Diese Einsendeaufgabe beschäftigt sich damit, wie das SGB I als Programmsatz die Aufgaben des Sozialgesetzbuches definiert. Dabei wird auch darauf eingegangen, welche Rechte und Pflichten sich aus dem Sozialrechtsverhältnis ergeben.
Die zweite Aufgabe thematisiert die zentralen Grundsätze des Leistungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung, sowie die Bedeutung der Begriffe "Behandlungsbedürftigkeit" und "Arbeitsunfähigkeit".
In der dritten Aufgabe geht es darum, welche Probleme sich bei der Umsetzung des Sozialdatenschutzes ergeben.
Inhaltsverzeichnis
Aufgabe A
1. Die Aufgaben des Sozialgesetzbuches (SGB)
2. Rechte und Pflichten im Sozialrechtsverhältnis
Aufgabe A2
1. Zentrale Grundsätze des Leistungsrechts in der GKV
2. „Behandlungsbedürftigkeit“ und „Arbeitsunfähigkeit“
Aufgabe A3
1. Offenbarung von Sozialgeheimnissen
2. Umsetzung des Sozialdatenschutzes
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufgaben des SGB
Abbildung 2: Das soziale Dreiecksverhältnis
Abbildung 3: Die WANZ-Kriterien laut Wirtschaftlichkeitsgebot
Abbildung 4: Das Sachleistungsprinzip in der GKV
Abbildung 5: Das Solidarprinzip in der GKV
Aufgabe A1
Beim deutschen Sozialgesetzbuch (SGB) handelt sich um eine Kodifikation des Sozialrechts, somit einer systematischen Zusammenfassung des für einen bestimmten Lebensbereich geltenden Rechts in einem zusammenhängenden Gesetzeswerk. Im Folgenden wird auf die Aufgaben des SGB im Sinne des Programmsatzes des SGB I eingegangen, zusätzlich werden die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Sozialrechtsverhältnis ergeben, aufgezeigt.
1. Die Aufgaben des Sozialgesetzbuches (SGB)
Das Sozialgesetzbuch besteht aus zurzeit zwölf Büchern, das SGB I beinhaltet den so genannten allgemeinen Teil und unterteilt sich in vier Abschnitte.
Der erste Abschnitt beginnt mit der Aufgabenbeschreibung für das gesamte SGB. Dieser allgemeine Teil weist zudem auf die sozialen Rechte des Bürgers hin, informiert über dessen Rechte und Pflichten, sowie über gemeinsame Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche.[1] Der Abschnitt kann als ein Programmsatz verstanden werden, der dementsprechend zwar eine gesetzliche Bestimmung darstellt, jedoch keine unmittelbare Verbindlichkeit beansprucht. Somit gibt die Definition der Aufgaben lediglich die Absichten des Gesetzgebers wieder.
Das Ziel bzw. die Absicht im Sinne eines Programmsatzes ist dementsprechend gemäß § 1 Abs. 1 SGB I die „Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit“. Zusätzlich soll das Recht des SGB gemäß § 1 Abs. 2 SGB I ermöglichen, dass die zur Erfüllung der sozialen Aufgaben erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen.[2] Im Folgenden werden diese ersten beiden Absätze des § 1 SGB I näher erläutert.
Im § 1 Abs. 1 SGB I werden Rechte aufgeführt, die grundgesetzlichen Charakter haben. Unter anderem soll das SGB bspw. dazu beitragen, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, die Familie zu schützen und zu fördern. Auch besondere Belastungen des Lebens sollen (auch durch Hilfe zur Selbsthilfe) abgewendet oder ausgeglichen werden. Hierbei wird die genannte Hilfe zur Selbsthilfe besonders in den Bereichen der Sozialhilfe (siehe SGB XII), sowie bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (siehe SGB II) in den Vordergrund gestellt.[3]
Laut Gesetzgeber dient das Sozialrecht prinzipiell der Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit. In dieser Intention wird das Grundgesetz (GG) widergespiegelt, da soziale Gerechtigkeit gemäß Art. 20 Abs. 1 GG ein Gebot des Sozialstaatsprinzips ist. Wie oben erwähnt handelt es sich bei der Aufgabendarstellung des § 1 Abs. 1 SGB I um Zielvorgaben im Sinne eines Programmsatzes, die das sehr allgemein gehaltene Sozialstaatsprinzip konkretisieren sollen.
Weitere Bezüge zum Grundgesetz finden sich bei der Aufgabenbeschreibung des Sozialrechts in dem Hinweis auf die Sicherung eines menschenwürdigen Daseins. Diese ist ebenfalls Gegenstand des Grundrechts auf Menschenwürde, welches sich aus Art. 1 Abs. 1 GG ableitet. Die Aufgaben des Sozialrechts scheinen somit klar benannt, jedoch sind die konkreten Inhalte von „sozialer Gerechtigkeit“ und „sozialer Sicherheit“ näher zu betrachten und zu definieren. Die beiden Begriffe sind in § 1 Abs. 1 SGB I nicht unabhängig voneinander zu betrachten, sondern treten zueinander in Wechselwirkung. Es handelt sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, d.h. der genaue Inhalt und die genaue Bedeutung stehen nicht eindeutig fest. Sie müssen durch Auslegung interpretiert werden.[4]
Die Vorstellungen über den konkreten Inhalt der „ sozialen Gerechtigkeit “ sind in der staats- und sozialrechtlichen Literatur sehr unterschiedlich, dennoch hat sich in Konsens über den Mindestinhalt herausgebildet. Demnach charakterisiert sich soziale Gerechtigkeit dadurch, dass jedem Menschen die Möglichkeit gegeben wird, eine seinen individuellen Kräften und Fähigkeiten entsprechende soziale Stellung in Staat und Gesellschaft zu erreichen. Zusammenfassend kann man im Rahmen der sozialen Gerechtigkeit auch von Chancengleichheit sprechen. Demzufolge dienen die sozialrechtlichen Vorschriften dazu, diese zu ermöglichen und ebenso zu wahren.
Der Begriff der „ sozialen Sicherheit “ ist ebenfalls umstritten und nicht immer eindeutig. Einigkeit besteht allein darüber, dass er weiter gefasst ist, als der der „Sozialversicherung“, jedoch enger zu sehen ist, als der Begriff des „Sozialstaatsprinzips“. Zudem kann erst von „sozialer Sicherheit“ gesprochen werden, wenn auch die Sicherstellung eines menschenwürdigen Daseins gemäß § 1 Abs. 1 SGB I gewährleistet ist. Die soziale Sicherheit soll jedoch mehr sein, als die Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums. So schließt sie die Möglichkeit eines jeden Einzelnen, sein Leben auf verlässlicher Basis in einer der menschlichen Würde entsprechenden Weise zu gestalten, mit ein. Hierzu zählt ebenfalls die Absicherung gegen die „Wechselfälle des Lebens“ durch die entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Teile des SGB.[5]
In § 1 Abs. 2 SGB I wird eine weitere zentrale Aufgabe des SGB genannt. Während § 1 Abs. 1 SGB I nur die Gestaltung von Sozialleistungen anspricht, werden im Folgeabsatz die gleichfalls in den Sozialgesetzbüchern geregelten Vorschriften über deren Erfüllung thematisiert. Diese eigenständig genannte Aufgabe des SGB soll dazu dienen, dass für die Umsetzung der Ziele auch die erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Dies basiert auf der Tatsache, dass die Erfüllung konkreter sozialrechtlicher Leistungsansprüche nicht umsetzbar wäre, wenn nicht die entsprechenden Leistungsanbieter vorhanden sind. In manchen Bereichen könnte der Staat weder organisatorisch noch finanziell eigenständig die notwendige soziale Hilfe gewährleisten.[6]
Zusammenfassend besteht die Intention des § 1 SGB I darin, die übergreifenden Aufgaben und Zielvorstellungen zu benennen, die für alle Sozialleistungsbereiche gelten sollen. Zusätzlich soll verdeutlicht werden, dass das Sozialleistungssystem auch durch die Gewährleistung sozialer Dienste und Einrichtungen gekennzeichnet ist. Die in § 1 SGB I benannten Ziele und Beschreibungen der Aufgaben müssen durch die übrigen Bücher des SGB erfüllt werden. Durch diesen Paragraphen wird eine Verbindung von den verfassungsrechtlichen Bezügen des Sozialrechts zu seiner konkreten Ausgestaltung im Sozialgesetzbuch hergestellt. Dies ist notwendig und sinnvoll, da das Grundgesetz auf die Ausformulierung konkreter sozialer Grundrechte verzichtet hat. Mit § 1 SGB I werden somit die sozialrechtlichen Grundpositionen des Bürgers und die Leitideen aufgezeigt, die den Vorschriften der einzelnen Sozialleistungsbereiche zugrunde liegen.[7]
Diese sind der folgenden Abbildung 1 als aufeinander aufbauende Aufgaben grafisch dargestellt.[8]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufgaben des SGB
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Marburger, H.: 2014, S. 18)
2. Rechte und Pflichten im Sozialrechtsverhältnis
Das Sozialrecht dient – wie oben ausführlich erläutert – der Erfüllung des grundgesetzlichen Auftrags im Sinne einer Sicherung des Sozialstaatsprinzips. Es handelt sich um öffentliches Recht und ist demensprechend von einem Über- und Unterordnungsverhältnis charakterisiert. Akteure hierbei sind die öffentliche Verwaltung, die einzelnen Bürger und die Leistungserbringer. Dieses komplexe, öffentlich-rechtliche Dauerschuldverhältnis wird als Sozialrechtsverhältnis bezeichnet, auf das im Folgenden näher eingegangen wird.[9]
Der § 1 SGB I fordert eine Gestaltung von Sozialleistungen, die zur Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit beitragen. Dies gilt auch für alle Leistungsbereiche, welche noch nicht im SGB eingeordnet sind, so dass auch die in § 68 SGB I genannten Leistungen erfasst sind. Im Folgenden wird nun auf die Pflichten, die sich aus dem Sozialrechtsverhältnis für den Sozialleistungsträger und auf die Obliegenheiten, die sich für den Sozialleistungsempfänger ergeben, eingegangen. Obliegenheiten stehen hier im Schuldverhältnis für Pflichten minderen Grades, die vom Gläubiger nicht eingeklagt werden können und bei deren Verletzung der Schuldner nicht schadensersatzpflichtig ist.
Prinzipiell kann das Verhältnis zwischen Leistungserbringer, Leistungsempfänger und Kostenträger als Dreiecksverhältnis verstanden werden. Hierbei begehrt der einzelne Bürger als Rat- und Hilfesuchender die Leistung, der Kostenträger gewährt sie und die soziale Einrichtung bzw. der soziale Dienst erbringt sie. In Abbildung 2 werden diese rechtlichen Beziehungen zwischen dem Sozialleistungsträger (Kostenträger), der sozialen Einrichtung bzw. dem sozialen Dienst (Leistungserbringer) und dem Klienten (Leistungsempfänger) grafisch verdeutlicht.[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das soziale Dreiecksverhältnis
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kolhoff, L.: 2017, S. 6)
Zusätzlich zu der oben erwähnten öffentlich-rechtlichen Vertragsbeziehung zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und dem Kostenträger handelt es sich hier auch um ein privatrechtliches Verhältnis zwischen dem Rat- und Hilfesuchenden und dem Leistungserbringer (soziale Einrichtung bzw. sozialer Dienst). Es werden Verträge abgeschlossen, die eine Kostenverpflichtung des Leistungsempfängers mit sich bringen. In bestimmten, definierten Fällen kann der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Kostenerstattung – basierend auf gesetzlichen Regelungen (z.B. SGB VIII), oder Versicherungsleistungen gegenüber einem Kostenträger geltend machen. Ist dies nicht möglich, dann muss der Leistungsempfänger die Kosten selbst tragen. Der Leistungserbringer hat jedoch gegenüber dem Leistungsempfänger eine Leistungsverpflichtung.
Wenn der Leistungsempfänger bspw. in Form einer Kranken-, Unfall- oder Pflegeversicherung versichert ist oder einen aber einen gesetzlichen Anspruch auf die Kostenübernahme einer bestimmten Leitung hat (SGB VIII, SGB XII, usw.), dann tritt der Kostenträger ein. Der Leistungsempfänger hat gegenüber dem Kostenträger einen festgelegten Leistungsanspruch und der Kostenträger hat dem Leistungsempfänger gegenüber die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage beruhende Leistungsverpflichtung. Zu beachten ist hier allerdings, dass nicht die Einrichtung, sondern der Leistungsempfänger anspruchsberechtigt für die Leistung des Kostenträgers ist. Dieser macht gegenüber dem Kostenträger Ansprüche geltend und bekommt entsprechend die Kosten ersetzt.[11]
Die Hauptpflicht des Sozialleistungsträgers hingegen kennzeichnet sich durch eine umfassende Betreuungspflicht. Sie resultiert aus dem Umkehrschluss des Beratungs- und Auskunftsanspruchs des Bürgers nach § 14, 15 SGB I, sowie aus den Vorschriften über die Antragsstellung § 16 und § 17 SGB I.[12]
Die Pflichten des Leistungsempfängers umfassen im Gegensatz dazu die Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 ff. SGB I. Hier wird die Basis durch die sozialrechtliche Solidarität gebildet, wodurch dem einzelnen Bürger neben Rechten auch Pflichten auferlegt werden. Zu beachten ist allerdings, dass sich diese aus dem Sozialrechtsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten nicht gegenseitig ausschließen, sondern gleichrangig und genauso begründet sind. Hierfür ist auch die Höhe der jeweiligen Solidarleistung ausschlaggebend, denn je größer diese ist, desto mehr wird die Mitwirkung des Bürgers verlangt. Um dies zu gewährleisten, kann es erforderlich sein, dass diese ausschließlich zur Sachverhaltsaufklärung beitragen oder sich entsprechenden Untersuchungen unterziehen müssen. Wenn der Leistungsempfänger dieser Pflicht nicht nachkommt, kann die Leistung gem. § 66 Abs.1 SGB I unter bestimmten Umständen teilweise oder ganz versagt werden.[13]
[...]
[1] Vgl. Köchling, E./Wassmann, H.: 2013, S. 18
[2] Vgl. Wabnitz, R. J.: 2016, S. 149ff
[3] Vgl. Marburger, H.: 2014, S. 18-19
[4] Vgl. Schaumberg, T.: 2016, S. 20f
[5] Vgl. Schaumberg, T.: 2016, S. 20f
[6] Vgl. Schaumberg, T.: 2016, S. 20f
[7] Vgl. Schaumberg, T.: 2016, S. 20f
[8] Vgl. Marburger, H.: 2014, S. 18
[9] Vgl. Schaumberg, T.: 2016, S. 20f
[10] Vgl. Kolhoff, L.: 2017, S. 6-7
[11] Vgl. Kolhoff, L.: 2017, S. 6-7
[12] Vgl. Marburger, H.: 2014, S. 18
[13] Vgl. Marburger, H.: 2014, S. 18
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.