Zeitgenössische Entwicklungsdiskurse anerkennen die Notwendigkeit, in der Frage der Armutsbekämpfung von top-down- Ansätzen wegzukommen und sich zu bottom-up-Ansätzen zu bewegen. Die Armen werden nicht mehr länger als Opfer sondern als wichtige Anspruchsberechtigte und Interessenvertreter der Entwicklungspolitik betrachtet (World Bank 2000). Mit dem Ziel den Armen mehr Mitbestimmung zu verleihen, wird die Konsultation von lokalen Gemeinschaften und der Einbezug von Graswurzelbewegungen forciert. Das Sustainable Livelihood-Konzept – in der deutschen Übersetzung etwa nachhaltig gesicherte Lebensverhältnisse, nachhaltig gesicherter Lebensunterhalt oder nachhaltige Lebensabsicherung – ist ein Beitrag zu dieser partizipativen Form der Entwicklung.
Im Mittelpunkt des Konzeptes stehen Individuen, Haushalte und soziale Gruppen die mittels vielfältiger Aktivitäten und Einkommensquellen versuchen, ihre Existenzgrundlage und ihren Lebensunterhalt unter komplexen und ständigem Wandel unterworfenen Bedingungen zu wahren. In einer sich schnell ändernden und globalisierten Welt sind diese Strategien zur Sicherung der Existenz von zunehmender Bedeutung. Das Sustainable Livelihood-Konzept bietet mit der holistischen Betrachtung lokaler Livelihood-Systeme einen vielseitig anwendbaren Analyserahmen. Es untersucht dabei aus einer bottom-up-Perspektive den prozessualen und mehrdimensionalen Charakter von Strategien zur Existenzsicherung und deren Reproduktionsbedingungen im Gesamtkontext gesellschaftlicher und politischer Beziehungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Von Top-Down-Ansätzen zu Bottom-Up-Ansätzen
3. Von Nachhaltiger Entwicklung zum Sustainable Livelihood-Konzept
4. Das Sustainable Livelihood-Konzept
4.1. Das Konzept der Nachhaltigkeit im Sustainable Livelihood-Ansatz
4.2. Die Beziehung der Kapitalien untereinander
4.3. Anwendungsbereiche des Sustainable Livelihood-Ansatzes
5. Fallbeispiele
5.1. Hunger als Indikator von Armut: Livelihood-Strategien zur Ernährungssicherung
6. Livelihood-Strategien in zwei Subsistenzsektoren Malis: ihre Veränderung und Anpassungsmechanismen
6.1. Politisch-ökonomische Entwicklung auf der Makroebene seit der Unabhängigkeit
6.2. Die Livelihood-Strategien der Fischergruppen im Nigerbinnendelta in Mali
6.2.1. Der veränderte Zugang zu den Kapitalien und die Auswirkungen auf die Livelihoods
6.3. Die Waldnutzung der Dogon
6.3.1. Die Reaktivierung der ogokanas
6.3.2. Der Einfluss des ogokana-Projektes auf die Livelihoods
7. Schlussbemerkungen
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Zeitgenössische Entwicklungsdiskurse anerkennen die Notwendigkeit, in der Frage der Armutsbekämpfung von top-down- Ansätzen wegzukommen und sich zu bottom-up-Ansätzen zu bewegen. Die Armen werden nicht mehr länger als Opfer sondern als wichtige Anspruchsberechtigte und Interessenvertreter der Entwicklungspolitik betrachtet (World Bank 2000). Mit dem Ziel den Armen mehr Mitbestimmung zu verleihen, wird die Konsultation von lokalen Gemeinschaften und der Einbezug von Graswurzelbewegungen forciert. Das Sustainable Livelihood-Konzept – in der deutschen Übersetzung etwa nachhaltig gesicherte Lebensverhältnisse, nachhaltig gesicherter Lebensunterhalt oder nachhaltige Lebensabsicherung[1] – ist ein Beitrag zu dieser partizipativen Form der Entwicklung.
Im Mittelpunkt des Konzeptes stehen Individuen, Haushalte und soziale Gruppen die mittels vielfältiger Aktivitäten und Einkommensquellen versuchen, ihre Existenzgrundlage und ihren Lebensunterhalt unter komplexen und ständigem Wandel unterworfenen Bedingungen zu wahren. In einer sich schnell ändernden und globalisierten Welt sind diese Strategien zur Sicherung der Existenz von zunehmender Bedeutung. Das Sustainable Livelihood-Konzept bietet mit der holistischen Betrachtung lokaler Livelihood-Systeme einen vielseitig anwendbaren Analyserahmen. Es untersucht dabei aus einer bottom-up-Perspektive den prozessualen und mehrdimensionalen Charakter von Strategien zur Existenzsicherung und deren Reproduktionsbedingungen im Gesamtkontext gesellschaftlicher und politischer Beziehungen.
Im Rahmen dieser Arbeit soll das Sustainable Livelihood-Konzept erläutert und anhand von Beispielen diskutiert werden. Die Entwicklung und Relevanz des Konzeptes wird aufgezeigt, indem es in die Debatten und Diskurse der Entwicklungspolitik eingebettet wird und sein Anwendungsbereich dargelegt wird. Anschliessend wird das Konzept anhand von Beispielen diskutiert. Dabei wird das Augenmerk auf Gesellschaften gelegt, die stark von lokal vorhandenen natürlichen Ressourcen abhängen. Analysiert werden sollen dabei die Strategien, Systeme und Institutionen, die diese Gesellschaften entwickelt haben um ihre Existenzgrundlage zu sichern. In einem Überblick werden in einem ersten Teil die Strategien zur Ernährungssicherung in ariden und semi-ariden Gebieten dargestellt, während in einem zweiten Teil konkrete Beispiele aus dem Sahelland Mali zu Fischern und bäuerlichen Gruppen geschildert werden, die mit starken Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen konfrontiert wurden. Mit Hilfe des Sustainable Livelihood-Konzepts werden die Verwundbarkeit, aber auch die Anpassung der Strategien an veränderte Bedingungen analysiert.
2. Von Top-Down-Ansätzen zu Bottom-Up-Ansätzen und Partizipation
Die seit den 50er Jahren verfolgte Strategie, Wirtschaftswachstum und Industrialisierung durch Geldspritzen zu bewirken, hat versagt. In den 70er Jahren fand ein Umdenken statt, weg von den Modernisierungs-Theorien, hin zu Dependenz-Theorien: um eine wirkliche Entwicklung herbeizuführen, müsse ein radikaler Strukturwandel stattfinden, indem der Einsatz eigener Ressourcen zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse und die Partizipation der Bevölkerung an den politischen Entscheidungen gefördert werden. Der 1973 erschienene Bericht über die „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome löste nochmals ein Umdenken aus. Zum ersten Mal wurden die Wachstumsstrategien auch von ökologischer Seite grundsätzlich in Frage gestellt. Ab Beginn der 70er Jahre begannen internationale Organisationen (Weltbank, ILO, FAO) die überkommenen Wachstumsstrategien einer Revision zu unterziehen. Der Hintergrund bildete die Erkenntnis, dass Wachstum zwar stattgefunden hat, die erwartete Einkommensumverteilung aber ausgeblieben war. Robert McNamara, der damalige Präsident der Weltbank, leitete in seiner Rede vor den Gouverneuren der Weltbank auf politischer Ebene den Wandel ein. Indem er nicht mehr das Gesamtbruttoprodukt, sondern 1% des Wachstums der Reichen mit 1% des Wachstums der Ärmsten vergleicht, zeigt er auf, dass mit dem BSP nichts über dessen Verteilung ausgesagt wird. Gefördert werden sollen in Zukunft die Kleinbauern (McNamara 1973:244).
Der Blick wurde auf die „arme ländliche Bevölkerung“ gelenkt, das heisst auf den Teil der Bevölkerung, dessen Grundbedürfnisse nicht gedeckt sind. Der Ansatz von McNamara ist bei
den Modernisierungstheorien einzusiedeln und folgt dem Ansatz der Entwicklung von oben.
Entwicklungsprojekte die von oben diktiert sind, stiessen jedoch oft auf Unakzeptanz oder Ignoranz der ländlichen Bevölkerung, einerseits, weil ihr Wissen kaum zählte, andererseits weil die Interessen der Entwicklungshelfer nicht zwingend ihren eigenen Interessen entsprachen. Chambers (1983) spricht in Bezug auf das Ignorieren des lokalen Wissens vom universellen Überlegenheitsanspruch der Outsider, die über Macht und Ressourcen verfügen, diese kontrollieren und zudem auf die Errungenschaften der modernen Wissenschaft verweisen können. Lokales Wissen ist aber, so Chambers (1983) überlegener, da es auf der genauen Beobachtung der lokalen Umwelt basiert. In diesem Kontext wird auch die Partizipation ländlicher Bevölkerungen wichtig. Oakley und Marsden (1984) propagieren dabei eine Strategie, welche Partizipation als Ziel, als Endzustand betrachtet. Es geht also im Endeffekt darum, die Kontrolle über Ressourcen und regulative Institutionen für diejenigen Gruppen zu vergrössern, die bislang davon ausgeschlossen waren.
3. Von nachhaltiger Entwicklung zum Sustainable Livelihood-Konzept
Die Entwicklung der Welt, insbesondere während dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging auf Kosten der zukünftigen Generationen. Möglichkeiten des Wachstums und Überlebens wurden durch vergangene Handlungen gefährdet, die sowohl die natürliche Ressourcenbasis, die lokalen Bevölkerungen zugänglich waren, betrafen wie auch die Bandbreite der Optionen zum Lebensunterhalt, die für sie offen waren, stark einschränkten. Solche Handlungen finden sich begründet, wenn auch nicht exklusiv, im Erbe der Kolonialstaaten wo die die entwickelten Länder des Nordens ihren Entwicklungserfolg durch Ausbeutung der unterentwickelten Länder des Südens gewannen (Thomas/Sporton 2003:2). Die Entwicklungspolitik unmittelbar nach der kolonialen Ära verschärfte die bereits bestehenden Reichtums- und Armuts-Ungleichheiten zwischen Nord und Süd noch zusätzlich und förderte Aktivitäten, die nicht nachhaltig waren (Long/Long 1992). Durch die wachsende Erkenntnis, dass die wachstumsorientierten Top-Down Ansätze der Entwicklungspolitik den Lebensstandard der ärmsten Schichten nicht oder negativ beeinflussten und negative Auswirkungen auf die Umwelt haben, setzte ein neues Denken über Entwicklungsprozesse ein. Multilaterale Organisationen wie die World Bank, das United Nations Development Program, NGO´s, sowie Graswurzelbewegungen bedienten sich des Begriffes der nachhaltigen Entwicklung als Allerweltsheilsmittel. Der Begriff der Nachhaltigkeit ist erstmals 1980 in der Publikation des „World Conservation Strategie Report“ aufgetaucht, er verdankt seine grosse Akzeptanz aber der Publizität die er durch den Brundtland-Bericht 1987 erhielt. Die Beziehung zwischen der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Entwicklung wurde zum gedanklichen Fundament, auf welches sich die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung in ihrem 1987 veröffentlichten Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ stützte. Unter dem Vorsitz der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland definiert dieses Gremium die nachhaltige Entwicklung auf folgende Weise:
„Unter dauerhafter Entwicklung verstehen wir die Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Die Forderung diese Entwicklung dauerhaft zu gestalten, gilt für alle Länder und Menschen. Die Möglichkeit kommender Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ist durch Umweltzerstörung ebenso gefährdet wie durch Umweltvernichtung in der Dritten Welt“ (Brundtland-Bericht 1987:5).
Während nachhaltige Entwicklung der dominante Diskurs in der Armutsbekämpfung und dem Management von natürlichen Ressourcen geblieben ist, veränderten sich in den letzten Jahren die Ansätze und Wege die auf ein Verstehen von Nachhaltigkeit hinarbeiten. Dabei hat vor allem der Sustainable Livelihood-Ansatz in der Entwicklunsgzusammenarbeit grosse Anerkennung gefunden als ein Konzept das zum Verständnis der verschiedenartigen und dynamischen Dimensionen von Livelihoods beitragen kann (Thomas and Sporton 2003).
Der Sustainable Livelihood-Ansatz ist eine Methode, um über die Ziele, die Möglichkeiten und die Prioritäten von Entwicklung zu reflektieren. Das Hauptziel des Ansatzes ist die Reduktion von Armut vor allem in ländlichen Gebieten. Dabei wurde ein spezieller Livelihood-Rahmen wie auch Ziele definiert, die zur Durchführung hilfreich sein sollen. Der Ansatz beinhaltet aber mehr als das: Indem die Bevölkerung ins Zentrum der Entwicklung gestellt wird, so die Aussage des Livelihood-Ansatzes, erhöht sich auch die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe. Konkret heisst das, die Dimensionen von Armut sollen durch den direkten Einbezug der betroffenen Bevölkerung analysiert und verstanden werden, welche ihre Bedürfnisse und Zielsetzungen selbst definiert. Der Livelihood-Ansatz liefert dazu ein Konzept, die Livelihoods der von Armut betroffenen Bevölkerungen zu verstehen und zu analysieren, ebenso dient das Konzept zur Erfassung bereits bestehender Anstrengungen der Armutsbekämpfung. Im Folgenden wird das Konzept in vereinfachter Form dargestellt, um es anschliessend als Analyseinstrument für einige Fallbeispiele anzuwenden.
4. Das Sustainable Livelihood-Konzept
Eine Definition von Sustainable Livelihood geben Chambers und Conway (1992):
A livelihood comprises the capabilities, assets (including both material and social resources) and activities required for a means of living. A livelihood is sustainable when it can cope with and recover from stresses and shocks and maintain or enhance its capabilities and assets both now and in the future, while not undermining the natural resource base (Chambers, R. und Conway, 1992).
Durch das Fokussieren auf Güter, Fähigkeiten und Aktivitäten (und nicht auf Verluste), stellt das Konzept die Gemeinschaft ins Zentrum und betrachtet Prioritäten, Interpretationen und Fähigkeiten auf lokaler Ebene mit dem Ziel, auf den existierenden Kapazitäten der ländlichen armen Bevölkerung aufzubauen[2]. Die natürliche Umgebung wird nicht in gesondertem Rahmen betrachtet, sondern ist in diesem ganzheitlichen Ansatz integriert. Die Livelihood-Ressourcen bestehen aus komplexen und dynamischen Bündel von Kapitalposten[3] die aus greifbaren, materiellen und nicht-greifbaren, immateriellen Dimensionen bestehen. Die Kapitalposten beinhalten humanes Kapital (Wissen, Arbeit, Geschicke, Erfahrung, Gesundheit), soziales Kapital (Familie, Netzwerke, reziproke Beziehungen, institutioneller Einbezug), finanzielles Kapital (Zugang zu Geld, Erspartes, Kredite), physisches Kapital (Nahrungsvorräte, Vieh, Wertsachen, Technologie, Infrastruktur) und natürliches Kapital (Land, Wasser, Wald, Weiden, Wildpflanzen, Wildtiere).
Der Zugang zu diesen Kapitalposten, die Austauschbedingungen zwischen verschiedenen Kapitalien sowie die Gewinne aus deren Nutzung, – ökonomische und nicht-ökonomische, – werden beeinflusst von institutionellen Einrichtungen und historischen sozio-politischen Strukturen. Familien können arm an gewissen Kapitalposten, aber relativ reich an anderen sein. Ein Anstieg eines Kapitals kann mit dem Zuwachs eines anderen verbunden sein (Mc Dougall and Braun 2003:29). Die Kapitalien sind also untereinander vernetzt und einander beeinflussend zu denken.
Zentral am Livelihood-Ansatz ist der Einbezug von Verwundbarkeit und Möglichkeit der Anpassung der Livelihoods an von aussen verursachte Störungen, wie zum Beispiel Umweltkrisen. Verwundbarkeit wie auch Anpassung sind zum Verständnis der Natur von Armut[4] von grosser Bedeutung. Der Mensch handelt in einem instabilen Umfeld, in welchem er Zugang zu bestimmten Gütern (Kapitalien) hat, die ihm helfen, den Lebensunterhalt zu bestreiten und Risiken zu vermindern. Wichtig ist dabei, dass diese Güter nicht nur materiell, sondern auch immateriell sein können, wie zum Beispiel der Zugang zu Informationen über Marktpreise (Chambers 1995). Die Güter und der Zugang zu ihnen bilden zusammen mit den vorhandenen Ressourcen die Grundlage und Voraussetzung zu möglichen Handlungen und Handlungsstrategien (livelihood-strategies). Diese Strategien sind kontextgebunden und immer so weit als möglich an die Umwelt angepasst. Insbesondere bei einem unsicheren natürlichen Umfeld, wie zum Beispiel starker saisonaler Schwankungen des Klimas verbunden mit Dürreperioden, sind flexible Produktionsstrategien und das Setzen auf mehrere Güter und Ressourcen wichtig. Insofern sind die Ziele der Handlungsstrategien nicht einfach Akkumulation von Gütern und Gewinnmaximierung, sondern es geht vielmehr darum die Subsistenz zu sichern, Risiken zu minimieren und die Aktivitäten zu diversifizieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Sustainable Livelihood Framework. Quelle: DFID 2002
4.1. Das Konzept der Nachhaltigkeit im Sustainable Livelihood-Ansatz
Im Sustainable Livelihood-Ansatz wird zwischen verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit unterschieden. Eine erste Dimension ist die umweltbezogene Nachhaltigkeit, die dann erreicht ist, wenn die Produktivität der lebenserhaltenden natürlichen Ressourcen für die zukünftige Generation erhalten oder gesteigert werden kann. Als eine zweite Dimension wird die ökonomische Nachhaltigkeit definiert, die davon ausgeht, dass die Befriedigung von Bedürfnissen über die Zeit aufrechterhalten werden kann. In Bezug auf die Livelihoods der Armen bedeutet ökonomische Nachhaltigkeit das Erreichen und Erhalten der Schwelle des ökonomischen Wohlstandes[5]. Soziale Nachhaltigkeit als dritte Dimension ist erreicht, wenn sozialer Ausschluss reduziert und Gleichheit maximiert ist. Institutionelle[6] Nachhaltigkeit schliesslich ist erreicht wenn die vorherrschenden Strukturen und Prozesse die Kapazität haben, ihre Funktionen über längere Zeit auszuüben.
Die Forderung von Nachhaltigkeit impliziert, dass der Fortschritt in der Armutsreduktion anhaltend und nicht vergänglich sein soll. Das bedeutet jedoch nicht, dass jede Ressource oder Institution in exakt der gleichen Form weiter bestehen muss, sondern dass Akkumulation auf einer breiten Kapitalbasis die Grundlage für eine Verbesserung der Livelihoods insbesondere armer Gesellschaften darstellt.
[...]
[1] Im Rahmen dieser Arbeit wird auf die deutsche Übersetzung des Begriffs verzichtet.
[2] Die Ausführungen zum Sustainable Livelihoods-Konzepts basieren, wenn nicht anders vermerkt, auf den „Sustainable Livelihoods Guidance Sheets“ die über die Internetseite www.livelihoods.org des Department for International Development DFID abrufbar sind.
[3] Obwohl der Begriff Kapital verwendet wird, sind nicht alle Güter Kapitalbestände im strikten ökonomischen Sinne, wo Kapital das Produkt von Investition ist, die über längere Zeit Gewinne einbringt. Die Kapitalien denkt man sich am besten als Bausteine der Livelihoods, sie beinhalten auch nicht-materielle Güter. Kapital ist die geläufige Bezeichnung in der Literatur.
[4] Während die von Industrieländern betriebenen Entwicklungsforschung Armut meist pauschal und anhand von quantitativen Merkmalen wie Mindesteinkommen oder Entwicklungsindexen definiert, haben die Betroffenen häufig sehr differenzierte Vorstellungen von Armut und ihrer Ursache. Der Livelihoods-Ansatz versucht genau diese Vorstellungen zu fassen.
[5] Wobei es hier keinen Indikator gibt, der die Wohlstands-Schwelle beschreibt, sie ist kontextabhängig.
[6] Institutionen sind die Spielregeln einer Gesellschaft, formelle und informelle Zwänge, welche die Interaktion zwischen Menschen bestimmen. Regeln, Werte und Normen führen zu Verlässlichkeit im sozialen Handeln und vereinfachen die Kooperation. Indem Institutionen Transformationskosten senken und Zugangsregeln zu Ressourcen sichern, bilden sie wichtige Rahmenbedingungen für Handlungsstrategien (North 1990).
- Quote paper
- Karina Frei (Author), 2005, Das Sustainable Livelihoods Konzept, ein ganzheitlicher Ansatz zur Analyse von lokalen Subsistenzstrategien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52445
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