Der Bonusantrag im Kartellverfahren enthält höchst sensible Informationen, die eine erhebliche Bedeutung im Gerichtsverfahren für die Kartellgeschädigten haben können. Dementsprechend überrascht es nicht, dass es für den Kronzeugen darauf ankommt, wie sicher ein solcher Bonusantrag vor den Blicken neugieriger Dritter geschützt ist. Dieser Aufsatz untersucht den Bereich der grenzüberschreitenden US-Prozessführung in Kartellschadensersatzklagen und insbesondere, ob der vom Kronzeugen gestellte Bonusantrag offengelegt werden muss. Zudem werden die die im US-Verfahrensrecht vorgesehenen Verteidigungsmöglichkeiten des von einem discovery-Antrag Betroffenen, sei es der beklagte Kronzeuge, ein nationales Kartellamt oder gar der Rechtsanwalt des Kronzeugen, untersucht.
Vorbild für private Kartellschadensersatzklagen war und ist das Recht der USA. Nach dem US-Bundesverfahrensrecht kann sich der Kartellgeschädigte im Rahmen des pre-trial discovery in sehr weitem Umfang Zugang zu Beweismitteln verschaffen. Zudem können von einer Kartellschadensersatzklage nicht nur Unternehmen mit einem Sitz in den USA betroffen sein, sondern auch ausländische Unternehmen. Im Zusammenhang mit der pre-trial discovery sollte man an den von einem Kronzeugen gestellten Bonusantrag denken, dessen Offenlegung in einem solchen Verfahren von dem geschädigten Kläger verlangt wird. Denn im discovery-Verfahren müssen beide Parteien sämtliche relevanten Geschäftsunterlagen gegenseitig vorlegen, um das Zivilverfahren zu beschleunigen und eine Wahrheitsfindung zu ermöglichen. Davon könnte insbesondere der vom Kronzeugen gestellte Bonusantrag umfasst sein. Deswegen werden im Rahmen dieses Aufsatzes die Bedeutung des Kronzeugenprogramms und die Voraussetzungen des discovery-Verfahrens näher dargestellt. Anschließend werden die Verteidigungsmöglichkeiten des von einem discovery-Antrag Betroffenen untersucht und zuletzt auch einige praktische Implikationen dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Kronzeugenprogramm und Bonusantrag..
- C. Pre-trial discovery.....
- I. Vorlage von Schriftstücken (sog. production of documents)
- II. Umfang und Einschränkung der Vorlagepflicht (privileges) sowie Schutzanordnungen (protective order)....
- III. Erweiterung der discovery durch 28 U.S.C. § 1782(a) auf ausländische Verfahren.....
- D. Wer ist zur Vorlage verpflichtet?
- I. Vorlage des schriftlich eingereichten Bonusantrags durch eine Kartellbehörde................
- II. Vorlage des Bonusantrags durch den Kronzeugen
- E. Praktische Implikationen (insbesondere in Bezug auf Deutschland)
- I. Mündlich eingereichte Unternehmenserklärungen bzw. Bonusanträge.....
- II. Verstoß gegen das Haager Beweisübereinkommen
- III. Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und DSGVO ................
- IV. Keine Vernichtung von Unterlagen .....
- F. Zusammenfassung und Fazit.............
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag analysiert die Herausforderungen, die sich aus der grenzüberschreitenden US-Prozessführung im Bereich der Kartellschadensersatzklagen ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Offenlegung von Bonusanträgen im Rahmen des pre-trial discovery-Verfahrens. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, ob Bonusanträge, die im EU-Recht gestellt werden, in den USA offengelegt werden müssen.
- Die Bedeutung von Bonusanträgen im Kartellrecht und die Notwendigkeit, sie vor unberechtigtem Zugriff zu schützen.
- Die Anwendung des pre-trial discovery-Verfahrens im US-Recht und seine möglichen Auswirkungen auf Bonusanträge.
- Die Verteidigungsmöglichkeiten von Kronzeugen und Kartellbehörden gegen discovery-Anforderungen.
- Praktische Implikationen für deutsche Unternehmen und Behörden im Kontext des US-amerikanischen discovery-Verfahrens.
- Die rechtlichen Grenzen der Offenlegung von Bonusanträgen im Hinblick auf Datenschutzbestimmungen und internationale Abkommen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der grenzüberschreitenden Kartellschadensersatzklagen und die Relevanz des Bonusantrags in diesem Kontext dar. Im zweiten Kapitel werden das Kronzeugenprogramm und die Besonderheiten des Bonusantrags erläutert. Das dritte Kapitel fokussiert auf das pre-trial discovery-Verfahren im US-Recht, einschließlich des Umfangs der Offenlegungspflicht und der geltenden Schutzbestimmungen. Das vierte Kapitel untersucht, wer zur Vorlage des Bonusantrags verpflichtet ist, insbesondere im Hinblick auf Kartellbehörden und den Kronzeugen selbst. Der fünfte Teil befasst sich mit den praktischen Implikationen für deutsche Unternehmen und Behörden und beleuchtet die Risiken von Offenlegungspflichten im Hinblick auf Datenschutzbestimmungen und internationale Abkommen.
Schlüsselwörter
Bonusantrag, Kronzeugenprogramm, Kartellschadensersatzklagen, pre-trial discovery, US-Zivilprozessrecht, Kartellrecht, Datenschutz, Haager Beweisübereinkommen, Bundesdatenschutzgesetz, DSGVO, Europäische Kommission, Bundeskartellamt.
- Quote paper
- Miroslav Georgiev (Author), Marko Kolev (Author), 2019, Die Auswirkung des US-Zivilprozessrechts auf das deutsche Kartellrecht und die Follow-on-Kartellschadensersatzklagen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512494