Der Autor stellt sich die Frage, ob sich der Staat seiner sozialstaatlich-kommunalen Daseinsvorsorge stückchenweise entledigt und den privaten Institutionen diese Aufgaben überlässt. Er fragt, welche Bedeutung dies für die Bürger und das Gemeinwohl in Deutschland haben könnte. Vor dem Hintergrund der Problemstellung wird für die Bachelorarbeit die folgende Zielstellung formuliert: Ableitung von Chancen und Risiken der Daseinsvorsorge durch Privatisierung aus Rechtsliteratur und Fallbeispielen.
Eine allgemeingültige Definition für den Staatsbegriff existiert in der Staatslehre nicht, vielmehr soll der Staat in seiner historischen und dynamischen Entwicklung sowie differenziert für die Teilwissenschaften jeweils als partikularer Begriff verstanden werden. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Staatsbegriff begann in der griechischen und römischen Antike, vollzog sich in der mittelalterlichen Ordnung und ist auch heute noch relevant, denn der Staatsbegriff spiegelt auch die Ansätze jeweils vorherrschender politischer Theorien wider.
Eine grundlegende Einordnung wird 1900 von Georg Jellinek vorgenommen, der einen juristischen und einen sozialen beziehungsweise gesellschaftlichen Staatsbegriff formuliert. Bezogen auf die soziale Perspektive leitet Jellinek seine Argumentation wie folgt her: "Wie alles Menschliche, ist auch der Staat nur aus dem Ganzen des sich in der Gemeinschaft entfaltenden Wesens des Menschen von Grund auf zu begreifen. Eine unübersehbare und nie vollständig zu erfassende Reihe sozialer Tatsachen und Ursachen gestalten das konkrete Leben des Einzelstaates und damit die Institution des Staates überhaupt aus."
Dieser gedankliche Ansatz Jellineks lässt sich im Kontext von Gemeinwohlverantwortung und Daseinsvorsorge des Staates aufgreifen. Fragen nach der Sicherstellung von Gemeinwohl und Daseinsvorsorge als staatliche beziehungsweise öffentliche Aufgabe gehören seit jeher zu Grundfragen des Staatsrechts. Der Staat beziehungsweise die öffentliche Hand stehen in der Übernahme von Aufgaben, welche dem öffentlichen Interesse dienen, regelmäßig im Spannungsfeld zwischen Daseinsvorsorge, Übernahme oder Einschränkung öffentlicher Aufgaben und fiskalischen Aspekten.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. TEIL - BEGRIFFE UND WISSENSCHAFTLICHE FUNDIERUNG
- A. STAATSVERWALTUNG
- I. DEFINITION UND INHALTLICHE ABGRENZUNG DES BEGRIFFES STAATSVERWALTUNG
- II. AUFGABEN DER STAATSVERWALTUNG
- III. DASEINSVORSORGE DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG
- 1. Begriff der Daseinsvorsorge
- 2. Notwendigkeit der Daseinsvorsorge
- B. PRIVATISIERUNG
- I. DEFINITION UND INHALTLICHE ABGRENZUNG DES BEGRIFFES PRIVATISIERUNG
- II. ERSCHEINUNGSFORMEN DER PRIVATISIERUNG
- 1. Formelle Privatisierung
- 2. Materielle Privatisierung
- 3. Funktionale Privatisierung
- III. DER „SCHLANKE STAAT“
- 2.TEIL - WIRTSCHAFTSGESCHICHTE, RECHTSGRUNDLAGEN UND DIE DASEINSVORSORGE DES STAATES
- A. WIRTSCHAFTSHISTORISCHE EINBETTUNG VON DASEINSVORSORGE UND PRIVATISIERUNG
- I. DAS ALTPERSISCHE GROBREICH
- II. DIE WIRTSCHAFT IN ROM
- III. ADAM SMITH 1723 – 1790 UND DER MERKANTILISMUS
- IV. DIE MARXSCHE THEORIE
- V. FRIEDRICH AUGUST VON HAYEK - ENTWICKLUNG IM 20. JAHRHUNDERT
- VI. AUSBAU DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG IM 20. JAHRHUNDERT
- TEIL 3.- ANALYSE DER CHANCEN UND RISIKEN DER PRIVATISIERUNG ANHAND VON FALLBEISPIELEN IN DEUTSCHLAND UND NORDRHEIN-WESTFALEN
- A. RECHTSGRUNDLAGEN ZUR SICHERSTELLUNG DER DASEINSVORSORGE
- II. RECHTSGRUNDLAGEN DER DASEINSVORSORGE IN DER EU UND DER BRD
- 1. Europäisches Recht
- 2. Deutsches Grundgesetz
- 3. Bundeshaushaltsordnung (BHO)
- 4. Die Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW)
- II. DIE ÖFFENTLICHE-PRIVATE PARTNERSCHAFT (ÖPP) ALS FORM DER PRIVATISIERUNG
- 1. Begriffe und Wesen der ÖPP
- 2. Abgrenzung von vertraglichen und institutionellen ÖPP
- 3. ÖPP und die Daseinsvorsorge
- B. FALLBEISPIELE FÜR PRIVATISIERUNG UND RE-KOMMUNALISIERUNG VON ÖFFENTLICHEN AUFGABEN IN NRW
- I. DER KOMMUNALE WOHNUNGSBAU IN NORDRHEIN-WESTFALEN
- II. INFRASTRUKTURELLE ÖPP-PROJEKTE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Privatisierung und untersucht deren wirtschaftliche, historische und verfassungsrechtliche Aspekte. Die Arbeit analysiert die Entwicklung der Privatisierung im Kontext der Daseinsvorsorge und betrachtet die Chancen und Risiken, die mit dieser Form der Aufgabenübertragung verbunden sind.
- Die Bedeutung der Daseinsvorsorge für den Staat und die Gesellschaft
- Die historische Entwicklung der Privatisierung und deren Einfluss auf die Wirtschaft
- Die rechtlichen Grundlagen der Daseinsvorsorge und der Privatisierung
- Die Chancen und Risiken der Privatisierung im Bereich der Daseinsvorsorge
- Fallbeispiele aus Deutschland und Nordrhein-Westfalen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Definition der Begriffe Staatsverwaltung und Privatisierung. Dabei werden die verschiedenen Erscheinungsformen der Privatisierung sowie das Konzept des "schlanken Staates" beleuchtet. Anschließend wird die historische Entwicklung der Daseinsvorsorge und der Privatisierung anhand von Beispielen aus der Antike, der Neuzeit und dem 20. Jahrhundert erläutert. Die Rechtsgrundlagen der Daseinsvorsorge auf europäischer und deutscher Ebene werden im dritten Kapitel dargestellt, wobei auch das Instrument der Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) näher beleuchtet wird. Die Analyse der Chancen und Risiken der Privatisierung erfolgt im vierten Kapitel anhand von Fallbeispielen aus dem Bereich des kommunalen Wohnungsbaus und der infrastrukturellen ÖPP-Projekte in Nordrhein-Westfalen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit sind Privatisierung, Daseinsvorsorge, Staatsverwaltung, Wirtschaftsgeschichte, Rechtsgrundlagen, Chancen und Risiken, Fallbeispiele, Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP).
- Quote paper
- Schahab Aminikia (Author), 2019, Chancen und Risiken der Daseinsvorsorge durch Privatisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511884