Ob sich freies, individuelles Schreiben und Rechtschreiblernen tatsächlich miteinander vereinen lässt, soll in der vorliegenden Bachelorarbeit erforscht werden. Zu diesem Zweck werden die Rechtschreibfähigkeiten von Grundschulkindern sowohl beim integrierten, als auch nicht-integrierten Schreiben getestet. Konkret bedeutet dies, dass die Probanden einen freien Test verfassen, ein Diktat schreiben und ein HSP-Testheft ausfüllen und die jeweiligen Ergebnisse miteinander verglichen werden. Dabei soll das übergeordnete Ziel, bestätigen zu können, dass Kinder orthografisch bessere Leistungen erbringen und eine höhere Rechtschreibkompetenz aufweisen, wenn sie dabei ihr eigenes Wortmaterial nutzen dürfen, fokussiert werden. Hierzu sollen auch herkömmliche Bewertungsverfahren, wie sie vor allem bei standardisierten Tests und Diktaten üblich sind, hinterfragt werden, um anschließend mögliche Handlungsempfehlungen für Schulen und Lehrkräfte auszuarbeiten. Die vorliegende Arbeit soll demzufolge einen Beitrag dazu leisten, derzeitige Test- und Analyseverfahren des Deutschunterrichts in der Primarstufe zur Erfassung der Rechtschreibkompetenz im Hinblick auf das Kind selbst und der alltäglichen Anforderung an dieses zu modifizieren, sowie dem Kontext der Rechtschreibkompetenz einen neuen Stellenwert zuzuschreiben.
Bei der Vereinigung von Textkonzeption und ihrer Verschriftlichung handelt es sich um eine äußerst komplexe und anspruchsvolle Tätigkeit, denn damit ein kohärenter Text entsteht, muss ein Schreibplan erstellt, auf Hintergrundwissen zurückgegriffen, Ideen entwickelt und daraufhin, bzw. zeitgleich, adäquat und normgerecht verschriftlicht werden. Aus dieser Modellierung resultiert das Verständnis von Schreiben als ein Prozess, der sich in einzelne Teilprozesse aufgliedern lässt, auf die sich beim integrierten Schreiben konzentriert werden muss.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2 Theoretische Grundlage
2.1 Deutschunterricht im Wandel
2.1.1 Kompetenzen
2.1.2 Relevanz der Rechtschreibkompetenz
2.2 Dimensionen des Schreibens
2.2.1 Schreibprozessmodell
2.2.2 Bedeutung der Schreibmotivation
2.3 Rechtschreibkompetenz
3. Testverfahren der Interventionsstudie
3.1 Nicht-integriertes Schreiben
3.1.1 Die HSP
3.1.2 Diktate
3.2 Integriertes Schreiben
3.2.1 Freies Schreiben
4.1 AFRA
4.2 OLFA
4.3 Das Analyseraster Fays
5. Das Analyseinstrument
5.1 Wahl des Analyseinstruments
5.2 Auswahl der Fehlerkategorien
6. Die Interventionsstudie
6.1 Rahmenbedingungen und Durchführung
6.2 Merkmale der Testpersonen
7. Analyseergebnisse
7.1 Auswertung
7.2 Fazit
7.3 Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Ergebnisse der DESI-Studie des Schuljahres 2003/04 (s. Klieme 2006), welche im Auftrag der Kultusministerkonferenz (im Folgenden KMK) die sprachlichen Leistungen in den Fächern Deutsch und Englisch untersucht, zeigen, dass ca. ein Drittel der 11.000 teilnehmenden Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe aller Schulformen „nicht in der Lage [ist] [Anm. d. Verfs.], einen verständlichen Text zu schreiben“ (Becker-Mrotzek/Böttcher 2012: 64). Für das Verstehen eines Textes essentiell sei nach Berning (1997: 527) nämlich das Beachten von Rechtschreibnormen, da nur richtig Geschriebenes auch störungsfrei gelesen werden kann (vgl. Becker-Mrotzek/Böttcher 2012: 64). Dadurch ergibt sich für die schreibende Person ein besonderer Stellenwert der Rechtschreibung, sofern es ihr ein Anliegen ist, sich durch Schrift mitzuteilen und verstanden werden zu wollen (vgl. Fay 2010b: 15). Doch auf welchem Wege können den Kindern und Jugendlichen dieser Stellenwert von Rechtschreibnormen veranschaulicht und gleichzeitig bzw. gerade dadurch Rechtschreibkompetenz vermittelt werden?
Feststeht, dass während des Schreibens Lernprozesse stattfinden (vgl. Necknig 2012: 31), wodurch dem Ziel eines orthografisch plausiblen Textes nur durch das Schreiben selbst nähergekommen werden kann. Die eigenen Wörter der Kinder, d.h. die Wortwahl mit der sie ihrem Denken, ihren Emotionen und Wünschen Ausdruck verleihen, ist dabei „ein wichtiges Material für die Brücke zwischen Kind- und Normorientierung“ (Leßmann 2016: 34). Aus diesem Grund ist bereits in einigen Klassen das integrierte Schreiben „zur Grundlage von Schreiblernprozessen geworden“ (Leßmann 2001: 18), zumal dabei spontanes Konstruieren und automatisches Abrufen von Wörtern gefördert wird (vgl. Wedel-Wolff 2002: 53) und eine für die Kinder authentische Schreibsituation stattfindet (ebd.). Auch Brügelmann, Lange und Spitta (1992: 7) erkennen, dass das Üben von Rechtschreibung anhand des integrierten Schreibens zu besseren Leistungen führt als durch das nicht-integrierte Schreiben.
Dass sich freies, individuelles Schreiben und Rechtschreiblernen tatsächlich miteinander vereinbaren lassen, belegt zudem die Untersuchung Die Entwicklung der Rechtschreibkompetenz beim Textschreiben (Fay 2010a). Dabei machten die Probandinnen und Probanden der vierten Jahrgangsstufe im standardisierten Test tendenziell mehr Fehler in Relation zu der Anzahl der jeweils möglichen Rechtschreibfehler als im selbstverfassten Text (vgl. Fay 2015: 315). Genau diesem Befund soll in der vorliegenden Arbeit weiter nachgegangen werden, indem ebenfalls das integrierte Schreiben, d.h. ein frei verfasster Text, mit dem nicht-integrierten Schreiben – in dem Fall dieser Ausarbeitung ist das die HSP und die Schreibung nach Diktat – miteinander verglichen werden. Dabei soll das übergeordnete Ziel, bestätigen zu können, dass Kinder orthografisch bessere Leistungen erbringen und eine höhere Rechtschreibkompetenz aufweisen, wenn sie dabei ihr eigenes Wortmaterial nutzen dürfen, fokussiert werden. Hierzu sollen auch herkömmliche Bewertungsverfahren, wie sie vor allem bei standardisierten Tests und Diktaten üblich sind, hinterfragt werden, um anschließend mögliche Handlungsempfehlungen für Schulen und Lehrkräfte auszuarbeiten. Die vorliegende Arbeit soll demzufolge einen Beitrag dazu leisten, derzeitige Test- und Analyseverfahren des Deutschunterrichts in der Primarstufe zur Erfassung der Rechtschreibkompetenz im Hinblick auf das Kind selbst und der alltäglichen Anforderung an dieses zu modifizieren sowie dem Kontext der Rechtschreibkompetenz einen neuen Stellenwert zuzuschreiben.
Bevor Rechtschreibkompetenz getestet werden kann, muss zunächst einmal geklärt werden, worin Kompetenzen überhaupt bestehen. Hierfür ist es sinnvoll, im Kapitel 2.1 zuallererst das vorherige und anschließend aktuelle deutsche Bildungssystem näher zu betrachten. Der Rückblick soll dabei als Grundlage für das Verständnis dafür dienen, dass nicht mehr die Rechtschreibleistung, sondern die Rechtschreibkompetenz ein valider Begriff zur Leistungsbeurteilung geworden ist und das Erlassen von Bildungsstandards und die Beschäftigung mit Kompetenzen unumgänglich macht. In diesem Zusammenhang werden auch die konkreten Kompetenzen des Bereichs Schreiben genannt, welche von den Schülerinnen und Schülern der vierten Jahrgangsstufe erwartet werden, um an ihnen anknüpfend den Begriff Kompetenz in Kapitel 2.1.1 allgemein definieren zu können. Dass die Auseinandersetzung mit der Vermittlung von Rechtschreibkompetenz von aktueller, aber auch allgemeingültiger Relevanz ist und der Kompetenzbereich Schreiben als ein legitimer Bestandteil der Bildungsstandards gilt, wird in Kapitel 2.1.2 anhand der Funktionen, welche das Schreiben erfüllt, manifestiert.
Weshalb diese Arbeit sowohl die Art und Weise der Vermittlung als auch die der Bewertung von Rechtschreibkompetenz hauptsächlich im Hinblick auf das integrierte Schreiben fokussiert, soll in Kapitel 2.2 durch die Schreibdimensionen, d.h. das integrierte und nicht-integrierte Schreiben, und in Kapitel 2.2.1 mithilfe der Schreibprozesse, die während des integrierten Schreibens stattfinden, erörtert werden. Insbesondere das Kapitel 2.2.2, in welchem der Einflussfaktor Schreibmotivation in die Modellierung von Schreibprozessen miteinbezogen wird, verdeutlicht, dass der Methodik, wie Rechtschreibkompetenz vermittelt bzw. gleichzeitig getestet wird, eine hohe Gewichtung zugeschrieben werden kann.
Da erst nach Betrachtung der Schreibdimensionen und ihren unterschiedlichen Anforderungen an die schreibende Person alle Komponenten der Rechtschreibkompetenz vollständig sind, wird nicht eher als in Kapitel 2.4 der Terminus Rechtschreibkompetenz definiert und kurz von dem Begriff Rechtschreibleistung abgegrenzt, damit verständlich wird, zu welchem Nutzen einer der jeweiligen Begriffe in dieser Arbeit Verwendung findet. Das gesamte zweite Kapitel mitsamt seinen Unterkapiteln bildet demnach die theoretische Grundlage der anschließenden Interventionsstudie.
Zunächst werden in Kapitel 3.1. die zwei Testverfahren für das nicht-integrierte Schreiben vorgestellt. Die HSP und ihr zugrunde liegendes Auswertungsverfahren speziell für die HSP 3, die in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, sind im Kapitel 3.1.1. beschrieben, während Diktate sowie dessen von der Lehrkraft vorgesehenen Fehlerschlüssel in Kapitel 3.1.2 erklärt werden. Sowohl in Kapitel 3.1.1 als auch in Kapitel 3.1.2 wird jeweils zusammengefasst, weshalb sich das jeweilige Analyseverfahren nicht für die vorliegende Arbeit eignet. Dabei wird auch Bezug auf die zuvor erläuterte theoretische Grundlage des zweiten Kapitels genommen.
In Kapitel 3.2.1 ist die Schreibdimension integriertes Schreiben dargelegt, indem die Kriterien beschrieben werden, die für das freie Schreiben essentiell sind. Da das Analyseverfahren für das integrierte Schreiben bzw. ein Analyseverfahren, das auf alle drei Testvarianten anzuwenden ist, erst noch zu finden gilt, wird erst im darauffolgenden Kapitel auf die Auswertungsmethode des integrierten Schreibens eingegangen.
Folglich werden in Kapitel 4 drei repräsentative Analyseverfahren verglichen. Die AFRA (Kapitel 4.1), OLFA (Kapitel 4.2) und das Analyseverfahren nach Fay (Kapitel 4.3) werden erst allgemein beschrieben und daraufhin Bezug nehmend aufeinander zusammengefasst, um in jedem der Kapitel die positiven und negativen Aspekte herausarbeiten zu können. Anschließend wird in Kapitel 5.1 die Wahl des Analyseverfahrens und in Kapitel 5.2 die Auswahl der Fehlerkategorien für die vorliegende Arbeit vorgestellt und begründet.
Daraufhin werden in Kapitel 6.1 die Rahmenbedingungen, das genaue Vorgehen bei der Interventionsstudie sowie die der Arbeit zugrunde liegenden Tests, d.h. das konkret konzipierte Diktat und der erarbeitete Schreibanlass zum freien Schreiben, dargestellt. Da die Beschreibung der HSP auch die Schilderung der konkreten Durchführung der HSP 3 erfordert, wird bereits in Kapitel 3.1.1 das Vorgehen bei dieser Testvariante erläutert. In dem darauffolgenden Kapitel 5.2 werden die besonderen Merkmale der Probandinnen und Probanden, welche Einfluss auf die Rechtschreibleistung aller Testvarianten haben könnten, offengelegt.
Das abschließende Kapitel 7 stellt die Auswertung, d.h. die Ergebnisse der Interventionsstudie mit Rücksicht auf die Intention der Arbeit, dar. Hierzu werden in Kapitel 7.1 zunächst die einzelnen Tests ausgewertet, um deren Resultate anschließend hinsichtlich des integrierten und nicht-integrierten Schreibens in einer Graphik zusammenzutragen. Im Fazit (Kapitel 7.2) werden dann die zentralen Befunde der Datenanalyse, aber auch die wichtigsten Erkenntnisse, welche das Intervenieren und die Erstellung der vorliegenden Arbeit liefern konnten, präsentiert. Anhand dieser Befunde sollen in Kapitel 7.3 mögliche und weiterführende Untersuchungen in Aussicht gestellt werden.
2 Theoretische Grundlage
2.1 Deutschunterricht im Wandel
Noch zu Beginn der 1990er Jahre war man der Annahme, dass in vergleichbaren Klassen – wie es z.B. bei gleichen Jahrgangsstufen der Fall ist – national sowohl international ähnliche Lernfortschritte erzielt würden (vgl. Weinert 2001: 19). Nachdem standardisierte Leistungsstudien wie TIMMS (s. Baumert et. al 2000), IGLU (s. Bos et al. 2000) und die von der OECD durchgeführte internationale Schulleistungsstudie PISA (s. Artelt et. al 2001) jedoch gravierende Unterschiede der Lernentwicklung der Schülerinnen und Schüler offenlegten und PISA 2000 (s. ebd.) darüber hinaus für einen sogenannten PISA-Schock (Wildemann/Vach 2015: 14) sorgte, erfolgte nicht nur ein radikaler Umbau des deutschen Bildungssystems (vgl. ebd.: 13f), sondern zugleich ein bildungspolitischer Paradigmenwechsel (vgl. ebd.: 13).
Konkret bedeuten die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien das Revidieren eines Input-gesteuerten Unterrichts und dessen künftige Orientierung am Output (vgl. KMK 2004), d.h. die von den Kindern und Jugendlichen erreichten Erträge und Testergebnisse (vgl. Wildemann/Vach 2015: 14). Helmke (2003: 41) verweist hierzu auf die Mediationsprozesse seitens der Schülerinnen und Schüler, welche die Wirksamkeit des Unterrichts bestimmen würden. Der Unterricht als Angebot wird von jedem Kind aufgrund von individuellen Lernpotentialen und familiärer Umstände anders genutzt und so erzielt auch jedes Kind einen anderen Ertrag aus diesem Angebot (vgl. Helmke 2009: 73). Demzufolge sollte die Qualitätssicherung von Schule und Unterricht nicht mehr über die Auflistung zu erreichender Ziele für Lehrpersonen durch das Verwenden und Nachgehen von vorgeschriebenen Inhalten, Themen und gar Methoden (vgl. Wildemann/Vach 2015: 14) gewährleistet werden, sondern durch die regelmäßige Überprüfung der Schülerleistungen und die Betrachtung jedes einzelnen Kindes.
Auch Freinet (1986: 52) fordert eine Differenzierung der Techniken und Methoden und erklärt, dass „das Kind, so wie es ist, […] mit seinen besonderen Interessen und Bedürfnissen, mit seinen Gedankengängen und seiner speziellen Logik“ (ebd.) zu betrachten sei, sodass ihm bei seiner persönlichen Entfaltung geholfen werden könne (vgl. ebd.). Hierzu ist die „Ermöglichung ausreichender Gelegenheiten, in denen der Lernende Ausweitungen der eigenen Interessen und Valenzen vornimmt“ (Bönsch 1993: 2) von grundlegender Notwendigkeit. Im Mittelpunkt steht dann nicht mehr ausschließlich das Lernprodukt, sondern auch der Lernprozess und damit die individuelle Entwicklung eines Kindes (vgl. Necknig 2012: 29).
Letztendlich sollen Kinder und Jugendliche im Sinne der Individualisierung emanzipiert werden (vgl. ebd.), denn „Aufgabe des Deutschunterrichts in der Grundschule ist es [auch] [Anm. d. Verfs.], den Schülerinnen und Schülern eine grundlegende sprachliche Bildung zu vermitteln, damit sie in gegenwärtigen und zukünftigen Lebenssituationen handlungsfähig sind” (KMK 2004). Die Lehrperson nimmt dann die Rolle des Beobachters und Helfers ein und übergibt dem Kind die Verantwortung eines Lernprozesses, da es diesen weitestgehend selbst steuern kann (vgl. Ritter 2008: 145).
Zudem soll speziell in der Grundschule ein schriftsprachliches Fundament geschaffen werden, auf welches die weiterführende Schule bei der Entwicklung zum normgerechten Schreiben aufbauen kann (vgl. Erichson/Brügelmann/Bartnitzky 2012: 271). Aus diesem Grund verabschiedete die KMK im Jahr 2003 und 2004 Bildungsstandards, welche verbindliche Anforderungen darstellen und dabei allgemeine Bildungsziele aufgreifen (vgl. Klieme 2003: 9). Die Bildungsstandards legen dadurch fest, „welche Kompetenzen die Kinder und Jugendlichen bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe mindestens erworben haben sollen” (Wildemann/Vach 2015: 15). Überprüft wird das Erreichen bzw. Beherrschen der Kompetenzen durch die regelmäßige Teilnahme an internationalen und nationalen Schulleistungsmessungen (vgl. Wildemann/Vach 2015: 15) wie der o.g. TIMMS, PISA oder der in Deutschland weiterverbreiteten (vgl. Ritter 2012: 25) VERA. Nach diesem Output kann folglich das „Schulsystem beurteilt und entsprechende Maßnahmen zu seiner Verbesserung und Weiterentwicklung aufgestellt werden” (Wildemann/Vach 2015: 15).
Unterstützt wird diese neue Strategie des deutschen Bildungssystems durch das Bildungsmonitoring, also das regelmäßige Veröffentlichen des deutschen Bildungsberichts (vgl. KMK 2004), sodass Unterschiede im pädagogischen Angebot transparent gemacht und infolgedessen verringert werden können. Der Umbau des Bildungswesens durch den Paradigmenwechsel, das Festlegen von Standards und das allumfassende Bildungsmonitoring sollen den Unterricht insgesamt effizienter machen, Lernerträge erhöhen (vgl. Bremerich-Vos/Granzer 2011: 6ff) und Leistungen national wie auch international vergleichbar machen.
Konkrete und aufeinander aufbauende Kompetenzbereiche hervorgehend aus dem Beschluss der Kultusministerkonferenz 2004 für den Primarbereich im Fach Deutsch sind Sprechen und Zuhören, Schreiben, Lesen - Mit Texten und Medien umgehen, Methoden und Arbeitstechniken, Sprache und Sprachgebrauch untersuchen. Da sich diese Ausarbeitung mit den Rechtschreibfähigkeiten von Grundschulkindern befasst, wird sich im Folgenden auf den Bereich Schreiben beschränkt. Hierbei belaufen sich die Kompetenzen vor allem auf das richtig-Schreiben durch das Vorhandensein und Beherrschen von Rechtschreibfertigkeiten und -strategien (KMK 2004), aber auch auf das Planen, Schreiben und Überarbeiten von Texten (vgl. ebd.). Rechtschreibkompetenz an sich wird nicht als eigenständiger Kompetenzbereich aufgeführt, es steht allerdings außen vor (vgl. Wildemann/Vach 2015: 79), dass in der Grundschule „explizites orthografisches Grundwissen und eine basale Rechtschreibkompetenz entwickelt werden soll[en] [Anm. d. Verfs.]” (ebd.).
2.1.1 Kompetenzen
Durch die zuvor geschilderte, neuartige Kompetenzorientierung im Bildungssystem herrscht über die Bedeutung des Terminus Kompetenz bislang noch kein Standard, sondern vielmehr eine Fülle von Konventionen (vgl. Philipp 2015a: 7/ vgl. auch Ritter 2012: 12). Zwei der bekanntesten Modellierungen, die einen Versuch der Definition von Kompetenz bewerkstelligt haben, sind strikt zu unterscheiden. Das nativistische Modell nach Chomsky (1957) beruht auf der Annahme, Kompetenz, damit meint er alle sprachlichen Fähigkeiten, die bei einer Person aufgrund seiner Performanz, also seines konkreten Sprachgebrauchs, vermutet werden können (vgl. Abraham/Kepser 2009: 54), sei angeboren (vgl. ebd.). Im Kontrast dazu steht das Kompetenzverständnis Weinerts (2002: 28), nach dessen Auffassung Kompetenzen grundsätzlich erlernbar seien, denn wenn ein Individuum einen Wissenstransfer wie z.B. das Übertragen einer Lösungsstrategie zur Lösung einer ähnlichen Aufgabe vollbringt, dann zeugt das von dem konstruktivistischen Charakter des Lernens (vgl. Hasselhorn/Gold 2013: 66) und meint konkret das Erweitern oder Erlernen einer bestimmten Kompetenz. Ein weiterer Kontrastpunkt der beiden Modellierungen zeigt sich in der Überprüfbarkeit von Kompetenzen. Durch die Aufgliederung der einzelnen Kompetenzen in ihre spezifischen Teilkompetenzen und Prozesse werden sie nach Weinert (2002: 28) noch vor der Performanz nachvollziehbar und können somit überprüft und nicht nur vermutet werden.
Da es sich bei dem Kompetenzbegriff nach Weinert um ein empirisches Kompetenzverständnis (vgl. Wildemann/Vach 2015: 16) handelt, an dessen Annahmen auch die Definition von Lese- und Schreibkompetenz knüpft (vgl. ebd.) und ohne dessen Befund der Erlernbarkeit von Kompetenzen und die Betrachtung von Rechtschreibfähigkeiten bei unterschiedlichen Verfahren überflüssig wäre, wird im Folgenden das Kompetenzverständnis nach Weinert fokussiert.
Allgemein umfasst der Kompetenzbegriff alle Fähigkeiten und Fertigkeiten, die benötigt werden, um spezifischen Anforderungen gerecht zu werden und Herausforderungen oder Situationen bewältigen zu können (vgl. Hellmich 2010: 238f). Da sich im sowohl schulischen als auch außerschulischen Kontext jedoch immer wieder neue und unterschiedliche Herausforderungen bilden, werden auch für jede Situation spezifische Kompetenzen erforderlich (vgl. Hellmich 2010: 241), die in Kapitel 2.1.2 für den Bereich Schreiben weiter ausgeführt werden.
Nach dieser Modellierung werden unter Kompetenzen also vor allem kognitive Problemlösepotentiale verstanden (vgl. Philipp 2015a: 8), welche von Weinert (2002: 28) in unterschiedliche Kompetenzbereiche eingeordnet werden. Zu den fächerübergreifenden Kompetenzen zählen das kooperative Lernen und wichtige Fähigkeiten zur Persönlichkeitsbildung wie das Einschätzen der eigenen Stärken, aber auch Schwächen (vgl. Weinert 2002: 28). Bei fachlichen Kompetenzen handelt es sich um domänenspezifisches, d.h. auf die Lernfelder Mathematik, Sachunterricht und Deutsch bezogenes Wissen (vgl. ebd.). Zu guter Letzt differenziert Weinert (2002: 28) die Handlungskompetenzen, welche auch moralische Kompetenzen aktiveren sollen, da das erlernte Wissen sowie die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten auf echte und lebensnahe Problemstellungen anzuwenden gelten, die in einem hohen Maß soziale und gesellschaftliche Kompetenzen erfordern. Die Bereitschaft, diese Probleme zu lösen, resultiert aus der Einstellung und Haltung des Individuums zur konkreten Aufgabe oder Situation, aber auch zu sich selbst (vgl. Sturm/ Weder 2016: 142). Das Selbstkonzept, sprich das „deklarative Wissen einer Person über sich selbst“ (Hellmich 2010: 93), das Engagement, die Motivation und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – und somit die fächerübergreifenden Kompetenzen – spiegeln sich hierbei in einem hohen Maß wider (vgl. Sturm /Weder 2016: 142).
Weinert (2002) und an dessen Anlehnung später Beck und Klieme (2007: 72) präzisieren Kompetenzen schließlich als „die bei Individuen verfügbaren oder von ihnen erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivatonalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können”.
2.1.2 Relevanz der Rechtschreibkompetenz
Inwiefern Schreiben als Kompetenzbereich dazu beitragen kann, Probleme in variablen Situationen zu lösen, in unterschiedlichen Situationen agieren zu können und damit als ein legitimer Bestandteil des Bildungsauftrags betrachtet werden kann, zeigt sich an den von Philipp (2015b: 72f) in Anlehnung an Ludwig (1980) formulierten zehn Funktionen des Schreibens.
Unterschieden werden können dabei die Rubriken Schreiben für sich (Philipp 2015b: 73) und Schreiben für andere (ebd.), wobei letzteres vor allem den Wissenstransfer und damit das Darlegen des Wissens in Form eines Tests, aber auch das überzeugende und durch Argumentation zum Handeln veranlassende Schreiben meint. Für andere schreibt man allerdings auch, wenn man reale oder imaginative Erfahrungen transportieren und sich hierdurch mitteilen möchte, so wie es heutzutage z.B. in den sozialen Netzwerken üblich ist (vgl. ebd.). Das Schreiben für einen anderen Adressaten als sich selbst ist demnach eine verschriftlichte und zeitlich zerdehnte Kommunikation zwischen einem Schreiber bzw. einer Schreiberin und einem Leser bzw. einer Leserin (vgl. Philipp 2015a: 7). Aber auch beim Schreiben für sich findet Kommunikation statt – und zwar mit sich selbst. Ein Beispiel dafür ist der Tagebucheintrag (vgl. Philipp 2015b: 72), weil hierbei nicht nur die Gedanken und Emotionen verschriftlicht werden und dabei eine therapeutische Wirkung im Sinne einer psychischen Entlastung erreicht werden kann, sondern auch mit sich selbst korrespondiert wird (vgl. ebd.). Das Schreiben für sich erfüllt damit eine „kognitiv und emotional klärende Funktion“ (ebd.). Eine solche Funktion hat das Schreiben auch, wenn es zur Objektivierung, d.h. in diesem Fall das mentale Bewusstmachen von Problemen und Sachverhalten, genutzt wird (vgl. ebd.). Letztendlich kann Schreiben auch zu einer kognitiven Durchdringung genutzt werden, indem Lösungen und Lösungsstrategien entwickelt werden, wodurch der Schreiber zu neuem Wissen bzw. zu neuen Erkenntnissen gelangt, weshalb es sich bei dieser Art des Schreibens auch um das epistemische Schreiben (ebd.) handelt.
Kognitiv entlastendes Schreiben (Philipp 2015b: 72) für sich selbst findet hingegen statt, wenn geschrieben wird, um das Gedächtnis zu entlasten, d.h., wenn in Ruhe schreibzielbezogen und adressatenorientiert exakte Ausdrucksweisen entwickelt, oder Texte strukturiert und dabei systematisch Informationen integriert, aber auch wenn Ideen, Gedanken und Aufgaben konserviert werden sollen (vgl. ebd.).
Die Funktionen zeigen jedoch, dass der prototypische Kern des Schreibens vor allem im Alltag die kommunikative Handlung ist (vgl. Philipp 2015a: 7). Dass Kompetenzen in variablen Situationen erforderlich sind (s. Kapitel 2.1.2 und 2.2), zeigt speziell für die Tätigkeit des Schreibens, dass diese stets eine situierte Praxis ist, welche „immer in eine konkrete soziale Situation mit spezifischen kommunikativen Anforderungen eingebettet” (vgl. Sturm/Weder 2016: 96) wird. Diese verschiedenen Situationen und ihre Anforderungen sollen kurz geschildert werden.
Schreiben ist adressatenbezogen (vgl. ebd.), da das, was geschrieben wird, auch gelesen werden soll – ob von einem selbst, einer Freundin bzw. einem Freund oder einer Lehrperson. Mit der Wahl des Adressaten bzw. der Adressatin geht auch die Wahl des Inhaltes, der Gliederung und des Wortschatzes einher (vgl. ebd.). Schreiben ist auch eine soziale Interaktion, da dem Schreibauftrag mündliche Kommunikation vorangeht, aber auch folgen kann, wie z.B. bei einem Bewerbungsschreiben (vgl. Sturm/Weder 2016: 97). Die Stellenanzeige wird gefunden, die Firma eventuell telefonisch kontaktiert und anschließend die Bewerbung erstellt, woraufhin im besten Fall das Bewerbungsgespräch erfolgt. Schreiben ist auch ein zielgerichtetes Handeln (vgl. Sturm/Weder 2016: 97f), da es die oben erläuterten Funktionen erfüllen und ein Ziel erreicht werden soll. Durch die übergeordnete Zielsetzung beim Schreiben werden ähnlich wie bei der Adressatenorientierung die Ideen generiert und die sprachliche Gestaltung gewählt (vgl. ebd.: 98).
Durch die Funktionen, welche das Schreiben erfüllt und den aus dem Alltag resultierenden, schriftlichen Anforderungen an eine Person, gehört die Vermittlung von Schreibfähigkeiten bzw. Rechtschreibkompetenz „völlig unstrittig zu den zentralen und unverzichtbaren Aufgaben des Deutschunterrichts“ (Becker-Mrotzek/Böttcher 2012: 9). Dieser Befund zeigt demnach nicht nur, dass der Kompetenzbereich Schreiben zurecht ein Bestandteil der Bildungsstandards ist, sondern auch, dass die Auseinandersetzung mit der Vermittlung von Rechtschreibkompetenz von gegenwärtiger und allgemeingültiger Relevanz ist.
2.2 Dimensionen des Schreibens
Durch die verschiedenen Situationen, in denen die Tätigkeit des Schreibens vereinigt sein kann, ergeben sich nach Ludwig unterschiedliche Schreibpraxen, welche in vier Dimensionen eingeteilt werden können. Zunächst betrachtet Ludwig (1995: 275f) das Schreiben als Handwerk, also den Umgang mit dem Schreibwerkzeug an sich, wohingegen das Schreiben zur Zeichenproduktion das tatsächliche Produzieren von standardisierten Zeichen meinen soll. Darüber hinaus kann Schreiben auch sprachliches Handeln darstellen, indem Mündlichkeit in Schriftlichkeit übersetzt wird (vgl. ebd.). Dabei kann das Schreiben in einen konkreten Handlungszusammenhang eingebettet sein, d.h., der Schreibauftrag fordert entweder das integrierte oder nicht-integrierte Schreiben (vgl. Fay 2010a: 16).
Nicht-integriertes Schreiben findet dann statt, wenn der Prozess des Schreibens losgelöst von der Textproduktion ist, „d.h. wenn Gesprochenes oder Gedachtes [schlichtweg] [Anm. d. Verfs.] aufgezeichnet wird“ (Ludwig 1995: 281) und sich voll und ganz auf die Rechtschreibung konzentriert werden kann. Beim integrierten Schreiben hingegen ist die Beachtung der orthografischen Prinzipien nur ein Teilaspekt neben den vordergründigen Prozessen bei der Textproduktion (vgl. Fay 2010a: 16), denn zur freien Textproduktion gehört zum einen eine semantisch-pragmatische Komponente (vgl. Becker-Mrotzek/ Böttcher 2012: 65), d.h. der Textaufbau sowie dessen kommunikative Form und Inhalt, zum anderen aber auch eine sprachsystematische Komponente (vgl. ebd.), zu der hauptsächlich Orthografie und Grammatik gehören. Die Tätigkeit des Schreibens ist somit in die Tätigkeit der Textkonzeption integriert (vgl. Fay 2015a: 310).
2.2.1 Schreibprozessmodell
Bei der Vereinigung von Textkonzeption und ihrer Verschriftlichung handelt es sich um eine äußerst komplexe und anspruchsvolle Tätigkeit (vgl. Sturm/Weder 2016: 12), denn damit ein kohärenter Text entsteht, muss ein Schreibplan erstellt, auf Hintergrundwissen zurückgegriffen, Ideen entwickelt und daraufhin bzw. zeitgleich adäquat und normgerecht verschriftlicht werden (vgl. ebd.). Aus dieser Modellierung resultiert das Verständnis von Schreiben als ein Prozess, der sich in einzelne Teilprozesse aufgliedern lässt (vgl. Philipp 2015a: 19), auf die sich beim integrierten Schreiben konzentriert werden muss.
Um diese Teilprozesse genauer beschreiben zu können, erstellen Hayes und Flower (1980) basierend auf Protokollen des lauten Denkens, d.h. die von einer schreibenden Person verbalisierten Überlegungen während ihres Vorgehens (vgl. Sturm/Weder 2016: 16), ein Schreibprozessmodell. Da es beim Schreiben in erster Linie kognitiver Teilprozesse bedarf (vgl. Philipp 2015a: 8), bilden diese und auch die metakognitiven Teilprozesse das Kernstück der Modellierung von Schreibprozessen (vgl. Philipp 2015b: 20). Irreführend hinsichtlich der Teilprozesse ist die Annahme, dass sie in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet würden (ebd.). Für die Durchdringung des Modells und somit dessen, was in einer schreibenden Person vorgeht, ist es jedoch wichtig zu bedenken, dass die Prozesse in sich nie völlig abgeschlossen sind, weil sie nicht isoliert voneinander, sondern auch parallel und ineinander verwoben stattfinden können (vgl. Philipp 2015b: 18) – sie laufen rekursiv ab (vgl. Sturm/Weder 2016: 17). Die Phase des Planens und damit der Schreibplan – um nur ein Beispiel zu nennen – ist zwar dem Beginn des Schreibens zuzuordnen, kann allerdings sowohl beim Verschriften als auch beim abschließenden Revidieren mitwirken und sich stetig ändern (vgl. Philipp 2015a: 20f). Dazu benötigt es einer Selbstregulation, sprich „jene Gedanken, Emotionen und Handlungen, die von einer schreibenden Person selbst initiiert werden“ (vgl. ebd.: 20), sodass die Teilprozesse von dem Schreiber bzw. der Schreiberin je nach Ziel angemessen aufeinander abgestimmt, koordiniert und gesteuert werden können (vgl. ebd.: 22).
Doch bevor Teilprozesse beginnen, bedarf es einem Schreibanlass, welcher den Ausgangspunkt für die Textproduktion darstellt. Den Schreibanlass definieren Hayes und Flower (1980: 6) als eine offene und ungeklärte Problemstellung, welche seitens der Schülerinnen und Schüler zu unterschiedlichen Lösungen führen kann. Die Prozesse auf dem Weg zu diesen Lösungen finden kontextabhängig statt, d.h. sie sind in eine bestimmte Aufgabenumgebung eingebettet, die das Textprodukt wesentlich beeinflusst (vgl. Philipp 2015a: 22). Der Schreibauftrag selbst bildet einen Aspekt der Aufgabenumgebung, indem die Aufgabenstellung wichtige Informationen bzgl. des Adressaten bzw. der Adressatin und der Textform beinhaltet, auf denen der zu erstellende Text aufbaut (vgl. Günther 1993: 18). Differenziert werden können zum einen noch der soziale Kontext (Philipp 2015a: 22) und der physische Kontext (ebd.), wobei letzteres hauptsächlich aus dem bis dahin erstellten Text besteht, da dieser die „Grundlage für seine kohärente Fortführung” (ebd.) und „Bezugspunkt für Korrekturen und weitere Planungsprozesse“ (ebd.) darstellt ebenso wie eine Gliederung oder Notiz, die möglicherweise zu Beginn des Schreibens verschriftlicht wurde (vgl. ebd.). Mit dem sozialen Kontext ist hingegen das Mitwirken der Leserinnen und Leser an der Textproduktion durch eventuelle Rückmeldungen, Verbesserungsvorschläge, aber auch durch das Wissen um die Zielgruppe bzw. Leserschaft an sich und der damit einhergehenden Wortwahl gemeint (vgl. Philipp 2015b: 20).
Bzgl. dieser aus den Kontexten resultierenden Informationen wird dann ein Schreibplan erstellt, mit dessen Hilfe der Textinhalt und dessen Reihenfolge sowie die Vorgehensweise intendiert wird (vgl. ebd.: 11). In Bezug auf die inhaltliche Planung werden nach Alamargot und Chanquoy (2001: 33) nochmals drei Subprozesse unterschieden: Inhaltsgenerierung, -organisation und die pragmatische Verarbeitung.
Daraufhin folgt das Verschriften als grafischer Output der vorangegangenen Planung (vgl. Philipp 2015b: 11) und dessen „Überführung in sprachliche Strukturen” (ebd.: 12). Schlussendlich wird der Text revidiert, wobei eventuelle Fehler identifiziert werden sollen (Philipp 2015b: 12). Als ein wichtiger Subprozess fungiert hier zum einen das Treffen einer Entscheidung zur Veränderung des Texts und damit zur Lösung des Problems (vgl. ebd.) und zum anderen die Ausführung des getroffenen Entschlusses (vgl. ebd.), d.h. das tatsächliche Überarbeiten des Textprodukts. Dabei ist ein übergeordnetes strategisches Wissen des Schreibers bzw. der Schreiberin hinsichtlich sprachlicher Korrektheit, spezifischer Textsortenkonventionen (vgl. Philipp 2015b: 20), Pragmatik und Rhetorik notwendig (vgl. Philipp 2015a: 12). Die Schreibprozesse können somit grob in die drei zentralen Tätigkeiten Planen, Formulieren und Überarbeiten zusammengefasst werden (vgl. Sturm/Weder 2016: 17), so wie sie auch in den Bildungsstandards aufgenommen worden sind (s. Kapitel 2.1).
Die simultane Aktivierung dieser Tätigkeiten resultiert aus dem Arbeits- und Langzeitgedächtnis. Im Arbeitsgedächtnis werden Informationen verarbeitet und kurzzeitig gespeichert (vgl. Philipp 2015b: 22). Dabei gilt, je weiter fortgeschritten die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist, desto schneller laufen die Prozesse ab (vgl. Sturm/Weder 2016: 15). Besonders wichtig für die Verarbeitung der Informationen ist auf der einen Seite das phonologische Gedächtnis oder auch phonologische Schleife genannt (vgl. Alamargot/Chanquoy 2001: 161), in der eine Art inneres Ohr hört, was man zu sich selbst sagt und eine innere Stimme das Gesagte wiederholt (vgl. ebd.). Auf der anderen Seite verhilft das räumlich-visuelle Arbeitsgedächtnis zur Textproduktion, indem es dafür sorgt, dass sich die schreibende Person etwas bildlich vorstellen und seine Ideen strukturieren kann (vgl. Philipp 2015b: 23).
Das Langzeitgedächtnis hingegen fungiert als Ressource, da es alle schreibbezogenen Wissensbestände, d.h. gespeichertes Wissen über Aufgabenschemata und deren Erfolgskriterien, in sich vereint (vgl. ebd.: 26) und die schreibende Person auf sie zurückgreifen lässt, um sie auf ähnliche Aufgabenstellungen zu transferieren (vgl. ebd.: 23). Ein erfahrener Schreiber bzw. eine erfahrene Schreiberin kann bspw. auf ganze Textbausteine oder Schreibpläne zurückgreifen (vgl. Sturm/Weder 2016: 15), um einen Schreibauftrag auszuführen. Vor allem in der Phase des Verschriftens, aber auch während des Revidierens, ist das Langzeitgedächtnis mit seinem linguistischen Wissen über Rechtschreibung, Syntax und dem vorhandenen Wortschatz aktiv (vgl. Philipp 2015b: 23).
2.2.2 Bedeutung der Schreibmotivation
Das Erstellen eines Textes ist, wie durch die Schreibprozesse verdeutlicht wurde (Kapitel 2.2.1), eine niveauvolle Tätigkeit und benötigt eine ausgeprägte Schreibmotivation, „um diese kostspielige Aktivität zu initiieren, aufrecht zu erhalten und bei Bedarf zu modifizieren“ (Philipp 2015a: 8). Wer da glaubt, Schreibkompetenz sei angeboren und kann deshalb nicht verbessert werden, neigt zu einer Schreibangst (vgl. Sturm/Weder 2016: 25) und strengt sich nicht an oder vermeidet gar jegliches Verschriftlichen (ebd.). Demgegenüber können Kinder, die auf ihre Fähigkeiten vertrauen, bestehendes Wissen besser nutzen und souveräner mit Schwierigkeiten umgehen (vgl. Merklinger 2010: 149). Die Vermittlung von positiven Aspekten guter Schreibkompetenz ist somit ein wichtiges Kriterium, das sich auf das Schreibverhalten und die Schreibmotivation auswirkt (vgl. Sturm/Weder 2016: 25f). Bedeutsam hierfür ist die Erkenntnis, dass auch Individuen aus einem schreibfernen Umfeld, welche in ihrem Elternhaus nicht mit Schriftlichkeit konfrontiert werden, gute Schreibleistungen erbringen, wenn sie „einen Sinn [in ihnen] [Anm. d. Verfs.] sehen und einen persönlichen Gewinn erfahren” (Wiesner 2014: 57). Auch Freinet (1986: 53) ist überzeugt, „daß Kinder vom 6. Lebensjahr an, sobald sie den Sinn ihrer Leistungen erkennen, außerordentlich köstliche Aufsätze und Briefe schreiben“. Das Interesse und damit eine positive Haltung zum Schreiben ist dabei essentiell und wird nur durch authentische und für die Schülerinnen und Schüler als sinnvoll nachvollziehbare Schreibanlässe (vgl. Erichson/Brügelmann/Bartnitzky 2012: 271) erreicht.
Aus diesem Grund nimmt Hayes (2012) in einem weiterentwickelten Modell eben diese Einflüsse und das Selbstbild der schreibenden Person auf und akzentuiert dabei die schriftliche Kommunikation, die zwischen der Schreiberin bzw. dem Schreiber und der Leserin bzw. dem Leser geschieht (vgl. Philipp 2015a: 14f). Da das daraus resultierende Mehrebenen-Modell jedoch eine Erweiterung des vorherigen Modells der Schreibprozesse (s. Kapitel 2.2.1) darstellt, wird im weiteren Verlauf nicht weiter darauf eingegangen.
2.3 Rechtschreibkompetenz
Aufgrund der beschriebenen Komplexität von Schreiben und seinen Prozessen hat die Rechtschreibkompetenz ähnlich wie der Kompetenzbegriff noch keine präzise Definition erfahren. Das liegt u.a. auch daran, dass kompetentes Schreiben sehr unterschiedlich erfolgen kann, wie in Kapitel 2.2.1 durch die Offenheit der Problemstellung bereits erklärt wurde. Es gibt somit nicht das eine kompetente Schreiben wie es in der Mathematik meist eine richtige Lösung gibt, sondern aufgrund individueller Vorgehensweisen und selbstverständlich der Einzigartigkeit jeder Schreiberin bzw. jedes Schreibers viele erfolgreiche und von Rechtschreibkompetenz zeugende Textproduktionen (vgl. Philipp 2015a: 8).
Zudem gibt es je nach Erkenntnisinteresse allein in der Psychologie mehrere Begriffserklärungen. Die Differenzialpsychologie sieht die Rechtschreibkompetenz eines Individuums vor allem als Produkt, welches getestet und verglichen wird (vgl. Philipp 2015b: 17). Wie zu diesem Produkt gelangt wird und welche Teilprozesse währenddessen durchlaufen werden, ist für die kognitionspsychologischen Modellierungen von entscheidender Bedeutung (vgl. ebd.: 18). Die pädagogische Psychologie möchte diese Schreibprozesse fördern und folgt damit der Annahme Weinerts (2002: 28), dass Schreibkompetenz eine trainerbare Fähigkeit sei, deren Förderung auf Effektivität überprüft werden kann (vgl. Philipp 2015b: 18). Dementsprechend schafft es die pädagogische Psychologie, eine Verknüpfung zwischen allen drei Erkenntnissinteressen herzustellen.
Diese Modellierung von Rechtschreibkompetenz ist auch ein wichtiger Anhaltspunkt für die Schreibdidaktik (vgl. ebd.), denn Gegenstand aktueller schreibdidaktischer Theoriebildung ist die Suche nach einer Vorgehensweise, welche Schülerinnen und Schüler dazu befähigt, „selbständig komplexe Texte zu verfassen” (Becker-Mrotzek 2014: 68). Demnach wird Schreibkompetenz in erster Linie als „die Fähigkeit zur Produktion von Texten“ (Becker-Mrotzek/Böttcher 2012: 49) verstanden und kann dem Begriff der Rechtschreibleistung gegenübergestellt werden. „Rechtschreibleistung ist die Größe, die als Ergebnis einer Aufgabe messbar ist, z.B. durch die Anzahl der Rechtschreibfehler“ (Fay 2010a: 22), wohingegen Rechtschreibkompetenz mehr Kriterien beinhaltet bzw. die Leistung in ihrem Kontext, d.h. dem integrierten und nicht-integrierten Schreiben, betrachtet (vgl. ebd.: 22f).
Wie durch die Schreibprozesse beschrieben, birgt die eigenständige bzw. freie Textproduktion kognitiv höhere Anforderungen an die schreibende Person als das Schreiben nach Diktat oder das Ausfüllen eines Lückentextes, sodass der Vergleich der Rechtschreibleistung beim integrierten und nicht-integrierten Schreiben nicht ausreichend wäre. An dieser Stelle sind das Erfassen der Rechtschreibkompetenz und damit die Rechtschreibleistung in ihrem Kontext notwendig. Schlussfolgernd wirkt sich der Handlungszusammenhang durch die unterschiedlichen Anforderungen, welcher dieser impliziert, auf die Rechtschreibkompetenz aus, die es in der vorliegenden Arbeit zu ermitteln gilt. Rechtschreibkompetent ist dann derjenige bzw. diejenige, welcher bzw. welche in der Lage ist, normgerecht zu schreiben, wenn die Notwendigkeit und damit der konkrete Anforderungsbereich bestehen, einen Text verfassen zu müssen (vgl. Fay 2015: 313). Demzufolge umfasst Rechtschreibkompetenz alle Fähigkeiten und Fertigkeiten bzw. Prozesse und Teilprozesse (s. Kapitel 2.2.1. und 2.2.2), die bei der Textproduktion benötigt werden.
3. Testverfahren der Interventionsstudie
3.1 Nicht-integriertes Schreiben
3.1.1 Die HSP
Standardisierte Testverfahren zeichnen sich nach Herné (2003) dadurch aus, dass sie empirisch normiert sowie ökonomisch in der Durchführung und Auswertung seien (vgl. Fay 2010a: 32). Ein Beispiel für ein standardisiertes Testfahren ist die vom Psychologen Peter May (2012) entwickelte HSP mit deren Hilfe die Rechtschreibkompetenz von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen eins bis zehn ermittelt und deren grundlegenden Rechtschreibstrategien (vgl. May 2012: 4) eingeschätzt werden können. Bei regelmäßiger Verwendung der jahrgangsspezifischen Tests werden die Lernstände konstatiert und Lernentwicklungen dokumentiert (ebd.). Durch die kompetenzorientierte Auswertung und die herausgearbeiteten Strategieprofile werden nicht nur eine gezielte Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler ermöglicht, sondern auch das Verständnis für individuelle Fehler gesichert.
Während für die Jahrgangsstufen eins bis drei ein individuell konzipiertes Testheft zur Verfügung steht, wurden für die Jahrgangsstufen vier bis zehn hingegen jahrgangstufenübergreifende Tests entwickelt. Eine Übersicht (s. May 2012) zur detaillierten Verwendung der jeweiligen Testversion gibt Aufschluss darüber, zu welchem Unterrichtszeitpunkt welcher Test geeignet ist. In der ersten bis zur zwölften Unterrichtswoche des fünften Schuljahres ist bspw. die HSP 4-5, gegen Ende des Schuljahres aber die HSP 5-6 anzuwenden. Da sowohl für den Anfang als auch für das Ende des dritten Schuljahres die HSP 3 vorgesehen ist, wird sich im weiteren Verlauf auf diese Version der HSP beschränkt.
Die HSP 3 umfasst auf vier Seiten fünfzehn Wörter und vier Sätze, welche Rechtschreibphänomene wie die Auslautverhärtung, abzuleitende Umlautungen, Fremdwort-, Kompositum-, Präfix- und satzabhängige Schreibungen beinhalten (vgl. May 2012: 16). Zunächst werden die acht Wörter der ersten Seite vorgelesen, woraufhin die Kinder diese aus dem Gedächtnis aufschreiben. Als Hilfestellung und zur Erinnerung an die Wörter sind in den Testheften der Schülerinnen und Schüler adäquate Bilder und der jeweilige Artikel des Wortes abgedruckt. Sollten die Bezeichnungen dennoch vergessen werden, dürfen die Kinder jederzeit Nachfragen stellen, sodass die vorgegebenen Wörter wie z.B. <Schubkarre> und nicht etwa <Karre> geschrieben werden und die Auswertung nicht verfälscht bzw. erschwert werden würde (vgl. May 2012: 7). Wenn alle Kinder ihren Stift ablegen, folgen die sieben Wörter der nächsten Seite. Daraufhin folgen die Sätze, welche nicht nur vorgelesen, sondern einzeln und so häufig wie erforderlich diktiert werden (vgl. May 2012: 8). Sind einige Kinder fertig mit der Bearbeitung des Tests, können diese ein Tierquiz ausfüllen, welches sich auf der letzten Seite des Hefts befindet (s. Anhang 2.4).
Zur aussagekräftigen Beurteilung der Rechtschreibkompetenz sind drei Kriterien bedeutsam (vgl. May 2012: 5). Zunächst einmal ist die HSP, wie weiter oben bereits beschrieben, kompetenzorientiert, d.h. dass die Anzahl der richtig und nicht der falsch geschriebenen Wörter für die Auswertung der Tests herangezogen wird (vgl. ebd.). Bei der wortbezogenen Auswertung wird deshalb jedes richtig geschriebene Wort, das nicht von der Normschreibung abweicht, gezählt und die Summe dieser in die für die manuelle Auswertung in jedem Testheft beigefügte Tabelle eingetragen (s. May 2012). Abweichungen der Normschreibung sind Fehler bei der Groß- und Kleinschreibung oder Falschschreibungen hinsichtlich der Zusammen- und Getrenntschreibung (vgl. May 2012: 17). Neben jedem Testwort ist ein Kästchen aufgeführt, das dann angekreuzt wird, wenn keine von den eben beschriebenen Abweichungen vorliegen. Die Anzahl der richtig geschriebenen Wörter wird der maximal erreichbaren Punktzahl, welche für die HSP 3 bei 38 (s. May 2012) liegt, gegenübergestellt.
Ein weiteres Kriterium ist der Graphemtreffer, um das Niveau der Rechtschreibkompetenz ermitteln zu können (vgl. May 2012: 5). Dabei wird abermals, orientiert am Können des Kindes, jedes korrekt geschriebene Graphem gewertet. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das Graphem an richtiger Stelle steht und mehrgliedrige Grapheme wie z.B. <sch>, <ie>, <ck> vollständig vorhanden sind (vgl. ebd.: 18). Hinzugefügte Buchstaben, Fehler in der Groß- bzw. Kleinschreibung, Getrennt- bzw. Zusammenschreibung sowie Oberzeichenfehler (im Folgenden OZ), d.h. Grapheme ohne entsprechendem, mit überflüssigem oder deplatziertem Umlautzeichen bzw. i-Punkt und t-Strich, werden als falsch gewertet (vgl. ebd.: 18-23). Hinzugefügte Buchstaben werden von May als überflüssige orthografische Elemente (im Folgenden ÜO) (vgl. ebd.) bezeichnet und weiter ausdifferenziert. Zu den ÜO gehören überflüssige Länge- und Kürzezeichen in ‚legaler’ Position wie in <*Schuhbkarre1 > oder in ‚illegaler’ Position wie in <*Spienne>, aber auch die Verwendung seltener Grapheme anstelle der üblichen für die Bezeichnung derselben Phoneme wie überflüssige v- oder ph-Schreibung bei z.B. <*Stievel> (vgl. ebd.: 22).
Auf den Auswertungsseiten des Testhefts HSP 3 (s. Anhang 20) ist jedes Wort in seine Grapheme aufgegliedert und mit entsprechenden Kästchen zum Ankreuzen versehen. Analog zum wortbezogenen Auswertungsverfahren wird bei der Graphem-Auswertung jedes richtig geschriebene Graphem angekreuzt und die resultierenden Graphemtreffer bzw. Anzahl an Kreuzen in die hierfür vorgesehene Auswertungstabelle am Ende des HSP 3-Testhefts eingetragen und der zu erreichenden Punktzahl von 191 gegenübergestellt.
Die Ermittlung der von den Kindern und Jugendlichen befolgten Rechtschreibstrategien, die sich in der dritten Jahrgangsstufe auf drei grundlegende Strategien beschränken, stellt das dritte Kriterium zur Analyse der „fundamentalen Zugriffsweisen von Kindern auf Schrift“ (May 2012: 5) dar. Die alphabetische Strategie (im Folgenden A) beschreibt die Fähigkeit, einen Wortlaut zu verschriftlichen (vgl. ebd.). Verwenden die Kinder hingegen bestimmte orthographische Prinzipien zur Schreibung von Merkelementen wie bspw. <ie> in <Briefmarke> oder <h> in <ihn>, oder bei Regelelementen wie z.B. <ff> in <Koffer>, dann beherrschen sie die orthographische Strategie (im Folgenden O) (vgl. ebd.). Das Wissen um einen Wortstamm und dessen Verwendung bei der Schreibung von z.B. <Schubkarre> anstatt <*Schupkarre> und die Fähigkeit zur Zerlegung komplexer Wörter wie <Schlüsselloch> sind essentiell für die morphematische Strategie (im Folgenden M) (vgl. ebd.).
Inwiefern ein Kind eine der o.g. Strategien beherrscht, wird durch Lupenstellen (May 2012: 20) bestimmt. Diese befinden sich in den Auswertungsspalten (s. Anhang 20) A, O, und M, sodass nur noch die Anzahl der richtig geschriebenen Lupenstelle eingetragen werden muss, welche den jeweiligen Strategiewert bestimmt. Eine solche Lupenstelle ist z.B. <ll> in <wollen> für die orthografische Strategie, <ver> in <versucht> für die morphematische Strategie und <marke> in <Briefmarke> für die alphabetische Strategie (s. Anhang 20).
Bei der Auswertung gelten allerdings andere Regeln als bei der der Graphemtreffer. Bei alphabetischen Lupenstellen bleiben Fehler in der Getrennt- bzw. Zusammenschreibung, Groß- bzw. Kleinschreibung und ÜO unbeachtet (vgl. May 2012: 20). Die Unterscheidung von anderen überflüssigen und orthografisch überflüssigen Elementen ist dabei essentiell. Alphabetisch akzeptabel sind Schreibungen wie <*allt> für <alt>, da es sich hierbei um eine Abweichung handelt, die nicht allein lautlich geklärt werden kann (vgl. ebd.: 21). Zusätzliche Artikulationsstellen hingegen müssen gewertet werden, da durch die „Verlautlichung der Schreibung die Abweichung erkennbar würde’’ (May 2012: 21), so wie es bei <*alet> anstatt <alt> der Fall ist. Auch die Verwendung von <ä> statt <e> und umgekehrt sind unbedeutend für die alphabetische Strategie, sowie Oberzeichenfehler irrelevant für die orthografische Strategie sind. Weiterführend kann als Indikator dafür, „dass ein Kind eine [Rechtschreib][Anm. d. Vefs.]strategie zwar bereits anwendet, aber sie nicht zielführend überträgt” (Bredel/Fuhrhop/Noack 2011: 164), die Betrachtung der o.g. ÜO gesehen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Schreibung <*gehben>, bei der die morphematische Strategie übergeneralisiert wird, da der Lerner zwar weiß, dass <gehen> mit <h> geschrieben wird, aber diese Tatsache auf andere Wörter – in diesem Fall auf <geben> – überträgt (vgl. Bredel/Fuhrhop/Noack 2011: 164). Die alleinige Analyse von OZ kann hingegen Aufschluss über die Konzentration und Sorgfalt des Kindes beim Schreiben (vgl. ebd.) geben.
[...]
1 Im weiteren Verlauf der Arbeit werden alle Falschschreibungen mit „*“ gekennzeichnet.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2017, Förderung der Rechtschreibkenntnisse von Grundschülern im Deutschunterricht. Unterschiede bei integriertem und nicht-integriertem Schreiben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520411
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