Um den Einfluss ethnischer Zugehörigkeit als ein Indikator der soziale Schieflage in der Wahlbeteiligung ansatzweise erklären zu können, sollte zunächst einmal der Indikator selbst betrachtet und erläutert werden. Was also ist Ethnie oder Ethnizität bzw. was ist eine ethnische Zugehörigkeit oder eine ethnische Gruppe?
Das Wort „ethnisch“ stammt von dem griechischen Wort „ethnikós“ ab und bedeutet zum Volk gehörend. Demnach bedeutet eine ethnische Zugehörigkeit zu einer Gruppe, mit anderen Mitgliedern dieser Gruppe ein bestimmtes Gemeinschaftsbewusstsein zu besitzen und mit ihnen verschiedene Eigenschaften, wie die Sprache, Kultur, Traditionen, Religion oder Gebräuche zu teilen. Dabei ist die ethnische Herkunft nicht identisch mit Nationalität zu sehen. Im Grunde kann auch jemand aus Essen in Duisburg aufgrund seiner ethnischen Herkunft diskriminiert werden.
Ethnische Zugehörigkeit
Um den Einfluss ethnischer Zugehörigkeit als ein Indikator der soziale Schieflage in der Wahlbeteiligung ansatzweise erklären zu können, sollte zunächst einmal der Indikator selbst betrachtet und erläutert werden. Was also ist Ethnie oder Ethnizität bzw. was ist eine ethnische Zugehörigkeit oder eine ethnische Gruppe?
Das Wort „ethnisch“ stammt von dem griechischen Wort „ethnikós“ ab und bedeutet zum Volk gehörend. Demnach bedeutet eine ethnische Zugehörigkeit zu einer Gruppe, mit anderen Mitgliedern dieser Gruppe ein bestimmtes Gemeinschaftsbewusstsein zu besitzen und mit ihnen verschiedene Eigenschaften, wie die Sprache, Kultur, Traditionen, Religion oder Gebräuche zu teilen. Dabei ist die ethnische Herkunft nicht identisch mit Nationalität zu sehen. Im Grunde kann auch jemand aus Essen in Duisburg aufgrund seiner ethnischen Herkunft diskriminiert werden.
In der Wissenschaft gibt es zwei Konzepte über die Ethnizität, die nebeneinander stehen und gleichermaßen genutzt werden. Zum einen gibt es den sogenannten primordialistischen Ethnizitätsbegriff und zum anderen den konstruktivistischen Ethnizitätsbegriff. Der primordialistischen Ethnizitätsbegriff erklärt eine ethnische Gruppe als eine Gruppierung von Menschen auf Grundlage eines gemeinsamen Territoriums, einer gemeinsamen Sprache und einer gemeinsamen Kultur. Der konstruktivistischen Ethnizitätsbegriff hingegen versteht eine ethnische Gruppe als eine „Wir-Gruppe“, also eine Gruppierung von Menschen, die sich mit dieser Gruppe Identifizieren. Die Merkmale des konstruktivistischen Begriffs ethnischer Gruppen sind die geteilten kulturellen Werte, ein gemeinsames Feld der Kommunikation und Interaktion sowie eine bestimmbare Zugehörigkeit.
Ende des 18. Jahrhunderts war das Konzept des Ethnos mit der Vorstellung der eigenen Überlegenheit verbunden und indem über kulturelle ethnische Unterschiede gesprochen wurde, wurde das Andere abgewertet.
1921 beschrieb Max Weber eine ethnische Gruppe wie folgt: „Wir wollen [...] Gruppen, welche aufgrund von Ähnlichkeit des äußeren Habitus oder der Sitten [...] einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinschaft hegen, [...] ethnische Gruppen nennen.“ Zu jeder ethnischen Gruppe gehören bestimmte Kennzeichen, die jedes Mitglied aufzeigen kann. Demzufolge kann eine solche Gruppe mit einer Gemeinschaft verglichen werden. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass es auch ethnische Gruppen gibt, deren Angehörige von Außenstehenden und gegen ihren Willen zu dieser Gruppe gezählt werden.
Heute werden mit dem Konzept des Ethnos Grenzen und Gemeinsamkeiten festgeschrieben, wobei es oft dazu dient, Distanz zwischen Gruppen zu erzeugen und das Andersartige zu beschreiben. Die Merkmale, die als Grenze gegenüber anderen Gruppen gewählt werden, sind nicht räumlich und objektiv erkennbar, sondern vielmehr symbolische Grenzen, die von den Mitgliedern selbst bestimmt werden. Die Zuordnung der Menschen zu ethnischen Gruppen kann es jedoch anderen Gruppen erleichtern im Alltag mit kulturellen Unterschieden umzugehen.
Sinkende Wahlbeteiligung
Das Phänomen der sinkenden Wahlbeteiligung ist von Wissenschaftlern bereits in nahezu allen etablierten Demokratien gefunden wurden, abgesehen von Ländern in denen aufgrund einer Wahlbeteiligungspflicht natürlicher Weise nahezu alle Wahlberechtigten zur Wahl gehen.
Bei den deutschen Bundestagswahlen lag die Wahlbeteiligung 1972 noch bei ca. 91%. In den vergangenen Jahren ist die Wahlbeteiligung stetig zurückgegangen und lag bei der vergangenen Bundestagswahl im Jahr 2013 bei nur noch 71,5%. Auch in den Bundesländern bei den Landtagswahlen ist ein ähnlicher Trend zu beobachten, genauso wie bei den Europawahlen, wobei die Wahlbeteiligung bei letzteren nicht so stark fiel, da die Wahlbeteiligung bei Europawahlen schon zu Beginn vergleichsweise niedrig ausfiel. So fiel die Wahlbeteiligung von 1979 bis 2014 nur um rund 17 Prozentpunkte von ca. 65% auf ca. 48%.
Ethnische Zugehörigkeit als Indikator für soziale Schieflage in der Wahlbeteiligung
Die Bertelsmann-Stiftung gab mehrere Studien über Wahlen und die Wahlbeteiligung in Deutschland in Auftrag, bei denen die Wahlergebnisse einzelner Stadtteile verglichen wurden, anstatt die Wahlergebnisse ganzer Länder, Bundesstaaten oder Wahlkreise, wie es in bisherigen Forschungen der Fall gewesen ist. Auf diese Art und Weise konnten die Effekte sozialer und ethnischer Unterschiede bzw. Abgrenzungen besser erkannt werden, da die Bevölkerungsgruppen auf der Ebene der Statteile deutlich homogener ist, als auf den Ebenen der Länder, Staaten oder Wahlkreise. Mit diesen Forschungen sollte die These untersucht und getestet werden, dass die Entscheidung ob jemand wählen geht stark von seinem sozialen Umfeld abhängt, also davon wo sie oder er wohnt, welche Freundinnen oder Freunde sie oder er hat und ob und wie in ihrer oder seiner Familie bzw. ihrem oder seinem Umfeld über Politik gesprochen wird.
Die Ergebnisse der Studien der Bertelsmann-Stiftung zeigen zum einen, dass die Menschen weniger wählen gehen, je prekärer ihre Lebensverhältnisse seien. Wählerhochburgen lägen ausschließlich in Stadtteilen, in denen die Arbeitslosigkeit gering und die Bildung hoch sei. Genauer bedeute dies, dass der Anteil von Haushalten aus den sozial prekären Milieus, der Anteil der Arbeitslosigkeit, die Wohnverhältnisse, der formale Bildungsstand sowie die durchschnittliche Kaufkraft der Haushalte in einem Stadtviertel die Wahlbeteiligung stark beeinflusse.
Anders ausgedrückt leben den Forschungen der Bertelsmann-Stiftung zufolge in Stadtteilen mit niedriger Wahlbeteiligung fast zehnmal so viele Menschen, die sozial prekären Milieus angehören, als in Stadtteilen mit der höchsten Wahlbeteiligung. Des Weiteren liege die durchschnittliche Kaufkraft der Haushalte in den Stadtteilen mit niedriger Wahlbeteiligung um ein Drittel unterhalb der durchschnittlichen Kaufkraft der Haushalte in den Stadtteilen mit der höchsten Wahlbeteiligung.
Armin Schäfer schrieb 2012 in seinem Aufsatz in der Politischen Vierteljahresschrift: „In Stadtvierteln mit einem überdurchschnittlichen Einkommensniveau, geringer Arbeitslosigkeit und einem geringen Migrantenanteil liegt die Wahlbeteiligung regelmäßig über dem Durchschnitt.“ Andersherum ist die Wahlbeteiligung dementsprechend geringer in Stadtteilen, in denen die Arbeitslosigkeit sowie die Anzahl der Geringverdiener höher und der Migrantenanteil höher ist.
Des Weiteren konnte in diesen Forschungen die räumliche Trennung von Wählerinnen und Wählern und Nicht-Wählerinnen und Nicht-Wählern festgestellt werden. Den Studien der Bertelsmann-Stiftung zufolge, vergrößere diese Trennung wahrscheinlich die Beteiligungsunterschiede bei Wahlen, da zum Einen der Kontakt zu anderen Wählerinnen und Wählern die eigene Wahlbereitschaft erhöhe, der Kontakt zu Nicht-Wählerinnen und NichtWählern zum Anderen die eigene Wahlbereitschaft senke. Außerdem spiele die politische Aktivität von Freundinnen und Freunden und die wahrgenommene Wahlbeteiligungsnorm im Umfeld, also in ihrer oder seiner ethnischen Gruppe eine große Rolle.
Auch international scheinen die Ursachen für die mangelnde Wahlbeteiligung ähnlich zu sein. So zeigte zum Beispiel eine Analyse der im European Social Survey vertretenen Länder, dass in allen 21 in der ersten Welle des European Social Survey vertretenen Länder sowohl die grundsätzliche Systemunterstützung, die soziale Integration, die empfundene Wahlnorm, als auch das politische Interesse einen deutlichen Einfluss auf die Entscheidung ausübt, ob die oder der Wahlberechtigte wählen geht oder nicht.
Fazit
Es lässt sich also feststellen, dass der Großteil der Nicht-Wählerinnen und Nicht-Wähler in Stadtteilen wohnt, in denen über Politik nicht oder nur marginal gesprochen wird, sich die Einwohnerinnen und Einwohner vom politischen Prozess ausgeschlossen fühlen und dort ebenfalls viele Migrantinnen und Migranten wohnen. Außerdem sieht die typische NichtWählerin bzw. der typische Nicht-Wähler die Wahl nicht mehr als Bürgerpflicht oder als eine Norm an, ist ist einkommensschwach oder arbeitslos und hat nur einen geringen Bildungsstand erreicht.
An den zuvor beschriebenen Forschungen und Studien lässt sich erkennen, dass die Mitglieder einige ethnische Gruppen zum Großteil zu den Nicht-Wählerinnen und NichtWählern gehören, während die Mitglieder anderer ethnischer Gruppen hingegen nahezu alle zur Wahl gehen, insofern sie wahlberechtigt sind. Auf Grund dessen, dass die gewählten Parteien bzw. Abgeordneten immer das Wohl ihrer Wählerinnen und Wähler im Vordergrund sehen und sich nach dem Willen ihrer Wählerinnen und Wähler richten, ob sie jetzt die regierende Partei sind oder nur eine Minderheit im Rat, Landtag oder Bundestag bilden, bleiben die Wünsche und Vorstellungen der Nicht-Wählerinnen und Nicht-Wähler oftmals vergessen, was wiederum dazu führt, dass sie sich noch mehr vom politischen Prozess ausgeschlossen fühlen.
Zwar gibt es einige konservative und linke sogenannte Volksparteien, die sich nicht als Interessenvertreter einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, sondern vielmehr als eine ethnienübergreifende Organisation verstehen, die die Interessenvielfalt der Gesellschaft repräsentieren will und nicht die Interessenvielfalt der Wählerschaft, jedoch ist dies im alltäglichen und aktiven Politikgeschäft schwieriger durchzusetzen, als es in der Planung scheint.
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- Quote paper
- Mira Wiegand (Author), 2016, Ethnische Zugehörigkeit als Indikator für soziale Schieflage in der Wahlbeteiligung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512471
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