Aktiv oder passiv gemanagte Fonds: Schlagen Fondsmanager den Index?

Die Frage nach dem optimalen Investmentansatz


Bachelorarbeit, 2017

67 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1 Einfuhrung
1.1 Motivation
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Zielgroften der Asset Allocation
2.2 Finanzokonomische Theorien
2.2.1 Portfolio Selection Theory
2.2.2 CapitalAssetPricing Model
2.2.3 Efficient Market Hypothesis
2.2.4 Behavioral Finance
2.3 Messung und Analyse der Portfolioperformance
2.3.1 Performance-Messung
2.3.2 Performance-Attribution

3 Investmentansatz
3.1 Aktiverlnvestmentansatz
3.2 Passiverlnvestmentansatz
3.3 Vergleich
3.3.1 Standard&Poors
3.3.2 Morningstar

4 EmpirischeAnalyse
4.1 Methodisches Vorgehen
4.2 Interpretation der Ergebnisse

5 Ergebnis
5.1 Resumee
5.2 Handlungsempfehlungen
5.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Kurzfassung

Die Frage, ob aktive Investmentansatze einen Vorteil gegenuber passiven Strategien ha- ben, beschaftigt Privatanleger, professionelle Investoren, Wissenschaft und Presse nun seit geraumer Zeit. Innerhalb der letzten Jahre ist ganz klar eine zunehmende Akzeptanz pas- siver Ansatze zu beobachten, welche sich in groBen Mittelzuflussen von ETPs nieder- schlagt. Analog dazu lasst sich bei aktiven Investmentfonds seit der Finanzkrise tendenziell ein stetiger Ruckgang der AuM feststellen. Die vorliegende Ausarbeitung ist sowohl fur pri­vate Anleger, welche auf der Suche nach renditeoptimierenden MaBnahmen sind, als auch fur jeden an finanzwirtschaftlichen Fragestellungen Interessierten von groBer Bedeutung.

Das Ziel dieser Thesis war es, unter Berucksichtigung relevanter wissenschaftlicher Er- kenntnisse der vergangenen Jahrzehnte einen Uberblick uber die Debatte zu geben und die Frage nach dem richtigen Investmentansatz zu beantworten. Auf dem Weg zurfinalen Diskussion wird dabei vorerst das theoretische Fundament fur eine objektive Beantwortung der Forschungsfrage gelegt. Hierbei wird neben entscheidenden Publikationen besondere Rucksicht auf das Kernvergleichskriterium der beiden Ansatze genommen, der Perfor­mance. Mit Hilfe dergewonnen theoretischen Grundlagen wird sich dann der eigentlichen Forschungsfrage genahert. Zur Beantwortung wird dabei zum einen auf etablierte Studien zuruckgegriffen, welche uber Jahre hinweg der Aktiv-Passiv-Debatte Diskussionsstoff ga- ben. Zum anderen werden zwei Advokaten des jeweiligen Ansatzes konsultiert, urn den notigen Praxisbezug und die notige Tiefe der Bearbeitung sicherzustellen. Dabei konnte die qualitative Befragung schlussendlich die wissenschaftlich belegte Vorteilhaftigkeit von pas- sivem Anlegen untermauern. Demnach lieB sich selbst nach Rendite vor Kosten keine re- gelmaBige Outperformance von aktiven Investmentfonds feststellen. Unter Berucksichti­gung der jeweiligen Kosten gelang es nahezu keinem aktiven Produkt, seinen passiven Konkurrenten zu ubertreffen.

Abstract

The active-passive debate is omnipresent for private investors, professional investors, sci­ence and financial news for a long time. Within the last few years, an increasing acceptance of passive approaches has been observed, which is reflected in large inflows of ETPs. Thus, active mutual funds have tended to see a steady decline in invested capital since the finan­cial crisis.

The overall aim of this thesis was to provide an overview of the debate and to answer the question of the right investment approach, in view of relevant scientific research of the past decades. On the way to the final debate, a basis for being able to give an objective answer to the research question will be provided. In addition to the most important theory, special attention is given to the comparison criterion of performance. With the help of the theoretical foundations, the research question will be approached in the following. To answer the ques­tion this thesis will rely on established studies, that always gave the active-passive debate room for discussion over the years. In addition, a supporter of each investment approach was consulted during this preparation to ensure practical relevance as well as in-depth anal­ysis. The qualitative study was finally able to support advantage of passive investment ap­proach that was already confirmed by modern capital market research. Therefore, even in terms of yield before costs, no consistent outperformance of active mutual funds could be proved scientifically. Considering costs, almost no active product could beat its passive competitors regarding the performance.

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung der ETPs

Abbildung 2: Magisches Dreieck der Kapitalanlage

Abbildung 3: Rendite-Risiko-Diagramm

Abbildung 4: Kapitalmarktlinie des CAPM

Abbildung 5: Januar-Effekte im MDAX

Abbildung 6: Performance-Vergleich mittels Sharpe-Ratio

Abbildung 7: Performance-Vergleich mittels Treynor-MaB

Abbildung 8: Selektion und Timing anhand von Regressionsgeraden

Abbildung 9: Wertentwicklung verschiedenerAnlagevehikel

Abbildung 10: Funktionsweise von ETFs

Abbildung 11: Entwicklung des globalen ETP-Marktes

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleich von Forschungsrichtungen

Tabelle 2: Publikationen zur Aktiv-Passiv-Debatte

Tabelle 3: Benchmarking von EU-Aktien-Fonds (10 Jahre)

Tabelle 4: Performance-Persistenz von US-Aktien-Fonds (5 Jahre)

Tabelle 5: Ergebnisse zur Outperformance von US-Aktien-Fonds

Formelverzeichnis

Formel 1: Portfoliorisiko fur Zwei-Anlagen-Fall

Formel 2: Portfoliorisiko fur n-Anlagen-Fall

Formel 3: Standardgleichung des CAPM

Formel 4: Sharpe-Ratio

Formel 5: Treynor-Ratio

Formel 6: Jensen-Alpha

Formel 7: Tracking Error

Formel 8: Information-Ratio

Formel 9: Regressionsanalyse zur Ermittlung von Selektion und Timing

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einfuhrung

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld fuhrt immer mehr Anleger an renditestarkere Anlagefor­men wie Aktien Oder Aktienfonds. Anleger sind auf der Suche nach einer Anlagemoglich- keit, welche bei begrenztem Risiko zumindest die Kaufkraft in die Zukunft rettet.1 Die jungs- ten Ergebnisse der Bundesbank zeigen, dass der negative Trend deutscher Aktienbesitzer nun durchbrochen wurde. Allein im Jahr 2015 stieg die Zahl der Aktienbesitzer urn mehr als eine halbe Million. Es besteht also die Hoffnung, dass in Zukunft vermehrt Anleger von ihren Lebensversicherungen und Sparbuchern abkehren und den Schritt an die Kapitalmarkte wagen.2 Fur den Anleger gibt es zwei grundlegende Strategien Oder Investmentstile, urn durch das zur Verfugung stellen von Kapital eine Rendite zu erwirtschaften.

Zum einen konnen Anleger ein aktives Anlagemanagement betreiben, urn durch selektives Uber- Oder Untergewichten von Anlagepositionen die Chance auf eine Outperformance zu haben. Ublicherweise uberlassen Anleger diese Anlageentscheidungen jedoch Profis, den Managern aktiver Investmentfonds. Ihre Aufgabe besteht darin, den Investoren durch ihre klugen Anlageentscheidungen eine moglichst hohe Rendite zu liefern. Jeder dieser Fonds- manager verfolgt seine individuelle Strategie, von der er sich erhofft, den Markt hinter sich zu lassen. Begleitet wird das Primarziel der Rendite von unendlich erscheinenden Anlage- richtlinien, welche die Handlungsfreiheit des Fondsmanagers an einigen Stellen sehr be- grenzen.

Zum anderen besteht die Moglichkeit eines passiven Investmentansatzes, welcher auf eine moglichst genaue und kostengunstige Replikation des Marktes abzielt, urn bei starker Di- versifikation eine marktdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Dieser Anlagestil kann durch Investmentvehikel wie Indexfonds Oder ETPs realisiert werden. Im Vergleich zum aktiven Investieren ist das Investieren in passive Produkte auch ohne groBes Vorwissen realisier- bar, da die entsprechenden Produkte transparent und leicht verstandlich sind. Welcher die­ser grundlegendverschiedenen Ansatze fur einen rational entscheidenden Investor der rich- tige ist, gilt es in dieserArbeit zu beleuchten.

Obwohl die Aktiv-Passiv-Debatte aktuell wieder zunehmend an Fahrt aufnimmt, wird die Diskussion schon seit Jahrzehnten gefuhrt. Vor nicht einmal 50 Jahren war passives Inves­tieren dagegen selbst bei institutionellen Investoren nicht existent. Mitte der 1970er Jahre wurde dann der erste offentlich zugangliche Indexfonds aufgelegt, welcher den S&P 500 nachbildete. Der Initiator John Bogle sammelte jedoch zur damaligen Zeit nur Spott. Das unter dem Namen „Bogles Wahnwitz" bekannt gewordene Produkt konnte damals nur elf Millionen Dollar an Anlegergeldern sammeln, weshalb sich das passive Investieren am An- fang nur zaghaft entwickelte.

Erst im Jahre 2000 wurde der erste ETF auf dem europaischen Markt angeboten. Seit die­sem Zeitpunkt verzeichnen passive Investments jedoch jahrlich erhebliche Mittelzuflusse. Seit 2001 hat sich das in ETFs investierte Vermogen von insgesamt 4 Milliarden Euro mehr als verhundertfacht. Ein Abriss dieses enormen Wachstums ist aktuell nicht zu erwarten.3 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung der ETPs4

1.1 Motivation

Die Diskussion uber die Vorteilhaftigkeit von aktiven Oder passiven Strategien ist sicherlich eines der am meisten diskutierten Themen der Finanzwelt innerhalb der letzten Jahrzehnte. Seit der Existenz von Kapitalmarkten sehnen sich Anleger nach einer uberdurchschnittli- chen Performance. Da in den Anfangen der Kapitalmarktgeschichte keinerlei wissenschaft- liche Erkenntnisse vorlagen, versuchten Investoren eher auf einer Trial-and-Error-Basis den Markt zu schlagen. Die zum Zeitpunkt ihres Erscheinens revolutionare Portfoliotheorie von Harry Markowitz gilt als Startschuss fur die darauf aufbauende Kapitalmarktforschung. Spatestens jedoch mit Veroffentlichung der Markteffizienzhypothese im Jahr 1970 stand fur viele Marktteilnehmerfest, dass aktiven Managern die Fahigkeiten fur eine langfristige Out­performance fehlten. Die Markte zeigten nachfolgend jedoch Reaktionen, welche sich mit den damaligen Theorien nicht erklaren lieBen. Diese sogenannten Marktanomalien, welche spater durch die Behavioral-Finance-Forschung versucht wurden zu systematisieren, fuhr- ten zu neuer Hoffnung, den Markt schlagen zu konnen. Die Abneigung, sich mit dem Durch- schnitt zufrieden zu geben, hat die Debatte bis in die Gegenwart andauern lassen. Obwohl die Frage nach dem richtigen Investmentansatz also nun seit Jahrzehnten im Raum steht, gewinnt die Diskussion aktuell wieder zunehmend an Brisanz. Neben neuen Ergebnissen aus Forschung und Wissenschaft erhalt das Thema aber auch wegen aktueller Marktten- denzen immer mehr Beachtung. Klassische Vermogensverwalter kommen namlich aktuell zunehmend unter Druck und leiden unter einer immer starker werdenden Konkurrenz durch ETF-basierte Robo-Advisor5 Oder Social-Trading Plattformen6. Aufterdem steht die europa- ische Finanzmarktrichtlinie MiFID II in den Startlochern, wodurch die damit einhergehende Erhohung von Kostentransparenz der Thematik in 2017 zusatzliche Dynamik verleihen wird.7

1.2 Zielsetzung

Diese Bachelorarbeit setzt sich zum Ziel, anhand von wissenschaftlichen Ergebnissen die verschiedenen Ansatze kritisch gegenuberzustellen. Im ersten Versuch soil gepruft werden, ob es wissenschaftlich betrachtet einen Investmentansatz gibt, der dem anderen uberlegen ist. Im Speziellen sollen aufbauend auf den Ergebnissen zu der Frage nach dem optimalen Investmentansatz Handlungsempfehlungen aufgestellt werden. Im empirischen Teil der Ar­beit soil durch qualitative Forschung der Bezug zur Praxis hergestellt werden. Die erhobe- nen Daten dienen dabei der Darstellung beider Herangehensweisen und der spateren Ana­lyse. Aufbauend darauf soil abschlieftend ein pragnantes Resumee gezogen werden und ein Ausblick auf die zukunftige Entwicklung der Thematik erstellt werden.

1.3 Vorgehensweise

Zunachst werden dem Leser im nachfolgenden Kapitel die notigen theoretischen Grundla- gen vermittelt, urn die Thematik vollstandig uberblicken zu konnen. Hierzu zahlen einerseits die Kriterien, mit denen sich Kapitalanlagen vergleichen lassen und andererseits die For- schungsergebnisse diverser Werke der Kapitalmarkttheorie. Die Anordnung der Theorien ergibt sich dabei aus der zeitlichen Abfolge und erstreckt sich von grundlegenden klassi- schen Ansatzen bis hin zu modernen Forschungsstrangen wie der der Behavioral-Finance- Forschung. Analog zur Vorstellung der Vergleichskriterien von Kapitalanlagen wird an spa- tererStelle die Performance als Kernvergleichskriterium erneut aufgegriffen und detaillierter beleuchtet. Auf Basis dieser theoretischen Ausgangspunkte geht es dann im Hauptteil die- serArbeit urn die Analyse, welche versuchen wird, der Kernfrage des richtigen Investmen- tansatzes naher zu kommen. Begleitet wird die Analyse durch einen qualitativen For- schungsteil und maftgebliche Veroffentlichungen der letzten Jahrzehnte. Schlussendlich wird das Ende der Arbeit die pragnantesten Erkenntnisse der Kapitalmarkttheorien zusam- menfassen und diese mit den Ergebnissen der im Zuge dieser Arbeit durchgefuhrten For­schung verknupfen. Abgeschlossen wird die Arbeit mit einem Ausblick auf die zukunftige Entwicklung anhand aktueller Marktgeschehnisse und Tendenzen.

2 Theoretische Grundlagen

Um den vollen Umfang der teils komplexen Thematik verstehen zu konnen, ist eine Einfuh- rung dergrundlegenden finanzokonomischen Theorien und Begrifflichkeiten von Noten. Auf Grundlage der in diesem Kapitel vorgestellten Modelle der Finanzwirtschaft wird sich im spateren Verlauf der Kernfrage dieser Arbeit sukzessive genahert. Ziel des vorliegenden Abschnitts ist es lediglich, eine Basis fur die anschlieBende Diskussion zu schaffen. We- sentliche Grundlagen und Begrifflichkeiten sollten notwendigerweise schon an dieser Stelle eingefuhrt werden, damit die darauf aufbauenden Argumentationen stets nachvollzogen werden konnen. Die genannten Grundlagen konnen aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Ausarbeitung jedoch nur kursorisch dargelegt werden und sind daher nicht als voll- standige Wiedergabe derzum Teil umfassenden Modelle zu verstehen.

2.1 ZielgroBen der Asset Allocation

Die Asset Allocation ist eine Anlagestrategie, die darauf abzielt, Chancen und Risiken unter Berucksichtigung des Vermogenswertes, der Anlegerziele und der Risikobereitschaft opti­mal auszugleichen. Die drei wichtigsten Assetklassen: Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Liquiditat haben unterschiedliche Rendite-Risiko-Profile, welche maBgeblich zur Aus- richtung des Portfolios beitragen. Fur die optimale Zusammensetzung gibt es keine einfa- che und universelle Formel. Anleger konnen unterschiedliche Vermogensallokationen fur unterschiedliche Ziele verwenden. Der Asset-Allocation-Prozess ist gepragt vom Ziel der Erreichung einer maximalen Portfolioperformance bei gegebenem Risiko. Fruherwurde un­ter dem Begriff der Performance eine eindimensionale ZielgroBe der Rendite verstanden. Heute ist der Begriff weiter gefasst und umfasst eine zweidimensionale ZielgroBe, namlich Rendite und Risiko. Mathematisch gesehen ist die Performance das Verhaltnis zwischen Uberrendite und RisikomaB. Performance lasst sich daher auch als die risikoadjustierte Rendite beschreiben. Neben der Rentabilitat und Sicherheit hat auch die Liquiditat eine entscheidende Rolle fur die Anlagepraxis.8 9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Magisches Dreieck der Kapitalanlage9

Eine fur die Asset Allocation entscheidende Erkenntnis ist der gegenlaufige Zusammen- hang der drei Parameter des magischen Dreiecks. Ziel des Anlagemanagements ist es da­her, den Zielkonflikt anhand von individuellen Kundenpraferenzen optimal zu losen.

Rentabilitat beschreibt das Verhaltnis zwischen dem eingesetzten Kapital und dem daraus resultierenden Gewinn.10 Untergliedert wird die Rendite weiterhin als Brutto- und Nettoren- dite. Fur individuelle Anlageentscheidungen ist oftmals die Nettorendite von groBerer Be- deutung, da sie auch die individuellen Umstande des Anlegers in die Berechnung inkludiert. Allerdings wird durch diese Individualisierung eine objektive Gegenuberstellung von Anla- gemoglichkeiten unmoglich. Fur die Fragestellung dieser Ausarbeitung wird im Folgenden auf die Bruttorendite zuruckgegriffen, urn Verzerrungen durch individuelle Faktoren des An- legerszu umgehen.11

Unsicherheit versteht sich als die Moglichkeit des Abweichens vom Erwartungswert. Eine Anlage gilt daher als sicher, wenn diese Eintrittswahrscheinlichkeit des Abweichens gering ist. Wichtig dabei hervorzuheben ist, dass eine Abweichung vom Erwartungswert sowohl negativ als auch positiv sein kann. Die Assoziation mit einer rein negativen Abweichung ist somit an dieser Stelle nicht richtig. Das Gesamtrisiko einer Kapitalanlage besteht dabei aus dem systematischen und unsystematischen Risiko. Unsystematische Risiken sind Risiken, welche speziell fur ein einzelnes Unternehmen existieren (Absatzeinbruch, Management- wechsel, negative Presse). Systematische Risiken sind dagegen Risiken, welche auf markt- ubergreifenden Veranderungen basieren (Marktrisiko, politisches Risiko, Naturkatastro- phen).12 Innerhalb der Asset Klassen werden je nach Anwendungszweck diverse Risiko- maBe verwendet (z.B. Volatilitat, Ausfallwahrscheinlichkeit, Beta, Korrelationskoeffizient, Tracking Error, VaR). Insbesondere zur Messung des Risikos im Aktienbereich hat sich jedoch die Volatilitat durchgesetzt.13 Prinzipiell lasst sich die Volatilitat auch anlageklassen- ubergreifend als RisikomaB einsetzen, wobei es sowohl das systematische als auch das unsystematische Risiko abdeckt. Die Ermittlung erfolgt durch Berechnung der Varianz einer standardnormalverteilten Dichtefunktion. Die Annahme dieser Normalverteilungshypothese ist grundlegend fur die an spaterer Stelle angestellten portfoliotheoretischen Uberlegungen.

Liquiditat beschreibt die Eventualitat, beim Verkauf eines bestehenden Assets einen marktgerechten Preis zu erzielen. Innerhalb der nachfolgenden finanzokonomischen The- orien findet der Aspekt der Liquiditat keine gesonderte Betrachtung, ist jedoch fur die Anla- gepraxis von entscheidender Bedeutung. Generell besitzen standardisierte Anlageformen ein hoheres MaB an Liquiditat als nicht-standardisierte Anlageformen wie Oldtimer Oder Kunst. Da sowohl aktive als auch passive Anlagevehikel eine ausreichende Standardisie- rung besitzen, ist der Aspekt der Liquiditat fur die Debatte unerheblich.14

2.2 Finanzokonomische Theorien

Die Finanzokonomie als Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre beschaftigt sich prinzipiell mit der Beschaffung und Verwendung von Kapital. Ferner lassen sich die Finanzierungs- theorien zeitlich in klassische, neoklassische und neoinstitutionalistische Theorien unter- gliedern. Die folgenden Ansatze sind allesamt aus dem fruhen neoklassischen und neoin- stitutionalistischen Bereich und stellen das Fundament fur diverse weitere Forschungen der Finanzwirtschaft.15 Die Einfuhrung in die nun folgenden Theorien mag an manchen Stellen sehr plakativ wirken, ist jedoch dem begrenzten Umfang geschuldet. Eine Darstellung der Kerngedanken ist fur die Vermittlung eines gesamtheitlichen Verstandnisses jedoch uner- lasslich.

2.2.1 Portfolio Selection Theory

Die Portfoliotheorie nach Harry Markowitz analysiert das Investitionsverhalten von Inves- toren an Kapitalmarkten, urn Handlungsanweisungen fur die optimale Anlagestrategie zu geben. Die zwei Kernfragen, welche Markowitz versucht zu beantworten, sind:

1) Wie lasst sich die Risikostreuung durch Aufnahme mehrerer Wertpapiere erklaren?
2) Wie soil diese Diversifikation des Portfolios konkret ausgestaltet werden, urn das Risiko zu minimieren?16

Fur die Ausgestaltung eines Portfolios mussen die Zielvorstellungen des Agierenden be- kannt sein. Die Markowitz-Theorie nimmt ein risikoscheues Verhalten des Anlegers an, das auch in der Realitat zu beobachten ist. Eine Strategie ist als optimal zu klassifizieren, wenn sie Rendite/Risiko-effizient ist. Dies hat zur Folge, dass fur ein bestimmtes Risiko a keine hohere Rendite bzw. bei gegebener Rendite kein geringeres Risiko moglich ist.17 Fur die Portfoliotheorie entspricht das Risiko der Volatility, welche sich aus systematischen und unsystematischen Risiken zusammensetzt. Das optimale Rendite-Risiko-Profil ergibt sich aus der Nutzenfunktion des Anlegers. Das Postulat der Portfoliotheorie ist, dass je risiko- averser der Anleger, desto hoher der Anteil von risikolosen Anlagen. Ceteris paribus sinkt der Anteil mit zunehmender Risikofreude des Anlegers.18 Aufgrund dieser Abhangigkeiten sind nur bestimmte Portfolios fur den Anleger effizient. Alle effizienten Zusammensetzun- gen von Wertpapieren ergeben die Effizienzkurve, welche im Punkt des varianzminimalen Portfolios starten und mit einer positiven Steigung dem Anleger alle effizienten Alternativen aufzeigt. Der untere Teil der Kurve ist ineffizient, weil es Zusammensetzungen mit hoherer Rendite bei gleichem Risiko gibt.19 Anschaulich wird dies unter Berucksichtigung der fol­genden Abbildung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Risiko-Rendite-Diagramm

In einem weiteren Schritt fuhrt Markowitz die Ermittlung der Portfoliorendite und des Port- foliorisikos an. MaBgeblich fur das sich ergebende Risiko ist insbesondere der Korrelations- koeffizient. Wenngleich die Portfoliorendite sich als gewichtete Durchschnittsrendite aller Assets ergibt, reduziert sich das Gesamtrisiko bei gegenlaufigen Renditen bzw. bei einem Korrelationskoeffizienten kleiner eins. Diese Reduktion ist in der Konvexitat des Risiko-Ren- dite-Diagramms in Abbildung 3 ersichtlich. Bei einem Korrelationskoeffizienten von eins wurde die Linie linear verlaufen, wodurch eine Diversifikation nicht moglich ware.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Bestimmung des optimalen Portfolios fur einen Investor musste aus mathematischen Gesichtspunkten seine Praferenzfunktion gegeben sein. Mithilfe dieser Funktion ware es moglich, den Tangentialpunkt der Effizienzlinie und einer Isonutzenkurve zu bestimmen.20 Dieser Schnittpunkt gilt als das optimale Portfolio, da fur den Anleger jene Gewichtung von Wertpapieren gefunden wird, welche ihm den hochstmoglichen Nutzen gemaB seiner Nut- zenfunktion liefert. Um in der Praxis dem Problem derformelmaBigen Abbildung zu entge- hen, wird haufig auf einen Naherungsansatz in Form von Risikoklassen zuruckgegriffen. Das Fortschrittliche am Selektionsprozess nach Markowitz ist, dass die Basis fur die Ent- scheidung nicht lediglich in den Rendite- und Risikoeigenschaften der Assets liegt, sondern im Rendite- und Risikobeitrag fur das Gesamtportfolio. Diese von Markowitz erforschten Diversifikationseffekte haben bis heute substanzielle Bedeutung fur das Portfoliomanage­ment.21 22

2.2.2 Capital Asset Pricing Model

Das Capital Asset Pricing Model von John Lintner, William F. Sharpe und Jan Mossin greift den Grundgedanken der Portfoliotheorie auf und entwickelt diesen einen entschei- denden Schritt weiter. Die Ergebnisse von Markowitz geben keinen Aufschluss daruber, welcher Teil des Gesamtrisikos von Wertpapieren sich durch Diversifikation eliminieren lasst. Das CAPM versucht, dies zu erortern, urn die erwartete Rendite eines Portfolios im Kapitalmarktgleichgewicht zu berechnen. Die Antwort darauf ist die sogenannte Kapital- marktlinie, welche in Abbildung 4 dargestellt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus der Tatsache heraus, dass der Anleger beliebige Mischungen zwischen seinem indivi- duellen Wertpapierportfolio und der risikolosen Alternativanlage wahlen kann, ergibt sich der lineare Verlauf der in Abbildung 4 dargestellten Portfoliogeraden. Unter den verschie- denen Geraden scheint jedoch eine alle anderen zu dominieren, da sie furgleiches Risiko stets eine hohere Rendite liefert. Das Modell nimmt an, dass alle Anleger des Marktes ge- maB ihrer Risikoneigung eine Zusammensetzung aus ihrem Portfolio und der risikofreien Anlage halten. Das Portfolio ist im Sinne des CAPM jedoch aufgrund ihrer homogenen Er- wartungen bei alien Teilnehmern des Marktes identisch.23 Dies resultiert aus ihrem risiko- scheuen Verhalten und dem Versuch, den erwarteten Risikonutzen zu maximieren. Die Er- wartungen hinsichtlich der Renditen sind homogen und daher nicht individuell beeinfluss- bar. Das CAPM nimmt ferner einen informationseffizienten Markt an, welcherfrei von Frik- tionen ist. Die Zusammensetzung dieses Portfolios ergibt dabei das sogenannte Marktport­folio. Das individuelle Gewichten von Alternativanlage und Marktportfolio gemaft dem per­sonlichen Risikoprofil bezeichnet man als Tobin-Separation.24

In einem weiteren Schritt versucht das Modell, den Preis einzelner Wertpapiere des Markt- portfolios zu bestimmen. Dies gelingt durch die Hinzunahme der Wertpapierlinie, welche sich aus der Standardgleichung des Modells ergibt.25

Formel 3: Standardgleichung des CAPM

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als Folge lasst sich der Preis eines jeden Wertpapiers kritisch hinterfragen, da mit Hilfe der ermittelten Rendite ein Gleichgewichtskurs berechnet werden kann. Dieser dient der Uber- prufung, ob ein Papier angemessen zu seinem Risiko bewertet wurde. Mittels des CAPM gelang es erstmals, ein Modell zu entwickeln, welches unter Kenntnis bestimmter Eigen- schaften einer Aktie die kunftige Rendite vorhersagt. Maftgeblich fur die Vorhersagen ist der Risikofaktor Beta, welcher das systematische Risiko bemisst. Das Modell vergutet also die Ubernahme von unsystematischen Risiken nicht in Form einer Risikopramie. Der Grund liegt in der theoretisch vollstandig moglichen Diversifikation von unsystematischen Risiken innerhalb eines Portfolios.

Zusammenfassend lasst sich bezuglich der Validitat des Modells keine eindeutige Aussage treffen. Diverse Studien kommen zu dem Schluss, dass das CAPM weder eindeutig besta- tigt noch eindeutig falsifiziert werden kann. Da fur die Uberprufungen des Modells stets ein Index als Marktportfolio hinzugezogen wird, kann als Folge nur die Effizienz des Index im Sinne der Portfoliotheorie bestimmt werden. Dem Modell zufolge ist das Marktportfolio die Konsequenz aus dem Verhalten der Anleger, welche sich genau an die Uberlegungen von Markowitz und Tobin halten. Der Marktindex kann diesen Annahmen sicherlich nicht stand- halten. Er ergibt sich aus der Marktkapitalisierung der enthaltenen Einzeltitel, welche die Konsequenz aus dem tatsachlichen Verhalten der Anleger ist. Dieses tatsachliche Investi- tionsverhalten ist erwiesenermaBen nicht mit den Annahmen der klassischen Portfoliothe­orie in Einklang zu bringen. Uberdies werden auch andere Annahmen des CAPM, wie zum Beispiel die unbegrenzte Aufnahme einer risikolosen Anlage, oftmals bemangelt.26 Trotz alledem hat das Modell bis heute eine hohe Praxisrelevanz zum Beispiel bei der Perfor- mancemessung von Investmentfonds.27

2.2.3 Efficient Market Hypothesis

Eine fur die Frage nach dem richtigen Investmentansatz maBgebliche Theorie ist die Effi­cient Market Hypothesis nach Eugene Francis Fama. Die Kernthese seiner Forschung ist, dass in einem effizienten Markt die Preise alle relevanten Informationen vollstandig reflek- tieren.28 Relevante Informationen sind in diesem Zusammenhang nicht rein historischer Na- tur, sondern beinhalten auch die Antizipation zukunftiger Entwicklungen. Dabei gilt es als allgemein gultig, dass Kapitalmarkte zu einem gewissen Grad effizient sind. Raum fur Dis- kussionen hingegen bietet die Frage nach dem Grad der Effizienz.29 Effizienz ist in diesem Zusammenhang klar von Vollkommenheit abzugrenzen. Der Begriff der Vollkommenheit ist deutlich breiter gefasst und beinhaltet neben der Effizienz auch Eigenschaften wie bei- spielsweise das Nichtvorhandensein von Steuern Oder Transaktionskosten. Die Kapital- markteffizienz beschrankt sich lediglich auf die Verarbeitung von Informationen.30

Ein Kapitalmarkt wird als effizient bewertet, falls die Kurse aller Wertpapiere jederzeit die fur den Markt verfugbaren Informationen darstellen. In einem effizienten Kapitalmarkt ha- ben neue Informationen somit mit dem Erscheinen sofortige Auswirkung auf die Kurse aller im Markt gehandelten Titel. Fama formuliert drei Abstufungen der Informationseffizienz: die schwache, die halbstrenge und die strenge Informationseffizienz. Eine hohere Form inkludiert automatisch niedrigere Formen.31 Analog zu der Abstufung nach Fama ergeben sich fur seineformulierten Hypothesen unterschiedliche Implikationen.

In schwach informationseffizienten Markten lasst sich eine Outperformance lediglich durch fundamentale Analyse erzielen. Die technische Analyse ist nicht in der Lage, den Markt zu schlagen, weil die Interpretation der Vergangenheitskurse bereits durch andere Marktteil- nehmer zu einer Anpassung der Kurse gefuhrt hat.

Im Zuge der halbstrengen Informationseffizienz wird davon ausgegangen, dass jegliche Fundamentaldaten wie z.B. Jahresabschlusse Oder Prospekte fur die Emission von Anlei- hen im Zeitpunkt der Veroffentlichung bepreist wurden. Als Resultat ware nur das Vorhan- densein von Insiderinformationen eine Basis fur eine mogliche Uberrendite. Demzufolge konnte man behaupten, eine fundamentale Analyse sei nutzlos, da keine Moglichkeit be- steht, den Markt zu schlagen. Fur den Fall, dass alle Marktteilnehmer auf die Auswertung derfundamentalen Daten verzichten wurden, wurde die Bepreisung analog zum Informati- onsstand des Marktes nicht mehr stattfinden. Um dem Kapitalmarkt eine halbstrenge Infor­mationseffizienz zuzuweisen, muss die Auswertung der Fundamentaldaten also trotz zwei- felhafter Sinnhaftigkeit durchgefuhrt werden. Dieser Widerspruch wird in der Wissenschaft als das sogenannte Informationsparadoxon bezeichnet. Die halbstrenge Informationseffizi­enz tragt maBgeblich zur Homogenisierung der Anlegererwartungen bei und knupft damit an die zentralen Annahmen des CAPM an.

Die Implikationen derstrengen Informationseffizienz sind dagegen die weitreichendsten. In einem Markt, der von Strenger Informationseffizienz gekennzeichnet ist, lasst sich weder durch die technische Analyse noch durch die Fundamentalanalyse noch durch Insiderinfor­mationen ein gewinnbringender Vorteil gegenuber dem Markt erzielen. Das Ubertrumpfen der Marktrendite ist somit unmoglich, wodurch aktives Management keinerlei Mehrwert lie- fert. Diverse empirische Untersuchungen sind sich einig daruber, dass eine strenge Infor­mationseffizienz auf den Kapitalmarkten nicht vorliegt. Es lasst sich zweifelsfrei feststellen, dass wichtige Informationen schon vor ihrer Veroffentlichung zu starken Kursveranderun- gen fuhren.32 Tendenziell ist jedoch spatestens mit Inkrafttreten des zweiten Finanzmarkt- forderungsgesetzes eine Abnahme dieses Effekts zu beobachten. Seit dem 1. August 1994 kann ein solches Vorgehen mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe Oder erheblichen Geldstrafen geahndet werden.33

Auch die schwache Informationseffizienzhypothese konnte in empirischen Untersuchungen auf ihre Gultigkeit uberpruft werden. Fur die Uberprufung wurden historische Zeitreihen auf ihre serielle Korrelation uberpruft. Einfluss auf die Korrelation hat neben der Wiederholung von Performance auch die Starke der Performance. Im Ergebnis der Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die serielle Korrelation nicht groB genug ist, urn eine Outper­formance nach Transaktionskosten zu generieren.34

Grund zur Diskussion bietet weiterhin die Bestatigung der halbstrengen EMH. Bereits Fama selbst machte auf von ihm beobachtete Marktanomalien aufmerksam, welche der Hypo- these grundsatzlich widersprechen. Beispielhaft hierfur lassen sich sogenannte Kalender- zeiteffekte anfuhren. Der wahrscheinlich bekannteste dieser Effekte ist der Januar-Effekt, welchersogar empirisch untermauertwerden konnte.

Demnach lasst sich im Monat Januar insbesondere im Bereich der Small- und Mid-Caps eine Outperformance im Vergleich zu anderen Monaten feststellen. Anscheinend ist der Jahresbeginn fur viele Investoren eine gute Gelegenheit, urn sich nach neuen Investments umzuschauen und deshalb eine Aufbruchsstimmung an den Markten zu verursachen.35 36 37 38 In Abbildung 5 werden die Januar-Renditen des MDAX von 1992 bis 2017 dargestellt. Vergli- chen mit alien anderen Monaten des Jahres fuhrte der Januar zu durchschnittlich hoheren Renditen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Januar-Effekte im MDAX37

Schlussendlich kommen empirische Untersuchungen zu einer Bestatigung dersemi-stren- gen EMH. Diese Ergebnisse sind aufgrund bereits erwahnter methodischer Probleme je- doch mit Vorsicht zu verwenden.38 Zusammenfassend muss die Beurteilung der Effizienz eines Kapitalmarktes immer differenziert und individuell erfolgen. Unterschiedliche Markt- rahmenbedingungen fuhren zu unterschiedlichen Auspragungen von Markteffizienz. Der Markt fur Penny-Stocks wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weniger in- formationseffizient sein als zum Beispiel der Markt fur Titel im Prime-Standard. Grossmann und Stiglitz aufterten zu diesem Thema, dass die Markte keine perfekte Effizienz aufwei- sen konnten, da ansonsten die Marktteilnehmer nicht motiviert waren, Informationsineffizi- enzen zu identifizieren und auszunutzen.39 Eine vertiefte Diskussion uber die Informations- effizienz von Kapitalmarkten wird im Zuge der empirischen Untersuchung dargestellt.

2.2.4 Behavioral Finance

Die soeben vorgestellten finanzwirtschaftlichen Theorien bauen allesamt auf der Annahme vollkommener Kapitalmarkte und rational entscheidender Marktteilnehmer auf. Der Frage, inwieweit diese Annahmen in der Realitat wirklich vorliegen, wurde sich im vorherigen Ka­pital sukzessive genahert. Auch wurden Grunde angefuhrt, welche die Effizienz von Kapi- talmarkten und somit auch die EMH in Frage stellen. Aus dieser Diskussion ging fur die damalige Zeit eine vollig neue Forschungsrichtung hervor.

Die Behavioral-Finance-Forschung versucht Marktanomalien und Irrationalitaten zu erkla- ren, urn das Anlegerverhalten in Zukunft besser prognostizieren zu konnen. Die ersten aus- fuhrlichen Ergebnisse kamen dazu von De Bondt, Thaler, Shiller, Stratman und Shef- rin. Die kontrastreichen Kriterien im Vergleich zu den bis dato validierten Theorien werden nachfolgend in Tabelle 1 verdeutlicht.

Tabelle 1: Vergleich von Forschungsrichtungen40

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Forschungsrichtung inkludiert neben einem rein rationalen Verhalten der Anleger auch psychologische und soziologische Aspekte. Die Praxis hat namlich gezeigt, dass klassische Theorien mit der Annahme eines nach dem Bernoulli-Prinzip agierenden Anlegers schnell an ihre Grenzen stoBen. Die Entscheidungen von Marktteilnehmern sind nicht zuletzt we- gen ihreremotionalen Neigung irrational. Beispielhaftwerden im Folgenden einige Verhal- tensanomalien aufgegriffen, welche dazu fuhren, dass Anleger ihre Anlageentscheidungen nicht rational treffen.

Optimism and Wishful Thinking: Beschreibt eine unrealistisch positive Einschatzung ge­genuber den eigenen Fahigkeiten und Markterwartungen. Befragungen konnten zeigen, dass themenubergreifend stets deutlich uber die Halfte der Befragten angibt, uberdurch-39 schnittlich begabt in der entsprechenden Tatigkeit zu sein. Auch konnten diese Befragun- gen zeigen, dass eine Vielzahl der Teilnehmer zur systematischen Fehlplanung neigt. Sie schatzten die benotigte Zeit regelmaftig deutlich zu gering ein.

Overconfidence: Bei der Schatzung von quantitativen Groben hat sich gezeigt, dass viele Menschen ihr Urteilsvermogen uberbewerten. Dies zeigte sich insbesondere bei Schatzun- gen zu Wahrscheinlichkeiten. Demnach werden zum Beispiel Ereignisse, welche eine wahre Eintrittswahrscheinlichkeit von 20 Prozent hatten, fur nahezu unmoglich gehalten.

Representativeness: Unter Probanden einer Studie konnte eine auffallig starke Verwen- dung von Heuristiken40 gezeigt werden. Die Teilnehmer neigten dazu, deutlich zu schnell vermeintliche Regeln des Tatbestands A auf den neuen Tatbestand B zu adaptieren. Ein Analyst wurde beispielsweise schon bei einer geringen Anzahl an korrekten Aktienempfeh- lungen als vermeintlich treffsichergelten.

Uberdies ist die Aufnahmefahigkeit von Informationen eines jeden Menschen in Relation zur Summe aller verfugbaren Informationen stark begrenzt. Dieser Effekt wird verstarkt von derAnnahme der Behavioral-Finance-Forschung, dass Marktinformationen unvollkommen sind.41 Generell lasst sich also festhalten, dass die Behavioral-Finance-Forschung viele Anomalien des Kapitalmarkts mit systematischen Fehleinschatzungen der Anlegererklaren konnte. Das Vorhandensein von Irrationalitaten, unvollkommener Informationsbereitstel- lung und einer begrenzten Verarbeitungskapazitat derAnleger konnten Moglichkeiten dar- stellen, eine Outperformance im Markt zu erreichen. Die Behavioral-Finance-Theorien ge- ben also der Diskussion urn den richtigen Investmentansatz neue Impulse.

2.3 Messung und Analyse der Portfolioperformance

Die Erzielung einer guten Performance gilt als oberstes Ziel von professionellem Finanz- management. Die historische Rendite ist nicht selten das Kernentscheidungskriterium, wenn es urn die Vergabe von Mandaten geht. Es liegt daher auf der Hand, dass allgemeine Bewertungsstandards notig sind, urn eine Vergleichbarkeit auf dem Markt zu schaffen. Die zunehmende Veroffentlichung von Performance-Vergleichen, derZuwachs an Konkurrenz durch Family-Office-Losungen, Robo-Advisor und Social-Trading-Plattformen verstarken die Bedeutung des zentralen Vergleichskriteriums. Seit September 1998 gibt es durch die DVFA-PPS ein freiwilliges Regelwerk fur Vermogensverwalter, urn fur Vergleichbarkeit der publizierten Performanceergebnisse zu sorgen. Wie in Kapitel 2.1 dargestellt wurde, ver- wendet die Wissenschaft den Begriff der Performance als zweidimensionale Grofte aus Rendite und Risiko. Da in der Praxis die Performance haufig mit der Rendite gleichgesetzt wird, nehmen auch die Regeln der DVFA den Performancebegriff als eindimensional an. Sinnvollerweise berucksichtigt ein erweitertes Verstandnis der Begrifflichkeit jedoch auch immer einen VergleichsmaBstab wie zum Beispiel einen Index. Folglich kann ein Portfolio mit einem negativen Ertrag trotzdem eine gute Performance erreichen bzw. ein positiver Ertrag eine schlechte Performance bedeuten. Hat namlich der Fondsmanager bei sinken- den Markten die Verluste gegenuber der Benchmark begrenzt, so ist die Performance sei­nes Portfolios zweifelsfrei uberlegen.42 Um zwei Anlagestile objektiv und kritisch miteinan- der vergleichen zu konnen, ist es erforderlich, die VergleichsmaBe zu kennen und zu ver- stehen. In Kapitel 2.3.1 werden die in diesem Zusammenhang ublichen MaBe angefuhrt. Zum Umfang der Performance-Analyse gehort neben der Erfassung, Messung und Zerle- gung auch die Performance-Attribution. Performance Attribution ist ein Prozess, urn zu er- klaren, warum die Performance eines Portfolios sich von der Benchmark unterscheidet. Dieser Unterschied zwischen der Portfolio-Rendite und der Benchmark-Rendite wird als aktive Rendite bezeichnet. Die aktive Rendite ist die Komponente eines Portfolios, die sich aus der aktiven Verwaltung des Portfolios ergibt. In einem zweiten Schritt untersucht dann die Analyse, ob Aktienauswahl Oder Timing die Quelle der Outperformance des Portfolios ist.43

2.3.1 Performance-Messung

Parallel zu den Uberlegungen in Kapitel 2.1 werden im Folgenden lediglich die zweidimen- sionalen ErfolgsmaBe aufgefuhrt. Diese sind fur die nachfolgenden Vergleiche aussage- kraftiger, da sie neben dem Ertrag des Investments auch das dafur eingegangene Risiko berucksichtigen. In Konsequenz konnen durch die Risikoadjustierung auch stark unter- schiedlich strukturierte Portfolios vergleichbar gemacht werden. Fur den Vergleich von ak­tiven und passiven Ansatzen ist dieses Kriterium essentiell, da eine mogliche Outperfor­mance stets auf risikoadjustierter Basis gemessen werden sollte.44 In der Praxis haben sich zu diesem Zwecke die ErfolgsmaBe Sharpe-MaB, Treynor-MaB, Jensen-MaB, den Tra­cking-Error und die Information Ratio als zielfuhrend erwiesen.

Das Sharpe-MaB Oder auch Sharpe-Ratio genannt geht auf den bereits im Zuge des CAPM eingefuhrten NobelpreistragerWilliam Sharpe zuruck. Sharpe gelang es, die realisierte Ri- sikopramie des Gesamtrisikos zu ermitteln.

Formel 4: Sharpe-Ratio

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch die obige formale Darstellung wird deutlich: je hoher das Risiko desto hoher muss bei gleichbleibender SR auch die Risikopramie sein. Generell gilt: ein Portfolio ist einem anderen Portfolio uberlegen, wenn die SR von diesem hoher ist als die des anderen. Ein- deutigerwird dies bei Betrachtung von Abbildung 6.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Performance-Vergleich mittels Sharpe-Ratio46

Im oben dargestellten Fall ist Portfolio C effizient gegenuber alien anderen. Portfolio B kann keine Outperformance gegenuber seiner Benchmark erzielen, da die Punkte B und BM auf einer Geraden liegen. Als Konsequenz ergibt sich folgende Rangfolge im Sinne der Perfor­mance:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Alle Punkte einer Geraden liefern dem Anleger eine gleichgewichtete Performance. Die Steigung der Geraden ergibt sich durch den konkreten Wert der eben dargestellten Formel. Startpunkt aller moglichen Geraden ist stets der risikolose Zinssatz. Aus diesem Grund lie- fert die SR fur negative Wertentwicklung bzw. fur Wertentwicklungen, die eine kleinere Ren- dite als der risikofreie Zinssatz haben, keine Ergebnisse. Oftmals wird am Performance- MaB nach Sharpe kritisiert, dass es nicht zwischen systematischen und unsystematischen Risiken unterscheidet. Dieser Kritikpunkt fuhrt uns zu der naheren Betrachtung eines wei- teren Performance-MaBes.45 46

[...]


1 vgl. Goodfellow 2016 S. 16ff.

2 vgl. Fey 2015 S. 2

3 vgl. Rezmer 2016

4 eigene Darstellung in Anlehnung an: Commerzbank 2014 S.7

5 Robo-Advisor ist ein Sammelbegriff fur Firmen, welche die Portfoliostrukturierung der Kundende- pots durch automatisierte Prozesse vornehmen. Sie eroffnen dadurch bereits zu geringen Mindest- anlagebetragen vergleichbare Leistungen, die bislang lediglich vermogenden Investoren zur Ver- fugung standen

6 Social-Trading ist eine nicht regulierte Form der Anlageberatung im Internet. Anleger haben dort die Moglichkeit, samtliche Transaktionen anderer Teilnehmer der Plattform einzusehen und diese Portfolien kostengunstig nachzubilden

7 vgl. Landgraf2016

8 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 48

9 eigene Darstellung in Anlehnung an: Steiner/Bruns 2007 S. 49

10 vgl. Spremann 2008 S. 71

11 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 49 ff.

12 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 55

13 vgl. Spremann 2008 S. 99 ff.

14 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 77

15 vgl. Fabozzi/Modigliani 2009 S. 143 ff.

16 vgl. Markowitz 1952 S. 77 ff.

17 vgl. Markowitz 2008 S. 5-8

18 vgl. Opresnik/Rennhak2015 S. 150-151

19 vgl. Perridon/Steiner2007 S. 242

20 vgl. Perridon/Steiner2007 S. 240-246

21 vgl. Spremann 2008 S. 55-64

22 eigene Darstellung in Anlehnung an: Steiner/Bruns 2007 S. 22

23 vgl. Steiner/Uhlir2001 S. 186

24 vgl. Copeland et al. 2008 S. 206

25 vgl. Perridon/Steiner2007 S. 250-257

26 vgl. Spremann 2008 S. 258 ff.

27 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 29

28 vgl. Ebertz/Scherer 2002 S. 193

29 vgl. Fama 1965 S. 34 ft.

30 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 39 ff.

31 vgl. Spremann/Gantenbein 2005 S. 65

32 vgl. Steiner/Bruns 2007 S. 40 ff.

33 vgl. Fuchs 2016 §§ 12 bis 20 WpHG

34 vgl. Copeland et al. 2008 S. 458-467

35 vgl.Siegel 2014S.326ff.

36 eigene Darstellung und Berechnung auf Basis historischer Zeitreihen von: Yahoo Finance 2017

37 vgl. Heun 2007 S. 95

38 vgl. Spremann 2008 S. 153 ff.

39 Darstellung in Anlehnung an: Perridon/Steiner2007 S. 285

40 Heuristiken dienen der naherungsweisen Losung von komplexen Entscheidungs- und Optimie- rungsproblemen

41 vgl. Perridon/Steiner2007 S. 284-297

42 vgl. Garzetal. 2006 S. 312

43 vgl.Garzetal.2006 S.309

44 vgl. Wittrock 2002 S. 940-943

45 B eigene Darstellung in Anlehnung an: Garz et al. 2006 S. 331

46 vgl.Garzetal.2006 S.330ff.

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Aktiv oder passiv gemanagte Fonds: Schlagen Fondsmanager den Index?
Untertitel
Die Frage nach dem optimalen Investmentansatz
Hochschule
International School of Management, Standort Dortmund
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
67
Katalognummer
V520756
ISBN (eBook)
9783346124814
ISBN (Buch)
9783346124821
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ETF, Passives Investieren, Fonds, Aktives Investieren, Investieren, Exchange Tradet Funds, ETFs, ETP, Portfolio Management
Arbeit zitieren
Manuel Brinkmann (Autor:in), 2017, Aktiv oder passiv gemanagte Fonds: Schlagen Fondsmanager den Index?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520756

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