Die Arbeit befasst sich inhaltlich mit einem Theorievergleich zweier soziologischer Gesellschaftstheorien, der Kritischen Theorie und der Systemtheorie, und bedient sich somit am Wissen der Soziologie. Die Arbeit beschränkt sich auf den Theorievergleich der stark differenzierten Menschenbilder beider Theorien. Somit stellt der inhaltliche Schwerpunkt der Arbeit eine Gegenüberstellung der Menschenbilder beider Theorien und deren Auswirkungen auf die Praxis der Sozialen Arbeit dar.
Zunächst wird die konkrete Fragestellung ausdifferenziert, um ein besseres Verständnis darüber zu erlangen, welcher Gegenstand in dieser Arbeit bearbeitet wird. Der darauffolgende Teil der Arbeit wird sich damit befassen, einen Überblick über die Kritische Theorie zu erlangen. Im Anschluss dazu wird das darin herrschende Menschenbild aufgezeigt und dessen Auswirkungen auf die Soziale Arbeit näher betrachtet. In einem weiteren Schritt wird ein Blick auf die Systemtheorie geworfen, wobei dessen Menschenbild und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Soziale Arbeit aufgezeigt werden. Beim Theorievergleich wird untersucht, inwiefern sich die Menschenbilder unterscheiden. Außerdem findet ein Vergleich der Auswirkungen beider Menschenbilder auf die Soziale Arbeit statt.
Laut dem Berufscodex von Avenir Social gehört es zu den Zielen und Verpflichtungen der Sozialen Arbeit, ihre fachlichen Erklärungen, ihre Methoden, ihre Vorgehensweisen und ihre Position im interdisziplinären Kontext zu gründen. Um eine professionelle Soziale Arbeit gewährleisten zu können, ist die Verwobenheit mit anderen Disziplinen, wie zum Beispiel der Soziologie, der Psychologie und der Medizin unerlässlich.
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
FRAGESTELLUNG
DIE KRITISCHE THEORIE
DAS MENSCHENBILD DER KRITISCHEN THEORIE
DIE AUSWIRKUNGEN AUF DIE SOZIALE ARBEIT
DIE SYSTEMTHEORIE
DAS MENSCHENBILD DER SYSTEMTHEORIE
DIE AUSWIRKUNGEN AUF DIE SOZIALE ARBEIT
THEORIEVERGLEICH
FACHLICHE POSITIONIERUNG
LITERATURVERZEICHNIS
QUELLENVERZEICHNIS
EINLEITUNG
Laut dem Berufscodex von Avenir Social (2010, S. 6) gehört es zu den Zielen und Verpflichtungen der Sozialen Arbeit, ihre fachlichen Erklärungen, ihre Methoden, ihre Vorgehensweisen und ihre Position im interdisziplinären Kontext zu gründen. Um eine professionelle Soziale Arbeit gewährleisten zu können, ist die Verwobenheit mit anderen Disziplinen, wie zum Beispiel der Soziologie, der Psychologie und der Medizin unerlässlich. Die vorliegende Arbeit befasst sich inhaltlich mit einem Theorievergleich zweier soziologischer Gesellschaftstheorien – der kritischen Theorie und der Systemtheorie – und bedient sich somit am Wissen der Soziologie. Als angehende Professionelle der Sozialen Arbeit sehe ich es als unumgänglich, diese beiden bezugswissenschaftlichen Gesellschaftstheorien zu kennen und sie in der sozialarbeiterischen Praxis anwenden zu können. Aufgrund der Komplexität der beiden Theorien und der inhaltlichen Rahmenbedingungen der Arbeit beschränkt sich der Theorievergleich auf die stark differenzierten Menschenbilder beider Theorien. Somit stellt der inhaltliche Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit eine Gegenüberstellung der Menschenbilder beider Theorien und deren Auswirkungen auf die Praxis der Sozialen Arbeit dar.
In einem ersten Schritt wird die konkrete Fragestellung ausdifferenziert, um ein besseres Verständnis darüber zu erlangen, welcher Gegenstand in dieser Arbeit bearbeitet wird. Der darauffolgende Teil der Arbeit wird sich damit befassen, einen Überblick über die Kritische Theorie zu erlangen. Im Anschluss dazu wird das darin herrschende Menschenbild aufgezeigt und dessen Auswirkungen auf die Soziale Arbeit näher betrachtet. In einem weiteren Schritt wird ein Blick auf die Systemtheorie geworfen, wobei dessen Menschenbild und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Soziale Arbeit aufgezeigt werden. Beim Theorievergleich wird untersucht, inwiefern sich die Menschenbilder unterscheiden. Ausserdem findet ein Vergleich der Auswirkungen beider Menschenbilder auf die Soziale Arbeit statt. Die fachliche Positionierung meinerseits bildet den Schluss der Arbeit.
FRAGESTELLUNG
Die Gesamtheit der Annahmen und Überzeugungen, was der Mensch von Natur aus ist, wie er in seinem sozialen und materiellen Umfeld lebt und welche Werte und Ziele sein Leben hat oder haben sollte, stellen laut Fahrenberg (2010, S. 1) das Menschenbild dar. Die Soziale Arbeit geht von einem Menschenbild aus, laut welchem alle Menschen Anrecht auf die Befriedigung ihrer existenziellen Bedürfnisse, Integrität sowie die Integration in ein soziales Umfeld haben (Avenir Social, 2010, S. 6). Sie sieht die gegenseitig respektierende Anerkennung, die ausgleichend gerechte Kooperation der Menschen untereinander und gerechte Sozialstrukturen als Voraussetzung für das erfüllte Menschsein vor (Avenir Social, 2010, S. 6). Doch wie sieht das Menschenbild der Kritischen Theorie und das Menschenbild der Systemtheorie aus und welchen Einfluss haben die beiden Menschenbilder auf die Professionellen der Sozialen Arbeit und deren Handeln? Die vorliegende Arbeit setzt sich mit diesen Fragen auseinander und befasst sich somit mit der Fragestellung: Welche Auswirkungen haben die Menschenbilder der Kritischen Theorie und der Systemtheorie auf die Soziale Arbeit?
DIE KRITISCHE THEORIE
Betrachten wir nun die Kritische Theorie, die insbesondere von Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas entwickelt wurde. Aus Sicht der Kritischen Theorie reicht es nicht, die Welt zu erklären, sondern sie muss in ihren tieferen, gesellschaftlich konstruierten Wesenseigenschaft verstanden werden. Das Bestehende – die kapitalistische Gesellschaft – gilt in der Kritischen Theorie als infam und als schädigend für Mensch und Natur (Lehmann, 2015, S. 16). Denn das Bestehende produziert Missstände wie Leiden, Unrecht und Zerstörung und hält diese Faktoren wiederum aufrecht (Quelle: Schreiter, 2019). Die Kritische Theorie lässt sich somit als eine Lebensform beschreiben, die geprägt ist, von einem fundamentalen Misstrauen und Zweifel gegenüber dem gegenwärtig herrschenden Kapitalismus, denn sie ist nicht überzeugt von der Richtigkeit und Überlebensfähigkeit der kapitalistischen Gesellschaft (Lehmann, 2015, S. 16&31). Die Kritische Theorie ist jedoch davon überzeugt, dass eine Möglichkeit darin besteht, eine Gesellschaft einzurichten, in der die Freiheit des Einzelnen die Bedingung der Freiheit aller ist und in der es keine Gewalt gegen den Menschen und gegen die Natur gibt (Lehmann, 2015, S. 31). Es lässt sich festhalten, dass die Missstände erst überwunden werden können, wenn die Gesellschaft auf eine andere Weise funktioniert als sie es jetzt tut. (Quelle: Schreier, 2019).
DAS MENSCHENBILD DER KRITISCHEN THEORIE
Der Mensch befindet sich aus der Sichtweise der Kritischen Theorie in einem widersprüchlichen Spannungsverhältnis. Widersprüchlich darum, weil er einerseits kapitalistisch zugerichtet ist, was durch die Prozesse der Erziehung und der Sozialisation geschieht, andererseits wird der Mensch aber als freies Subjekt angesehen und zeichnet sich somit durch seine Handlung- und Widerstandsfähigkeit aus. Die im Fokus der Kritischen Theorie stehenden Missstände der kapitalistischen Gesellschaft wie Leiden, Zerstörung und Unrecht werden als für den Menschen schädigend angesehen. Gleichzeitig reproduziert der Mensch aber diese Missstände. Diese durch den Menschen verursachende Reproduktion geschieht aufgrund des Prozesses der Externalisierung, der auf alle Menschen einwirkt und der den Menschen dazu verleitet, die Augen vor etwas Unangenehmen zu verschliessen. Dieser Schleier des Nicht-Wissen-Müssens prägt unsere ganz normale Alltagspraxis und Lebensführung. Damit das Anliegen der kritischen Theorie, den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft zu überwinden, erfüllt wird, muss das Beschweigen der Missstände durchbrochen werden und eine Politisierung stattfinden. Dies bedeutet, dass sich der Mensch aus Sicht der kritischen Theorie aktiv an der Überwindung der Missstände beteiligen muss.
Betrachten wir nun die Gesellschaft aus Sicht der Kritischen Theorie. Die Kritische Theorie geht von einer primär stratifizierten Gesellschaft aus. Dies bedeutet, dass der Mensch je nach Besitz und Eigentum unterschiedlichen Schichten in der Gesellschaft zugeordnet wird und dass die Gesellschaft vertikal - von oben nach unten – strukturiert ist. Aus dieser gesellschaftlichen Strukturierung resultieren zum einen Herrschaftsverhältnisse und zum anderen soziale Ungleichheit. Befindet sich ein Mensch in der oberen Schicht der Gesellschaft, verfügt er über Herrschaft, Einfluss, Reichtum und Luxus, Müssiggang und Freizeit und hat einen grossen Besitz an Produktionsmitteln. Das Leben im „Unten“ ist gekennzeichnet durch Unterdrückung, Machtlosigkeit, Überarbeitung, Mittellosigkeit, Armut und Ausbeutung. Nur wenn ein Mensch den Kriterien von „Oben“ entspricht, ist es für ihn möglich, aufzusteigen.
DIE AUSWIRKUNGEN AUF DIE SOZIALE ARBEIT
Im Berufscodex der Avenir Social steht über die Ziele und Verpflichtungen der Sozialen Arbeit Folgendes geschrieben: „Soziale Arbeit ist ein gesellschaftlicher Beitrag, insbesondere an diejenigen Menschen oder Gruppen, die vorübergehend oder dauernd in der Verwirklichung ihres Lebens illegitim eingeschränkt oder deren Zugang zu und Teilhabe an gesellschaftliche Ressourcen ungenügend sind“ (Avenir Social, 2010, S. 6). Sozialarbeitende sind als Professionelle ausserdem dazu verpflichtet, Lösungen zu sozialen Problemen zu erfinden, zu entwickeln und zu vermitteln und soziale Notlagen von Menschen und Gruppen zu verhindern, zu beseitigen oder zu lindern (Avenir Social, 2010, S. 6). Damit eine selbstbestimmte Handlungsfähigkeit der Professionellen der Sozialen Arbeit gewährleistet ist, müssen diese sich die Strukturen gesellschaftlicher Wirklichkeit erschließen können. Es muss bei den Professionellen also ein Wissen darüber vorhanden sein, auf welchen Strukturen, Prinzipien und Mechanismen die Wirklichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse aufbaut, und auf welche Weise die menschliche Entwicklung und Handeln in diese soziale Wirklichkeit grundlegend verstrickt sind (Bernhard, 2006, S. 48). Hierbei haben die Wissensbestände der Kritischen Theorie eine hohe Relevanz, denn in der sozialarbeiterischen Praxis ist es unumgänglich, die gesellschaftlichen Bedingungen und Strukturen und die hegemonialen Wissensbestände, die menschlicher Existenz und menschlichem Leiden, aber auch sozialpädagogischen Praxen zugrunde liegen, zum Gegenstand der Analyse, Kritik und Veränderung zu machen. Laut Horkheimer (1977, S. 36) gehört es zur Aufgabe der Sozialen Arbeit, gesellschaftliche Ungerechtigkeit zu kritisieren und die Idee einer künftigen Gesellschaft als Gemeinschaft freier Menschen zu verwirklichen (Horkheimer, 1977, S. 36).
DIE SYSTEMTHEORIE
Die moderne Gesellschaft vollzieht sich aus Sicht der Systemtheorie über verschiedene Funktionssysteme – z.B. Wirtschaft, Recht, Politik, Soziale Arbeit – und verfügt über kein Zentrum, da sie in unterschiedlichen Funktionssystemen operiert. Jedes Funktionssystem kann nur sich selbst herstellen und operiert in eigener Logik, somit ist es von aussen nicht steuerbar und operativ geschlossen. Zugleich ist ein Funktionssystem aber auch umweltoffen, was bedeutet, dass es sich von anderen Funktionssystemen irritieren lässt, aber nicht ausbrechen kann. Die Systemtheorie deckt den gesamten Bereich der Wirklichkeit ab und wird somit als universell gesehen (Quelle: Eugster, Schachinger, 2019).
DAS MENSCHENBILD DER SYSTEMTHEORIE
Für Beobachter und für sich selbst mag der Mensch als Einheit erscheinen, aber aus Sicht der Systemtheorie ist der Mensch kein System. Auch aus einer Mehrheit von Menschen kann kein System gebildet werden. Vielmehr handelt es sich bei einem Menschen, laut dem Systemtheoretiker Luhmann, um ein Konglomerat verschiedener Systemtypen. Er hat also Anteil an unterschiedlichen Typen von Systemen: Dem biologischen System, dem psychischen System und dem sozialen System (Berghaus, 2011, S. 33). Beim biologischen System handelt es sich um den organischen Anteil des Menschen. Während das psychische System – das Luhmann auch ‚Person‘ nennt – das persönliche Bewusstsein und die Gedanken beinhaltet, bildet das soziale System den Teil des Menschen, der sozial ansprechbar, also kommunikationsfähig ist (Quelle: Eugster, Schachinger, 2019). Obwohl Luhmann die Existenz des Menschen durchaus nicht leugnet, stellt der ‚Mensch‘ in seiner Systemtheorie keine Analyseeinheit dar. Für ihn besteht eine Gesellschaft nicht aus konkreten Menschen und aus den Beziehungen zwischen den Menschen, denn er sieht die Existenz der Menschen zwar als Voraussetzung, aber nicht als Definition von Gesellschaft. Trotz dieser Sichtweise ist Luhmann weder als menschenfeindlich oder inhuman zu bezeichnen, noch hält er den Menschen als unwichtig für die Wissenschaft (Berghaus, 2011, S. 33).
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2019, Welche Auswirkungen haben die Menschenbilder der Kritischen Theorie und der Systemtheorie auf die Soziale Arbeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/517916
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