Die Geschichte Kubas ist geprägt von ihrer geographischen Lage und den Besitzansprüchen ausländischer Mächte. Den Spaniern diente die Insel als Stützpunkt der Goldarmada, Havanna war das "Tor zur neuen Welt". Weit- aus subtiler als die klassische Kolonialmacht Spanien versuchten die USA zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die strategisch wichtige Insel unter ihre Kontrolle zu bekommen. Spätestens mit der kubanischen Verfassung von 1902 , die den USA erzwungenermaßen umfangreiche Einflußmöglichkeiten eröffnete, begann zwischen Kuba und den USA eine Sonderbeziehung. In gewisser Weise ist diese "special relationship" aufgrund der geographischen Nähe quasi vorgegeben. Den auswärtigen Beobachter erstaunt allerdings die unbeirrbare Verbissenheit der gegenseitigen Politik. Es handelt sich wohl um eine Art "Haß-Liebe" zwischen beiden Ländern, die zu- weilen absolut irrationale Züge annimmt. Die Absicht dieser Arbeit besteht darin, dieses Sonderverhältnis heraus- zuarbeiten. Meines Erachtens ist es zunächst von Bedeutung, die Genese der kubanisch-amerikanischen Beziehungen sowohl im politischen als auch im wirtschaftlichen Bereich aufzuzeigen.
Im Anschluß möchte ich versuchen, die Rolle der USA als begrenzender Faktor einer eigenständigen kubanischen Politik zu erläutern. Untersucht wird dafür der amerikanische Einfluß auf die kubanische Innen-und Außenpolitik und die Folgen des bis heute bestehenden Wirtschaftsembargos. Umgekehrt stellt jedoch auch Kuba einen nicht unwesentlichen Faktor für die amerikanische Politik dar. Der Frage, welche innenpolitischen Motive für die Kubapolitik der USA eine Rolle spielen und ob die Außenpolitik des sozialistischen Kuba eine Gefährdung der USA bedeutet, soll im folgenden Abschnitt nachgegangen werden. Inwieweit Vernunfts- oder gar Humanitätskriterien im Disput beider Länder schon zugunsten einer fast rituellen gegenseitigen Schuldzuweisung geopfert wurden, möchte ich beispielhaft anhand der Frage der Bootsflüchtlinge deutlich machen. Im Anschluß soll der mögliche Fortgang der kubanischen Revolution als auch die zukünftige Bedeutung Kubas für die USA und Lateinamerika untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zur Geschichte der amerikanisch-kubanischen Beziehungen bis
a. Zur Entstehungsgeschichte der politischen Verflechtungen
b. Zur Entstehungsgeschichte der wirtschaftlichen Verflechtungen
3. Die USA als Faktor kubanischer Politik
a. Der amerikanische Einfluß auf die kubanische Innenpolitik vor und nach der Revolution
b. Der Koloß im Norden- Die USA als Faktor kubanischer Außenpolitik nach
c. Die amerikanische Wirtschaftsblockade und ihre Folgen
4. Kuba als Faktor amerikanischer Politik
a. Zur innenpolitischen Motivation der amerika- nischen Kubapolitik von 1959 bis
b. Die kubanische Außenpolitik- Eine Gefahr für die USA?
5. Die Bedeutung Kubas für die USA nach dem Weg- fall der Ost-West Konfrontation. Fortwährende Be- drohung oder Auslaufmodell?
6. Die politische Instrumentalisierung der Bootsflücht- linge im kubanisch-amerikanischen Konflikt
7. Perspektiven des kubanisch-amerikanischen Ver- hältnisses- Ein Ausblick?
8. Diskussionsthesen
9. Literaturverzeichnis
a. Artikel und Aufsätze
b. Bücher
1. Einleitung
Die Geschichte Kubas ist geprägt von ihrer geographischen Lage und den
Besitzansprüchen ausländischer Mächte. Den Spaniern diente die Insel als
Stützpunkt der Goldarmada, Havanna war das "Tor zur neuen Welt". Weit-aus subtiler als die klassische Kolonialmacht Spanien versuchten die USA
zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die strategisch wichtige Insel unter
ihre Kontrolle zu bekommen. Spätestens mit der kubanischen Verfassung
von 1902 , die den USA erzwungenermaßen umfangreiche Einflußmöglich-
keiten eröffnete, begann zwischen Kuba und den USA eine Sonderbeziehung.
In gewisser Weise ist diese "special relationship" aufgrund der geogra-
phischen Nähe quasi vorgegeben. Den auswärtigen Beobachter erstaunt
allerdings die unbeirrbare Verbissenheit der gegenseitigen Politik. Es han-
delt sich wohl um eine Art "Haß-Liebe" zwischen beiden Ländern, die zu-
weilen absolut irrationale Züge annimmt.
Die Absicht dieser Arbeit besteht darin, dieses Sonderverhältnis heraus-
zuarbeiten. Meines Erachtens ist es zunächst von Bedeutung, die Genese
der kubanisch-amerikanischen Beziehungen sowohl im politischen als
auch im wirtschaftlichen Bereich aufzuzeigen.
Im Anschluß möchte ich versuchen, die Rolle der USA als begrenzender
Faktor einer eigenständigen kubanischen Politik zu erläutern. Untersucht
wird dafür der amerikanische Einfluß auf die kubanische Innen-und Außen-
politik und die Folgen des bis heute bestehenden Wirtschaftsembargos.
Umgekehrt stellt jedoch auch Kuba einen nicht unwesentlichen Faktor
für die amerikanische Politik dar. Der Frage, welche innenpolitischen Mo-
tive für die Kubapolitik der USA eine Rolle spielen und ob die Außenpo-
litik des sozialistischen Kuba eine Gefährdung der USA bedeutet, soll im
folgenden Abschnitt nachgegangen werden.
Inwieweit Vernunfts- oder gar Humanitätskriterien im Disput beider Län-
der schon zugunsten einer fast rituellen gegenseitigen Schuldzuweisung
geopfert wurden, möchte ich beispielhaft anhand der Frage der Boots-
flüchtlinge deutlich machen. Im Anschluß soll der mögliche Fortgang der
kubanischen Revolution als auch die zukünftige Bedeutung Kubas für die
USA und Lateinamerika untersucht werden.
Abschließen möchte ich diese Analyse der kubanisch-amerikanischen Be-
ziehungen mit drei bewußt provozierenden Thesen zur Interessenlage der
USA .
Diese Arbeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sicherlich gibt
es im Verhältnis beider Länder Aspekte, die mir entgangen sind oder deren
Bedeutung ich über- oder unterschätze. Deutlich machen wollte ich in je-
dem Fall die Eigenartigkeit und auch die Einzigartigkeit der Beziehungen
beider Länder zueinander. Bei der Auseinandersetzung mit der Thematik
fühlte ich mich unweigerlich an die Geschichte von David und Goliath er-
innert und kam nicht umhin, für den vermeintlich Schwächeren Sympathie
zu entwickeln. Ich hoffe, dieser Umstand hat der gebotenen wissenschaft-
lichen Objektivität keinen Abbruch getan.
Gießen, im Februar 1995
2a. Zur Entstehungsgeschichte der politischen Verflechtungen
Die Beziehungen der USA zu Kuba waren von Anbeginn eine "special
relationship" und mit dem Verhältnis der USA zu anderen lateinameri-
kanischen Ländern nur bedingt vergleichbar. Zwar betrachteten die
USA , gemäß der Monroedoktrin von 1823[1], auch die übrigen Staaten
Lateinamerikas als ihren "Hinterhof", als ihre ureigenste Einflußsphäre,
Kuba jedoch war aufgrund seiner geographischen Nähe und der späten
Unabhängigkeit von Spanien in besonderer Weise den Begehrlichkeiten
der USA ausgeliefert. Die Gründe dafür waren zunächst nicht wirtschaft-
licher, sondern strategischer Natur. Kubas Lage erlaubte die Kontrolle
der Seewege in die Karibik und in den Golf von Mexiko und damit den
freien Zugang zur Mississippi-Mündung, einer der wirtschaftlichen Le-
bensadern der USA in dieser Zeit. Der Drang der USA gen Kuba er-
schien als logische Konsequenz der Neuerwerbung und Annexionen
im neunzehnten Jahrhundert (Florida, Lousiana, Neu-Mexiko, Texas)[2]
und war für die US-Regierungen quasi naturrechtlich vorgegeben[3].
Dieser Drang der Vereinigten Staaten dokumentierte sich zunächst, man-
gels militärisch-maritimer Schlagkraft[4], in diversen Kaufangeboten an
Spanien, welche von spanischer Seite stets abgelehnt wurden[5].
Die USA beschränkten sich im Zeitraum von 1854 bis 1898 auf das spo-
radische Anzetteln von erfolglosen Aufständen und dem forcierten Aus-
bau ihrer wirtschaftlichen Dominanz . Die Gründe für diese relative Zu-
rückhaltung, trotz deutlicher Ambitionen, waren, neben der mangelnden
militärischen Kapazität, wohl eher in der amerikanischen Innenpolitik
zu suchen. In der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865)
und der Bewältigung seiner Folgen, waren die USA vollauf mit sich
selbst beschäftigt. Dies änderte sich jedoch erheblich gegen Ende
des neunzehnten Jahrhunderts. Die Wirtschaft der USA prosperierte
und auch militärisch hatten sich die Vereinigten Staaten inzwischen
zur Großmacht aufgeschwungen.
1895-1898 führten die Kubaner unter Jose Marti, Maximo Gomez und
Antonio Maceo den zweiten Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien und
erzielten dabei zunehmende militärische Erfolge.
1898 sahen die USA dann ihre Chance gekommen. Bei einem "Freund-
schaftsbesuch" des Kriegsschiffes USS Maine im Hafen von Havanna
ereignete sich am 15. Februar 1898 eine folgenschwere Explosion.
Die USS Maine sank, und 266 amerikanische Soldaten fanden den Tod.
Ungeachtet der Meinung vieler Fachleute und der amerikanischen Unter-
suchungskommission, es habe sich um einen Unglücksfall gehandelt,
schlugen die Wogen in der US- Presse hoch. Das Unglück der USS
Maine lieferte den Vorwand[6] für das militärische Eingreifen der USA in
den kubanischen Unabhängigkeitskrieg. Die von der kubanischen Befrei- ungsarmee militärisch stark geschwächten Spanier mußten bereits nach
kurzer Zeit kapitulieren. Bei den Friedensverhandlungen, die am 1. Oktober 1898 in Paris begannen, trat Spanien seine Rechte an Kuba, Puerto
Rico und den Philippinen an die USA ab. Die Kubaner, die den Hauptteil
der militärischen Last getragen hatten, waren bei den Verhandlungen
zwischen Spanien und den USA nicht zugelassen. Sie blieben Statisten
auf der politischen Bühne, was schon früh ein bezeichnendes Licht auf
die gegenseitigen Beziehungen warf[7].
In den USA sprach man flapsig vom "splendid little war" und meinte da-mit einen Krieg mit geringem Risiko und hohem Machtgewinn.
Die Folge dieses Krieges war für Kuba zunächst die Besetzung durch
amerikanische Truppen. Im Gegensatz zu den anderen ehemaligen
spanischen Kolonien (Philippinen und Puerto Rico), ging Kuba nicht
in den förmlichen Kolonialbesitz der USA über. Warum die USA letzt-
lich auf die direkte Hoheitsgewalt über Kuba verzichteten bleibt unklar.
Der wahrscheinlichste Grund war wohl die Tatsache, daß die USA im Falle
der formellen Annexion die kubanischen Schulden in Höhe von 400 Mill.
Dollar hätten übernehmen müssen[8]. Außerdem hätte eine Annexion einen
schweren Verstoß gegen das sogenannte Teller-Amendment bedeutet[9].
Die amerikanische Militärherrschaft endete am 20. Mai 1902, jedoch
nicht ohne sich vorher subtile Einflußmöglichkeiten gesichert zu haben.
Die neue kubanische Verfassung war eine getreue Kopie der US-Verfas-
sung und mit, diplomatisch ausgedrückt, sanftem Druck seitens der USA
willigten die Väter der kubanischen Verfassung sogar ein, das ominöse
Platt-Amendment in die Verfassung aufzunehmen.
Das Platt-Amendment war benannt nach dem republikanischen Senator
Orville H. Platt, einem glühenden Verfechter des Imperialismus[10].
Dieser Verfassungszusatz sicherte den USA umfangreiche Interventions-
rechte und beschnitt die kubanische Souveränität in vielfacher Hinsicht[11].
Aus kubanischer Sicht handelte es sich um einen Akt der Demütigung. Das
Platt-Amendment war für den weiteren Fortgang der amerikanisch-kuba-
nischen Beziehungen von entscheidender Bedeutung. Mit Hinweis auf
Artikel VII des Platt-Amendments pachteten die USA den strategisch
bedeutsamen Marinestützpunkt Guantanamo, der bis zum heutigen Tag
ein Hauptstreitpunkt in den politischen Beziehungen beider Länder bildet.
Desweiteren diente das Platt-Amendment als Rechtfertigung von nicht
wenigen militärischen Interventionen[12] seitens der USA.
In der kubanischen Innenpolitik diente das Abkommen immer wieder als
Druckmittel gegenüber nationalen und revolutionären Tendenzen.
Das Platt-Amendment wurde erst 1934 unter Franklin D. Roosevelt teil-
annulliert. Artikel VII, welcher den Pachtvertrag über Guantanamo regel-
te, blieb jedoch erhalten[13]. Die politischen Beziehungen beider Länder
gerieten nach der Unabhängigkeit zunächst in ruhigeres Fahrwasser, die
Präsidenten Kubas wechselten in schneller Folge.
Erwähnenswert, wenn auch im negativen Sinne, ist erst wieder Gerardo
Machado. Aufgrund seiner Vergangenheit als Kämpfer des zweiten Be-
freiungskrieges war er im Volk geachtet, erwies sich jedoch schnell als
der brutalste Präsident seit der Unabhängigkeit. Im Gegensatz zu seinen
Vorgängern ging er dazu über, Opponenten nicht nur sporadischer, son-
dern systematischer Repression auszusetzen. Washington stellte sich
jedoch zunächst taub. Erst 1933 ließ ein Generalstreik die US-Regie-
rung aufhorchen und diese ihre Marionette Machado fallen.
Mit Unterstützung von Teilen der Armee, der Studentenschaft und gro-
ßer Zustimmung der Bevölkerung, etablierte sich nun eine nationalpo-
pulistische Regierung unter Grau San Martin. Diese sah sich in der
Tradition Jose Martis, des Volkshelden aus dem Unabhängigkeits-
krieges gegen Spanien, und richtete sich folgerichtig gegen die, ins-
besondere wirtschaftlich, wachsende US-Penetration.
Die USA antworteten mit der diplomatischen Nichtanerkennung
der neuen Regierung und der Kündigung der Zuckerlieferverträge,
was bei Kubas fast ausschließlicher Abhängigkeit vom Zuckerex-
port in die USA wirtschaftlicher Erpressung gleichkam[14]. Diese
weitere amerikanische Einflußnahme in Kuba geschah nur knapp
ein halbes Jahr nach der Verkündigung der sogenannten "Politik
der guten Nachbarschaft" gegenüber Lateinamerika durch Präsi-
dent Roosevelt[15]. Es zeigte sich an der Behandlung der Regierung Grau
San Martin deutlich, daß der Verzicht der USA auf militärische Inter-
ventionen in Lateinamerika einherging mit der Verstärkung des ökono-
misch-diplomatischen Drucks zur Sicherung amerikanischer Interessen.
In der Folgezeit wechselten sich Regime verschiedenster Typen ab.
Formal waren sie aus Wahlen auf Grundlage der fortschrittlichen Ver-
fassung von 1940 hervorgegangen. Praktisch litten diese Regierungen
aber alle unter Symptomen, die auch heute noch typisch für viele soge-
nannten Demokratien in Lateinamerika sind, nämlich Korruption, Re-
pression gegenüber oppositionellen Tendenzen und hemmungsloser
Selbstbereicherung der Führungseliten. 1952 putschte der Armeechef
Fulgencio Batista kurz vor den angesetzten Wahlen.
Seine blutige und korrupte Diktatur war auslösendes Moment für die
erneute Formierung einer sozialrevolutionären Bewegung, insbeson-
dere in der Studentenschaft. Im Gegensatz zur Regierung Grau San
Martin versagten die USA Batista die diplomatische Anerkennung
nicht. Die Motive der US-Politik waren eindeutig. Batista stand für
die Sicherheit der amerikanischen Investitionen und, was im sich ab-
zeichnenden Ost-West Konflikt noch bedeutsamer war, für strammen
Antikommunismus im Hinterhof der USA. Die kubanische Opposition
war in sich zerstritten, besonders in der Art der Vorgehensweise gegen
Batista. Die Bewegung um Fidel Castro entschloß sich zum bewaffneten
Kampf. Von der Sierra Maestra aus, der großen Gebirgskette im Osten
der traditionell rebellischen Provinz Oriente, organisierte Fidel Castro
zunächst mit wenigen Anhängern den Guerillakampf.
Nach dreijährigem Guerillakrieg zog Fidel Castro 1959 an der Spitze
seiner, inzwischen zur Armee gewachsenen Truppe, umjubelt in Havanna
ein.
"Ich glaube, daß es in der Welt keinen Staat gibt... wo die ökonomische
Kolonisation, die Erniedrigung und Ausbeutung drückender wären als
auf Kuba unter dem Batista-Regime infolge der Politik meines Landes.
Ich glaube, daß wir selbst, ohne uns dessen bewußt zu sein, alle Teile
des Mechanismus der Castro-Bewegung ausgearbeitet, konstruiert und
gebaut haben."
John F. Kennedy
2b. Zur Entstehungsgeschichte der wirtschaftlichen Verflechtungen
Die Fundamente der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen
Kuba und den USA wurden bereits während der spanischen Kolonial-
zeit gelegt. Schon früh, 1511, wurde Kuba ins spanische Kolonialwirt-
schaftssystem integriert[16]. Gemäß der feudalen Tradition des Mutter-
landes bildete sich auch auf Kuba eine sowohl politisch als auch öko-
nomisch von Spanien abhängige Kolonialgesellschaft heraus. Kuba
diente aufgrund seiner strategisch günstigen Lage als Handelsknoten-
punkt und Versorgungsbasis der spanischen Armada.
Die kubanische Wirtschaft basierte auf in Latifundien betriebener
Viehwirtschaft, Tabakproduktion und Sklavenhandel..
Die Zuckerwirtschaft erlangte erst im neunzehnten Jahrhundert ihre
vorherrschende Bedeutung auf der Insel. Der Ausfall Haitis als Zucker-
lieferant[17] und die Gründung der USA als potentieller Kunde waren
sicherlich erste Ursachen. Entscheidend für die Entwicklung war je-
doch die Liberalisierung der spanischen Handelspolitik im Jahre 1818.
Erst dieser neue Freihandel ermöglichte die Ausbildung exportorien-
tierter, agroindustrieller Betriebe[18], die auf Ausbeutung von Sklaven-
arbeit basierten. Die monokulturelle Plantagenproduktion von Zucker
fand in erster Linie für die Märkte der Kolonialmacht Spanien und für
die neue Metropole USA statt.
Während sich der direkte politische Einfluß der USA auf Kuba Mitte
bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts, trotz deutlicher Ambitionen,
noch nicht recht entfalten konnte, wuchs der wirtschaftliche Einfluß
der USA massiv an.
Die USA entwickelten sich sowohl zum Hauptabnehmer kubanischer
Waren als auch zum Hauptinvestor. Durch den Siegeszug der Zucker-
rübe auf den europäischen Märkten wurden die USA zum nahezu allei-
nigen Abnehmer kubanischen Rohrzuckers[19]. Betrug der Anteil der Ver-
einigten Staaten am kubanischen Gesamtexport 1859 immerhin schon
42 Prozent, so war er bis zum Beginn des zweiten kubanischen Unab-
hängigkeitskrieges 1894 schon auf beherrschende 84 Prozent ange-
stiegen. Spanien war am Vorabend des Krieges zwar formell noch Ku-
bas Kolonialmacht, die wirtschaftlichen Fäden wurden jedoch längst in
den USA gezogen. Macht man sich die ökonomischen und politischen
Folgen des Unabhängigkeitskrieges gegen Spanien klar, so wird verständ-
lich, warum man in den USA vom "splendid little war" sprach.
Abgesehen von den direkten politischen Vorteilen für die USA, hinter-
ließ der Krieg auch ein zerstörtes Land, dessen Infrastruktur wieder auf-
gebaut werden mußte. Inwieweit sich das wirtschaftliche Engagement der
USA verstärkte, zeigt sich deutlich in einem Vergleich der Direktinvesti-
tionen vor und nach dem Krieg. Diese lagen 1896 bei gerade 50 Millionen
Dollar, hatten 1906 schon 120 Millionen Dollar erreicht, und am Vorabend
der Weltwirtschaftskrise hatten US-Unternehmen über 900 Millionen Dol-
lar in Kuba investiert. Diese Summe entsprach etwa einem Viertel der ame-
rikanischen Investitionen in ganz Lateinamerika, was Kubas Sonderrolle un-
ter den mittel- und südamerikanischen Staaten deutlich dokumentiert.
Im Jahr 1902 schlossen Kuba und die USA einen gegenseitigen Handels-
vertrag, in welchem sich die USA verpflichteten, die Zölle für kubanischen
Zucker um zwanzig Prozent zu senken, während Kuba die Einfuhrzölle für
US-Fertigwaren um 20 bis 40 Prozent herabsetzte. Dieser Handelsvertrag
war die ökonomische Ergänzung zum Platt-Amendment[20]. Neben den poli-
tischen hatten die USA nun auch die ökonomischen Weichen für Kuba ge-
stellt. Der Vertrag verhinderte die Industrialisierung Kubas ebenso, wie
eine Diversifizierung der Landwirtschaft[21]. Die ohnehin schon starke struk-
turelle Abhängigkeit von den USA verstärkte sich weiter. Der erste Welt-
krieg in Europa war ein weiterer Faktor, der die Entwicklung beeinflußte.
Der Krieg bewirkte zweierlei. Zum einen verschwanden die europäischen
Lieferanten weitgehend vom kubanischen Markt, zum anderen stieg die
Nachfrage nach kubanischem Rohrzucker, was sich positiv auf Kubas Ein-
nahmen auswirkte. Dieses Geld landete jedoch zumeist in den Taschen
amerikanischer Firmen, die 1922 schon zwei Drittel der kubanischen Im-
porte lieferten.
[...]
[1] vgl. Knud Krakau, Die kubanische Revolution und die Monroedoktrin,
Frankfurt 1968, S. 4 ff.
[2] vgl. Francois Maspero in: Janette Habel, Kuba- Die Revolution in Ge-
fahr, Köln 1993, S. 9
[3] vgl. Frank Niess, Kuba, München 1991, S. 216
[4] vgl. Carla Anne Robbins, The Cuban Threat, USA 1983, S. 75
[5] vgl. Frank Niess, Kuba, München 1991, S. 218
[6] vgl. Jose Antonio Tamargo und Alberto Riaza, Cuba, La Habana 1986, S. 17
[7] vgl. Edgar Göll, Aus dem Norden nichts Neues - die Cubapolitik der USA in:
Peripherie Nr. 55/56 (1994), S. 108
[8] vgl. Frank Niess, Kuba, München 1991, S. 235
[9] vgl. Peter Schäfer, Die Präsidenten der USA im 20. Jh., Biographien-
Daten- Dokumente, Berlin (Ost) 1990, S. 23
[10] vgl. Philip S. Foner, The Spanish-Cuban-American War and the birth of American
Imperialism 1895-1902, New York 1972
[11] vgl. Karl Strupp, Urkunden zur Geschichte des Völkerrechtes, Bd. 2, Gotha 1911,
S. 112 ff.
[12] vgl. Erich Süßdorf : Die Außenpolitik der USA gegenüber Mittelamerika, in : Krisen-
gebiet Mittelamerika, herausgegeben von Helmut Nuhn, Braunschweig 1985
[13] vgl. Peter Schäfer, Die Präsidenten der USA im 20. Jh., Biographien- Daten-
Dokumente, Berlin (Ost) 1990, S. 148
[14] vgl. Helmut Blume: Kubas Zuckerwirtschaft vor und nach der Revolution,
in: Krisengebiet Mittelamerika, herausgegeben von Helmut Nuhn, Braun-
schweig 1985, S. 243 ff.
[15] vgl. Franklin D. Roosevelt, Unser Weg , Berlin 1934, S. 128
[16] vgl. Horst Fabian, Der kubanische Entwicklungsweg, Opladen 1981
[17] vgl. Ulrich Fleischmann, Haiti, in: HDW (Bd. 3), Dieter Nohlen und
Franz Nuscheler (Hrsg), Bonn 1992
[18] vgl. Helmut Blume, Kubas Zuckerwirtschaft vor und nach der Re-
volution, in: Krisengebiet Mittelamerika, herausgegeben von Helmut
Nuhn, Braunschweig 1985
[19] vgl. Walter Hanf, Castros Revolution- Der Weg Kubas seit 1959, München 1989
[20] vgl. Horst Fabian, Der kubanische Entwicklungsweg, Opladen 1981
[21] vgl. Horst Fabian, s. o., S.171 ff.
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