Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die wichtigsten theoretischen Grundlagen der „Insurance Distribution Directive“ (im Folgenden nur noch IDD) aufzuzeigen und ihre Auswirkungen auf den Versicherungsvertrieb empirisch zu untersuchen. Aufgrund einer Vielzahl an Anforderungen in Bezug auf die Beratung und Betreuung von Kunden wird die Vertriebsrichtlinie als massive Einschränkung für den Versicherungsvertrieb bezeichnet. Um der Problemstellung nachzugehen, wurden im ersten Schritt, neben den Besonderheiten des Versicherungsmarktes, auch die Besonderheiten der Versicherungsprodukte theoretisch dargestellt. Ehe die Grundlagen der IDD und die der Vorgängerrichtlinie Insurance Mediation Directive (im Folgenden nur noch IMD) ausgearbeitet werden, erfolgt ein Überblick über die allgemeinen regulatorischen Maßnahmen.
Mit rund 513.000 Beschäftigten hat die Versicherungsbranche einen signifikanten Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt. Darunter befinden sich in etwa 220.800 selbstständige Vermittler und Berater und rund 292.200 Beschäftigte im Anstellungsverhältnis. Zusätzlich ist die Hauptaufgabe der Versicherungswirtschaft der Risikotransfer zwischen dem Versicherungsnehmer, als Bezieher der Leistung, und dem Versicherungsunternehmen, als Anbieter selbiger. Durch immer wiederkehrende Eingriffe des Gesetzgebers in die Versicherungswirtschaft, die Digitalisierung und die Schwierigkeit, Gewinne auf dem Kapitalmarkt zu erwirtschaften, steht die Versicherungsbranche vor einem Umbruch. Außerdem ist davon auszugehen, dass sich das Konsumentenverhalten in Zukunft ändert und die Branche somit auf neue Prozesse und Produktwelten zurückgreifen müssen wird. In folgender Arbeit soll vor allem das Eingreifen des Gesetzgebers prophylaktisch anhand der Richtlinien IMD und IDD dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
2 Besonderheiten des Versicherungsmarktes
2.1 Begriffsdefinition
2.2 Rahmenbedingungen des Versicherungsmarktes
2.3 Besonderheiten von Versicherungsprodukten
2.4 Interesse an Versicherungsprodukten
3 Regulatorische Bestrebungen und Richtlinien zum Schutz des Verbrauchers
3.1 Allgemeine regulatorische Herausforderungen
3.2 Vorgänger Insurance Mediation Directive
3.3 Grundlagen der Insurance Distribution Directive
3.3.1 Verhaltens- und Kommunikationspflichten
3.3.2 Besondere Informationspflichten
3.3.3 Vermeidungs- und Offenlegungspflichten
3.3.4 Vergütungspflichten
4 Empirische Untersuchung zu den Auswirkungen der Insurance Distribution Directive auf den Versicherungsvertrieb
4.1 Begriffsdefinition
4.2 Forschungsfrage und Ziel der Umfrage
4.3 Konstruktion der Umfrage
4.4 Durchführung der Umfrage
4.5 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse
4.6 Diskussion
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Abstract
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die wichtigsten theoretischen Grundlagen der „Insurance Distribution Directive“ (im Folgenden nur noch IDD) aufzuzeigen und ihre Auswirkungen auf den Versicherungsvertrieb empirisch zu untersuchen. Aufgrund einer Vielzahl an Anforderungen in Bezug auf die Beratung und Betreuung von Kunden (vgl. Beenken, 2018, S. 77), wird die Vertriebsrichtlinie als massive Einschränkung für den Versicherungsvertrieb bezeichnet (vgl. Mangei, 2018, S. 141).
Um der Problemstellung nachzugehen, wurden im ersten Schritt, neben den Besonderheiten des Versicherungsmarktes, auch die Besonderheiten der Versicherungsprodukte theoretisch dargestellt. Ehe die Grundlagen der IDD und die der Vorgängerrichtlinie Insurance Mediation Directive (im Folgenden nur noch IMD) ausgearbeitet werden, erfolgt ein Überblick über die allgemeinen regulatorischen Maßnahmen.
Zur Prüfung der Auswirkungen wurde eine Online-Umfrage erstellt. Das Ergebnis der Umfrage bestätigt zum großen Teil die Annahme, dass die Richtlinie Mitarbeiter des Versicherungsvertriebs in ihrer Tätigkeit einschränkt.
1 Einleitung
Mit rund 513.000 Beschäftigten hat die Versicherungsbranche einen signifikanten Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt. Darunter befinden sich in etwa 220.800 selbstständige Vermittler und Berater und rund 292.200 Beschäftigte im Anstellungsverhältnis (vgl. GDV e.V. Statistisches Taschenbuch, 2018, S. 10). Zusätzlich ist die Hauptaufgabe der Versicherungswirtschaft der Risikotransfer zwischen dem Versicherungsnehmer, als Bezieher der Leistung, und dem Versicherungsunternehmen, als Anbieter selbiger (vgl. Farny, 2011, S. 10).
Durch immer wiederkehrende Eingriffe des Gesetzgebers in die Versicherungswirtschaft, die Digitalisierung und die Schwierigkeit, Gewinne auf dem Kapitalmarkt zu erwirtschaften, steht die Versicherungsbranche vor einem Umbruch (vgl. Lohse/Will, 2018, S. 3). Außerdem ist davon auszugehen, dass sich das Konsumentenverhalten in Zukunft ändert und die Branche somit auf neue Prozesse und Produktwelten zurückgreifen müssen wird (vgl. Reich, 2018, S. 35). In folgender Arbeit soll vor allem das Eingreifen des Gesetzgebers prophylaktisch anhand der Richtlinien IMD und IDD dargestellt werden.
Die IMD wurde von der Europäischen Union als erste Vermittlungsrichtlinie ins Leben gerufen und sollte die Qualität der Beratung der Versicherungsvertreiber verbessern (vgl. Höckmayr, 2012, S. 3). Obwohl das Ziel, die Beratungsqualität zu steigern, erreicht worden ist, wurde die IDD als zweite Richtlinie entwickelt, da die Transparenz des Marktes durch die IMD nicht optimiert wurde (vgl. Höckmayr, 2012, S. 207). Mit Eingriff des Staates in die Prozesse der Unternehmen sollten sowohl die Transparenz als auch die Vereinheitlichung des Marktes vorangetrieben werden (vgl. ppi, 2016).
Unter Berücksichtigung des Versicherungsmarktes und den theoretischen Grundlagen der IDD soll analysiert werden, welche Auswirkungen die Richtlinie auf den Versicherungsvertrieb hat.
2 Besonderheiten des Versicherungsmarktes
2.1 Begriffsdefinition
Im allgemeinen Volksmund wird der Begriff der „Versicherung“ pauschalisiert. Dieser dient sowohl als Beschreibung für das Produkt eines Versicherungsunternehmens als auch als Umschreibung für das Versicherungsunternehmen selbst. Beides soll im Folgenden näher dargelegt werden. Auch seien die beiden Bezeichnungen des Versicherungsnehmers und des Versicherungskonsumenten voneinander zu unterscheiden.
Während unter dem Begriff des Versicherungskonsumenten auch potenzielle Käufer von Versicherungsprodukten verstanden werden, sind Versicherungsnehmer natürliche oder juristische Personen, welche bereits Partei eines Versicherungsvertrages sind. Ergänzend hierzu soll betont werden, dass, obwohl ein Versicherungsnehmer Vertragspartner einer Versicherungsgesellschaft ist, eine andere Person die versicherte Person sein kann (vgl. JuraForum, 2019).
Grundlegend können die beiden Begriffe Versicherung als Leistung und Versicherung als Institution in die beiden Begriffe Versicherungsprodukt (Leistung) und Versicherungsunternehmen (Institution) unterteilt werden. Das Versicherungsunternehmen ist ergänzenden zum vorherigen Absatz, zusätzlich zum Versicherungsnehmer, die zweite Vertragspartei eines Versicherungsvertrags. Dieses versteht sich als Produzent von Versicherungsschutz und gleichermaßen als Anbieter der Leistungen an Versicherungsnehmer und potenzielle Konsumenten (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 2019). Das Versicherungsprodukt hingegen verteilt das Risiko eines Einzelnen, unter Berücksichtigung der theoretischen Wahrscheinlichkeit des Eintretens, auf eine Vielzahl gleichartiger Risiken (vgl. Führer/Grimmer, 2009, S.21). Zusätzlich stellt die Versicherungsleistung für den Versicherungsnehmer ein Versprechen für die Zukunft dar. Hierbei wird dem Versicherungsnehmer ein vorab festgelegter Zustand in der Zukunft garantiert. Eine Unterscheidung der Zusage auf einen finanziellen Beistand oder einen Gegenstand erfolgt nicht (vgl. Müller, 1981, S. 81-84). Da bei Vertragsabschluss eine bestimmte, auch vom Kunden beeinflussbare, Vertragslaufzeit festgelegt wird, gelten die Zusicherungen an den Versicherungsnehmer über die komplette Vertragslaufzeit und erfordern eine dauerhafte Produktion seitens der Versicherung als Institution (vgl. Corsten, 1994, S. 67).
2.2 Rahmenbedingungen des Versicherungsmarktes
Eine der wohl wichtigsten Rahmenbedingungen für die Versicherungsbranche stellt die demographische Entwicklung dar. Dieser ist, bezogen auf das Konsumentenverhalten, eine hohe Bedeutung zuzuschreiben (vgl. Lohse/Will, 2018, S. 5). Das Alterssicherungssystem in Deutschland setzt sich aus drei entscheidenden Säulen zusammen. Die Absicherung für das Alter beinhaltet die gesetzliche, die betriebliche und zu guter Letzt die private Vorsorge (vgl. Finanztip, 2018). Die Grundlage der gesetzlichen Altersvorsorge ist im Sozialgesetzbuch VI verankert. Mittels Umlageverfahren, welches im Generationenvertrag festgelegt ist, sollen die Einnahmen durch die Beitragszahlungen Erwerbstätiger die Beitragsauszahlungen an die Bezieher der gesetzlichen Rente decken (§ 153 SGB VI). Die immer weiter zunehmende Verschiebung der Altersstruktur, mit einem wachsenden Anteil älterer Mitbürger gegenüber den jüngeren Generationen, stellt die Deutsche Rentenversicherung vor immer größere finanzielle Herausforderungen. Schlussendlich gewinnen die betriebliche und die private Altersvorsorge immer mehr an Relevanz und erfordern die Anpassung und Einführung von entsprechenden Absicherungs- und Vorsorgeprodukten (vgl. Lohse/Will, 2018, S. 5).
Da Versicherungsunternehmen nicht nur Produzenten von Versicherungsschutz, sondern auch Finanzdienstleister sind, stellt die Niedrigzinsphase eine zusätzliche Hürde dar (vgl. Lohse/Will, 2018, S. 5). Die letzte Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 resultierte aus einer Krise auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt. Diese entwickelte sich mit der Zeit zu einer weltweiten Finanzkrise (vgl. Barenberg/Lohse, 2009, S. 14 f.), was zur Folge hatte, dass der Leitzins gesenkt wurde, um einem Rückgang der Nachfrage entgegenzuwirken (vgl. Kirmße, 2017, 295 f.). Infolge des, am Rekordtief befindlichen, Leitzinses, war es Finanzdienstleistern nicht möglich, die üblichen Gewinne am Kapitalmarkt herbeizuführen. Resultierend daraus mussten Finanzdienstleistungsunternehmen ihre Effizienz erhöhen und Kosten senken, um bestehen zu können (vgl. Bayrische Landes Bank, 2016, S. 12 f.).
Der wohl größte Umbruch steht der Versicherungsbranche in Bezug auf die Digitalisierung bevor. Allein durch die Entwicklung und den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken kam es zu Veränderungen bestehender Geschäftsmodelle. Diese bringen erhebliche Konsequenzen für die Personalplanung der Finanzdienstleister mit sich (vgl. Lohse/Will, 2018, S. 6). So planen große Unternehmen Stellenkürzungen von ca. 20% (vgl. Manager Magazin, 2018). Zusätzlich zur personellen Veränderung reformieren sich auch das Kundenverhalten und der Anspruch selbiger. So haben Versicherungskonsumenten die Möglichkeit, vor Abschluss einer Versicherung, das Leistungsspektrum und die Beiträge der einzelnen Versicherungsprodukte online einzusehen und gegenüberzustellen (vgl. Bühler, 2015, S. 22). Aufgrund der hohen Reichweite der Internets (in Deutschland nutzen 89% der Bevölkerung das Internet) und der neu entstandenen Konsumentenansprüchen müssen sich Versicherer immer mehr um den Ausbau eines weiteren Vertriebskanals bemühen – den Onlinevertrieb (vgl. wearesocial, 2019). Bereits im Jahr 2018 wurden 18,5% des Neugeschäfts in der KFZ-Versicherung über den Onlinevertrieb direkt abgewickelt (vgl. Bain&Company, 2015). Trotz der Kostensenkung über den Onlinevertrieb und des zunehmenden Marktanteils ist die digitale Variante mit weiteren Herausforderungen verbunden. So müssen Unternehmen den Schutz ihrer eigenen Daten und der der Kunden intensivieren, um diese vor Cyberangriffen zu sichern (vgl. Versicherungsforen Leipzig, 2016).
2.3 Besonderheiten von Versicherungsprodukten
Im Gegensatz zu Konsumgütern haben Versicherungsprodukte zahlreiche Besonderheiten, welche den Absatz dieser hemmen und erschweren (vgl. Farny, 1971, S.8).
Eine dieser Besonderheiten, welche zugleich das Grundmerkmal einer Versicherung ist, ist die Immaterialität. Bei Abschluss einer Versicherung kommt es zum Risikotransfer zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsnehmer. Dieser ist, im Gegensatz zu anderen materiellen Produkten, für den Kunden nicht greifbar und vorstellbar. Vereint mit der Immaterialität und der schwierigen Erfassbarkeit eines Versicherungsproduktes durch komplexe Versicherungsbedingungen und Vertragsbestimmungen resultiert ein hoher Erklärungsbedarf. Trotz Erfahrungs- und Wissensübermittlung kann davon ausgegangen werden, dass einem Versicherungsnehmer und potenziellen Konsumenten eine Bewertung der Leistung nicht möglich ist (vgl. Farny, 1971, S. 8).
Verglichen mit der Konsumgüterindustrie wird deutlich, dass Prestige ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung zum Erwerb eines bestimmten Gutes sein kann, da es zu den grundlegenden Bedürfnissen eines Menschen gehört, in der Gesellschaft ein hohes Ansehen zu erlangen (vgl. teachSam, 2019). So belief sich beispielsweise der Absatz des Apple iPhones, trotz stetig steigender Preise, im letzten Quartal des Jahres 2018 auf 68,4 Mio. Stück (vgl. Statista, 2018). Im Gegensatz hierzu sind Versicherungsprodukte fernab von jeglichem Geltungsstreben und Prestige (vgl. Farny, 1971, S. 8). Des Weiteren kann sich ein Versicherungsnehmer anderen gegenüber nicht profilieren, indem er beispielsweise Produkte von einer bestimmten Gesellschaft bezieht, da Versicherungsbedingungen keinerlei Schutzrechten unterliegen und oft, sogar innerhalb weniger Monate, von anderen Konkurrenten kopiert und am Markt angeboten werden (vgl. Kubli, 1988, S.87). Erschwerend kommt hinzu, dass Konsumenten ihren Bedarf, welcher erst aufgezeigt werden muss (vgl. Delisle, 1988, S. 3), meist nicht kennen und kein Verlangen nach Versicherungsprodukten haben.
Im Gegensatz zu einem Versicherungsprodukt kann der Käufer bei Erwerb eines Elektronikgeräts das Produkt sofort nutzen und sich von der entsprechenden Qualität überzeugen. Bei einem Versicherungsprodukt liegen der Erwerb und die, wenn überhaupt notwendige, Leistung zeitlich meist weit auseinander. Der Versicherungsnehmer holt sich eine Leistung in der Zukunft ein und kann sich erst dann von der Qualität des Produktes überzeugen. An einfachsten ist dies am Beispiel einer privaten Rentenversicherung festzustellen. Der durchschnittliche Zeitraum, in dem der Versicherungsnehmer Prämien an das Versicherungsunternehmen zahlt (Aufschubdauer), beträgt 30,6 Jahre (vgl. GDV e.V. Geschäftsentwicklung 2005, S. 34). Auch wird die Leistung eines Versicherungsproduktes, sofern diese nicht zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers ausbezahlt wird, wird zum größten Teil mit einem negativen Ereignis in Verbindung gebracht (vgl. Helten, 1994, S. 195). Beispiele für diese Versicherungen sind zum einen die Unfallversicherung, welche bei Invalidität des Versicherungsnehmers leistet, zum anderen die Lebensversicherung, welche die Zahlung einer entsprechenden Geld- und Hilfeleistung an die Hinterbliebenen der versicherten Person bewirkt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Vertrieb von Versicherungsprodukten als äußerst schwierig gestalten kann. Vor allem die Besonderheiten der Produkte verdeutlichen, dass gesonderte Maßnahmen und erhöhte Anstrengungen im Bereich des Marketing und des Vertriebs notwendig sind, um überhaupt Bedürfnisse zu wecken (vgl. Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 672-677). Ein weiterer Ansatz zur Erklärung der Schwierigkeiten im Vertrieb ist das schlechte Image von Versicherungen und deren Vermittlern. Dieses hat sich erneut im Jahre 2017 bei einer Bürgerbefragung zum Ansehen einzelner Berufsgruppen herauskristallisiert (vgl. DBB Beamtenbund und Tarifunion, 2017, S. 8).
2.4 Interesse an Versicherungsprodukten
Trotz des geschätzten höheren Wissens- und Informationsstandes, infolge der gegebenen Möglichkeiten durch das Internet, hat sich das Verhalten der Konsumenten in den letzten Jahren in der Versicherungsbranche, im Gegensatz zur anderen Wirtschaftszweigen, nur minimal verändert (vgl. Reich, 2018, S. 53). Einer der Gründe hierfür könnte das mangelnde Interesse an der Versicherungsbranche sein.
Abb.1: Interesse an Produkten/Branchen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Hujber, 2005, S. 135
In Abbildung 1 wird aufgezeigt, dass 72% der Befragten gar kein oder nur wenig Interesse an Versicherungsprodukten haben. Von besonderem Interesse für die Zukunft der Versicherungsbranche ist die Tatsache, dass bei den potenziellen Konsumenten im Alter zwischen 14 und 29 Jahren sogar 73% angegeben haben, überhaupt kein Interesse an Versicherungen zu haben (vgl. Hujber, 2005, S. 135). Auch im Bedarfsfall bekunden potenzielle Konsumenten nur wenig Interesse an Versicherungsprodukten (vgl. Hujber, 2005, S. 136). Aus diesen Erkenntnissen lässt sich schließen, dass Versicherungen ein „Low-Interest-Produkt“ sind.
Ein Ansatz zur Erklärung des Desinteresses an Versicherungsprodukten ist die Komplexität und Intangibilität der Versicherungsleistungen, die zum Verständnis einer hohen intellektuellen Anstrengung bedürfen (vgl. Reich, 2018, S. 52). Außerdem ist ein enormes Informationsdefizit zu erkennen, da nur rund ein Drittel der privaten Versicherungskonsumenten angegeben hat, dass sie sich gut in Versicherungsangelegenheiten auskennen (vgl. Hujber, 2005, S. 135). Das Informationsdefizit resultiert nicht aus dem Mangel an Informationen und der Möglichkeit, diese einzusehen, sondern aus Mangel an der Informationsbereitschaft des Einzelnen (vgl. Noelle-Neumann/Geiger, 1988, S 1233). Die unzureichende Kenntnis im Versicherungsbereich wird zumeist versucht auszugleichen, indem eine Vertrauensperson, ein sogenannter Meinungsführer, vor Kaufentscheidung zu Rate gezogen wird (vgl. Muth, 1988, S. 1586). Selbst bei der Entscheidung über den Abschluss einer KFZ-Versicherung, welches ein eher einfaches und verständliches Produkt der Versicherungsbranche darstellt, werden in 60% der Fälle die Familie und/oder Bekannte miteinbezogen (vgl. Mayerhofer, 2009, S. 118 f.). Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl derjenigen, welche sich von vertrauten Personen beraten lassen, bei Produkten mit höherer Komplexität zunimmt.
Die Tatsachen legen offensichtlich dar, dass nur bei einem geringen Anteil der Bevölkerung wirkliches Interesse für Versicherungen besteht. Diese Tatbestände weisen hauptsächlich darauf hin, dass Versicherungsprodukte fremdinitiierte Produkte sind, welche nach einer stärkeren Aktivierung der Konsumenten verlangen. Im Wesentlichen kann auch davon ausgegangen werden, dass die Informationszuflüsse und Botschaften vom Konsumenten, aufgrund des mangelnden Interesses, nicht wahrgenommen werden (vgl. Zerres/Reich, 2010, S. 36).
3 Regulatorische Bestrebungen und Richtlinien zum Schutz des Verbrauchers
3.1 Allgemeine regulatorische Herausforderungen
Das Beispiel Bismarcks, welcher bereits im deutschen Kaiserreich die Sozialversicherung ins Leben rief, lässt erahnen, dass der Gesetzgeber sich stets maßgebend in die Versicherungswirtschaft einbringt. Die Versicherungswirtschaft muss sich auch heute häufig an neue Rahmenbedingungen und Veränderungen durch den Gesetzgeber oder Gerichtsurteile anpassen (vgl. Mangei, 2018, S. 140 f.). Diese Einschnitte in die Produktivität sind mit einem erhöhten Mehraufwand verbunden und beanspruchen hohen Einsatz an Arbeitskraft und Budget (vgl. Alt/Puschmann, 2016, S.). Im Folgenden soll eine Reihe von Änderungen aufgezeigt werden, infolge derer Versicherungsunternehmen ihre Prozesse und Anwendungen im Ganzen überarbeiten mussten.
Von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft wurden gleiche Bedingungen für Männer und Frauen, in Bezug auf die Inanspruchnahme von Gütern und Dienstleistungen, gewünscht (vgl. Münch/Riedel, 2005, S.457). Entscheidende Auswirkungen auf die Personenversicherungen hatte erst der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes im Jahre 2012. Seither darf das Geschlecht eines Versicherungskonsumenten keinen Einfluss mehr auf den Beitrag eines Versicherungsproduktes haben (vgl. Mangei, 2018, S. 142).
Neben der Vereinheitlichung der Tarife für Geschlechter wurde zusätzlich angestrebt, den Zahlungsverkehr in Europa zu vereinheitlichen. Das Ziel der Umstellung war die Erhöhung der Sicherheit für inländische und grenzüberschreitende Zahlungen. Dies sollte mit der Ablösung des nationalen Zahlungsverkehrs durch die „Single Euro Payments Area“ (SEPA) erfolgen. Zu Deutsch bedeutet dies „einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum“ (vgl. Mangei, 2018, S. 142). Zusätzlich wurden die nationalen Bankverbindungen im Februar 2014 auf die „International Bank Account Number“ (IBAN) und den „Bank Identifier Code“ (BIC) umgestellt (vgl. Schulz, 2013, S. 55). Allein am Beispiel der Allianz Deutschland AG lässt sich das Ausmaß der Änderung festmachen. So hatte diese im Jahre 2014 7,3 Millionen Kraftfahrzeuge (vgl. Allianz Geschäftsbericht, 2014, S. 9), bei denen eine Anpassung der Bankverbindungen unabdingbar war.
Zusätzlich zur Einheitlichkeit in der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern und der Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs trat die EU-Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 in Kraft und löste die bis dahin vorherrschende EG-Datenschutzrichtlinie ab (vgl. Mangei, 2018, S. 142).
3.2 Vorgänger Insurance Mediation Directive
Seit Einführung des Europäischen Wirtschaftsraums ist die Einrichtung des Binnenmarktes eines der anvisierten Ziele. Angestrebt wird ein freier Markt für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (vgl. Vertrag zur Gründung der EWG, 1957, S. 2). Eine Realisierung des Vorhabens wurde durch die Reglementierung durch europäische Richtlinien möglich (vgl. Püttgen, 2011, S. 47). Die ersten Versuche zur Regulierung des europäischen Versicherungsmarktes wurden bereits im Jahre 1976 mit der Vermittlerrichtlinie und im Jahre 1991 mit der Vermittlerempfehlung unternommen (vgl. Beenken, 2018, S. 78).
Die Europäische Gemeinschaft, als Nachfolgerin der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, erkannte im Jahre 1999, dass die bereits eingeführten Richtlinien nicht die ersehnte Erleichterung im Binnenmarkt bewirkten (2002/92/EG). Infolgedessen entstand im Jahre 2002 die IMD, welche 2007 implementiert wurde und die Neuregelung des Versicherungsvermittlergesetzes zur Folge hatte. Mit Inkrafttreten galt die Richtlinie für alle Versicherungsvertreter- und Makler.
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2019, Auswirkungen der Insurance Distribution Directive auf den Versicherungsvertrieb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/513474
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