Einleitung
„Nicht nur mein Gewehr auch mein Wort soll Waffe sein.“
(Auch das Wort muß Waffe sein 1980)
Der Sprachgebrauch in der DDR ist sowohl bis 1989/1990 wie auch nach dem Ende der DDR ein häufiger Gegenstand der Sprachwissenschaft gewesen (vgl. MOSER 1961, FLEISCHER 1983, HELLMANN 1992, LÄZER/REIHER 1993, MÖLLER 2000, WOLF 2000, FIX/BARTH 2000). Dabei spielte der Gebrauch von Sprache im politisch-ideologischen Zusammenhang stets eine besondere Rolle (vgl. REICH 1973, PROSS 1974, DIECKMANN 1975, KLEMPERER 1975, GIRNTH 2002, PAPPERT 2003). DDR-Sprache wurde unter diesem Gesichtspunkt u.a. als „Macht-instrument zur Steuerung des marxistisch-leninistischen Bewusstseins“ (PAPPERT 2003, 72) betrachtet oder z.B. auch als „Sprache der DDR-Bürger – nicht der SED“ (WOLF 2000, 8) bezeichnet. Eine geringere Beachtung fand in diesen Untersuchungen der Sprachgebrauch in der NVA der DDR.
„[...]Sprache der DDR, das war nicht nur der Sprachgebrauch der SED (also der offiziell propagierte Sprachgebrauch) oder die besonderen Sprachauffälligkeiten, die von Außenstehenden schnell registriert wurden.[...]In der DDR gab es[...]eine jahrelang kultivierte Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen und feine sprachliche Untertöne zu registrieren.“ (WOLF 2000, 8)
Es wird also deutlich, dass die Sprachwissenschaft bei der linguistischen Betrachtung zwischen verschiedenen Ausprägungen von DDR-Sprache unterscheidet. Es wird unter anderem Bezug auf die formale Sprache der SED (in Form von politischer Sprache) genommen oder zum Beispiel auf die Sprache des DDR-Bürgers (als besondere Form von Alltagssprache). Häufig ist hier eine Zuordnung zu finden, welche die politischen Vorgaben der SED mit dem Denken und Sprechen der DDR-Bürger gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung ist jedoch recht problematisch und kritisch zu betrachten. Eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Sprachebenen erscheint daher sinnvoll.
Im Gegensatz zur DDR-Sprache fand die NVA-Sprache in der Linguistikforschung geringere Beachtung. Daher soll diese Sprachvarietät in der nachfolgenden Hausarbeit näher untersucht werden.
Der für die Einleitung ausgewählte Gedichttext vom „Wort als Waffe“ (Auch das Wort muss Waffe sein 1980, 3) macht bereits deutlich, wie prägend Sprachgebrauch sein kann. Anschaulich wird diese Wahrnehmung in der gesamten Festschrift zum 25. Jahrestag der NVA-Gründung...
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Gegenstand, Zielsetzung, Vorgehen, Korpus.
- 2.1 Gegenstand und Zielsetzung
- 2.2 Vorüberlegungen und Vorgehen.
- 2.3 Textkorpus. .
- 3 Das kommunikative Umfeld der Filmtexte..
- 3.1 Die politische Situation in der DDR Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre
- 3.1.1 Entwicklung von der SBZ zur DDR.
- 3.1.2 Innen- und Außenpolitische Krisen .
- 3.2 Zur Rolle und zum Selbstverständnis der NVA in der DDR.
- 3.2.1 Kasernierte Volkspolizei (KVP).
- 3.2.2 Legitimation als „Nationale Volksarmee“ (NVA).
- 3.2.3 Einführung der Wehrpflicht
- 3.2.4 Rolle der Traditionspflege..
- 3.3 Filme als Mittel der politischen Agitation in der und für die NVA .
- 3.3.1 Der Film als Propagandainstrument .
- 3.3.2 Das,,Armeefilmstudio“.
- 3.3.2.1 „Ausbildungsfilme“
- 3.3.2.2,,Armeefilmschauen“
- 3.3.2.3,,Dokumentationsfilme“
- 3.3.3 Präsentationsorte und Ziele von NVA-Filmen ..
- Analyse der sprachlichen Mittel der Feindbildkonstruktion in den Drehbuchtexten.
- Untersuchung der Verwendung von Schlagworten und Neologismen als Mittel der politischen Propaganda.
- Bestimmung des varietätenlinguistischen Status der Sprache in den NVA-Filmen, insbesondere im Hinblick auf die Soldatensprache.
- Analyse des kommunikativen Kontextes der Filme und deren Rolle im politischen System der DDR.
- Beurteilung der Wirkung der Filme auf das Publikum im Hinblick auf die politische Indoktrination.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der linguistischen Untersuchung der Sprache in Drehbuchtexten für „Dokumentations- und Ausbildungsfilme“ der NVA, die in der DDR zwischen 1961 und 1965 produziert wurden. Ziel der Untersuchung ist es, die sprachlichen Besonderheiten dieser Textsorte zu analysieren und deren Funktion im Kontext der politischen Agitation in der und für die NVA zu beleuchten.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 erläutert den Gegenstand und die Zielsetzung der Arbeit, sowie das Vorgehen und den Textkorpus. Kapitel 3 beleuchtet das kommunikative Umfeld der Filmtexte und geht auf die politische Situation in der DDR, die Rolle der NVA und die Verwendung von Filmen als Propagandainstrument ein. Kapitel 4 beschäftigt sich mit linguistischen und medienwissenschaftlichen Vorüberlegungen, wie dem Zusammenhang von Politik, Ideologie und Sprache, der politischen Sprache, der Ideologiesprache und ihren Charakteristika, sowie dem varietätenlinguistischen Status der Sprache in den NVA-Filmen. In Kapitel 5 werden empirische Untersuchungen von Drehbuchtexten für „Dokumentationsfilme“ durchgeführt. Dabei werden die Inhalte der ausgewählten Filme beschrieben und die Schlagwörter und Neologismen in den Drehbüchern analysiert.
Schlüsselwörter
NVA, DDR, politische Agitation, Propaganda, Sprache, Ideologie, Feindbildkonstruktion, Schlagwörter, Neologismen, Soldatensprache, Kommunikation, Filmdrehbuch, Dokumentationsfilm.
- Citation du texte
- Siri Anja Müller (Auteur), 2005, Die Sprache der NVA in den Ausbildungs- und Dokumentationsfilmen der NVA, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51554