte, die in „unit“ (Einzelteil), „modular“ (abgrenzbare Baugruppen) und „system“ (funktionale Baugruppen) unterteilt werden, wobei die jeweilige Ausprägung bestimmte Anforderungen an die auszuwählenden Lieferanten stellt (Arnold 1997, S.100ff.).
Inhalt der „Zeitkonzepte“ sind die unterschiedlichen Strategien für die Lagerbestandshaltung, die in „stock“ (Vorratshaltung), „demand-tailored“ (verbrauchsorientiert) und „just-in-time“ (bedarfssynchron) gegliedert werden können (Arnold 1997, S.104ff.).
Die im Rahmen dieser Arbeit wesentlichste Dimension ist mit Sicherheit die der „Arealkonzepte“, die nach der Größe des bearbeiteten Beschaffungsraumes differenzieren. Unterschieden werden „local“ (unmittelbarer Unkreis des Unternehmens), „domestic“ (landesweit) und „global“ (weltweit) (Arnold 1997, S.111ff.). Weitere Abstufungen wie z.B. ein „regional sourcing“ innerhalb der EU bestehen zwar (o.V. 2005c, de.wikipedia.org), ohne allerdings allzu große praktische Relevanz zu entwickeln.
Die Struktur der beschaffenden Organisation ist Unterscheidungsmerkmal der „Subjektkonzepte“. Sie kann als „individual-“ oder „collective sourcing“ angelegt sein, wobei letzteres bedeutet, dass bei der Beschaffung mit anderen Organisationseinheiten kooperiert wird (Arnold 2002, S.210.). Dies kann unternehmensintern (z.B. mit anderen Business Units), oder extern, im Rahmen von Einkaufskooperationen erfolgen (Boutellier/ Zagler 2000, S.8f.). Siehe dazu auch Anhang D.
Durch die Entwicklung modernder Informations- und Kommunikationstechnologien stark an Bedeutung gewonnen hat das „Technologiekonzept“ als Element der Beschaffungsstrategie. Es legt fest, ob und in welchem Umfang unter Zuhilfenahme von modernen Informationssystemen beschafft wird, wobei die Merkmalsausprägung von „manual“ (kein/geringer Einsatz von Systemen) bis „electronic“ (umfassender Einsatz von Systemen) reicht (Arnold 2002, S.210).
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Abbildung 4 : Systematisierung der Sourcing Konzepte (Quelle: Arnold 2002, S.208)
Die Kombinations-möglichkeiten der vorgestellten Dimensionen und ihrer Merkmalsausprägungen fasst nebenstehende Abbildung zusammen.
Dabei ist keine Kombination dieser Merkmale grundlegend richtig bzw. falsch, manche passen lediglich besser zueinander (Thiemt 2003, S.61). Dies ist z.B. der Fall wenn bei Global Sourcing (Strategiedimension „Areal“), um den gestiegenen Risiken Rechnung zu tragen, der Bezug eines Artikels auf mehrere Lieferanten verteilt wird (Strategiedimension „Lieferanten“). Das aber schließt nicht automatisch aus, einen Artikel weltweit nur bei einer einzigen Beschaffungsquelle zu beziehen („Single Sourcing“). Abschließend lässt sich sagen, dass sich eine situationsbezogene Kombination der Strategieelemente in Abhängigkeit von Unternehmensstrategie und Beschaffungsmarktstruktur empfiehlt (Hofbauer/ Bauer 2004, S.24f).
2.4 Global Sourcing als Strategiekonzept in der Beschaffung
Im vorigen Abschnitt wurde das Global Sourcing im Bezugsrahmen grundlegender Beschaffungsstrategien dargestellt. Im nächsten Abschnitt wird das Konzept und seine wesentlichen Inhalte genauer erklärt.
2.4.1 Grundlagen von Global Sourcing
Für ein besseres Verständnis des Konzeptes scheint insbesondere eine Abgrenzung zwischen internationalem Einkauf und Global Sourcing erforderlich. Diese lässt sich mit Hilfe der nachfolgenden Abbildung vornehmen:
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Abbildung 5 : Zwei Dimensionen der globalen Beschaffung (Quelle: zit. nach Arnold 1997, S.113)
Hier wird klar, dass der Unterschied vor allem in der strategischen Qualität besteht. Diese lässt sich an einer Reihe von Faktoren festmachen: neben den bereits in Abschnitt 2.1 zur Definition des Begriffs „Beschaffung“ herangezogenen, können noch zahlreiche weitere Punkte den strategischen Anspruch unterstreichen. Hierzu werden u.a. die langfristige Ausrichtung des Konzeptes und die gezielte Nutzung von Erfolgspotentialen für die Unternehmung angeführt (Large 1999, S.29). Teilweise wird Global Sourcing sogar als Größe, die in Einklang mit der gesamten Unternehmensphilosophie stehen muss, gesehen (Faber 1998, S.33). Im Gegensatz zum internationalen Einkauf wird Global Sourcing auch als Teil einer Gesamtstrategie gesehen, z.B. als Unterstützung des Vertriebs bei der Erfüllung von Local Content-Vorgaben, aber natürlich auch bei der Nutzung von Kostensenkungspotentialen (Krokowski 1998, S.1f.). Koppelmann knüpft den Unterschied gar an die Existenz internationaler Unternehmensstandorte, die nicht autonom, sondern im Rahmen einer Gesamtstrategie beschaffen (Koppelmann 2004, S.127). Fortschrittlichster Ansatz ist sicherlich, die Sourcing-Strategie nur dann als global zu bezeichnen, wenn die weltweiten Standorte eines Unternehmens vollständig gemeinsam beschaffen. Strategische Aufgaben werden dabei, z.B. nach Materialgruppe oder Beschaffungsmarkt gegliedert, auf die weltweiten Standorte aufgeteilt, und dann ausschließlich dort (zentral) wahrgenommen. Gleichzeitig können alle Standorte jederzeit das Know-how oder die Unterstützung der anderen Niederlassungen nutzen (Read 2005, Expertenbefragung). Siehe hierzu auch die Abschnitte 3.1.3.4, 5.5.2 und 5.5.3.
Global Sourcing lässt sich auch noch weiter unterteilen. So hat sich beispielsweise das „low (labour) cost country sourcing“ als Sonderform herausgebildet, die die Beschaffung in Niedrigkostenländern im Fokus hat (Rademacher 2001, S.3f., www.competence-site.de). Nach dem Umfang des Auslandsengagements unterscheidet die Einteilung in Supply Chain Localisation (Aufbau weltweiter Standorte mit lokaler Lieferantenstruktur), Offshoring (Verlagerung kompletter Leistungsbereiche zu ausländischen Lieferanten) und Import Sourcing, wo die globale Beschaffung zentral an nur einem Standort durchgeführt wird (Hahn 2005, Expertenbefragung).
Die Entwicklung des Global Sourcing hing lange Zeit von externen Faktoren ab, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten stark veränderten. Dazu gehören bspw. die Vereinfachung des internationalen Handel mittels der GATT -Abkommen[11] oder innerhalb neuer Wirtschaftsräume wie der EU, die zunehmende Verbreitung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, was den Informationsaustausch über große Distanzen wesentlich vereinfachte, sowie allgemein die Erleichterungen und Einsparungen beim weltweiten Transport von Waren (Arnolds et al. 1996, S.270). Antreiber der Entwicklung waren aber auch die Unternehmen selbst, die immer stärker die internationale Arbeitsteilung forcierten (Krokowski 1998, S.6).
2.4.2 Chancen und Herausforderungen von Global Sourcing
Die Zielsetzungen bzw. Aufgaben der strategischen Beschaffung kann man den entsprechenden Begriffsdefinitionen in Abschnitt 2.1 entnehmen. Die Vorteile von Global Sourcing lassen sich in vielfacher Weise zur Erreichung dieser Ziele nutzen. In jedem Fall hängen die Motive mit der Unternehmensstrategie zusammen – oder sind sogar wesentlich von ihr geprägt. Wählt beispielsweise ein Unternehmen die Wettbewerbsstrategie der Kostenführerschaft, stehen sicherlich Kostenmotive im Vordergrund, bei Wahl der Differenzierungsstrategie dürften technologische Aspekte überwiegen (Gelbrich et. al. 2005, S.96). Im Folgenden wird eine Auswahl möglicher Motive für den Einsatz von Global Sourcing dargelegt.
Der für die meisten Unternehmen sicher vordringlichste Grund ist das Kostensenkungspotential. Diesem Motiv wird auch Studien zufolge die höchste Bedeutung zuerkannt (Krokowski 1998, S.9f.). Das Einsparpotential lässt sich insbesondere durch Unterschiede in den weltweiten Lohnkosten erklären (Boutellier/ Corsten 2002, S.29f.). Aber auch bei anderen Kostenfaktoren wie lokalen Steuern oder Zugang zu Rohstoffen können ausländische Lieferanten Vorteile haben. Die Materialkosten eines Produkts sind jedoch als weltweit einigermaßen konstant anzusehen (Buck 2005, Expertenbefragung).
In eine ähnliche Richtung tendiert auch das Motiv des erhöhten Lieferantenwettbewerbs. Sah sich ein Unternehmen bisher evtl. mono- oder oligopolistischen Marktstrukturen gegenüber, kann durch die Zugriffsmöglichkeit auf weltweite Lieferquellen der Druck auf bestehende Lieferanten erhöht werden – mit entsprechenden positiven Auswirkungen auf Kosten, Qualität oder Flexibilität (Piontek 1997, S.27ff.)
Weiterhin ist der Zugriff auf weltweite Technologien ein bedeutendes Ziel für Global Sourcing (Krokowski 1998, S.10). In einigen Branchen haben sich so bedeutende internationale Industriezentren herausgebildet, dass ein Verzicht auf internationalen Einkauf gleichbedeutend mit dem Verzicht auf die dort entwickelten Technologien wäre (Boutellier/ Locker 1998, S.135f.). Als Beispiel eines solches Industriezentrums kann das Silicon Valley in den USA für die IT-Branche gelten (Boutellier/ Corsten 2002, S.29).
Wie erwähnt, ist Global Sourcing immer öfter ein Teil einer internationalen Unternehmensstrategie. So kann die Beschaffungsmarktaktivität in Ländern, in denen erstmalig der Vertrieb der Produkte des beschaffenden Unternehmens geplant ist, die Marktöffnung vorantreiben. Dies gilt aber auch für bereits bestehende Märkte, wo durch Gegengeschäfte, z.B. im Rahmen von Local-Content-Vorgaben[12], Importbeschränkungen - wie bspw. Einfuhrsteuern - abgeschwächt und so die eigenen Produkte lokal wettbewerbsfähiger angeboten werden können (Arnolds et al. 1996, S.271f.). Ebenfalls kann internationale Beschaffung im Rahmen der Unternehmensstrategie notwendig werden, wenn z.B. das beschaffende Unternehmen ein Zulieferer eines OEMs ist und seinen Kunden an deren neue Produktionsstandorte folgt – und die vor Ort benötigten Lieferantenstrukturen aufbauen muss (Thönen 2005, Expertenbefragung).
Das Motiv der Risikostreuung wird hier nur zusammenfassend erwähnt, weil dieses Motiv in der Literatur umstritten ist. Während der Gesichtspunkt der Kapazitätserweiterung, sowie fallweise auch die Steigerung der Versorgungssicherheit oder die Abfederung von Währungsrisiken (Piontek 1997, S.27f.) durch weltweite Beschaffung sicherlich gültig ist, so besteht auch Einigkeit, dass Global Sourcing allgemein eher ein risikoerhöhender Faktor ist (Faber 1998, S.57).
Zum Abschluss dieses Abschnitts wird nur kurz auf die möglichen Probleme im Umgang mit Global Sourcing hingewiesen, eine vertiefende Analyse wird dann in den weiteren Kapiteln vorgenommen. So ist damit zu rechnen, dass intern Widerstände gegen die Einführung von Global Sourcing bestehen. Dies erfordert strategische Verankerung und Unterstützung des Projekts durch das Top-Management, sowie aktives, kommunikatives Change Management (Rinn 2005, S.1, www.competence-site.de). Des Weiteren erfordert Global Sourcing die Bereitstellung einer Reihe von Ressourcen, neben denen im organisatorischen Bereich auch qualifizierte Mitarbeiter, leistungsfähige IT-Systeme (Ballmer 2003, S.955; siehe auch Kapitel 3) und nicht zuletzt Finanzmittel für den gestiegenen Aufwand bei der Durchführung des Beschaffungsmarketing (Sonntag 2005, Expertenbefragung). Gestiegene Anforderungen ergeben sich auch bei der Kommunikation mit den Lieferanten, dem Qualitätsmanagement und dem gestiegenen Informationsbedarf bei weltweiter Aktivität (Krokowski 1998, S.1f.) (siehe hierzu Kapitel 4). Die gesamte Lieferantenbeziehung unterliegt bei internationaler Ausdehnung höheren Risiken, die in vielfältiger Weise auftreten können (Kaufmann 2001, S.45). Ausführungen zum Risikomanagement sowie weitere Konzepte zur erfolgreichen Steuerung von Global Sourcing finden sich in Kapitel 5.
Im vorangegangen Kapitel wurden zunächst die wichtigsten Begriffe des Beschaffungsmanagements definiert. Die im zweiten Abschnitt erfolgte thematische Abgrenzung erschien nötig, um den Umfang der Arbeit auf das vorgegebene Maß zu begrenzen. Der dritte Abschnitt stellte zuerst die Normstrategien der Beschaffung vor, um dann die Elemente zur Auswahl einer differenzierten Beschaffungsstrategie zu beschreiben. Hierbei wurde insbesondere der Aspekt der geographischen Reichweite als grundlegendes Konzept des Global Sourcing betont. Im vierten Abschnitt wurde dann der Begriff Global Sourcing genauer definiert und als strategischer Ansatz eingeordnet. Abschließend wurden mögliche Vorteile und Ziele des Konzeptes den Herausforderungen gegenübergestellt.
3 Interne Voraussetzungen für Global Sourcing
Für die erfolgreiche Umsetzung von Global Sourcing, ist es notwendig, im internen Bereich des Unternehmens bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Dies gilt für Anpassungen im Bereich der Organisation ebenso wie für die Ausgestaltung der verwendeten IT-Systeme und veränderten Ansprüchen an die Qualifikation der Einkaufsmitarbeiter.
3.1 Organisation der globalen Beschaffung
Dieses Unterkapitel stellt dar, welche Anforderungen an die Organisation der Beschaffungsfunktion durch einen strategischen Ansatz für die Beschaffung - insbesondere Global Sourcing bestehen. Dazu wird zuerst die Entwicklung des Einkaufs in der Unternehmensorganisation nachvollzogen. Im Anschluss werden die im internationalen Umfeld relevanten Einflussgrößen auf die Einkaufsorganisation erarbeitet und die wichtigsten Parameter für die Organisation einer globalen Beschaffung beschrieben. Da Ausgestaltung und Umsetzung der Organisation von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sind, und somit keine Optimallösung existiert (z.B. Leenders/ Johnson 2005, S.244; Schifferer 2005, Expertenbefragung), befassen sich die folgenden Ausführungen mit allgemeinen Gestaltungshinweisen.
3.1.1 Entwicklung des Einkaufs in der Unternehmensorganisation
Um nachzuvollziehen, welcher Problematik die Beschaffungsorganisation in Zeiten des Global Sourcing gegenübersteht, scheint es zweckmäßig, kurz die historische Entwicklung darzustellen. Wie schon in der Einführung (siehe hierzu 1.1) erläutert, wandelt sich der Einkauf langsam von einer rein operativ ausgerichteten Versorgungsfunktion hin zum strategischen Supply Management.
So war die Bedeutung des Einkaufs für das Unternehmen lange Zeit auf die Funktion des „Bestellschreibers“ und „-abwicklers“ reduziert, mit kurzfristig ausgerichteten, rein operativen Zielen (Arnolds et al. 1996, S.35). Oft hat sich die Beschaffungsfunktion bis heute noch nicht aus dieser Rolle befreit und sich seiner neuen, strategischen Bedeutung entsprechend im Unternehmen positioniert (Adams 2005, Expertenbefragung). Eine Studie über die hierarchische Einordnung der Beschaffungsfunktion bestätigt dies: in nur 18% der befragten Unternehmen ist der Einkauf durch einen direkt zuständigen Manager in der obersten Führungsebene repräsentiert (Jahns 2005a, S.131) – obwohl hier ein Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg zu bestehen scheint. Wirtschaftlich besonders erfolgreiche Unternehmen haben den Einkauf weit häufiger im Top-Management verankert als dies bei durchschnittlichen Betrieben der Fall ist (WZL 2004, www.beschaffung-aktuell.de). Dies verwundert nicht, ermöglicht eine höhere hierarchische Einordnung doch, z.B. bei der Durchsetzung von Projekten wesentlich stärkere und gezieltere Einflussnahme (Koppelmann 2002a, S.10f., www.competence-site.de).
Die Ursachen für die Unterbewertung der Beschaffung lassen sich nicht eindeutig ergründen. Eine mögliche wird aber in der geringen Anerkennung der Beschaffung durch die Wissenschaft gesehen: z.B. die Einteilung der Beschaffungsfunktion in Porters populärem Wertkettenmodell[13] als nicht wertschöpfenden Unterstützungsprozess. Darauf wird zurückgeführt, dass der Beschaffung auch in modernen Organisationsstrukturen oft noch keine bedeutende Rolle zuerkannt wird (z.B. Berning 2002, S.28ff. oder Buck 1998, S.54), und das obwohl die Prozessorientierung[14] wohl als die derzeit dominierende Stoßrichtung in der Organisation bezeichnet werden kann (Droege 1998, S91ff.).
Für den Einkauf ergibt dies zum einen, dass er sich stärker an seinen internen Kunden, wie z.B. der F&E- oder Produktionsabteilung, ausrichten muss (Boutellier/ Locker 1998, S.223). Zum anderen bedeutet es, dass im Zuge der höheren Marktorientierung auch die extern beschafften Leistungen sowie ihre optimale Nutzung im Sinne der Kunden verstärkt in den Fokus rücken – und somit der Beschaffungsfunktion zu einem beträchtlichen Bedeutungszuwachs verhelfen könnten (Thiemt 2003, S.52).
3.1.2 Wesentliche Einflussgrößen der Beschaffungsorganisation
Die Ausgestaltung der Organisation ist in jedem Unternehmen von einer Vielzahl von Faktoren abhängig (Schifferer 2001, S.125f.), die in ihrer Kombination verschiedene (Beschaffungs-)Prozesse[15] ergeben und deshalb bei der Festlegung der Organisationsstrukturen berücksichtig werden müssen. Schwerpunktmäßig werden im folgenden Abschnitt die für Global Sourcing relevant erscheinenden Faktoren beschrieben.
So ist die Ausgestaltung der Beschaffungsfunktion grundsätzlich sehr stark von der Unternehmensorganisation abhängig, in die sie sich einfügt. Dabei ist von Interesse, wie sich das Unternehmen grundlegend aufgliedert, z.B. in Standorte, Divisionen oder Abteilungen, und nach welchem Aspekt (z.B. Produktfelder) diese Untergliederung erfolgt (Schifferer 2001, S.128ff.). Für die Organisation des Global Sourcing ist insbesondere die weltweite Verteilung der Unternehmenseinheiten von Belang, und wie diese in eine Beschaffungsorganisation integriert werden können (Wangerin/ Chapell 2002, S.84).
Darüber hinaus erfordert die Anzahl der zu bearbeitenden Beschaffungsmärkte eine darauf ausgerichtete Organisation. Um den lokalen Gegebenheiten weltweiter Märkte gerecht zu werden, muss nicht nur entsprechendes Know-how zur Verfügung stehen, viel mehr steigt auch die Komplexität der Beschaffungsprozesse, da ggf. eine länderspezifische Anpassung der Einkaufsinstrumente oder länderübergreifende Entscheidungsabstimmung erfolgen muss (Koppelmann 2004, S.225f.). Verfügt das Unternehmen über internationale Standorte, so sollten diese durch eine gemeinsame Beschaffungsstrategie koordiniert werden. Fehlen hingegen internationale Standorte kann auf externe Partner zurückgegriffen werden. Dies wird in Abschnitt 3.1.4 näher beschrieben.
Weiterhin ist für die allgemeine Gestaltung der Beschaffungsorganisation - national wie international – und bezogen auf das Gesamtunternehmen, noch Folgendes relevant:
- die Stellung in der Wertschöpfungskette (wegen der Umfang der Beschaffungsvolumina) (Droege 1998, S.13f.),
- die mengenmäßige Art des Fertigungsverfahren (Einzel-/Massenfertigung, wegen der Wiederholungshäufigkeit der Prozesse) (Schifferer 2001, S.135)
- das Produktprogramm (wegen der Variantenvielfalt der Beschaffungsobjekte) (Schifferer 2001, S.138f.),
- die Art und Menge der Beschaffungsobjekte (direkte oder indirekte Güter[16] wegen deren Vielfalt und Beschaffungsvolumen) (Jahns 2005b, S.141)
- der Produktentwicklungsprozess (wegen der großen Unterschiede zwischen Serien- und Entwicklungseinkaufsprozessen) (Boutellier/ Corsten 2002, S.15).
Somit wird deutlich, dass auf die Organisation des Global Sourcing nicht nur offensichtliche, z.B. geographische, Einflüsse bestehen, sondern eine Vielzahl weiterer.
3.1.3 Leitlinien für die Organisation von Global Sourcing
Der letzte Abschnitt zeigte, welche Einflüsse auf die Organisation der Beschaffung (bei Global Sourcing) bestehen. Im Folgenden werden nun konkrete Empfehlungen für die Ausgestaltung einer globalen Beschaffungsorganisation gegeben. Für die Entscheidungsfindung steht grundsätzlich eine Vielzahl von Parametern bereit[17], von denen die als wesentlich für Global Sourcing erachteten nun beschrieben werden.
3.1.3.1 Segmentierung der Beschaffungsaufgaben
Von besonderer Bedeutung für den Erfolg eines Global Sourcing ist die Trennung strategischer und operativer Einkaufstätigkeiten. Nur diese Aufteilung sichert, dass
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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Abbildung 6 : Strategische und operative Beschaffungsaufgaben (Quelle: Boutellier/ Locker 1998, S.40)
sich die Mitarbeiter der Beschaffung im gegebenen Umfang mit den im Global Sourcing so wichtigen strategischen Aufgaben befassen können (Schifferer 2001, S.214). Zur Unterscheidung kann die nebenstehende Abbildung herangezogen werden.
Erfolgt eine solche Aufteilung nicht, werden Einkaufsmanager mit untergeordneten Aufgaben der kurzfristigen Bedarfsdeckung überlastet. Ihre Arbeit orientiert sich nur an den anfordernden Bereichen, nicht aber an den Beschaffungsmärkten (Pechek 2003, S.25ff.). Als Lösungswege bieten sich die organisatorische Trennung der Funktionen oder die Umgestaltung der Prozesse an: operative Aufgaben sind aufgrund ihrer erwähnten Merkmale relativ leicht zu standardisieren und daher prädestiniert für eine Prozessoptimierung und –automatisierung unter Zuhilfenahme von IT-Systemen (Arnold 1997, S.71f.). Dadurch ergeben sich die zeitlichen Freiräume für die strategischen Aufgaben des Global Sourcing, z.B. Beschaffungsmarktforschung oder Lieferantenmanagement (Krokowski 1998, S.46f.). Ein weiterer Vorteil wird darin gesehen, dass durch die Teilung der Aufgaben auch eine Entkopplung der (strategischen) Lieferantenverantwortung und der (operativen) Lieferantenbetreuung stattfindet, was zu mehr Transparenz bei den Beschaffungsentscheidungen führt (Droege 1998, S.107f.)
3.1.3.2 Zentralisierungsgrad der weltweiten Beschaffungsfunktion
Eng verknüpft mit der Frage der Aufgabenteilung ist die Frage nach Zentralisierung und Dezentralisierung der Beschaffung. Mit Global Sourcing ist, gemäß der in 2.4.1 erörterten Grundlagen, oft eine weltweite Ausbreitung der Unternehmensstandorte verbunden – und somit einer Dezentralisierung der Unternehmensfunktionen.
Oft bringt dies eine Streuung und letztlich den Verlust des strategischen Beschaffungswissens mit sich (siehe 2.4.2). Selbiges gilt für die Skaleneffekte bei der Bündelung der weltweiten Beschaffungsvolumina (Beßlich/ Lumbe 1994, S.30). Zugleich ergeben sich aber auch Vorteile: größere Nähe zu den lokalen Beschaffungsmärkten und damit spezifischeres Wissen, sowie leichterer Zugang zu diesen Märkten (Kleinaltenkamp 2003, S.168). Zudem kann bei dezentraler Ansiedelung schneller auf die spezifischen Bedürfnisse der Bedarfsträger reagiert werden (Boutellier/ Corsten 2002, S.25). Insofern besteht ein Zielkonflikt, da gewichtige Argumente für beide Ausprägungen des Zentralisierungsgrads existieren. Deshalb wird in der Praxis meist auf Mischlösungen ausgewichen, indem teilweise der Aufgaben dezentral und teilweise zentral bearbeitet werden.
Als grundlegende Gestaltungsleitlinie hat sich die Dezentralisierung der operativen und die Zentralisierung der strategischen Aufgaben durchgesetzt (Schifferer 2005, Expertenbefragung). Strategische, zentral gebündelte Aufgaben des Global Sourcing sind beispielsweise die internationale Beschaffungsmarktforschung, das globale Lieferantenmanagement[18] und die Koordination der weltweiten, dezentralen Beschaffungseinheiten (Bellmann 2002, S.377). Gleichzeitig sichern die operativen Einheiten eine bedarfsgenaue Versorgung der lokalen Standorte und dienen als Ansprechpartner für die Lieferanten vor Ort (Meyerrose/ Hupfauer 2001, S.101f.).
Je nach Unternehmensstruktur kann die strategische Global Sourcing-Abteilung als zentrale Stabsstelle (bei starker Dezentralisierung), als Linienfunktion (bei starker Zentralisierung) oder als Matrixorganisation (bei stark heterogenem Bedarf der Business Units) angelegt werden (Boutellier/ Locker 1998, S.142f.).
[...]
[1] Zum Begriff selbst sowie grundlegenden Aspekten siehe z.B. (o.V. 2005a, de.wikipedia.org)
[2] Eine einheitliche Definition des Begriffs existiert nicht; im Allgemeinen wird darunter aber die Ausgliederung von Unternehmensfunktionen an externe Partner verstanden (Preißler 1995, S.147)
[3] Weiterführende Informationen zum Begriff sowie den zugrunde liegenden Entwicklungen finden sich u.a. bei (Schönsleben et al. 2003, S.736)
[4] Beschaffung und Einkauf werden auch in der Literatur synonym verwendet. Eine genaue Definition erfolgt in Unterkapitel 2.1
[5] Die Untersuchungen zur Hebelwirkung belegen, auf Grundlage der Überlegung, dass Gewinnsteigerungen nur durch Umsatzsteigerungen oder Kostensenkungen erreicht werden können, dass mit nur geringen Senkungen der Fremdbezugskosten die gleiche Gewinnsteigerung erreicht werden kann wie mit ungleich höheren Umsatzsteigerungen. Hierzu z.B. (Arnold 1997, S.15)
[6] zu übersetzen als „weltweite Beschaffung“. Eine genaue Definition erfolgt in Kapitel 2.3
[7] dieser Aufteilung folgen z.B. (Large 1999, S.32) oder (Klapper 2001, S.14)
[8] Der angesehene Einkäuferverband National Association of Purchasing Management der USA hat sich daran angepasst und in „Institute for Supply Management“ umbenannt. Eine wörtliche Definition sowie eine Aufstellung der Aufgaben, die unter Supply Management verstanden werden, findet man unter (ISM 2005b, www.ism.ws)
[9] Dieser Einteilung liegt die ABC-Analyse zugrunde, die z.B. (Piontek 2004, S.140ff.) beschreibt.
[10] Arnold hat seine Erkenntnisse aus (Arnold 1997, S.93ff.) im Laufe der Zeit leicht modifiziert (Arnold 2002), weshalb Folgenden fallweise auf die aktuellere Version abgestellt wird
[11] weitere Informationen hierzu finden sich auf der Webseite der World Trading Organisation, www.wto.org
[12] Local-Content-Vorgaben sind solche, die im Gegenzug für (vereinfachten) Absatzmarktzugang einen bestimmten Wertschöpfungsanteil lokaler Unternehmen an den Produkten vorschreiben (Piontek 1997, S.29)
[13] siehe hierzu: (Porter 1986)
[14] Grundlegende Ausführungen zur Prozessorientierung in der Beschaffung finden sich bei (Koppelmann/ Glantschnig 1994, S.2ff.), (Schifferer 2001, S.47ff.), sowie allgemein (Fischermanns/ Liebelt 1997)
[15] die theoretische Herleitung dieser Kombinationsmerkmale findet sich in Anhang A
[16] Eine derartige Aufteilung nehmen z.B. (Schifferer 2001, S.142ff.) oder (Koppelmann 2004, S.4) vor
[17] Eine allgemeine Erörterung dieser Gestaltungsparameter der Beschaffungsorganisation findet sich in Anhang B.
[18] In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff sowohl Auswahl neuer als auch Betreuung bestehender Lieferanten, in Anlehnung an (Jahns 2005b, S.280)
- Quote paper
- Florian C. Kleemann (Author), 2006, Global Sourcing. Grundlagen, Strukturen, Prozesse und Controlling einer internationalen Beschaffungsstrategie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52817
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