Die erklärende und verstehende Diagnostik beschäftigt sich mit der Rekonstruktion von individuell menschlichen Entwicklungsverläufen aus der Vergangenheit und Gegenwart und der Rehistorisierung der eigenen persönlichen Lebensgeschichte zur Möglichkeit von verstehenden und humanitären Momenten auf beiden Seiten der beteiligten Personen im diagnostischen Prozess. Zielsetzung ist es, die sozial isolierenden Bedingungen und die veränderte soziale Entwicklungsmöglichkeit transparent darzustellen und die jeweilige individuelle Entwicklungslogik des Betroffenen als Diagnostiker sich erklären und verstehen zu können. Die Wertschätzung und der eigenen Spiegelung als Diagnostiker im Betroffenen erzielt einen „Fall von meinesgleichen“, womit die rehistorisierende und soziale Zugehörigkeit auf der Seite des Betroffenen ihr Ziel findet. Diese diagnostische Methode verfährt nach einer wissenschaftlichen Symdromanalyse und befindet sich zuerst auf der abstrakten Beschreibungsebene des psychosozialen „abweichenden“ Verhaltens. Im zweiten Schritt wird die Symptomatsierung auf die konkreten sozialen Lebensprozesse des Betroffenen angewandt, womit die jeweilige individuelle Entwicklungslogik des Betroffenen feststellbar wird. Der dritte diagnostische Schritt beinhaltet den Aspekt der kognitiven und emotionalen Verstehensleistung des Diagnostikers, welcher im kommunikativen, dialogisierten und interaktiven Austausch die Rehistorisierung beim Betroffenen herbeiführen kann. Über diesen diagnostischen Prozess ist eine individual basierende Pflegebedarserhebung mit der Integration der eigenen Entwicklungslogik und –niveau, Realitätsbestimmung und Kompetenzverhalten zu den verschiedenen AEDL –Strukturkomponenten möglich, womit Pflege mit Menschen mit Demenz gemeinsam plan- und gezielt handelbar wird. Verstehende Pflege resp. sich dem Betroffenen verstehend anzunehmen, die Problematik in der Lebenssituation zu verstehen, sich gemeinsam verstehend auszutauschen und nach dem Realitätsbewusstsein und Entwicklungsniveau des Betroffenen zu handeln ist das verstehende Pflegeleitprinzip in der Pflege für Menschen mit Demenz, die diesen Betroffenen menschlich würdevollen und anerkennenden Respekt verleiht und rehabilitative Persönlichkeitsförderung auf der Ebene der eigenen Lebens- und Alltagskompetenz impliziert.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Beschreiben des psychosozialen Verhaltens von Menschen mit Demenz (nach der Syndromanalyse Lurias mit dem Aufsteigen ins Abstrakte)
- III. Erklären: Interpretation der empirischen Daten durch den Diagnostiker (das Aufsteigen vom Abstrakten zum Konkreten: Das Syndrom in der Fülle des Seins)
- IV. Verstehen des Syndroms in der konkreten Lebensgeschichte durch empathische und kontrollierte Verstehensleistung des Diagnostikers
- V. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die „verstehende Diagnostik“ als ersten Schritt im professionell geführten Pflegeprozess bei Menschen mit Demenz. Ziel ist es, die Bedeutung dieser Methode für eine individualisierte und ressourcenorientierte Pflege aufzuzeigen und die Möglichkeiten der Persönlichkeitsförderung zu beleuchten.
- Erklärende und verstehende Diagnostik
- Rehistorisierung und Ich-Identifizierung
- Individuelle Entwicklungslogik und Kompetenzorientierung
- Ressourcenorientierte Pflege und Persönlichkeitsförderung
- Gemeinsames Handeln durch gemeinsames Verstehen
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Dieser Abschnitt führt in die Thematik der verstehenden Diagnostik als Grundlage des Pflegeprozesses bei Demenz ein. Er stellt die Methodologie nach Jantzen vor und beschreibt das Ziel, die Lebens- und Kompetenzentwicklung des Betroffenen zu verstehen und so eine rehistorisierende Wirkung zu erzielen. Die zentrale These ist, dass gemeinsames Verstehen die Basis für gemeinsames Handeln bildet.
II. Beschreiben des psychosozialen Verhaltens von Menschen mit Demenz (nach der Syndromanalyse Lurias mit dem Aufsteigen ins Abstrakte): Dieses Kapitel beschreibt die Anwendung der Syndromanalyse nach Luria zur Beschreibung des psychosozialen Verhaltens von Menschen mit Demenz. Es fokussiert auf die abstrakte Beschreibungsebene des „abweichenden Verhaltens“ und legt den Grundstein für die nachfolgende Interpretation und das Verständnis der konkreten Lebensgeschichte des Betroffenen. Der Fokus liegt auf der systematischen Analyse des Verhaltens um ein Verständnis für die zugrundeliegenden Muster zu entwickeln.
III. Erklären: Interpretation der empirischen Daten durch den Diagnostiker (das Aufsteigen vom Abstrakten zum Konkreten: Das Syndrom in der Fülle des Seins): Hier wird die Interpretation der im vorherigen Kapitel beschriebenen empirischen Daten durch den Diagnostiker beleuchtet. Der Fokus liegt auf dem Übergang von der abstrakten Beschreibung des Syndroms zur konkreten Anwendung im sozialen Leben des Betroffenen. Es wird verdeutlicht, wie die Symptomatik in den Kontext der individuellen Lebensgeschichte eingeordnet wird und wie ein tieferes Verständnis des individuellen Entwicklungsverlaufs erreicht wird.
IV. Verstehen des Syndroms in der konkreten Lebensgeschichte durch empathische und kontrollierte Verstehensleistung des Diagnostikers: In diesem Kapitel steht die kognitive und emotionale Verstehensleistung des Diagnostikers im Mittelpunkt. Durch einen kommunikativen und interaktiven Austausch soll die Rehistorisierung beim Betroffenen angeregt und die Möglichkeit der Selbstreflektion geschaffen werden. Dies bildet die Grundlage für eine individualisierte Pflegeplanung, die die individuelle Entwicklungslogik und das Kompetenzniveau des Betroffenen berücksichtigt.
Schlüsselwörter
Verstehende Diagnostik, Demenz, Pflegeprozess, Rehistorisierung, Entwicklungslogik, Kompetenzorientierung, Persönlichkeitsförderung, Ressourcenorientierte Pflege, Syndromanalyse, Empathie, Kommunikation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Verstehende Diagnostik bei Demenz
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die „verstehende Diagnostik“ als ersten Schritt im professionell geführten Pflegeprozess bei Menschen mit Demenz. Ziel ist es, die Bedeutung dieser Methode für eine individualisierte und ressourcenorientierte Pflege aufzuzeigen und die Möglichkeiten der Persönlichkeitsförderung zu beleuchten.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: erklärende und verstehende Diagnostik, Rehistorisierung und Ich-Identifizierung, individuelle Entwicklungslogik und Kompetenzorientierung, ressourcenorientierte Pflege und Persönlichkeitsförderung sowie gemeinsames Handeln durch gemeinsames Verstehen.
Welche Methode der Diagnostik steht im Mittelpunkt?
Im Mittelpunkt steht die verstehende Diagnostik, die als Grundlage für den gesamten Pflegeprozess bei Demenz dient. Dabei wird die Methodologie nach Jantzen angewendet, um die Lebens- und Kompetenzentwicklung des Betroffenen zu verstehen und eine rehistorisierende Wirkung zu erzielen.
Wie wird das psychosoziale Verhalten von Menschen mit Demenz beschrieben?
Das psychosoziale Verhalten wird anhand der Syndromanalyse nach Luria beschrieben. Dabei wird zunächst eine abstrakte Beschreibung des „abweichenden Verhaltens“ erstellt, um anschließend die Interpretation und das Verständnis der konkreten Lebensgeschichte des Betroffenen zu ermöglichen. Der Fokus liegt auf der systematischen Verhaltensanalyse.
Wie erfolgt die Interpretation der empirischen Daten?
Die Interpretation der empirischen Daten umfasst den Übergang von der abstrakten Beschreibung des Syndroms zur konkreten Anwendung im sozialen Leben des Betroffenen. Die Symptomatik wird in den Kontext der individuellen Lebensgeschichte eingeordnet, um ein tieferes Verständnis des individuellen Entwicklungsverlaufs zu erreichen.
Welche Rolle spielt die empathische und kontrollierte Verstehensleistung des Diagnostikers?
Die kognitive und emotionale Verstehensleistung des Diagnostikers ist zentral. Durch einen kommunikativen und interaktiven Austausch soll die Rehistorisierung beim Betroffenen angeregt und die Möglichkeit der Selbstreflektion geschaffen werden. Dies bildet die Grundlage für eine individualisierte Pflegeplanung.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Verstehende Diagnostik, Demenz, Pflegeprozess, Rehistorisierung, Entwicklungslogik, Kompetenzorientierung, Persönlichkeitsförderung, Ressourcenorientierte Pflege, Syndromanalyse, Empathie, Kommunikation.
Welches ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These ist, dass gemeinsames Verstehen die Basis für gemeinsames Handeln bildet.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Beschreibung des psychosozialen Verhaltens von Menschen mit Demenz, Interpretation der empirischen Daten, Verstehen des Syndroms in der konkreten Lebensgeschichte und Fazit.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Bedeutung der verstehenden Diagnostik für eine individualisierte und ressourcenorientierte Pflege bei Menschen mit Demenz aufzuzeigen und die Möglichkeiten der Persönlichkeitsförderung zu beleuchten.
- Quote paper
- Dipl. Berufspädagoge der Pflegewissenschaft Oliver Finck (Author), 2001, Die 'Verstehende Diagnostik' als erster Schritt im professionell geführten Pflegeprozess bei Demenzerkrankten , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51455