Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung von Grausamkeit und Gewalt in Märchen und mit dem Wandel, den diese Darstellungen mit den Gebrüdern Grimm durchlaufen haben. Fällt das Wort Märchen, gibt es dabei wohl kaum jemanden, der nicht in Sekundenschnelle in seine Kindheit zurückversetzt wird, in dessen Gedanken keine Bilder von riesigen Schlössern, schönen Prinzessinnen, garstigen Stiefmüttern oder fabelhaften Wesen erscheinen oder dem nicht der altbekannte Spruch "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…" in den Ohren widerhallt.
Wir alle kennen Märchen, werden im stetigen Wechsel zu Zuhörern und Erzählern derer. Und dennoch verlieren wir mit zunehmendem Alter den Bezug zu ihnen, assoziieren mit ihnen immer nur traditionelle Kindergeschichten aus nun mittlerweile verstaubten und modrig duftenden Büchern. Und das, obwohl ihre Themen noch immer und wahrscheinlich für immer allgegenwärtig sind und sein werden. Dabei stellen sich bei genauerer Betrachtung vor allem Grausamkeit und Gewalt als zentral beherrschende Punkte der Märchen heraus. Schließlich waren diese vor den "Kinder- und Hausmärchen" der Gebrüder Grimm auch ausschließlich für Erwachsene gedacht.
Zu Beginn dieser Facharbeit erfolgt dabei zunächst eine Definition zusätzlich zu der allgemeinen Konzeption der Märchen. Ausgehend von ihrem Ursprung wird der Wandel der Märchen durch die Gebrüder Grimm betrachtet. Es wird vor allem ein Schwerpunkt auf den Wandel der Grausamkeit und Gewalt in Märchen gesetzt. Dieser Umbruch wurde durch die Gebrüder Grimm verursacht und bewirkte, dass sich Märchenbücher mittlerweile in nahezu jedem Kinderbücherregal wiederfinden lassen, obwohl Gewalt noch immer ein zentrales Thema in Märchen ist. Dabei wird die Version von Grimms "Rotkäppchen" detailreich in den Vergleich zu früheren Überlieferungen gesetzt, um die verschiedenen Veränderungen und somit den Wandel der Erzählungen exemplarisch darzustellen. Zum Schluss folgt ein Vergleich mit den Märchen "Frau Trude" und "Rotkäppchen", um festzustellen, ob all diese Veränderungen als allgemeingültig für alle Erzählungen der Gebrüder Grimm angesehen werden können.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2. Konzeption, Ursprung und Wandel des Märchens
2.1.Definition des Märchens
2.2 Ursprung und Wandel der Märchen durch die Gebrüder Grimm
3. Gewalt und Grausamkeit in Märchen
3.1 Die Märchen der Gebrüder Grimm
3.2 Rotkäppchen
3.3 Frau Trude
4. Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
1.Einleitung
Fällt das Wort Märchen gibt es dabei wohl kaum jemanden, der nicht in Sekundenschnelle in seine Kindheit zurückversetzt wird, in dessen Gedanken keine Bilder von riesigen Schlössern, schönen Prinzessinnen, garstigen Stiefmüttern oder fabelhaften Wesen erscheinen oder dem nicht der altbekannte Spruch „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…“ in den Ohren wiederhallt.
Wir alle kennen Märchen, werden im stetigen Wechsel zu Zuhörern und Erzählern derer. Und dennoch verlieren wir mit zunehmendem Alter den Bezug zu ihnen, assoziieren mit ihnen immer nur traditionelle Kindergeschichten aus nun mittlerweile verstaubten und modrig duftenden Büchern. Und das obwohl ihre Themen noch immer und wahrscheinlich für immer allgegenwärtig sind und sein werden. Dabei stellen sich bei genauerer Betrachtung vor allem Grausamkeit und Gewalt als zentral beherrschende Punkte der Märchen heraus. Schließlich waren diese vor den „Kinder und Hausmärchen“ der Gebrüder Grimm auch ausschließlich für Erwachsene gedacht[1].
Zu Beginn dieser Facharbeit erfolgt dabei zunächst eine Definition zusätzlich zu der allgemeinen Konzeption der Märchen. Ausgehend von ihrem Ursprung wird der Wandel der Märchen durch die Gebrüder Grimm betrachtet.
Es wird vor allem ein Schwerpunkt auf den Wandel der Grausamkeit und Gewalt in Märchen gesetzt. Dieser Umbruch wurde durch die Gebrüder Grimm verursacht und bewirkte, dass sich Märchenbücher mittlerweile in nahezu jedem Kinderbücherregal wiederfinden lassen, obwohl Gewalt noch immer ein zentrales Thema in Märchen ist.
Dabei wird die Version von Grimms „Rotkäppchen“ detailreich in den Vergleich zu früheren Überlieferungen gesetzt, um die verschiedenen Veränderungen und somit den Wandel der Erzählungen exemplarisch darzustellen.
Zum Schluss folgt ein Vergleich mit dem Märchen „Frau Trude“ und „Rotkäppchen“ um festzustellen ob all diese Veränderungen als allgemeingültig für alle Erzählungen der Gebrüder Grimm angesehen werden können.
2. Konzeption, Ursprung und Wandel des Märchens
2.1.Definition des Märchens
Den Begriff des Märchens zu definieren stellt sich als deutlich schwieriger heraus, als es anfänglich zu scheinen mag. Zunächst sollte daher das Wort „Märchen“ im Allgemeinen betrachtet werden. Dieses leitet sich nämlich von dem Mittelhochdeutschen Wort „Maere“ ab, was so viel bedeutet wie „Kunde“ oder „Bericht“[2]. Das Märchen ist demnach also eine kürzere Erzählung, welche von wunderbaren Begebenheiten berichtet. Es beschäftigt sich mit grundlegend menschlichen Erfahrungen wie Liebe, Freundschaft, Eifersucht, Hass oder Glück und endet meist so, dass es dem Lesenden zeigt, dass das Leben trotz allem Negativen eine positive Wendung nehmen kann[3]. In Meyers kleinem Konversationslexikon aus dem Jahre 1909 werden Märchen auch als „Die Schranken der Wirklichkeit nicht beachtende, auf kindlicher Weltbetrachtung beruhende, phantastische Erzählungen“ definiert[4].
Dabei unterscheidet man Märchen zusätzlich in zwei bestimme Unterkategorien. Zum einen die Volksmärchen, von welchen auch diese Facharbeit handeln wird, sowie zum anderen die sogenannten Kunstmärchen. Die Unterscheidung beider ist dabei relativ simpel. Kunstmärchen werden meist von einem namentlich bekannten Autor verfasst, werden also von einer einzelnen Person erdacht. Als Beispiel wären dafür die Märchen von Hans Christian Andersen zu nennen. Volksmärchen jedoch haben keinen expliziten Urheber. Sie wurden früher über längere Zeiträume mündlich weitergegeben, bis sie schließlich die Gebrüder Grimm im Jahre 1812 sammelten und in ihrem Werk „Kinder-und Hausmärchen“ schriftlich festhielten[5].
2.2 Ursprung und Wandel der Märchen durch die Gebrüder Grimm
In Deutschland galten Volksmärchen bis weit ins 18. Jahrhundert als minderwertige und vor allem nicht druckfähige Erzählungen des niederen Volkes. Sie waren eher bekannt als Unterhaltungsgeschichten, welche sich die Erwachsenen in geselliger Runde zu später Zeit erzählten. Für Kinder waren diese Geschichten ursprünglich nicht bestimmt[6].
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Dichter Clemens Brentano das Bestreben einige Märchen zu verschriftlichen und gesammelt als eigenständiges Werk zu veröffentlichen. Er bat die Brüder und damaligen Studenten Jacob und Wilhelm Grimm als seine Praktikanten die Märchen zusammenzutragen. Dabei durchforsteten sie drei Jahre lang alte Bücher verschiedener Länder und Epochen und ließen sich die Geschichten von den unterschiedlichsten Quellen mündlich zutragen. Am Ende ihrer Arbeit verlor Brentano allerdings sein Interesse gegenüber der Märchen.
Um die gesammelten Geschichten zu bewahren, veröffentlichten die Brüder am 20. Dezember 1812 in Berlin erstmals ihre 201 gesammelten Märchen in einem vollständigen Werk[7].
In der ersten Auflage hatten beide die Märchen noch wenig abgewandelt und rein in der ihnen zugetragenen Form widergegeben. Sie hatten sie lediglich in hochdeutscher, literarisierter Version niedergeschrieben. Da Märchen früher ausschließlich im Dialekt wiedergegeben wurden, stellt dies eine grundlegende Änderung dar[8].
Ihr erster Sammelband erzielte jedoch keinen nennenswerten kommerziellen Erfolg[9].
1815 übernahm schließlich Wilhelm Grimm die Redaktion der Märchen und gestaltete die zweite Auflage bewusst als Kinderbuch. Dabei entfernte er anstößige sowie grausame Stellen, welche ihm für Kinder ungeeignet schienen und änderte dadurch auch einzelne Handlungsgefüge der ursprünglichen Märchen[10]. Auch entfernte er die wissenschaftlichen Erläuterungen und Anmerkungen seines Bruders Jacobs, welche bislang Teil des Werkes waren. Um die Märchen der Epoche der Romantik anzupassen, fügte er statt der nüchternen Formulierungen, breit gefächerte Schilderungen der Märchenwelt ein.
Den größten Unterschied jedoch erreichte er durch die Anpassung der Märchen an die, zu dieser Zeit gültigen, Ideale und Prinzipien des Bürgertums, welchen er selbst entstammte. Damit verfolgte er ein pädagogisches Bestreben, sozusagen eine gewisse Erziehung im Sinne des bürgerlichen Anstandes[11].
Bei all seinen Korrekturen hat Wilhelm Grimm jedoch nie den kompletten Handlungsverlauf eines Märchens geändert. Somit blieben einzelne grausame und gewalttätige Handlungen in nahezu jedem Märchen erhalten.
Dennoch wurden, in den bearbeiteten Versionen, die Volksmärchen zunehmend Teil der Literatur. Heutzutage lassen sie sich als festen Bestandteil der klassischen, deutschen Kinderliteratur bezeichnen[12].
3. Gewalt und Grausamkeit in Märchen
3.1 Die Märchen der Gebrüder Grimm
In Kapitel 2 dieser Facharbeit wurde bereits der Wandel des Märchens durch die Gebrüder Grimm näher erläutert. Trotz all der Änderungen, welche die Gebrüder angewandt haben, lassen sich jedoch noch immer in nahezu allen Märchen einzelne Aspekte von Gewalt aufweisen. So werden zum Beispiel in „Rotkäppchen“ Menschen von wilden Tieren gefressen, in dem Märchen „Rapunzel“ werden Kinder geraubt, in „Aschenputtel“ Augen ausgepickt und Füße kürzer gehackt, in „Frau Trude“ wird ein kleines Kind lebend verbrannt und in dem Märchen „Machandelboom“ ist der Kannibalismus in der eigenen Familie ein zentraler Handlungspunkt[13].
Nun stellt sich natürlich die Frage warum Märchen trotz all dieser vorkommenden Themen als fester Bestandteil der Kinderliteratur angesehen werden und was nun genau die Grimms verändert haben, dass sich diese, trotz noch immer vorhandener Gewalt und Grausamkeit, hoher Popularität erfreuen.
Zu allererst fällt dabei auf, dass Märchen die Grausamkeiten des Lebens nicht aussparen, gleichzeitig machen sie diese jedoch auch nicht zum Thema der eigentlichen Handlung[14]. So soll zum Beispiel in dem Märchen „Schneewittchen“ die junge Prinzessin von einem Jäger oder später durch einen vergifteten Apfel getötet werden. Die eigentliche Geschichte jedoch handelt von der Freundschaft zwischen dem Mädchen und den sieben Zwergen, sowie der Liebe zwischen ihr und dem schönen Prinzen[15].
Es lässt sich somit auch sagen, dass Märchen nicht allein von dem Zerstörerischen berichten, sondern eher von dem Gelingen. Dass dies nicht immer leicht und schmerzlos ist, verschweigen sie dabei allerdings nicht. Als Beispiel kann hierbei ebenfalls das Märchen „Hänsel und Gretel“ genannt werden, in welchem die Hexe beide Kinder gefangen hält und plant Hänsel in ihrem Ofen zu braten. Am Schluss jedoch schaffen es die beiden Kinder mit vereinten Kräften die böse Hexe selbst in den Ofen zu befördern und somit dieser zu entkommen[16].
[...]
[1] Vgl. Hetmann Frederick (1982): Traumgesicht und Zauberspur Märchenforschung, Märchenkunde, Märchendiskussion. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, S.91
[2] Vgl. Lehmann Erik: Typische Merkmale eines Märchen+ Definition.https://freie-referate.de/deutsch/merkmale-maerchen (am 17.03.2019)
[3] Vgl. Hetmann 1982, S.12
[4] Prof. Dr. O. Behaghel u.a. (1909): Meyers Kleines Konversationslexikon. Leipzig: Bibliographisches Institut
[5] Vgl. Volkert Catarina (2011): Hintergrund: Märchen- Definition, Abgrenzung zur Sage, Legende, Fabel https://www.planet-schule.de/wissenspool/die-brueder-grimm/inhalt/hintergrund/maerchen-definition-abgrenzung-zur-sage-legende-fabel.html (am 22.04.2019)
[6] Vgl. Hetmann 1982, S.91
[7] Vgl. Hetmann 1982, S.92
[8] Vgl. Hetmann 1982, S92
[9] Vgl. Lindner Eva (2012): Wie Märchen der Gebrüder Grimm jugendfrei wurden. https://www.morgenpost.de/kultur/article112144530/Wie-Maerchen-der-Gebrueder-Grimm-jugendfrei-wurden.html (am 17.04.2019)
[10] Vgl. Hetmann 1982, S.92
[11] Vgl. Hetmann 1982, S.92
[12] Vgl. Hetmann 1982, S.92
[13] Vgl. Brüder Grimm(1949): Kinder-und Hausmärchen. München: Winkler Verlag, S.174-180, S.104-107, S.154-164, S.246, S.260-273
[14] Vgl. Knoch Linde (2001): Praxisbuch Märchen, Verstehen, Deuten, Umsetzen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S.96
[15] Vgl. Brüder Grimm 1949, Kinder- und Hausmärchen S. 297-308
[16] Vgl. Grimm 1949, S.116-129
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2019, Grausamkeit und Gewalt in Grimms Märchen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512954
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