In dem folgenden Essay werden anhand einer Gegenüberstellung von Georg Klutes "Formen der Streitregelung jenseits des Staates" und Birgit Bräuchlers "Immaterielles Kulturerbe als Friedensstifter", Ähnlichkeiten und Unterschiede der Argumentationsstränge beider Autoren aufgezeigt.
Im weiteren wird auf Michael F. Browns "HeritageTrouble: Recent Work on the Protection of Intangible Cultural Property" eingegangen. Ich wählte Michael F. Browns Artikel zur Anknüpfung an die Diskussion da der Autor den aktuellen Diskurs über den Schutz von Kulturgüter, ins besonders der der immateriellen analysiert. Der Autor legt im Gegensatz zu Bräuchler oder Klute den Fokus auf die Neugestaltung, die Performance, den Schutz und die Weiterverbreitung durch die globale, mediale Vernetzung
des intangible cultural property. Es wird die Frage nach der Definiton von Indigentität aufgeworfen und wer Sie für sich
verwenden kann. Es wird dabei eine Kommerzialisierung von Indigentität hin zu einer profitablen Ware beschrieben.
In Verbindung dazu wird zudem das Thema Kulturerbe und Konfliktschlichtung näher beleuchtet.
Essay zum Thema: Formen der Streitregelung jenseits des Staates und immaterielles Kulturerbe als Friedensstifter
In dem folgenden Essay werde ich anhand einer Gegenüberstellung von Georg Klutes „Formen der Streitregelung jenseits des Staates“ und Birgit Bräuchlers „Immaterielles Kulturerbe als Friedensstifter“, Ähnlichkeiten und Unterschiede der Argumentationsstränge beider Autoren aufzeigen. Im weiteren werde ich kurz auf Michael F. Browns „Heritage Trouble: Recent Work on the Protection of Intangible Cultural Property“ eingehen und im Anschluss werde ich selbst zum Thema Kulturerbe und Konfliktschlichtung Stellung beziehen.
„Formen der Streitregelung jenseits des Staates“ von Georg Klute
An den Aussagen Georg Klutes. zu den verschiedenen Formen der Streitregelung abseits des Staates, ist festzustellen dass man in innerstaatliche Konflikten und Kleinkriegen die Gründe für die Auseinandersetzung mit traditionellen Streitschlichtungsmethoden benennen kann. Mit der daraus entstandenen Suche internationaler Institutionen nach Möglichkeiten der Prävention begann der Aufbau von Präventionsnetzwerken, Konfliktlösungs- und Streitregelungsmechanismen (Klute 2004: 298).
Angesichts der Schwäche des Staates in vielen Entwicklungsländern selbst zu intervenieren ist nach Ansicht des Autors die entscheidenden Frage also, wie jeweils konkret mit Konflikten und Streit umgegangen werden soll und ob es erfolgreiche Streitregelungsmechanismen, auch jenseits des Staates westlicher Prägung, gebe. Auf Grund der Kritik, dass westliche Vorstellungen von Staatlichkeit und sozialer Ordnung nicht zwangsläufig auch auf andere Kulturen übertragen werden können, begann die Suche nach traditionellen und kulturell eingebetteten Mechanismen der friedlichen Konfliktaustragung oder Regelung (Klute 2004: 299).
Trotz der offensichtlichen Vorteile der internationalen Bemühungen sieht der Autor in der Errichtung lokaler bzw. traditioneller Streitregelungsmechanismen durch Projekte der Entwicklungszusammenarbeit eine doppelte Problematik. Und zwar, dass sie zum einen mit vielen lokalen Initiativen der Entwicklungshilfewelt von außen induziert sei und zum anderen, dass sie Potential für die Anhäufung von lokaler Macht und für die Errichtung einer lokalen Herrschaft darstelle, wie die der parasouveränen Herrschaftsbildung. Von außen finanzierte Friedensstifter oder Streitregelungseinrichtungen stellen somit seiner Meinung nach eine Bedrohung für die Herrschaft eines betroffenen Staates dar.
Eine weitere These Klutes besagt, dass der Rückgriff auf vorstaatliche Konflikt- und Streitregelungsmechanismen meist eine sekundäre Option darstelle da man sich eigentlich auf die staatliche Durchführung verlasse (Klute 2004: 300). Die vom Autor gewählten Beispiele weisen alle die Gemeinsamkeit auf, dass wir es bei allen mit einem Kontext schwacher Staatlichkeit zu tun haben, in dem das staatliche Gewaltmonopol nur wenig oder gar nicht durchgesetzt wird und Verstöße bzw. die Nichteinhaltung staatlicher Normen kaum sanktioniert wird (Klute 2011: 301). Eine weitere Gemeinsamkeit der Beispiele ist, dass die Formen der Streitregelung die vorgestellt werden, alle als traditionell dargestellt werden, auch wenn diese für verschiedene Zwecke rekonstruiert oder neuerfunden werden mussten. Der Autor geht in seinen Beispielen sowohl auf parasouveräne Entwicklungen, als auch auf traditionelle Formen von kollektiver Selbstjustiz oder kollektive gewalttätiger Selbsthilfe ein.
Vom Autor wird aufgezeigt, dass aufgrund von mangelnder Ausführung sozialer Maßnahmen durch den Staat, aber auch zum Beispiel durch die oft mangelnde Fürsorge des Staats alternative Lösungen bei innergesellschaftlichen Konflikten zu suchen, sind. Staatszerfall hat in den postkolonialen Staaten viele Formen, die meist in Bürgerkriegsähnlichen Zuständen gipfeln und somit meist die extremste Form darstellt. Die Suche nach neuen Formen politischer Herrschaft jenseits des Staates, führt daher zu den traditionellen oder zumindest den vermeintlich traditionellen Streitregelungsmechanismen.
Dennoch dürfe man die negativen Folgen nicht außer Acht lassen und müsse auch aufzeigen, dass die internationale Entwicklungsarbeit auch dazu diene, neue Geldquellen zu erschließen und verschiedensten Akteuren die Möglichkeit geben, ihre Interessen durchzusetzen. Der Autor formuliert diese Instrumentalisierung bzw. diese doppelte Zuwendung, treffend als Vehikel zur Kanalisierung auswärtiger Zuwendung und als Möglichkeit zur Konsolidierung einer parasouveränen Herrschaft. Auch weist der Autor auf die missbräuchlich verwendeten „erfundenen Traditionen“ hin, welche oftmals den Charakter einer ritualisierten Konformation der Herrschaft der Parasouveränen innehat.
Traditionelle und kulturelle Schlichtungs- und Ordnungsformen jenseits des Staates tragen daher zur Modernisierung und Neuerfindung alter Herrschaftsformen bei und sind nach Klutes Meinung essentielles Gut, um der Utopie der Rechtsstaatlichkeit entgegen zu wirken. Aber eben auch die Forderung des Autors nach mehr Reflexion der internationaler Institutionen, über das eigene Handeln und die damit verbundenen Folgen für die dort lebende Bevölkerung, wird dabei formuliert.
„Immaterielles Kulturerbe als Friedensstifter“ von Birgit Bräuchler
In dem Text von Frau Bräuchler wird das immaterielle Kulturerbe mit dem Fokus auf die internationale Anerkennung als Friedensstifter betrachtet. Die Autorin verbindet zwei aktuelle Diskurse und zwar die um das sogenannte Kulturerbe, wie traditionelle Rechtsvorstellungen und Konfliktlösungsmechanismen als international anerkanntes Friedenswerkzeug.
Es wird dargestellt, dass sich der global geförderte Wiederaufbau und Schutz nach gewaltsamen Konflikten lange nur auf die Zerstörung materiellen Kulturerbes bezog. Die Folgen von Gewalt auf immaterielle Kulturaspekte wie die Sozialstruktur, traditionelle Konfliktlösungsmechanismen und Werte wurden meist nicht wahrgenommen und erhielten daher auch keinen Schutz, was für die betroffenen Regionen meist gravierende soziale Konsequenzen zur Folge hatte (Bräuchler 2011: 91).
Es wird die aktive Rolle immaterieller Kulturgüter bei sowohl Konfliktlösung als auch -prävention, sowie zur sozialen Wiederherstellung der Gesellschaft dargestellt. In den von Bräuchler gewählten Beispielen konnte nur aufgrund der Wiederherstellung beschädigter sozialer Beziehungen der Bevölkerung eine Aussöhnung umgesetzt werden.
Gemein war den Fallbeispielen allen, fehlende staatlicher Initiativen oder der Unfähigkeit des Staates,woraufhin lokale Gerechtigkeitsmechanismen für den Friedensprozess, von „Notlösungen“ zu essentiellen Mitteln wurden. Die Autorin weist wiederholt auf die Wichtigkeit und die identitätsstiftende Wirkung immaterieller Kulturaspekte für die lokale Bevölkerung hin. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Wiederbelebungsaspekt zuteil, der sich auf den ständig wandelnden Charakter von Kultur und Kulturerbe bezieht (Bräuchler 2011: 92). Die Autorin zeigt aber auch Grenzen der traditionellen Methoden auf, die in der Problematik von Zeitfaktoren und die Schwächung von Traditionen begründet liegen. Aber auch die Repräsentativität von „traditionellen“ Institutionen und Autoritäten, sowie ihre Übertragbarkeit wird in Frage gestellt. Ein weiteres Hindernis ist wohl auch dass Elemente traditioneller Streitschlichtungsverfahren oftmals nicht im Einklang mit westlichen Rechtsvorstellungen und der Idee der Menschenrechte, stehen. Darüber hinaus wird problematisiert dass, traditionelle Mechanismen oft Ungleichheiten, basierend auf Status, Alter oder Geschlecht, bestärken (Bräuchler 2011: 102). Auch wird das Phänomen der Exklusivität, kritisiert da bei der Integration und bei der kollektiven Identitätsbildung immer auch die Exklusion anderer entstehe. Ein hier verwendetes Zitat Browns, demonstriert auch Bräuchlers Forderung nach einer intensiveren Auseinandersetzung mit den Folgen der Erklärung eines Elements zum Kulturerbe auf das Leben Indigener und den Alltag in pluralen Gesellschaften haben könne. Aber auch von Seiten der Bevölkerung werde die Forderung nach einer „ausgeglichenen“ Gerechtigkeit, als durch die Maßnahmen verwirklichbar, laut. Zentrales Anliegen ist dabei auch eine entsprechende Aufarbeitung der traumatischen Geschehnisse, um einem Wiederaufbrechen vermeintlich beendeter Konflikten vorzubeugen und einem nachhaltigen Friedensprozess einzuleiten.
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- Arbeit zitieren
- Tatjana Mayroth (Autor:in), 2016, Formen der Streitregelung jenseits des Staates und immaterielles Kulturerbe als Friedensstifter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/513003
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