Nachdem die Ära der Nationalsozialisten 1945 zu Ende ging, sah man das Bedürfnis und die Notwendigkeit, Aspekte und Themen dieser Zeit aufzugreifen und näher zu erforschen. Mit einigen Gesichtspunkten beschäftigten sich Wissenschaftler intensiver als mit anderen. Die Judenverfolgung und -ermordung stand lange Zeit im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses, während andere Aspekte, wie zum Beispiel die Ermordung von Behinderten, in den Hintergrund rückten. Auch das Bild der Frau und die Rolle, die sie im NS-Regime einnahm, war lange Zeit ein wenig publiziertes Thema.
Dies ist einer von mehreren Gründen, warum im Zentrum dieser wissenschaftlichen Arbeit die Frau in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 steht. Ursprünglich wurde mein Interesse am Bild der Frau im Nationalsozialismus durch die Bearbeitung eines anderen Essays geweckt, in welchem es um die unterschiedliche Behandlung von männlicher und weiblicher Homosexualität in dieser Zeit ging. Beim Recherchieren zu diesem Thema richtete sich mein Blick zunehmend auf das allgemein vorherrschende Bild der Frau im Nationalsozialismus. Mein bereits gewonnenes Wissen über das Leben homosexueller Frauen wollte ich erweitern und einen umfassenderen Einblick in die Lebenssituation und Funktion der Frau gewinnen und die Kenntnisse über ihre Rolle im NS-Regime erweitern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Ideologie der Nationalsozialisten
2.1 Der Rassismus und die arische Herrscherrasse
2.2 Der Sozialdarwinismus und die Rassenhygiene
3 Die ideologische Erfassung der Frau
3.1 Die Erfassung der Kinder
3.1.1 Die Schulerziehung und berufliche Ausbildung
3.1.2 Die Hitlerjugend
3.1.3 Der BDM
3.2 Die Erfassung der Frau durch NS-Organisationen
3.2.1 Die NS-Frauenschaft
3.2.2 Das DFW
3.2.3 Das Frauenamt der Deutschen Arbeitsfront
3.2.4 Der SS-Korps
4 Das Bild der Frau im Nationalsozialismus
4.1 Zur Situation der Frau vor 1933
4.2 Die Frau als Ehefrau und Mutter
4.3 Die Frau im Berufsleben
5 Fazit
6 Abstract
Abkürzungen/ Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Nachdem die Ära der Nationalsozialisten 1945 zu Ende ging, sah man das Bedürfnis und die Notwendigkeit, Aspekte und Themen dieser Zeit aufzugreifen und näher zu erforschen. Mit einigen Gesichtspunkten beschäftigten sich Wissenschaftler intensiver als mit anderen. Die Judenverfolgung und –ermordung stand lange Zeit im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses, während andere Aspekte, wie zum Beispiel die Ermordung von Behinderten, in den Hintergrund rückten. Auch das Bild der Frau und die Rolle, die sie im NS-Regime einnahm, war lange Zeit ein wenig publiziertes Thema.
Dies ist einer von mehreren Gründen, warum im Zentrum dieser wissenschaftlichen Arbeit die Frau in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 steht.
Ursprünglich wurde mein Interesse am Bild der Frau im Nationalsozialismus durch die Bearbeitung eines anderen Essays geweckt, in welchem es um die unterschiedliche Behandlung von männlicher und weiblicher Homosexualität in dieser Zeit ging. Beim Recherchieren zu diesem Thema richtete sich mein Blick zunehmend auf das allgemein vorherrschende Bild der Frau im Nationalsozialismus. Mein bereits gewonnenes Wissen über das Leben homosexueller Frauen wollte ich erweitern und einen umfassenderen Einblick in die Lebenssituation und Funktion der Frau gewinnen und die Kenntnisse über ihre Rolle im NS-Regime erweitern.
Die dominierende Meinung über die Funktion der Frau im Nationalsozialismus ist, dass sie auf die Rolle der Ehefrau und Mutter beschränkt wurde und keinerlei politisches Mitspracherecht hatte. Für die Volksgemeinschaft sollte sie gesunde Kinder gebären und hauptsächlich im häuslichen Bereich tätig sein. Aus heutiger Sicht erscheint diese patriarchalische Gesellschaftsordnung als starke Benachteiligung der Frau. Früher war dies jedoch anders. Bürgerliche Frauen sahen es als ein Privileg an, im Vergleich zu Proletarierinnen nicht arbeiten gehen zu müssen. Auch Proletarierinnen bevorzugten es, aus dem Berufsleben auszusteigen, wenn das Gehalt des Mannes ausreichte.[1] Heute jedoch ist nur Hausfrau zu sein, weder die Norm noch das Ideal. Beruflicher Erfolg und finanzielle Unabhängigkeit sind Frauen wichtig, um ein erfülltes und glückliches Leben außerhalb des Schatten des Mannes zu führen. Nach Sicht der Nationalsozialisten sollten sich Frauen jedoch aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Daraus ergibt sich das Bild der unterdrückten Frau, die keine wichtige Rolle innerhalb des Regimes innehatte. Dieser Sicht möchte ich jedoch widersprechen. Meine These ist, dass die Frau zwar auf Ehe und Muttersein beschränkt wurde, dadurch aber eine sehr wichtige Rolle und Funktion zur Aufrechterhaltung des Regimes ausübte. Sie wurde von den Machthabern zur Durchsetzung ihrer Ziele benötigt und war zugleich eine bedeutende Stütze des Systems.
Um diese These zu beweisen werde ich zunächst die Ideologie der Nationalsozialisten kurz umreißen, um dann die Erfassung der Frauen und der Kinder durch verschiedene Organisationen darzustellen. Danach werde ich das Bild der Frau der damaligen Zeit darstellen.
Um die Arbeit nicht unverhältnismäßig auszuweiten, werde ich mich in meinen Ausführungen auf Nazi-Deutschland beschränken und die Annexion Österreich und die besetzten Gebiete Polen, Frankreich, Niederlande und Belgien außer Acht lassen. Des Weiteren konzentriere ich meine Untersuchungen auf die „arische Frau“[2], da zum Beispiel jüdische, behinderte oder homosexuelle Frauen politisch anders erfasst wurden und ein eigenes Untersuchungsfeld darstellen.
2 Die Ideologie der Nationalsozialisten
Laut Fremdwortlexikon ist eine Ideologie die „Gesamtheit der Denkvorstellungen einer Gesellschaft (-sschicht); politische Theorie, politische Anschauung“.[3] Um besser verstehen zu können, inwiefern Frauen eine Stütze des System darstellten, muss die NS-Ideologie kurz beleuchtet werden. Die für diese Arbeit wichtigen Hauptmerkmale sind der Rassismus und die parallele Verehrung einer arischen Herrscherrasse, die damit verbundene starke Betonung der Volksgemeinschaft, der Sozialdarwinismus und die Rassenhygiene.[4]
2.1 Der Rassismus und die arische Herrscherrasse
Für die Nationalsozialisten waren die Arier ein nordisch, germanisches Volk, welches ihren Ursprung in Deutschland oder Skandinavien hatte. In diesen Gebieten seien die ursprünglichen rassischen Eigenschaften[5] besonders erhalten. Diese arische Rasse sei anderen überlegen und könne somit unterlegene Völker unterwerfen oder vernichten. Es wurde argumentiert, dass dieses arische Erbgut nicht vermischt werden dürfe mit anderen Rassen oder minderwertigen Menschen aus den eigenen Reihen.[6] Außerdem müsse sich die germanische Rasse von den minderwertigen Rassen befreien, da sie die arische Rasse sonst verdrängen würden.[7] Daraus resultierte Verfolgung, Sterilisation oder Ermordung der, aus Sicht der Nationalsozialisten, minderwertigen Rassen. Gleichzeitig wurde der Zusammenhalt der erbgesunden Volksgemeinschaft betont. Alles, was das Individuum tat, sollte zum Wohl der Volksgemeinschaft sein. Aus der Vorstellung heraus, dass allein die arisch germanische Rasse überlegen sei und die Weltherrschaft ausüben soll, plädierte Hitler für eine Expansion des deutschen Volkes, zunächst gen Osten, später über die ganze Welt. Die heimischen Bevölkerungen sollen unterworfen und zu Sklaven des arischen Volkes gemacht werden und die dort gewonnenen Rohstoffe für die nationalsozialistische Wirtschaft eingesetzt werden.
2.2 Der Sozialdarwinismus und die Rassenhygiene
Sozialdarwinismus und Rassenhygiene bedingten einander und bauten aufeinander auf. Sozialdarwinisten nahmen Darwins Theorie vom Überleben des Stärkeren im Evolutionsprozess als Ausgangspunkt ihrer Auslegungen und übertrugen diese auf die Gesellschaft. Diejenigen, die am Besten der Umgebung angepasst sind, d.h. solche die beste genetische Merkmale besitzen, überleben. Es kommt somit zu einer natürlichen Auslese. Wissenschaftler sahen jedoch die natürliche Auslese durch einen hohen medizinischen Standard und soziale Unterstützung vom Staat nicht ausreichend gewährleistet. Die Qualität des Erbguts einer Rasse sollte durch künstliches Eingreifen beeinflusst werden und eine sogenannte Gegen-Auslese[8] verhindern.
Auf diesen Annahmen basierte die Rassenhygiene. Der Begriff Rassenhygiene war die deutsche Übersetzung für Eugenik und wurde durch den deutschen Arzt Alfred Ploetz geprägt.[9] Ansätze zur Rassenhygiene kamen schon Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Europa und den USA auf und zielten wie der Sozialdarwinismus auf die Qualität der Rasse. Rassehygieniker behaupteten, dass sich Menschen mit entartetem Erbgut überdurchschnittlich fortpflanzen würden und somit ein Eingreifen nötig sei.
Durch Auslese oder Ausmerze[10] sollte die eigene Rasse verbessert und die Zeugung von Nachkommen kontrolliert und reglementiert werden. Ziel war es eine hochbegabte, arische Rasse zu züchten. Individuelle Bedürfnisse und Anliegen mussten demnach vor diesem Ziel und dem Interesse der Volksgemeinschaft zurückstehen. Obwohl die Ideen zur Rassenhygiene in ganz Europa vertreten waren, fanden sie lediglich in Deutschland eine politische Auswirkung, welche Verfolgung, Sterilisation und Ermordung von Millionen von Menschen mit sich brachte.
3 Die ideologische Erfassung der Frau
„Jeder geistigen und weltanschaulichen Revolution hat die Erziehung und Formung der Menschen zu folgen zu dem Ideal, das dieser Revolution ihren Sinn gab“.[11]
Nach der Machtübernahme Hitlers hatten die Nationalsozialisten noch kein genaues Konzept für ihre politischen Ziele festgelegt. Deshalb war es für sie von großer Bedeutung, dass sie ihre neugewonnene Position zunächst stabilisierten, um diese dann ausweiten zu können. Um ihre Position festigen zu können, mussten große Teile der Bevölkerung von der neuen Regierung überzeugt, in das geplante System integriert und die wirtschaftlich schwierige Lage Deutschlands verbessert werden. Hierbei war die Frau für die Nationalsozialisten von großer Bedeutung. Erfasste man die Frau und brachte ihr die Ideologie näher, so hatte man automatisch die gesamte Familie, da die Frau wesentlichen Einfluss auf Kinder und Ehemann ausübte. Die Frau hatte in der patriarchalischen Gesellschaftsstruktur die Aufgabe der Erziehung der Kinder inne. Somit konnte sie den Nachwuchs direkt ideologisch beeinflussen oder zumindest soweit den Anforderungen des Systems folgen, um ihrem Kind nicht zu schaden. Gleichermaßen konnte sie Einfluss auf ihren Ehemann ausüben. Dieser musste sich als Familienoberhaupt, welches Verantwortung für seine Familie trägt, ebenfalls den ideologischen Erfordernissen anpassen, um seiner Familie nicht zu schaden. Somit wollte man über die Frau schrittweise das ganze Volk erfassen und ideologisch schulen.[12]
Doch zunächst mussten Schritte zur Erfassung eingeleitet werden und Organisationen entstehen, welche die erwachsene Frau auf das neue System einstellen und die Kinder der Ideologie zuführen sollten.
[...]
[1] Vgl. Klinksiek (1982: 94f).
[2] Der Begriff „arisch“ wird im Folgenden noch näher erläutert werden.
[3] Grosses Wörterbuch Fremdwörter (2001: 236).
[4] Vgl. zu den folgenden Definitionen Wikipedia.de.
[5] Äußere Merkmale wie helle Hautfarbe, groß, blond, blauäugig, stark.
[6] Als nicht-arisch und somit als minderwertig und entartet angesehen wurden besonders Juden, Sinti, Slawen,
Asoziale, Homosexuelle, Alkoholiker, Sozialschwache und Farbige. Ebenso betroffen waren auch deutsche
behinderte oder kranke Menschen, welche die arische Rasse durch ihr angeblich krankes Erbgut „verseuchen“
würden. Vgl. Wikipedia.de.
[7] Vgl. Wikipedia.de.
[8] Unter Gegen- Auslese verstand man die erhöhte Vermehrung erblich minderwertigen Menschen gegenüber den
erblich hochwertigen Menschen. Dadurch würde sich das Erbgut der Rasse laut Nationalsozialisten insgesamt
verschlechtern. Vgl. Weyrather (1993: 12f).
[9] Vgl. Wikipedia.de.
[10] Unter Auslese verstand man die Verbesserung des Erbguts durch züchterische Maßnahmen. Überlegene
Merkmale sollten somit weitervererbt werden. So durfte man z.B. nur Kinder mit genetisch einwandfreien
Partnern haben. Ausmerze war die Beseitigung schlechten Erbguts aus dem Genpool einer Rasse durch
Sterilisation, Abtreibung oder Ermordung von genetisch nicht einwandfreien Menschen. Vgl. Schoppmann
(1997: 57f)/ Weyrather (1993: 12f)/ Wikipedia.de.
[11] Klinksiek (1982: 34); Zit.n.: Adolf Hitler. Zit. n.: Schultheß’ Europäischer Geschichtskalender. NF 49 (1933),
München 1934, 167.
[12] Vgl. Klinksiek (1982: 10f, 136).
- Quote paper
- Ulrike Matt (Author), 2004, Das Bild und die Rolle der Frau im Nationalsozialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51052
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