De concordantia catholica von Nikolaus von Kues (im folgenden DCC) gehört zu jener Gruppe der im Zusammengang mit den Konzilien von Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449) entstandenen Reformpublizistik, deren Einfluss auf die Reformprozesse im Deutschen Reich des 15. Jh. – und somit ihre Rolle in der Verfassungsgeschichte – in der modernen historischen Forschung überwiegend als gering eingeschätzt wird. In der Tat richtet sich das Augenmerk dieser Literatur in erster Linie nicht auf die Bedürfnisse des sich in der Krise befindenden Reiches, sondern auf die damals immer noch höchst angespannte innerkirchliche Situation. In der ersten Hälfte des 15. Jh. stehen die Reformbedürftigkeit der Kirche und die Entwicklung der Konzepte zur Realisierung dieser Reform für die Verfasser dieser Schriften eindeutig im Vordergrund. Die bis zur Mitte des 15. Jh. gewissermaßen im Schatten der Reform der Kirche stehende Reichsreform wird von den Verfassern – etwa bei Vener, Schele oder in DCC – quasi als Pendant zur Kirchenreform gesehen, die institutionalen Strukturen des Reiches – als eine Entsprechung derjenigen der Kirche. Kennzeichnend in dieser Hinsicht ist die Aussage von Job Vener: „quia pro reformacione sacri imperii, est in multis par racio cum reformatione papatus“, – die das Verhältnis von Kirchen- und Reichsreform in den frühen Reformschriften illustriert und gleichzeitig den ihnen immanenten universalistischen Anspruch zum Ausdruck bringt.
DCC von Nikolaus von Kues bildet dabei keine Ausnahme: in dem beträchtlichen Umfang von DCC nimmt die Reichsreform – im Vergleich mit der Frage der Kirchenreform – einen relativ „bescheidenen“ Platz ein. Dies bedeutet jedoch keineswegs eine „zweitrangige“ Stellung der Reichsreform gegenüber den kirchenpolitischen Fragen. Obwohl die erste cusanische Schrift sich vordergründig mit der – zur Zeit des Konzils zu Basel hochbrisanten und weit diskutierten – Frage nach der Priorität des Konzils gegenüber dem Papst befasst, spielen seine Überlegungen zur „Heilung“ des Reiches dennoch eine wichtige Rolle im Gesamtkonzept des Werkes und bilden das Gegenstück zu den Überlegungen zur Reformierung der Kirche.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehungsgeschichte von DCC. Strukturübersicht des Werkes
- Zu den Begriffen der concordantia und refomatio in DCC
- Gesellschaftsordnung nach DCC
- Staatstheoretische Grundlagen
- Begründung der Notwendigkeit der Herrschaftsverhältnisse
- Repräsentationstheorie in DCC
- Cusanische Vorschläge zur Reichsreform
- Reform des Gerichtswesens. Administrative Teilung des Reichs (DCC III, Kap. 33)
- Problem des Landfriedens (DCC III, Kap. 34)
- Consilia. Ausbau der Legislative
- Kaiserwahl (DCC III, Kap. 36-37)
- Die Exekutive
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert „De concordantia catholica“ von Nikolaus von Kues (im Folgenden DCC) als Reformschrift im Kontext der Konzilien von Konstanz und Basel. Sie untersucht die cusanischen Vorschläge zur Reichsreform, die im Schatten der kirchenpolitischen Diskussionen stehen, und setzt sich mit dem universalistischen Anspruch des Werkes auseinander, das auf eine Wiederherstellung der ursprünglichen Ordnung von Welt, Kirche und Gesellschaft abzielt.
- Die Reformbedürftigkeit der Kirche im 15. Jahrhundert
- Die Rolle des Konzils und des Papstes
- Die Reichsreform als Gegenstück zur Kirchenreform
- Cusanische Staatstheorie und Repräsentationstheorie
- Das Konzept der „concordia“ als Ordnungsprinzip
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel erläutert den Kontext der Entstehung von DCC und stellt die Reformpublizistik des 15. Jahrhunderts vor. Es wird deutlich gemacht, dass DCC zwar auf die Kirchenreform fokussiert, aber auch die Reichsreform als wichtige Komponente des Gesamtkonzepts beinhaltet.
- Gesellschaftsordnung nach DCC: Dieses Kapitel befasst sich mit den staatstheoretischen Grundlagen von DCC und der cusanischen Sicht auf die Herrschaftsverhältnisse. Es stellt die Repräsentationstheorie von Nikolaus von Kues dar.
- Cusanische Vorschläge zur Reichsreform: Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf den konkreten Reformvorschlägen für das Deutsche Reich, die in DCC behandelt werden. Es werden die Reform des Gerichtswesens, die administrative Teilung des Reichs, der Ausbau der Legislative und die Aufgaben der Exekutive beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen der Arbeit sind „De concordantia catholica“, Nikolaus von Kues, Reichsreform, Kirchenreform, Konzilien von Konstanz und Basel, Staatstheorie, Repräsentation, concordia, universalistische Ordnung, hierarchische Ordnung.
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- Elena Hoffmann (Author), 2006, De concordantia catholica von Nikolaus von Kues als Reformschrift, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50855