Sprachwandel ist ein ganz besonderes Phänomen. Jede Sprache verändert sich kontinuierlich, ohne dass diese Veränderungen den jeweiligen Sprechern wirklich bewusst sind. Trotzdem trägt jeder Sprecher eigens zum Wandel einer Sprache bei. Verschiedene Varianten linguistischer Einheiten werden von einzelnen Sprechern verwendet und von anderen wiederum aufgegriffen. Sprachwandel ist ein also ein interaktiver Prozess der sich in allen Bereichen einer Sprache vollzieht, in der Phonologie, der Morphologie und der Syntax, sowie auch in der Semantik, wobei Veränderungen in einem Bereich Auswirkungen auf andere haben kann. Sprachwandeln hängt also sehr eng mit Sprachvariation des Sprachsystems und dessen Sprechergemeinschaft zusammen.
Das Phänomen des Sprachwandels ist seit etwa 150 Jahren Kerngegenstand der Historischen Linguistik mit ihren wichtigsten Vertretern H. Bopp und J. Grimm. Da dieser Bereich der Linguistik zur gleichen Zeit wie auch die Evolutionstheorie Charles Darwins entstand, ist es kaum verwunderlich, dass sich die Historische Linguistik die Erkenntnisse der Evolutionsbiologie zu Nutze machte. Sprachen wurden als eigenständige Organismen mit eigener Entwicklungsgeschichte angesehen, die es zu erforschen und zu rekonstruieren galt. Dazu entstanden seitdem zahlreiche Theorien, die z.T. sogar miteinander konkurrieren, so zum Beispiel die Natürlichkeitstheorie, die Markiertheitstheorie und soziolinguistische Ansätze. Diese Theorien finden auch im Deutschen ihre Anwendung, um Erklärungsansätze für Sprachwandelprozesse anzubieten, da sich wie in allen Sprachen auch im Deutschen stetige Veränderungen im Sprachgebrauch abzeichnen. Eine aktuelle Entwicklungstendenz ist unter anderem der Wandel vom synthetischen hin zum analytischen Sprachbau. Gerade im Bereich von Kasus, Tempus und Modus werden immer häufiger periphrastische Konstruktionen anstelle der komplexen Flexionssysteme bevorzugt. Im Kasussystem ersetzt der Dativ in Verbindung mit der Präposition „von“ immer häufiger den Genitiv. Das periphrastische Perfekt verdrängt langsam das Präteritum in seiner Funktion als Erzähltempus. Im modalen Bereich wird der im Deutschen besonders auffällige Formenreichtum des Konjunktivs heute zunehmend auf die periphrastische „würde“-Konstruktion reduziert, was die Frage nach der Präsenz der synthetischen Formen im Lexikon aufwirft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Wie entsteht Sprachwandel?
- Variation
- Theorien zum Sprachwandel
- Markiertheit
- Natürlichkeit
- Soziolinguistische Ansätze
- Sprachwandel des Deutschen
- Der Konjunktiv im Deutschen
- Die Entwicklung des Konjunktivs im Deutschen
- Althochdeutsch
- Mittelhochdeutsch
- Frühneuhochdeutsch
- Neuhochdeutsch
- Die Formen des Konjunktivs
- Der synthetische Konjunktiv
- Die würde-Konstruktion
- Funktionsbereiche des Konjunktivs
- Aufforderung und Wunsch
- Irrealität und Potenzialität
- Indirekte Rede
- Geschriebene vs. gesprochene Sprache
- Der Konjunktiv Präsens
- Der Konjunktiv Präteritum
- Verteilung der Konjunktivformen in geschriebener vs. gesprochener Sprache
- Die „würde"-Konstruktion
- Tendenzen
- Empirische Untersuchung zum Konjunktiv
- Ziel und Methode
- Auswertung und Ergebnisse
- Interpretation
- Zusammenfassung und Diskussion
- Anhang
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Sprachwandel auf den deutschen Konjunktiv. Sie analysiert die historische Entwicklung des Konjunktivs, seine aktuellen Formen und Funktionen und beleuchtet die Frage, ob und wie sich der Sprachwandel auf die Präsenz des Konjunktivs im mentalen Lexikon von Sprechern des Deutschen auswirkt.
- Die historische Entwicklung des Konjunktivs im Deutschen
- Die Formen und Funktionen des Konjunktivs im heutigen Deutsch
- Die Präsenz des Konjunktivs im mentalen Lexikon von Sprechern des Deutschen
- Der Einfluss von Regularität und Frequenz auf die Bildung von Konjunktivformen
- Der Stellenwert der „würde"-Konstruktion als möglicher „Einheitskonjunktiv"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema Sprachwandel und seine Bedeutung für die deutsche Sprache vor, wobei der Fokus auf den Konjunktiv gelegt wird. Kapitel 2 erörtert die Ursachen und Theorien zum Sprachwandel. Hierbei werden Variation, Markiertheit, Natürlichkeit und soziolinguistische Ansätze als wichtige Faktoren für Sprachwandelprozesse beleuchtet. Kapitel 3 bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des Konjunktivs im Deutschen, von den althochdeutschen Ursprüngen bis zur Gegenwart. Es werden die Formen des Konjunktivs, seine Funktionsbereiche sowie die Unterschiede zwischen geschriebener und gesprochener Sprache analysiert. Kapitel 4 präsentiert eine empirische Untersuchung zum Konjunktiv, die die Fähigkeit von Sprechern des Deutschen zur Bildung synthetischer Konjunktivformen überprüft. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Präsenz des Konjunktivs im mentalen Lexikon von Sprechern des Deutschen durch den Sprachwandel stark beeinträchtigt ist. Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und diskutiert die Bedeutung des Sprachwandels für den Konjunktiv und seine zukünftige Entwicklung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Sprachwandel, den deutschen Konjunktiv, die historische Entwicklung des Konjunktivs, die Formen und Funktionen des Konjunktivs im heutigen Deutsch, die Präsenz des Konjunktivs im mentalen Lexikon von Sprechern des Deutschen, die „würde"-Konstruktion und die Bedeutung des Sprachwandels für die Zukunft des Konjunktivs.
- Arbeit zitieren
- Carina Fueller (Autor:in), Dorothea Brenner (Autor:in), 2004, Der Einfluss von Sprachwandel auf den deutschen Konjunktiv, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51836
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