In dieser Arbeit soll versucht werden, die Globalisierung als eine marktmächtige Tendenz zu betrachten und nicht als etwas Statisches, das einfach nur ist. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, der gestaltungsfähig ist, allerdings müssen sich dafür die beteiligten Akteure die entsprechenden Kanäle erschließen, innerhalb derer eine Gestaltung möglich wird. Denn schon die Tendenz lässt erkennen, dass bei einer fraglosen Anpassung an die Zwänge der weltweiten Waren- und Finanzmärkte neue Möglichkeiten politischen Handelns jenseits herkömmlicher nationalstaatlicher Konzepte ausgeblendet werden. Dadurch entstehen oder erhalten sich Bedingungen einer rein marktorientierten Globalisierung, in deren Rahmen die moderne Massendemokratie in Gefahr gerät. Einige konstitutive Voraussetzungen moderner demokratischer Gesellschaften werden konterkariert, so der Nationalstaat, dessen territoriale Bindung der demokratischen Gemeinschaft perforiert wird. Zudem führt eine Anpassung an marktliberale Forderungen, damit verbundener Abbau der sozialen Sicherungssysteme und Unterhöhlung des sozialstaatlichen Konsens, zu einem Zusammenbruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wenn dieser aufgebrochen ist, vergrößert sich die Schere zwischen arm und reich und damit zunehmend auch zwischen mächtig und ohnmächtig. Dabei wird offenbar, wie abstrakt die Vorstellung einer Gemeinschaft freier und gleicher Bürger ist, die ebenso frei und gleich am politischen Prozess partizipieren sollten. Das Gefühl einer nationalen Gemeinschaft muss dadurch entweder geschwächt werden oder es ergeht sich in noch weitaus übersteigerte mythologische Bindungen, wobei eine Rückentwicklung zu autoritären Mustern nicht mehr ausgeschlossen ist. Die Gestaltungsmöglichkeiten von Demokratie werden damit immens eingeschränkt.
Von dieser nicht wünschenswerten Perspektive ausgehend, soll Ziel dieser Arbeit sein, die Chancen von Demokratie innerhalb sich zunehmend globalisierender Gesellschaften herauszustellen, die sich momentan noch von einem „autoritären Liberalismus“ oder einer „Marktdiktatur“ bedroht sehen. Diese Möglichkeiten ergeben sich bei einer Beachtung der Ambivalenzen des zyklisch verlaufenden Prozesses der Globalisierung. So wäre es erforderlich, dass sich neue lebensfähige Gemeinschaften partizipativer Bürger herausbilden, die in der Lage sind, gegenüber den Sachzwängen des Weltmarktes um Einfluss zu ringen. [...]
I. Einleitung
Seit der Begriff der Globalisierung Anfang der neunziger Jahre, zuerst in journalistischen Kreisen[1], sodann auch in der wissenschaftlichen Diskussion aufgetaucht ist, wird er als Problem bearbeitet, zu dem je nach Standpunkt völlig unterschiedliche, ja gegensätzliche Lösungen angeboten werden. Die wesentlichen Positionen besetzen dabei zum einen die entschiedenen Gegner der Globalisierung, die zu einer eher fatalistischen Beschwörung notwendigen Widerstands neigen.[2] Denen stehen die Leugner einer jeglichen Globalisierung gegenüber, die alles „Gerede“ davon als Täuschungsmanöver nationalstaatlicher Politiken entlarven wollen. Mitten in das Spannungsfeld dieser beiden Lesarten, setzen sich die marktliberalen Ökonomen, die den von nationalen politischen Rahmenbedingungen befreiten Markt begrüßen und Politik vornehmlich als politische Ökonomie der Globalisierung betrachten. Sie konstruieren die politischen Weltmarktzwänge, nach denen sich politisches Handeln notwendigerweise orientieren soll.
In dieser Arbeit soll versucht werden, die Globalisierung als eine marktmächtige Tendenz zu betrachten und nicht als etwas Statisches, das einfach nur ist. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, der gestaltungsfähig ist, allerdings müssen sich dafür die beteiligten Akteure die entsprechenden Kanäle erschließen, innerhalb derer eine Gestaltung möglich wird. Denn schon die Tendenz lässt erkennen, dass bei einer fraglosen Anpassung an die Zwänge der weltweiten Waren- und Finanzmärkte neue Möglichkeiten politischen Handelns jenseits herkömmlicher nationalstaatlicher Konzepte ausgeblendet werden. Dadurch entstehen oder erhalten sich Bedingungen einer rein marktorientierten Globalisierung, in deren Rahmen die moderne Massendemokratie in Gefahr gerät. Einige konstitutive Voraussetzungen moderner demokratischer Gesellschaften werden konterkariert, so der Nationalstaat, dessen territoriale Bindung der demokratischen Gemeinschaft perforiert wird. Zudem führt eine Anpassung an marktliberale Forderungen, damit verbundener Abbau der sozialen Sicherungssysteme und Unterhöhlung des sozialstaatlichen Konsens, zu einem Zusammenbruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wenn dieser aufgebrochen ist, vergrößert sich die Schere zwischen arm und reich und damit zunehmend auch zwischen mächtig und ohnmächtig. Dabei wird offenbar, wie abstrakt die Vorstellung einer Gemeinschaft freier und gleicher Bürger ist, die ebenso frei und gleich am politischen Prozess partizipieren sollten. Das Gefühl einer nationalen Gemeinschaft muss dadurch entweder geschwächt werden oder es ergeht sich in noch weitaus übersteigerte mythologische Bindungen, wobei eine Rückentwicklung zu autoritären Mustern nicht mehr ausgeschlossen ist. Die Gestaltungsmöglichkeiten von Demokratie werden damit immens eingeschränkt.
Von dieser nicht wünschenswerten Perspektive ausgehend, soll Ziel dieser Arbeit sein, die Chancen von Demokratie innerhalb sich zunehmend globalisierender Gesellschaften herauszustellen, die sich momentan noch von einem „autoritären Liberalismus“ oder einer „Marktdiktatur“ bedroht sehen. Diese Möglichkeiten ergeben sich bei einer Beachtung der Ambivalenzen des zyklisch verlaufenden Prozesses der Globalisierung.
So wäre es erforderlich, dass sich neue lebensfähige Gemeinschaften partizipativer Bürger herausbilden, die in der Lage sind, gegenüber den Sachzwängen des Weltmarktes um Einfluss zu ringen. Solche Gesellschaften könnten ebenso wie ökonomische Mächte die neuen Möglichkeiten von Telekommunikation und Transport nutzen. Das Internet, eigentlich ein Symbol der Globalisierung, soll also in seinen Möglichkeiten als demokratische Plattform betrachtet werden. Aus diesen neuen Gemeinschaften werden Konzeptionen einer Weltgesellschaft oder von Global Gouvernance entwickelt.
Der Staat hat mittels solcher Konzepte die Möglichkeit, seine Orientierung auf den Markt durch eine andere Perspektive zu ersetzen, was er angesichts der begrenzten Ressourcen unseres Umweltraumes auch tun muss. Zudem ist es erforderlich dem Problem der geringen Geschwindigkeit der politischen Meinungsbildung gegenüber der hohen der globalen Märkte beizukommen.
Innerhalb dieser neuen Chancen einer demokratischen Regulation der Gesellschaften der Erde, entsteht eine wachsende Rolle der NGO’s, auf welche hier ebenfalls kurz eingegangen werden soll.
II. Globalisierung - begriffliche Begründung
In diesem ersten Abschnitt soll dargestellt werden, was in dieser Arbeit unter dem Begriff Globalisierung subsumiert werden soll. Dabei wurde einerseits eine Unterteilung in die ökonomische und andererseits die (global-)gesellschaftliche Begründung der Globalisierung vorgenommen.
II. 1. Ökonomische Globalisierung
Als ökonomische Vereinheitlichung der Gesellschaften der Erde, ist Globalisierung ein Prozess der „Entbettung“ der Ökonomie aus sozialen und politischen Zusammenhängen, die die Marktwirtschaft, also das kapitalistische Prinzip als gesellschaftliche Totalität, wie sie seit der Industrialisierung existiert, voraussetzt[3]. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht in allen Teilen der Welt gleichermaßen gegeben, weshalb man die Globalisierung von einer Internationalisierung unterscheiden muss. Internationalisierung meint, dass sich die zunehmenden Wirtschaftsverflechtungen nach wie vor auf die großen kontinentalen Wirtschaftsblöcke Europa, Asien und Amerika konzentrieren.
Das disembedding oder die Vermarktwirtschaftlichung ist aber eine dem kapitalistischen System eigene Tendenz, die auch noch nicht erfasste geographische Räume sowie Bereiche des gesellschaftlichen Lebens vereinnahmt. (Bei Habermas heißt das: „Kolonisierung der Lebenswelt“.[4] )
Auf der Ebene der makroökonomischen Daten lässt sich der Nachweis eines solchen Entwicklungssprungs der wirtschaftlichen Globalisierung nur schwer führen. Auch wenn empirisch nicht von dem einen Weltmarkt gesprochen werden kann, ist trotzdem eine Entgrenzung und enorme Beschleunigung der weltwirtschaftlichen Dynamik festzustellen. Man muss nicht von global vollständig integrierten Märkten ausgehen, um von einer Globalisierung als Prozess zu sprechen.
Historisch betrachtet ist das Kennzeichen dieses Prozesses, dass er nicht ohne Widersprüche und Gegenbewegungen abläuft, da es integrierende wie auch segmentierende Wirkungen gibt. Er intensiviert sich mit der Verselbständigung des Geldes gegenüber dem entbetteten Markt und der globalisierten Ökonomie, sowie mit der Herausbildung eines globalen Zeit- und Raumregimes. Zeit wird dabei der Ökonomie und ihrer Rationalität angepasst, wobei moderne Informations- und Kommunikationstechnologien als Werkzeug dienen. Dies bewirkt, dass die kulturellen und traditionellen Unterschiede der Raum-Zeit-Erfahrung verloren gehen und eine computer-gesteuerte „Echtzeit“ , die mit den Zeit-Raum-Vorstellungen historischer Gesellschaften nur noch wenig zu tun hat, installiert wird. Dieses Phänomen kann als „Globalisierung der Zeit“[5] charakterisiert werden. Unter den beschriebenen Bedingungen und bei extrem verkürzten Produktlebenszyklen wird „Zeitwettbewerb“ zur kritischen Größe des Erfolgs am internationalisierten Markt. Die bereits von Marx analysierte Beschleunigung des Zirkulationsprozesses des Kapitals scheint im Zuge der Globalisierung eine neue Qualität zu gewinnen.[6] Denn die kürzeren Zeiten resultieren aus einer Beschleunigung der Raumüberwindung, wodurch Distanzen zunehmend bedeutungslos werden. Technisch wird mit Hilfe von fossilen und nuklearen Energieträgern die räumliche Reichweite menschlichen Tuns ausgedehnt und mit modernen Kommunikations- und Transportmitteln die Raumüberwindung beschleunigt. Bei Paul Virilio heißt das: „die Geschwindigkeit frisst den Raum“[7].
Das bedeutet auch, dass die territorialen natürlichen Konkurrenzgrenzen zwischen den Standorten ihre Bedeutung verlieren. Mit der wachsenden Intensität des weltweiten Wettbewerbs erhöht sich der Anpassungsdruck und ein Handeln, das diesem Druck nachgibt, bewirkt eine Beschleunigung des Wandels. Diese vergrößert die Synchronisationsprobleme in der Gesellschaft, die über demokratisch-diskursive Partizipation, Aushandlungsprozesse und Kontrolle von Entscheidungen bewerkstelligt werden sollen und dabei einem sozialen Rhythmus folgen, der nicht zur Beschleunigungsdynamik passt.
Sobald die Geschwindigkeit der sozialen Synchronisation zum „Standortfaktor“ oder Störfaktor wird, wird der Entbettungsmechanismus weiter vorangetrieben.
Die Ergebnisse dieses disembedding wirken als Sachzwänge auf die Gesellschaft zurück und nötigen nationale Politik zu Anpassungshandlungen - in Bezug auf die Entwicklungsländer nennt man dies auch gerne Strukturanpassung.
Diese Anpassung findet über einen vieldimensionalen und widersprüchlichen Prozess statt, durch den soziale, ökonomische und politische Netzwerke entstehen und sich verbreiten.
Zuerst tritt da der Geldmarkt mit seiner globalen Ausdehnung in Erscheinung, gesellschaftlich notwendige Arbeit wird per Geld in Wert gesetzt, somit wird über das Geld Gesellschaftlichkeit hergestellt und Erfolg oder Misserfolg in der Gesellschaft projiziert. Der Geldmarkt hat sich jedoch vom Warenmarkt emanzipiert und definiert als geldgesellschaftliche Norm das System der gesellschaftlichen Arbeit. Das heißt Zinsen und Wechselkurse steuern die Güter- und Dienstleistungsmärkte, wovon Beschäftigungsniveau und Löhne der nationalen Ökonomien erheblich abhängen.
Über einen internationalen Club der Geldvermögensbesitzer üben die Finanzmärkte eine strukturelle Hegemonie aus und nationale Politik gerät dabei unter Druck[8]. Telekommunikationsnetze und elektronische Medien wirken ebenfalls als Kräfte der Dezentrierung von Souveränität, indem sie die Raum-Zeit-Koordinaten zwar ökonomisch-funktional komprimieren, jedoch die Herstellung von Öffentlichkeit und demokratischer Partizipation an Entscheidungen erschweren.
Die Kommunikations- und Mediennetze sind für gesellschaftliche Randgruppen oftmals der einzige Kontakt zur Außenwelt und zusätzlich für die Herstellung von politischer Öffentlichkeit die entscheidende Schnittstelle, die allerdings auch vorwiegend nach ökonomischen Grundsätzen funktioniert. Die politischen Akteure müssen sich dabei vermehrt dieser Schnittstelle bedienen und geraten so unter die Ägide des Marktes.
Die Netzwerke wirken mit an einer Erosion des Nationalstaates und damit auch der einzigen Rechtsquelle für liberale Freiheiten, soziale Sicherheit und Menschenrechte.
Zusätzlich hat die Bedeutung transnationaler Konzerne zugenommen, die über 50 Prozent aller wirtschaftlichen Wertschöpfung regieren und sich dabei staatlicher Einflussnahme von Seiten der Regierungen entziehen, doch genau diese Regierungen müssen die Verantwortung für beispielsweise die hohe Arbeitslosigkeit tragen. Globalisierung heißt außerdem Denationalisierung. Die Einlösung des Souveränitätsversprechens im Inneren der Nationalstaaten ist an die Aufgabe des Souveränitätsversprechens nach Außen gebunden. Die politischen Ziele der Wohlfahrtssteigerung können die Staaten nur in Kooperation und Konkurrenz mit anderen im Rahmen der Weltwirtschaft verwirklichen, d.h. die Anarchie zwischen Territorialstaaten im internationalen System nimmt ab. Zusätzlich wird jedoch der Status der Territorialität aufgeweicht, weil auch die wirtschaftlichen Prozesse entterritorialisiert werden und bei den souveränen Nationalstaaten vollzieht sich eine Transformation hin zu „nationalen Wettbewerbsstaaten“[9]. Trotz wachsender Interdependenz zwischen den verschiedenen Wirtschaftsräumen muss also nach wie vor von einer gespaltenen, fragmentierten Weltwirtschaft gesprochen werden.
[...]
[1] Eine international viel diskutierte Arbeit dieser Zeit ist die von Hans-Peter Martin und Harald Schumann, Die Globalisierungsfalle, Reinbek 1996.
[2] Jürgen Hoffmann, Ambivalenzen des Globalisierungsprozesses Chancen und Risiken der Globalisierung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 23/99 4.Juni 1999, S. 3 ff.
[3] Karl Polanyi, The Great Transformation, Frankfurt am Main 1978.
[4] Jürgen Habermas, Jenseits des Nationalstaats, in: Ulrich Beck (Hrsg.), Politik der Globalisierung, Frankfurt am Main 1998, S. 68.
[5] Paul Virilio, Ereignislandschaft, Berlin 1999.
[6] Elmar Altvater/ Birgit Mahnkopf, Grenzen der Globalisierung. Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft, Münster 1996, S. 336 ff.
[7] Paul Virilio, Ereignislandschaft, Berlin 1999. S.26
[8] Altvater/Mahnkopf (Fußnote 6), S. 150 ff.
[9] Joachim Hirsch, Der nationale Wettbewerbsstaat, Berlin-Amsterdam 1995
- Arbeit zitieren
- M.A. Birk Töpfer (Autor:in), 2002, Globalisierung und Demokratie – Chance oder Krise?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51383
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