Ende findet seine zweite Heimat (Phantásien) in seinen Erzählungen, Gedichten und Romanen, welche an romantische Traditionen anknüpfen. Offen spricht der Autor von der Tatsache, dass er in seiner „gesamten Haltung (...) ein Romantiker“ ist. Ende selbst behauptet: „Meine Rettung lag in der Erkenntnis, dass die Phantasie die wahre Mutter einer Art von Literatur ist, dass ich für mein Seelenheil ganz nonkonformistisch zu den alten Erzählstrukturen zurückfinden musste.“ Es ist der Versuch, das „rein materielle Weltbild“ zu überwinden.
Viele Autoren versuchen heute mit einem Kinder- und Jugendbuch im Märchenstil, ähnlich wie Michael Ende einen Erfolg bei den Erwachsenen zu erzielen.
Zeugt die Beliebtheit der Kinder- und Jugendlektüre bei Erwachsenen, wie die Spiegel-Redakteurin Susanne Beyer behauptet, von einem „bedenkliche(n) kulturelle(n) Verfall“ und „einer trotzigen und zugleich lustvollen Form der Regression“ ? Oder sind Märchen, Mythen und Phantasie notwendige Bestandteile eines gesunden und modernen Zeitalters?
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Michael Endes Kunstverständnis
1.1 Der Magier und das Kind
1.2 Künstlerische Prägung durch den Vater Edgar Ende
1.3 Die Suche nach einer Utopie
2. Literarische Vorbilder und Quellen
2.1 Elemente der griechischen Mythologie
2.2 Rückgriffe auf den Heldenepos
2.3 Bilder und Motive der phantastischen Literatur des 20. Jahrhunderts
2.4 Einflüsse östlicher Philosophien und Religionen
2.5 Einflüsse des Christentums
2.6 Parallelen zu Kinder- und Jugenderzählungen des 20. Jahrhunderts
3. Die Aktualität der Romantik
3.1 Gründe für die Wiederkehr der Romantik
3.1.1 Kritik am Erbe der Aufklärung
3.1.2 Kompensation des Ungenügens an der Normalität
3.2 Der Märchenroman
3.2.1 Märchen als Genre
3.2.2 Märchen in der Romantik und in der Moderne
3.3 Parallelen zu Novalis und E.T.A. Hoffmann
3.3.1 Der Weg der Wünsche in der Phantasiewelt
3.3.2 Erzählweise
3.3.3 Anti-Helden
3.3.4 Das Kind als Retter
3.3.5 Die Naturpoesie
3.3.6 Blumensymbolik
3.3.7 Die Figur des ‚weisen Alten‘
3.3.8 Atlantis und Phantásien
Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Einleitung
‚Ein Junge gerät beim Lesen einer Geschichte buchstäblich hinein und findet nur schwer wieder heraus.‘ [1]
Diese ersten Gedanken zu einem neuen Buch teilt Michael Ende seinem Verleger mit. Knapp drei Jahre später, 1979, entstand die Geschichte des Außenseiters und Retters Phantásiens Bastian Balthasar Bux. Dieses „nicht unkomplizierte“ Buch scheint zunächst nicht unbedingt erfolgsversprechend zu sein: „Ende selbst hält es für möglich, daß er sich völlig verhauen hat“.[2] Nach kurzer Zeit ist es jedoch gewiss, dass Ende nach seinen ersten Erfolgen, den Jim Knopf -Romanen und dem 1972 veröffentlichten Märchenroman Momo, einen neuen Bestseller geschrieben hat.[3]
„Ein mehrfach prämiertes Jugendbuch macht Furore: Immer mehr Erwachsene lesen Michael Endes Märchenroman.“ [4]
Die unendliche Geschichte hält den Rekord von 113 Wochen auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste. Das Faszinierende daran ist Endes Leserschaft, es sind: Fabrikarbeiterinnen, Top-Manager, Universitätsprofessoren, Kinder und „junge Leute zwischen 20 und 30, von ganz wilden Alternativleuten bis zu ganz braven Theologiestudenten“.[5] Offenbar verzaubern Momo und Die unendliche Geschichte die ganze Welt.[6] Endes Bücher erreichen die Menschen weltweit, unabhängig von ihrem Alter, ihrer Bildung oder ihrem sozialen Status.
„Wer und wie ist dieser Mann eigentlich (...), der ein Jugendbuch geschrieben hat, das auf der Bestsellerliste der Erwachsenenbelletristik stand.“ [7]
Der Sohn des Kunstmalers und Bildhauers Edgar Karl Alfons Ende und seiner Ehefrau Luise, geborene Bartholomä war selbst auf der Suche, nach einer bewohnbaren Welt, einem neuen poetischen Mythos. Seine wunderbaren Bilder im Roman erinnern stark an die surrealistischen Zeichnungen seines Vaters.
Ende findet seine zweite Heimat (Phantásien) in seinen Erzählungen, Gedichten und Romanen, welche an romantische Traditionen anknüpfen.[8] Offen spricht der Autor von der Tatsache, dass er in seiner „gesamten Haltung (...) ein Romantiker“ ist.[9] Ende selbst behauptet: „Meine Rettung lag in der Erkenntnis, dass die Phantasie die wahre Mutter einer Art von Literatur ist, dass ich für mein Seelenheil ganz nonkonformistisch zu den alten Erzählstrukturen zurückfinden musste.“[10] Es ist der Versuch, das „rein materielle Weltbild“ zu überwinden.[11]
In den siebziger Jahren hat man dieses ‚neuromantische‘ Bewusstsein und das Verlangen nach dem Märchenhaften in der Literatur unter dem Begriff des ‚New-Age‘ zusammengefasst. Heute reden Verlagsleute von den ‚Cross-over-Büchern‘ und den ‚All-Age-Titeln‘ zu denen u. a. auch die Zauberlehrlingsserie Harry Potter gehört.[12] Im Frankfurter Institut für Jugendbuchforschung ist die Rede von einer „gewisse(n) Unzufriedenheit mit dem literarischen Angebot der Hochkultur“.[13] Viele Autoren versuchen heute mit einem Kinder- und Jugendbuch im Märchenstil, ähnlich wie Michael Ende einen Erfolg bei den Erwachsenen zu erzielen. Die gegenwärtig erfolgreiche, deutsche ‚Cross-over‘ Autorin Cornelia Funke betont, es ginge um die „Kraft des bewährten mystisch-märchenhaften Fabulierens“ und „ein bildreiches Erzählen“, denn „in einer komplizierten Welt braucht man solche Bilder“, so Funke.[14]
Zeugt die Beliebtheit der Kinder- und Jugendlektüre bei Erwachsenen, wie die Spiegel-Redakteurin Susanne Beyer behauptet, von einem „bedenkliche(n) kulturelle(n) Verfall“ und „einer trotzigen und zugleich lustvollen Form der Regression“[15] ? Oder sind Märchen, Mythen und Phantasie notwendige Bestandteile eines gesunden und modernen Zeitalters?
Verlauf der Untersuchung
Ziel der folgenden Untersuchung ist es, die Aktualität der Romantik in den siebziger Jahren am Beispiel Michael Endes Unendlicher Geschichte an allgemeinen und konkreten Bezügen zu verdeutlichen. Mithin soll die literarische Besonderheit bei Michael Ende herauskristallisiert werden.
Aus diesem Grund konzentriert sich der erste Teil auf das allgemeine Kunstverständnis Michael Endes und seine künstlerische Prägung durch den Vater.
Im zweiten Teil veranschauliche ich die Komplexität der literarischen Vorbilder, Motive, Symbole, sowie des philosophischen und theologischen Gedankenguts der Unendlichen Geschichte.
Darauf folgt der Hauptteil meiner Arbeit, welcher die Bezüge zu den Romantikern, insbesondere zu E.T.A Hoffmann und Novalis (Friedrich von Hardenberg) untersucht. Zunächst stellen sich allgemeine Fragen: Was sind die Gründe für die Wiederkehr der Romantik in der Literatur? Welche Parallelen existieren zwischen der Gesellschaftskritik der siebziger Jahre und der romantischen Aufklärungskritik? Welche Gemeinsamkeiten existieren in der literarischen Bearbeitung?
Nachfolgend soll Michael Endes Bezug zur Märchengattung näher erläutert werden. Wodurch zeichnet sich das Märchen aus? Welche sind die Merkmale der romantischen Kunstmärchen und welche literarische Absicht verfolgen die modernen Märchen?
Der letzte Teil schließlich konzentriert sich auf die praktische Untersuchung der Bezüge zu E.T.A. Hoffmann und Novalis. Welche Bilder, Motive und Symbole dieser Autoren der Romantik greift Ende in seinem Märchenroman auf? Wie ist die literarische Bewegung aus heutiger Sicht zu bewerten?
1. Michael Endes Kunstverständnis
1.1 Der Magier und das Kind
Der Anfang der Untersuchung von Michael Endes U nendlicher Geschichte erfolgt anhand des Auszugs einer Traumerzählung in Der Spiegel im Spiegel, welche den Schlüssel zu Michael Endes Kunstverständnis und zu seinen Geschichten liefert. Dieser Auszug beschreibt die Begegnung des Pagads mit einem Kind:
„‚Wer bist du denn? ‘ fragt das Kind.
‚Der Pagad‘, antwortet der Mann, setzt sich auf die Rampe und baumelt mit den Beinen.
‚Und was bist du?‘ will das Kind wissen.
‚Ein Magier‘, antwortet der Mann, ‚und ein Gaukler. Beides.‘
‚Und wie heißt du?‘ will das Kind wissen.
‚Ich habe eine Menge Namen‘, antwortet der Pagad, ‚aber am Anfang heiße ich Ende.‘
‚Das ist ein komischer Name‘, meint das Kind und lacht.
‚Ja‘, sagt der Pagad, ‚und wie heißt du?‘
‚Ich heiße bloß Kind‘, sagt das Kind verlegen. (...) ‚Und was machen wir jetzt?‘
‚Jetzt‘, antwortet der Mann auf der Rampe und schlägt die Beine übereinander, ‚jetzt fangen wir etwas an.‘
‚Kann ich bei dir bleiben?‘ fragt das Kind.
‚Man wird nach dir fragen‘, meint der Pagad ernst.
Das Kind schüttelt den Kopf.
‚Wo wohnst du denn?‘ erkundigt sich der Pagad.
‚Man kann nirgends mehr wohnen‘, antwortet das Kind. ‚Ich jedenfalls nicht.‘
‚Dann kann ich es auch nicht‘, meint der Pagad nachdenklich. ‚Was machen wir da?‘
‚Wir können zusammen losgehen‘, schlägt das Kind vor, ‚und eine neue Welt suchen, wo wir beide wohnen können.‘
‚Eine gute Idee!‘ sagt der Pagad und setzt seinen großen, sonderbaren Hut auf. ‚Und wenn wir keine finden, dann zaubern wir uns eine.‘
‚Kannst du das denn?‘ fragt das Kind.
‚Ich hab's noch nicht versucht‘, antwortet der Pagad ‚aber wenn du mir dabei hilfst ... Übrigens finde ich, du solltest doch einen richtigen Namen haben. Ich werde dich Michael nennen.‘
‚Danke‘ sagt das Kind und lächelt (...). Dann verlassen sie die Bude, den Jahrmarkt, die Stadt (...). Sie halten sich gegenseitig an der Hand, und man weiß nicht genau: Wer führt wen?“ [16]
Ein Magier und ein Kind auf der Suche nach einer neuen Welt, in einer Zeit, in der sich ‚das Kind‘ oder ‚das Kindliche‘ nicht heimisch fühlt. Michael Ende verbindet mit dem Kindlichen in uns den Teil, der uns schöpferisch und kreativ macht, den Teil, der nie die Fähigkeit verloren hat zu staunen, zu fragen, sich zu begeistern, und es ist auch der Teil, der Trost verlangt und hofft.[17]
Das Kind ist bereits bei Nietzsche die höchste Stufe der Verwandlungen des Geistes. Nietzsche zufolge steht das Kind für den „Neubeginn“ und für „ein heiliges Ja-sagen (...) zum Spiele des Schaffens“.[18]
Da der Pagad im Tarotkartenspiel eine der Trumpfkarten ist, scheint er bei der Erschaffung neuer Welten der richtige Gefährte zu sein. Das Kartenbild des Magiers zeigt eine „auf dem Berg des Unbewussten“ stehende, jugendliche Gestalt, die mit großer Geschicklichkeit „mit den Werkzeugen der Kommunikation“ jongliert.[19] Der Kopf des Jünglings ist gekrönt „von einem turbanförmigen Gebilde zweier ineinander verschlungener Schlangen“.[20] Infolgedessen repräsentiert der Magier auch im Tarot „den Willen, die Weisheit, das Wort, durch die Welten erschaffen wurden“.[21]
Das Kind ‚Michael‘ und der Pagad namens ‚Ende‘ vermitteln den offensichtlichen Eindruck, es handle sich um eine Selbststilisierung des Autors. Diesen Verdacht bestätigt Michael Ende auch in seinem Brief an den japanischen Übersetzer Shizuya Okazawa am 22. Januar 1985.[22] Der kurze Auszug zeigt ein unkonventionelles und geheimnisvolles Selbstporträt ganz im Sinne des Autors.[23] Mit seinen ‚magischen‘ Fähigkeiten und Werkzeugen (der Sprache) und einer kindlichen Vorstellungskraft treibt Michael Ende ein Spiel auf unterschiedlichen Wirklichkeitsebenen. Daher antwortet Ende auf die Frage, ob nur eine Wirklichkeit existiert:
„Es gibt nur eine Wirklichkeit, aber sie ist wie ein Haus mit vielen Stockwerken, und je nachdem, in welchem man sich gerade befindet, hat man einen anderen Ausblick auf die Welt. Die Stockwerke, das sind unsere Vorstellungen, Gedanken und Gefühle. Zu anderen Zeiten oder bei anderen Völkern hatte man andere Vorstellungen, und deshalb bedeutete die Wirklichkeit dort etwas anderes. Ich beschreibe die Welt von verschiedenen Stockwerken aus.“ [24] (Herv.: d. V.)
Michael Endes ganzes Dasein bestätigt die Suche nach anderen, intensiveren Wirklichkeitsbetrachtungen. Die phantastische, über der ‚normalen‘ Realität stehende Welt war nicht nur ein Thema in seinen Werken, sondern seine Heimat. Auch privat lebte der Autor mit seiner Frau Ingeborg Hoffmann zurückgezogen im italienischen Genzamo di Roma in seiner Villa namens Casa Liocorno (Haus Einhorn).
Michael Ende akzeptierte und anerkannte die verschiedenen Wirklichkeitsbetrachtungen als gleichwertig und ließ „sich von der einen für die andere befruchten“:
„Er (Michael Ende, d. V.) wußte (...): Phantásien ist kein Fantasy-Land, nicht Phantasterei, nicht Weltflucht, sondern eine andere Form der Wirklichkeit.“ [25]
Mit Hilfe seiner ausdrucksvollen literarischen Bilder versucht Michael Ende, seine Leser/innen auf sinnliche Weise diese Wirklichkeiten erleben zu lassen und sie infolgedessen „sehend (zu) machen (...) für das Wesentliche, das hinter den Dingen liegt“.[26] Thomas Kraft beschreibt dieses literarische Erlebnis als
„eine Reise ohne festes Ziel, eine Aventiure nach mittelalterlichem Vorbild, mit der Blauen Blume im Knopfloch“. [27]
Mit dem Geschick eines Gauklers und einer Anlehnung an literarische Vorbilder präsentiert Michael Ende seinem Publikum mit der Unendlichen Geschichte die Reise in eine andere Wirklichkeit.
Bei seiner Beschäftigung mit dem Begriff ‚Wirklichkeit‘ resümiert der Autor:
„Zweifellos (gibt es, d. V.) sehr viele Dinge, die man nicht sehen oder anfassen kann und die dennoch Wirklichkeit sind, zum Beispiel Gefühle, Wünsche, Gedanken.“ [28]
Solche inneren Wirklichkeiten müssten, Ende zufolge, durch andere Bilder „als die der äußeren Welt“ beschrieben werden.[29] Seine literarische Welt vermittelt den Eindruck einer Traumlandschaft, welchen Ende durch seine bildhafte Sprache und seine sonderbaren Gestalten erzielt. Demzufolge erklärt der Autor:
„Mit einem Wort, ich versuche so zu schreiben, wie unsere Träume sind.“ [30]
1.2 Künstlerische Prägung durch den Vater Edgar Ende
In einem Interview verkündet Michael Ende, sein Schreiben ähnele der Arbeitsweise eines Malers:
„Ich arbeite eigentlich eher wie ein Maler. Maler gehen oft so vor, dass sie erst einmal mit irgendeiner Ecke des Bildes anfangen, wo dann etwas entsteht, sei es eine besondere Farbigkeit, oder sei es irgend etwas, das danach verlangt weitergeführt zu werden ... So malt man dann langsam das ganze Bild. Man hat zwar am Anfang ein bestimmtes Konzept, aber das Konzept ändert sich unterwegs, die Zielrichtung ändert sich dann auch." [31]
Michael Ende schreibt ohne einen konkreten Plan, der Ausgang der Geschichte steht am Anfang noch nicht fest, das Abenteuer entwickelt sich erst beim Schreiben.[32]
Die Nähe des Autors zu den Techniken der Malkunst ererbte Michael Ende von seinem Vater Edgar Ende. Doch auch auf Michael Endes Kunstverständnis hat der Vater einen prägenden und wichtigen Einfluss gehabt.
Die surrealistischen Bilder Edgar Endes weisen auf einen eigenen Stil hin, er strebte, wie Michael Ende betont, „nach einer gewissen Klassizität, ja Naivität“.[33] Seine visionäre Malerei war in ihrer Gestaltung der Zeit voraus und fand erst kurz vor seinem Tod internationale Anerkennung.[34] Edgar Endes Bilder transformieren die Wirklichkeit in eine Traumlandschaft mit sonderbaren Gestalten:
„Die nackten Schlafenden auf unendlicher Ebene, über denen ein trauernder Schwan in der Luft zu stehen scheint; der lorbeerbekränzte Dichter, der sich wegbeugt von aus der Wand ragenden, fordernden Torsen; die Regenschirmträger, die in einen Raum voller Statuen starren; und immer wieder diese schmerzhafte Leere, ein umbarmherziger Horizont, das magische Licht, das Unerklärliche, das Geheimnis, fast zum greifen nahe.“ [35]
Die Kunstwerke besitzen einen befremdenden und schockierenden Charakter, was auch der Absicht des Malers entspricht, der „eine Berührung mit einer realen geistigen Welt“ ermöglichen wollte.[36]
Wie später sein Sohn, sucht auch Edgar Ende seine Bilder und Motive, mit „nach innen gewandtem Blick“, um diese dann künstlerisch zu verarbeiten.[37] In einem Brief schrieb Edgar Ende:
„Das Bild (...) ist prä-logisch, das heißt, es ist vor dem Gedanken da und tiefer als der Gedanke. Der abstrakte Begriff ist nichts als ein abgestorbenes Bild“. [38] (Herv.: d. V.)
Diesem Prinzip bleibt Michael Ende in seinen sinnlich erfahrbaren Geschichten treu, seine Werke sind wie die seines Vaters „etwas Lebendiges“.[39] Durch seinen Vater lernt Michael Ende eine bilderreiche und lebendige Welt kennen, vor allem auch durch die Berührung mit Märchen, Mythen und phantastischen Erzählungen der Romantik. Bekanntermaßen zeigte Edgar Ende „ein deutliches Interesse an phantastischer Literatur, verwandten Geisteswissenschaften und zivilisationskritischen Sachbüchern“.[40]
Die Verbindung zur Zeit der Romantik geht über die bloße Entnahme von Anregungen hinaus, bis hin zu einem „entliehenen (romantischen) Welt- und Kunstverständnis“:
„Edgar und Michael Ende stehen in der Tradition einer phantastischen Kunst, die weder mit fünfschwänzigen Drachen noch mit übermenschlichen Superhelden arbeitet, sondern das Eindringen einer irrealen Welt in die natürliche Welt andeutet.“ [41]
Im romantischen Kunstverständnis finden Vater und Sohn zueinander. Beide Künstler sind empfänglich für die aktuellen latenten Probleme ihrer Zeit und drücken sie auf ihre Weise aus. Edgar Ende beschränkt sich bei seiner Kritik lediglich auf die künstlerische Darbietung und überlässt später seinem Sohn die begriffliche Auseinandersetzung mit Problemen der modernen Gesellschaft.[42] Hinter beider Gesellschaftskritik verbirgt sich aber auch die Hoffnung und „die Sehnsucht nach einer Zeit der Erlösung“.[43]
Ein Unterschied in der Arbeitsweise zwischen Vater und Sohn ist zu entdecken. Edgar Ende verfügte „über die ungewöhnliche Gabe einer inneren Schau“.[44] In einem so genannten „Fischzug“ schloss sich der Maler in seinem Atelier ein, um manchmal stundenweise die Zeit damit zu verbringen, nach „Visionen“ oder inneren Bildern zu fischen.[45]
Hervorzuheben ist der gegenseitige Einfluss der beiden Künstler. Edgar Ende lässt sich zu einem Porträt von seinem Sohn inspirieren, nachdem er eine Erzählung von ihm gelesen hatte, welche später in Der Spiegel im Spiegel veröffentlicht wurde.[46] Michael Ende lässt sich dagegen von den Traumlandschaften seines Vaters dazu hinreißen, Gedichte oder Geschichten zu schreiben.[47] Dieser Versuch, die Methode des Vaters literarisch auszudrücken, zeigt sich insbesondere in seinem Buch Der Spiegel im Spiegel, welches er auch seinem Vater widmete.
Des Weiteren verweist Thomas Kraft auch auf die Parallele zwischen der Unendlichen Geschichte und der Zeichnung Edgar Endes Das Pferd (1947).[48] Diese bedrückende Zeichnung stellt einen Jüngling dar, bereits tief versunken in einem Fluss oder Sumpf, welcher sein Pferd am Hals verzweifelt umklammert:
„Michael Ende kehrt dieses Bild nur um, indem er Atréju mit seinem Pferd Artax in die Sümpfe der Traurigkeit schickt und Artax im Morast den Lebensmut verliert und versinkt.“ [49]
Inwieweit sich Michael Ende von dieser Zeichnung wirklich hat inspirieren lassen, ist nicht bekannt. Tatsache ist, dass Edgar Ende, der „vor seiner Staffelei zum Seher“ wurde, den Zugang seines Sohnes zu dieser geistigen Welt stark beeinflusste.[50]
1.3 Die Suche nach einer Utopie
In seinem Gespräch mit Erhard Eppler und Hanne Tächl über die gesellschaftlich-kulturelle Lage erläutert Michael Ende:
„Äußerlich haben wir alles, geistig sind wir arme Teufel. Wir können keine Zukunft sehen, wir können keine Utopie finden“. [51]
Dem modernen Menschen fehlt ein positives Bild der Welt, in der er lebt: eine Utopie, welche er der Trostlosigkeit, die aus der modernen Weltvorstellung resultiert, entgegenhalten kann. Dies führt bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen zu einem „verzweifelte(n) Durst nach dem Wunderbaren“ und einem „Hunger nach Schönheit“.[52]
Die Nachkriegsliteratur war bemüht, alles „unter einem gesellschaftskritischen, politischen, (...) aufklärerischen Aspekt zu sehen“ und zog den Menschen noch mehr in „einen Sog der Negativität, des Zorns, der Bitterkeit, der Verdrossenheit“.[53] Gegen diese der Literatur und Kunst aufgetragene Ausschließlichkeit wehrt sich Ende. Ihm zufolge ist die Zeit gekommen, „der Welt ihr heiliges Geheimnis und dem Menschen seine Würde“ zurückzugeben:[54]
„An dieser Aufgabe werden die Künstler, die Dichter und Schriftsteller einen wichtigen Anteil haben, denn ihre Arbeit ist es, dem Leben Zauber und Geheimnis zu verleihen“. [55]
Die Möglichkeiten des/der Schriftsteller/in zur Werteänderung bestehen darin, alte Werte zu erneuern oder neue zu schaffen. Diesem Grundsatz folgend, ist auch Michael Ende auf der Suche nach einer Utopie für die Gesellschaft, um deren Werte zu erneuern. Gleich Thomas Morus' Utopia, (er-)findet auch Ende, ein „Land, das nirgends (real) ist“: Hier findet der moderne Mensch die verlorenen Mythen wieder.[56] Dabei bewegt Ende sich in seiner poetischen Landschaft nach den Maßstäben der vier Himmelsrichtungen: der Schönheit, dem Wunderbaren, dem Geheimnisvollen und dem Humor.[57] Die Geheimnisse der Welt offenbaren sich jedoch nur „demjenigen, der bereit ist, sich von ihnen verwandeln zu lassen“.[58] Um in seine Welt eintauchen zu können, müssen die Leser Michael Endes, wie der Autor selbst, „Lust am freien und absichtslosen Spiel der Phantasie“ haben.[59] In seinem Vortrag in Japan erläutert Ende, wie das freie schöpferische Spiel beim Schreiben, aufgrund der ungeplanten Vorgehensweise, selbst zum Abenteuer wird. Zur Entstehung der Unendlichen Geschichte berichtet er:
„Ich habe mit dieser Geschichte buchstäblich um mein Leben gekämpft“. [60]
Wenn der Mensch nicht zu einem „richtigen Erwachsenen“ jenem „entzauberte(n), banale(n), aufgeklärte(n) Krüppelwesen, das in einer entzauberten, banalen, aufgeklärten Welt so genannter Tatsachen existiert“, geworden ist, dann lebt in ihm das Kind fort, „das bis zu unserem letzten Lebenstag unsere Zukunft bedeutet“.[61] Es ist das „Ewig-Kindliche“ in jedem Menschen, dem letztendlich Michael Endes Werke gewidmet sind, daher sind seine phantastischen Geschichten nicht nur als Kinderliteratur einzustufen.[62] Die Wahl des Genres des Märchenromans erfolgt lediglich aus künstlerisch-poetischen Gründen:
„Wenn Sie gewisse wunderbare Begebenheiten erzählen wollen, so müssen Sie die Welt ja so schildern, daß derartige Begebenheiten in ihr möglich und wahrscheinlich sind.“ [63]
Wäre er ein Maler geworden, würde er malen wie Marc Chagall, behauptet Michael Ende in einem Fernsehinterview mit Heidi Adams.[64] In Chagalls Kunstwerken findet er seine Sicht auf die Dinge wieder: In ihrer „Art und Weise (...) (träfen sie) den Herzton des Ewig-Kindlichen“, welches uns wissen lässt, „daß es alles das gibt, daß es sogar wirklicher ist als alle nur diesseitige Wirklichkeit“[65]: Aus dieser Erkenntnis heraus verändert Michael Ende den Satz von Nietzsche („In jedem Manne ist ein Kind verborgen, das will spielen.“) zu seiner These:
„In jedem Menschen ist ein Kind verborgen, das will spielen“. [66] (Herv.: d. V.)
Als die höchste Form des Spiels versteht Ende letztendlich die Kunst. Die Poesie genauso wie die bildende Kunst erfüllt für Michael Ende „in erster Linie eine therapeutische Aufgabe“, denn aus der Ganzheit des Künstlers geboren, könnten sie dem Menschen diese Ganzheit wiedergeben.[67] In einer ‚kranken‘ Gesellschaft übernimmt der Dichter die Aufgabe eines Arztes, welcher die Menschen zu heilen, zu retten und zu trösten versucht. Doch „wenn er ein guter Arzt ist“, sagt Ende, „wird er seine Patienten nicht versuchen zu belehren oder zu bessern“.[68]
Diesem Prinzip bleibt Ende treu. Doch sein neuer Mythos ist vor allem die Erneuerung des Alten.
2. Literarische Vorbilder und Quellen
„Wenn Kunst und Dichtung im allerhöchsten Sinne eine innere Verwandtschaft mit dem Spiel haben, so verwandelt der Künstler und der Dichter alles – das Grauenhafte und das Liebenswürdige, das Profane und das Heilige, das Närrische und die höchste Wahrheit – in ein Spiel. Und mit diesem Spiel ist es ihm ernst.“ [69]
Die unendliche Geschichte spielt mit verschiedenen Elementen, Motiven aus Religionen, Philosophien und Literatur. Sie enthält eine „unendliche Fülle der Bezüge und Verweise aus allen Bereichen der Literaturgeschichte bis zu trivialen Utopien und populärem Unterhaltungsstoff“.[70] Vieles in Michael Endes poetischem Weltentwurf kommt dem Leser bekannt vor. Auch wenn Endes „künstlerische und literarische Vorfahren“ die Schriftsteller der Romantik sind, macht der folgende Exkurs die Fülle und Komplexität der Verweise deutlich.[71]
2.1 Elemente der griechischen Mythologie
Die tatsächliche Handlung der Unendlichen Geschichte beginnt mit der mysteriösen Krankheit der Kindlichen Kaiserin. Die Ärzte Phantásiens sind ratlos, sogar
„Caíron, der berühmte und sagenumwobene Meister der Heilkunst.“ [72]
Wie der/die Leser/in erfährt, hat man ihn früher „einen Zentauren genannt“, seine Herkunft liegt „weit, weit im Süden“.[73] Michael Ende spielt offensichtlich auf die Gestalt des Chiron aus der griechischen Mythologie an.[74]
Chiron unterscheidet sich in seinem Wesen von den anderen Kentauren, da er „freundlich und weise, außerdem heilkundig “ ist (Herv.: d. V.).[75] Ende ändert zwar den Namen um, übernimmt aber die Eigenschaften der antiken Gestalt. Darüber hinaus ist Chiron „Lehrer und Erzieher vieler großer Heroen des Mythos“.[76] Der Kentaur der Unendlichen Geschichte führt den Helden Atréju in die Erzählhandlung ein. Es ist Caírons Aufgabe, den Helden über seinen Auftrag zu unterrichten, ihm das AURYN zu übergeben und schließlich Atréju auf die ‚Große Suche‘ zu schicken.[77]
Wie bereits die antike Bevölkerung, so versucht auch Atréju, bei einem Orakel eine Antwort auf seine Fragen nach dem Heilmittel zu finden. Den griechischen Sagen zufolge dient das (delphische) „Orakel als Ratgeber in öffentlichen und privaten Angelegenheiten“.[78] Den Bezug zu dem Delphiorakel nimmt Ende auch inhaltlich, da sich ‚Uyulála, die Stimme der Stille‘, wie die Priesterin Pythia, in einem dem Apollon-Tempel ähnelnden Gebäude befindet.[79]
Der Weg zu Uyulála ins „Südliche Orakel“ führt in der Unendlichen Geschichte durch drei Tore, angefangen mit dem „Große Rätsel Tor“, welches ein Felsentor mit zwei Sphinxen ist. Auf seinem Weg dorthin empfindet Atréju Furcht:
„Es war nicht so sehr die Furcht vor der Gefahr, die ihm drohte, (...) es war die Furcht vor dem Unbegreiflichen, vor dem über alle Maßen Großartigen, vor der Wirklichkeit des Übermächtigen.“ [80]
In der mythologischen Gestalt der Sphinx (auch Würgerin genannt) finden wir ein bekanntes „Symbol des Unergründlichen und Rätselhaften“.[81] Denn dem griechischen Mythos zufolge lauert das geflügelte Ungeheuer mit Frauenkopf und Löwenkörper den Thebanern vor der Stadt auf, um sie aufzufordern, „allerlei Rätsel“, welche sie „von den Musen erlernt hatte“ richtig zu lösen, ansonsten ergriff sie denjenigen und verschlang ihn.[82] Die Sphinxe von Michael Ende stellen keine Rätsel, sie senden sich durch ihren Blick „alle Rätsel der Welt“ zu.[83] Nur, wenn die Sphinxe ihre Augen schließen, kann ein Besucher durch das Tor hindurch, ansonsten erstarrt er, und „ehe er nicht alle Rätsel der Welt gelöst hat“ kann er sich nicht wieder rühren.[84]
Die Sphinxe der Unendlichen Geschichte besitzen zusätzlich die Eigenschaften Medusas: Versteinerung und Zerstörung mit dem Blick.[85] Medusa (‚Herrscherin‘, ‚Königin‘) ist eine mächtige antike Gestalt.[86] Ihre Darstellungen bleiben widersprüchlich: Einerseits besagt der Mythos, sie übertreffe Athene an Schönheit, andererseits zeigen ihre früheren Abbildungen Medusa mit Schlangenhaar und grässlichem Grinsen.[87] Diese Antinomie zeigt sich auch Atréju beim Anblick der Sphinxe:
„... was er bis zu dieser Stunde noch nicht gewußt hatte, war, daß es beides in einem gibt, daß Schönheit schrecklich sein kann.“ [88] (Herv.: d. V.)
Das große Rätsel dieses Tores ist das Kriterium für das Durchlassen der Besucher. Was Engywuck mit seiner Wissenschaft nicht klären konnte, kann auch der/die Leser/in nicht erkennen. Atréju schreitet erfolgreich durch das Tor, doch es bleibt „in jeder Weise unerklärlich – und nicht allein nach logischen, sondern explizit auch nach imaginativen Kriterien“.[89] Das „Große Rätsel Tor“ wird seinem Namen gerecht und behält die Aura des Unbegreiflichen und Übermächtigen. Ende bewahrt somit den Mythos, ohne ihn zu entzaubern.
Die so genannten ‚Zweisiedler‘, Engywuck und Urgl, helfen Atréju jeder auf seine Weise, ins ‚Südliche Orakel‘ zu gelangen. Das phantásische Gnomenpärchen erinnert stark an die mythologischen Gestalten Philemon und Baukis. Von diesem alten Ehepaar wird in den griechischen Sagen berichtet, dass sie unzertrennlich sind, seit ihrer Heirat ihr Leben als einfache Bauern zugebracht haben und die als Wanderer verkleideten Götter Zeus und Hermes überaus gastfreundlich bewirteten.[90] Aus diesem Grund bewilligte Zeus ihren Wunsch, für die Ewigkeit zusammen zu bleiben.[91] Auch Endes Gnomenpärchen ist unzertrennlich und bleibt trotz kleiner ‚Sticheleien‘ zusammen.[92] Der Unterschied zeigt sich in den speziellen beruflichen Ausrichtungen von Urgl und Engywuck, welche dem Philemon und Baukis-Mythos in der Unendlichen Geschichte neue Qualitäten verleihen.[93]
Eine antike Gestalt „ein weißes geflügeltes Pferd“, taucht in der Unendlichen Geschichte zwei mal auf, ohne dass der tatsächliche Name verraten wird.[94] Der Beschreibung nach handelt es sich um Pegasos, den Sohn von Medusa und Poseidon.[95] Sein Name wird mit dem griechischen Wort ‚pege‘ (Quelle) in Verbindung gebracht. Pegasos „soll durch seine Hufe die den Musen geweihte Quelle Hippokrene aus dem Boden geschlagen haben“ und gilt daher als „Sinnbild der geistigen, insbesondere der poetischen Kreativität“.[96]
Eine wichtige literarische Vorbildfunktion für die Unendliche Geschichte hat Homers Odyssee. Hier existieren neben der allgemeinen Parallelität der Gestaltungsformen auch inhaltliche und motivische Entsprechungen und Übereinstimmungen.[97] Im Gespräch Atréjus mit dem Werwolf Gmork geht die Anlehnung an das antike Heldenepos fast bis zu einer wörtlichen Übernahme:
„‚Und du – wer bist du?‘ fragte er ( Gmork, d. V.).
Atréju überlegte eine Weile, ehe er antwortete:
‚ Ich bin niemand.‘“ [98] (Herv. : d. V.)
In Homers Odyssee antwortet Odysseus dem Zyklopen:
„Niemand ist mein Name; denn Niemand nennen mich alle.“ [99]
Durch dieses Wortspiel kann Atréju, ähnlich wie Odysseus, seine wahre Identität zunächst verbergen und sich retten.[100] Anders als Homer kehrt Michael Ende in seinem Roman das Wort ‚niemand‘ sogar in sein Gegenteil um. Gmork entgegnet Atréju auf seine Antwort:
„‚Wenn das so ist‘, sagte er mit heiserer Stimme, ‚dann hat Niemand mich gehört, und Niemand ist zu mir gekommen, und niemand redet mit mir in meiner letzten Stunde (...)‘ (daraufhin fragt Atréju:) ‚Kann Niemand dich von der Kette losmachen?‘ (...).
(Gmorks Antwort) ‚ Niemand wäre vor mir sicher !‘“ (Herv. u. Anm.: d. V.)[101]
Da sich Atréju durch seinen falschen Namen sicher fühlt, antwortet er:
„‚Und ich bin Niemand. Warum sollte ich mich vor dir fürchten?‘“ [102]
Da beide Erzählungen sich in einer Aneinanderreihung von Abenteuern vollziehen, in welchen sich die Helden bewähren müssen, gehören sie gleichsam zur Abenteuerdichtung.[103] Odysseus Ziel, wie auch das von Atréju und Bastian, wird nur stationsweise erreicht und ist mit Irrwegen verbunden.[104] Die Rückfahrt Odysseus' nach Ithaka dauert zehn Jahre. Michael Ende übernimmt das Motiv: Atréjus Reise ist eine lange, ungewisse Suche, Bastian dagegen wird von seinen Wünschen oft in die Irre geleitet.
Die Helden der Unendlichen Geschichte, Atréju und Bastian, sind im Verlauf der Erzählhandlung immer neuen Gefahren und Kämpfen ausgesetzt. Ähnlich wie Homers Odysseus, sind demgemäß auch Michael Endes Helden zentrale Trägerfiguren des Epos.
2.2 Rückgriffe auf den Heldenepos
Beim Schreiben der Unendlichen Geschichte bestätigt Michael Ende seine intensive Auseinandersetzung mit dem heutigen Begriff des Heroischen:
„Bei meiner Arbeit, auch bei der Auseinandersetzung mit älterer Literatur, ergab sich mir immer wieder die Frage, was bedeutet für uns Heutige eigentlich der Begriff des Heroischen? Gilt er gar nicht mehr? Oder wenn doch, wie sieht er aus?“ [105]
Atréju ist die „letzte und einzige Hoffnung“ der Phantásier, weil alle übrigen Wesen in Phantásien „der Krankheit der Kindlichen Kaiserin ratlos gegenüberstehen“.[106] Demzufolge wird Atréju von Caíron als der Held Phantásiens eingeführt:
„Worin auch immer die Möglichkeit einer Rettung bestehen mag – eins steht fest: Die Suche danach erfordert einen Fährtenfinder, der Wege im Unwegsamen zu entdecken vermag und vor keiner Gefahr und keiner Anstrengung zurückweicht, mit einem Wort: einen Helden.“ [107] (Herv.: d. V.)
Die heroische Gestalt Atréjus ist in ihrer Konzeption angelehnt an klassische Heldenfiguren.[108] Von allen Wesen Phantásiens besitzt er als einziger die besondere Fähigkeit, die Kindliche Kaiserin zu retten und setzt somit für sie und für ganz Phantásien sein Leben aufs Spiel. Hier handelt es sich um einen kennzeichnenden Zug der Heldenepik:
„Heldenepik erzählt von den außerordentlichen Handlungen besonderer, durch Stärke und Kampfesmut ausgezeichneter Menschen, deren Taten, bei denen sie den eigenen Untergang nicht scheuen und häufig auch finden, von historischer Bedeutung für eine Stammes- oder Volksgemeinschaft sind.“ [109]
Demzufolge befreit auch Atréju sein Volk von der Gefahr und Not, welche sich in Form des „Nichts“ in Phantásien ausbreitet.
Das Motiv der ‚Großen Suche‘, das hiermit eingeführt wird, ist ebenso in den Artusromanen Chrestiens de Troyes und im Parzival von Wolfram von Eschenbach enthalten. Ähnlich wie Atréju, der sich auf die ungewisse Suche nach einem Heilmittel für die Kindliche Kaiserin macht, begibt sich auch Parceval auf die Suche nach dem „Heiligen Gral“. Die Suche nach dem Gral bedeutet gleichfalls „die Rettung für die Menschheit vor den Kräften des Bösen“, wie Atréju kennen Artus' Ritter weder Weg noch Ziel ihrer Suche.[110] In beiden Fällen handelt es sich um Helden, die für diese Aufgabe wegen ihrer spezieller Eigenschaften auserwählt wurden. Parceval ist „wegen seines reinen Herzens der Auserwählte“, Atréju wird von der Kindlichen Kaiserin auserwählt, weil er den eigentlichen Retter nach Phantásien holen kann.[111]
Der auserwählte Held bekämpft auf seinen „aventiuren“ das Böse, welches häufig in der Heldenepik zum Beispiel in der Gestalt von Drachen, Schlangen und anderen Ungeheuern auftritt. Auch Atréju begegnet einigen Ungeheuern, wie „Ygramul, die man die Viele nennt“ und versucht den Glücksdrachen Fuchur zu befreien.[112] Da Atréju das magische Amulett der Kindlichen Kaiserin erhält, das ihn „schützen und führen“ soll, muss er auf seiner Suche „ohne Waffen“ auskommen. Damit wird ein weiteres Element des Heldenepos eingeführt: ein magisches Mittel, mit dessen Hilfe die Kraft des Helden gesteigert werden kann.[113] Später erhält Bastian das AURYN, durch dessen Kraft seine Wünsche sich realisieren.[114]
In den Artusepen sind die abenteuerlichen Erlebnisse der Zentralfigur nicht Selbstzweck, sondern Stationen einer durchgehenden Komposition. In der Unendlichen Geschichte dienen die Abenteuer Atréjus dazu, Bastian nach Phantásien zu holen. Während Atréju sich immer neuen Bewährungsproben aussetzt, fühlt sich Bastian ihm stark verbunden und glaubt, selbst auch „auf einer Großen Suche, von der er nicht wußte, wohin sie ihn führen und wie sie enden würde“ zu sein.[115] Atréju besitzt die Eigenschaften, die Bastian fehlen. Ende konstruiert mit Atréju „eine Gegenfigur (...), die zugleich die Identifikationsfigur für Bastian ist“:
„Atréju hat alles, ist alles, was Bastian gerne hätte, gerne wäre.“ [116]
Infolgedessen entwickelt sich bei Bastian immer mehr der Wunsch, „so zu sein wie Atréju“.[117] Die Identifikation mit der Heldenfigur geht sogar so weit, dass Bastian zur gleichen Zeit wie Atréju zu essen anfängt, mit ihm Trauer empfindet und nach dem Biss Ygramuls selbst das Gift in seinem Körper spürt.[118] Zugleich orientiert sich Bastian an seinem Vorbild, um seine positiven Eigenschaften nachzuahmen. In dem Moment, als Bastian in der Einsamkeit auf dem Dachboden der Mut verlässt, denkt er an Atréju:
„‚Atréju würde nicht so schnell aufgeben, bloß weil es ein bisschen schwierig wird. Was ich angefangen habe, muß ich zu Ende führen. (...)‘ Er fühlte sich sehr einsam, und doch war in diesem Gefühl zugleich so etwas wie Stolz, stolz darauf, daß er stark geblieben war (...). Ein klein wenig Ähnlichkeit hatte er doch wohl mit Atréju!“ [119]
Infolgedessen entsteht schließlich bei Bastian auch der Wunsch, bei Atréju zu sein.[120] Durch diese Gestaltung entwickelt Ende schrittweise einen Übergang zum zweiten Teil der Erzählhandlung, in dem Bastian selbst zu einem Helden der Geschichte wird.[121]
Offenbar will Michael Ende insbesondere im zweiten Teil eine Analogie zum Artusroman herstellen. Eine Anspielung besteht in der Begegnung Bastians mit mehreren Rittern in prachtvollen Rüstungen, als er freundlich zur ‚Tafelrunde‘ gebeten wird.[122] So, wie bereits das Zauberschwert Excalibur für den jungen Artus bestimmt ist, weil er als einziger es aus einem Felsblock ziehen kann, so ist auch das Zauberschwert Sikánda seit jeher für Bastian vorgesehen.
Bastian entwickelt sich, im Gegensatz zu Atréju, zu einer negativen Heldengestalt im Roman.[123] Seine heroischen Eigenschaften, wie Stärke, Ruhm, Bewunderung und Gefährlichkeit, sind nicht die Folge einer Entwicklung, sondern das Resultat seiner Wünsche.[124] Bastians entwickelt sich zu einer eitlen und arroganten Gestalt voller Selbstüberschätzung, welche schließlich in der Hybris endet.[125] Ferner behauptet Claudia Ludwig:
„Der latente Hang des Helden zur Hybris (...) ist ein häufiges und typisches Element der Heldendichtung.“ [126]
Nachdem Bastian alles erreicht hatte, wovon er in Wirklichkeit als dicker Junge nur träumen konnte, beginnt er respektlos und undankbar zu sein, vor allem gegenüber Atréju, Fuchur und Mondenkind, welchen er alles zu verdanken hat. Durch den Einfluss der Magierin Xayíde hat Bastian den blasphemischen Gedanken, Kaiser von Phantásien zu werden.[127] Sein Größenwahn geht so weit, dass er sogar den Platz Mondenkinds in der Magnolienblüte einnehmen will, obwohl die Spitze des Turms für ihn unerreichbar bleibt.[128]
Erst nach der „Schlacht um den Elfenbeinturm“, folgt die notwenige Bestrafung durch die Hybris, die Bastian trotz des Sieges zunächst in ‚Die Alte Kaiser Stadt‘ führt.[129]
Ludwigs Untersuchungen zufolge ist die Hybris bereits im „Zwillings-Heldenmotiv“ angelegt:
„Dem allgemeinen Schema des Zwillings-Heldenmotivs gemäß sind die beiden zunächst unbesiegbar; wenn sie gemeinsam auftreten, ergänzen sie sich gegenseitig eben wegen ihrer Verschiedenheit und bilden eine vollkommene Einheit.“ [130]
Erst im weiteren Verlauf der Erzählhandlung führt dieses Motiv zu einem Zerwürfnis, da einer der beiden Helden den anderen als Rivalen betrachtet und dieser Konflikt meist mit Machtmissbrauch endet.
In ihrer Arbeit untersucht Claudia Ludwig „Die Attraktivität einer Helden- und Identifikationsfigur“.[131] Die Beliebtheit der Identifikation mit Heldenfiguren erklärt sich durch unser Bedürfnis nach Freiheit und Abenteuer. Die eigene Ohnmacht, das Leben zu ändern, führt zu der starken Identifikation mit dem übermenschlichen Helden und seinem Leben.
Heroische Gestalten sind nicht nur in den Heldenepen und mittelhochdeutschen Romanen des Mittelalters anzutreffen, auch im 20. Jahrhundert ist die Attraktivität einer Heldenfigur noch immer vorhanden.
[...]
[1] Scholl, Joachim: „50 Klassiker Romane des 20. Jahrhunderts. Die wichtigsten Romane der Moderne“, S.242
[2] vgl. Zimmer, Dieter E.: „Der Mann, der unserer Zeit die Mythen schreibt“, in: „Zeitmagazin“, S. 44
[3] Die Jim Knopf-Romane: „Jim Kopf und Lukas der Lokomotivführer“, veröffentlicht im Jahre 1960 und „Jim Knopf und die wilde Dreizehn“, im Jahre 1962
[4] Donner, Wolf: „Krankes Mondenkind“, in: „Der Spiegel“, S. 188
[5] vgl. Zimmer, Dieter E.: „Der Mann, der unserer Zeit die Mythen schreibt“, in: „Zeitmagazin“, S. 46
[6] Die unendliche Geschichte wird in mehr als 35 Sprachen und Momo sogar in 38 Sprachen übersetzt.
[7] Schwarzkopf, Margarete von: „Frei hinaus ins Reich der Phantasie“, in: „Die Welt“, S. 15
[8] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 5
[9] vgl. Zimmer, Dieter E.: „Der Mann, der unserer Zeit die Mythen schreibt“, in: „Zeitmagazin“, S. 46
[10] vgl. Schwarzkopf, Margarete von: „Frei hinaus ins Reich der Phantasie“, in: „Die Welt“, S. 15
[11] vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 112
[12] vgl. Beyer, Susanne: „Ihr sollt lesen wie die Kinder“, in: „Der Spiegel“, S. 182
[13] vgl. ebda, S. 183
[14] vgl. ebda
[15] vgl. ebda, S. 184
[16] Ende, Michael: „Der Spiegel im Spiegel. Ein Labyrinth“, S. 165-166
[17] vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 180-181
[18] Nietzsche, Friedrich: „Also sprach Zarathustra“, S. 31
[19] vgl. Ziegler, Gerd: „Tarot. Spiegel der Seele“, S. 49 u. vgl. Banzhaf, Akron Hajo: „Der Crowley Tarot. Das Handbuch zu den 78 Karten von Aleister Crowley und Frieda Harris“, S. 34
[20] vgl. Ziegler, Gerd: „Tarot. Spiegel der Seele“, S. 49
[21] vgl. Banzhaf, Akron Hajo: „Der Crowley Tarot. Das Handbuch zu den 78 Karten von Aleister Crowley und Frieda Harris“, S. 34
[22] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 14
[23] vgl. ebda
[24] Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 296
[25] Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 219
[26] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S 15
[27] ebda, S. 14
[28] Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 295
[29] vgl. ebda
[30] ebda
[31] vgl. Hocke, Roman: „Edgar Ende-Website“ u. vgl. Adams, Heidi (Text/Autorin/Interviewerin): „Zu Besuch bei Michael Ende“
[32] Diese Vorgehensweise befolgte Ende auch beim Schreiben der Unendlichen Geschichte. Ende behauptet, als er mit seinen Protagonisten Bastian die „lange Irrfahrt durch Phantásien angetreten“ sei, habe er selbst noch nicht gewusst, wo sich der Ausgang in die Wirklichkeit befände. „Ich mußte von Station zu Station Bastian begleiten, und mehr als einmal verzweifelte ich daran, daß es überhaupt einen solchen Ausgang gäbe. Aber ich sagte mir immer wieder: Phantásien ist keine Falle! Ich vertraute darauf, daß die Lösung sich im rechten Moment zeigen würde, wenn ich mich nur ganz ehrlich und konsequent an die von mir selbst aufgestellten Spielregeln hielte“. Vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 187
[33] vgl. ebda, S 80
[34] Edgar Endes Bilder wurden im Rahmen einer umfassenden Ausstellung „Labyrinthe – Die Welt der Rätsel“ zur phantastischen Kunst der Gegenwart am 02.03.02 präsentiert. Vgl. Hocke, Roman: „Edgar Ende-Website. Aktuelles. Rätselbilder in altem Wasserschloss“
[35] Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 58
[36] vgl. Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 83
[37] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 19
[38] Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 83
[39] vgl. ebda
[40] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 21
[41] vgl. ebda, S. 24
[42] Michael Endes Gesellschaftskritik spiegelt sich in seinen Romanen Momo, Die unendliche Geschichte, sowie Der Rattenfänger, Das Gauklermärchen u. a. wieder. Darüber hinaus diskutiert er in Medien öffentlich oder privat u. a. mit Personen wie Joseph Beuys und Erhard Eppler, hält Vorträge vor allem zum Verhältnis von Kunst und Politik. Darüber hinaus hält Ende eine Lesung zu Momo vor ca. zweihundert skeptischen Top-Managern. Vgl. Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 282.
[43] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 23
[44] vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 81-82 u. vgl. Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 81
[45] „Er schloß sich in seinem Atelier ein, meistens verdunkelte er es sogar völlig, legte sich auf das Sofa und konzentrierte sich. (...) Mit völlig leerem Bewußtsein, aber in einer Art gesteigerter Wachheit wartete er nun.“. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 81 u. vgl. Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 57-58
[46] vgl. Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 21-22
[47] vgl. ebda, S. 21
[48] vgl. ebda, S. 26
[49] Hocke, Roman; Kraft, Thomas: „Michael Ende und seine phantastische Welt. Die Suche nach dem Zauberwort“, S. 26
[50] vgl. Boccarius, Peter: „Michael Ende. Der Anfang der Geschichte“, S. 58
[51] Eppler, Erhard; Ende, Michael; Tächl, Hanne: „Phantasie/Kultur/Politik. Protokoll eines Gesprächs“, S.22
[52] vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 58, 194
[53] vgl. ebda, S. 184
[54] vgl. ebda, S. 196
[55] ebda
[56] vgl. „Duden. Das Fremdwörterbuch“, S. 838
[57] vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 197
[58] vgl. ebda, S. 58
[59] vgl. ebda, S. 187
[60] ebda, S. 188
[61] vgl. ebda, S. 180
[62] vgl. ebda, S. 181
[63] ebda
[64] vgl. Adams, Heidi (Text/Autorin/Interviewerin): „Zu Besuch bei Michael Ende“
[65] vgl. Ende, Michael: „Zettelkasten. Skizzen und Notizen“, S. 181
[66] ebda, S. 187
[67] vgl. ebda, S. 190-191
[68] vgl. ebda, S. 190
[69] ebda, S. 313
[70] Donner, Wolf: „Krankes Mondenkind“, in: „Der Spiegel“, S. 190
[71] „Wenn man mich nach meinen künstlerischen und literarischen Vorfahren fragt, so müsste ich neben Hoffmann, Chamisso, Brentano, Fouqué, Jean Paul, Tieck und (...) Novalis (...) nennen“. Ende, Michael: „Der Zettelkasten“, S. 266
[72] Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 36
[73] vgl. ebda
[74] Chiron ist der Sohn von Kronos und der Philyra. Kronos veränderte seine wahre Gestalt in einen Hengst, um seine Leidenschaft für Philyra (einer Nymphe) vor seiner Frau Rhea zu verheimlichen. Vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 100 u. vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 7
[75] vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 100
[76] Folgende Helden der Mythologie hatten Chiron als Lehrer: Jason, Asklepios, dessen Söhne Machaon und Podaleirios, Aktaion und Achilleus. Vgl. ebda
[77] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 38 und S. 42-45
[78] vgl. Giebel, Marion: „Das Orakel von Delphi. Geschichte und Texte“, S. 69-95
[79] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 213-214
[80] Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 98
[81] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 9
[82] vgl. Schwab, Gustav: „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums, S. 157. Im Gegensatz zu Gustav Schwab ist bei Michael Grant und John Hazel die Rede von einem berühmten Rätsel, welches der Sage zufolge Ödipus schließlich beantwortet und damit Theben von der Sphinx befreit. Vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 378
[83] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 91
[84] vgl. ebda
[85] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 9
[86] vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 163
[87] Auf eine Widersprüchlichkeit der Gestalt der Medusa weist auch die Überlieferung des Mythologen Asklepios hin, wonach sich der Gott der Heilkunst Medusas Blut bemächtigte, da „aus einer Vene (...) Blut (kam, d. V.), das Tote lebendig machen konnte, während das Blut aus einer anderen tödlich wirkte.“ Vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 163
[88] Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 98
[89] Selbst das AURYN konnte theoretisch nicht gesehen werden, weil die Sphinxe ihren Blick auf sich gerichtet haben. Vgl. Prondczynsky, Andreas von: „Die unendliche Sehnsucht nach sich selbst: Auf den Spuren eines neuen Mythos. Versuch über eine ‚Unendliche Geschichte‘“, S. 19
[90] vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 88
[91] Zeus ließ sie zur selben Zeit sterben und verwandelte sie nach ihrem Tod in Bäume, in Eiche und Linde. Vgl. ebda
[92] Urgl beschwert sich über Engywucks Forschungen, doch sie unterstützt seine Studien, indem sie mit ihm an diesem kargen Ort wohnen bleibt. Gemeinsam ziehen die Zweisiedler auch weiter, nachdem sich das Nichts bemerkbar macht. „Man muß weit herumlaufen, weit herum, um die richtigen Kräuter und Pflanzen zu finden. Aber er, dieser Dickschädel von Engywuck, will ja ausgerechnet hier wohnen – wegen seiner wichtigen Studien!“ Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 90. Hierin zeigt sich auch Endes humoristische Seite, wenn er den antiken Mythos durch das Bild eines sich ständig streitenden ‚alten‘ Ehepaares erweitert.
[93] Urgl ist eine Heilerin, Engywuck ein Wissenschafter. Ludwig bewertet die berufliche Zuordnung als übertrieben geschlechterspezifisch. Vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 13
[94] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 28, 325
[95] Pegasos entspringt aus dem fließenden Blut, das aus dem Rumpf der geköpften Medusa floss. Vgl. Grant, Michael; Hazel, John: „Lexikon der antiken Mythen und Gestalten“, S. 88-89
[96] vgl. Oesterreicher-Mollwo, Marianne: „Herder-Lexikon. Symbole“, S. 122
[97] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 17-28. In ihrer Untersuchung hat Claudia Ludwig die Anlehnung an Homers Odyssee nachgewiesen. Da hier lediglich ein Überblick über die verschiedenen Elemente der Unendlichen Geschichte geleistet werden soll, wird auf diese Ausführlichkeit verzichtet.
[98] Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 138-139
[99] Homer: „Odyssee“, S. 141
[100] Als Odysseus dem Zyklopen Polyphemos das Auge aussticht, schreit dieser: „Niemand würgt mich, ihr Freund, arglistig, und keiner gewaltsam.“ Als die anderen Zyklopen es hörten, rannten ihm sie nicht zur Hilfe. Durch Odysseus' falschen Namen konnten die anderen Zyklopen getäuscht werden. Vgl. Homer: „Odyssee“, S. 142
[101] Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 139
[102] ebda
[103] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 17-18
[104] Nach Ludwig existieren sowohl bei der Odyssee als auch in der Unendlichen Geschichte eine enge Verwandtschaft mit der Stationengeschichte und dem Reise- und Wanderroman. Vgl. ebda, S. 18
Die Dame Aiuóla erklärt Bastian: „Du bist den Weg der Wünsche gegangen, und der ist nie gerade. Du hast einen großen Umweg gemacht, aber es war dein Weg“. Ähnlich wie Kirke dem Odysseus, so erklärt die Dame Aiuóla dem Bastian, wo seine nächste Station sich befindet und wie er sie erreichen kann. Vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 392, 393
[105] Eppler, Erhard; Ende, Michael; Tächl, Hanne: „Phantasie/Kultur/Politik. Protokoll eines Gesprächs“, S.39
[106] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 37
[107] ebda, S. 38
[108] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 47
[109] Brunner, Horst (Hrsg.): „Interpretationen. Mittelhochdeutsche Romane und Heldenepen“, S. 8
[110] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 61
[111] Die Kindliche Kaiserin offenbart Atréju: „Ich habe dich auf die Große Suche geschickt – nicht wegen der Botschaft, die du mir nun bringen wolltest, sondern weil es das einzige Mittel war, unseren Retter zu rufen“. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 167
Das Motiv der ‚Großen Suche‘ tritt in der Unendlichen Geschichte noch ein zweites Mal auf durch die Suche der Kindlichen Kaiserin nach dem „Alten vom Wandernden Berge“. Vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 61-62
[112] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 70-73
[113] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 48
[114] Weitere Elemente dieses Musters treten bei Bastian mit dem Zauberschwert Sikánda, dem Zauberstein Al'Thasir und dem Tarngürtel Gémmal auf. Vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 223, 261 und 325
[115] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 44
[116] Bondy, Barbara: „Gespräch mit Michael Ende. Versuch, den Verfasser der ‚Unendlichen Geschichte‘ zum Erzählen zu bringen“, in: „Die Süddeutsche Zeitung“, S. 137
[117] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 55
[118] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 48-49
[119] Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 66-67
[120] vgl. ebda, S. 100, 111, 117, 130, 145, 171
[121] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 50
[122] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 236
[123] Bereits andere Heldengestalten früherer Romane von Michael Ende, beispielsweise Jim Knopf und Momo, sind mit positiven Eigenschaften besetzt und in ihrer Gestaltung sympathisch.
[124] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 201, 234, 328
[125] Der Begriff der Hybris als der frevelhafte Hochmut geht zurück auf den tragischen Helden, der die Warnungen der Götter überhört und eine rächende Strafe erleiden muss. Vgl. Best, Otto F.: „Handbuch literarischer Begriffe“, S. 239
[126] Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 51
[127] vgl. Ende, Michael: „Die unendliche Geschichte“, S. 347
[128] vgl. ebda, S. 347-349
[129] Ludwig verweist auf die Tatsache, dass die Bestrafung der Hybris notwendig sei, um das allgemeine Gleichgewicht aufrecht zu erhalten und den Helden in seinem unberechenbaren Tatendrang zu bremsen. Vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 53
[130] Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 54-55
[131] vgl. Ludwig, Claudia: „Was du ererbt von deinen Vätern hast ... Michael Endes Phantásien-Symbolik und literarische Quellen“, S. 50
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- Studienrätin Agathe Lattka (Author), 2005, Wiederkehr der Romantik? Eine Untersuchung Michael Endes Roman "Die Unendliche Geschichte", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52715
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