Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Vorstellung des Konzeptes der Streitschlichtung. Ergänzt wird der theoretische Teil durch einen Erfahrungsbericht einer Schule für Gehörlose und Schwerhörige.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Wozu Streitschlichtung?
1.2 Geschichtliche Entwicklung der Mediation
2 Hauptteil
2.1 Die Ausbildung zum Streitschlichter
2.2 Die Mediationssitzung
2.3 Die Umsetzung der Streitschlichtung in der Praxis
3 Schluss
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit möchte das Konzept der Streitschlichtung[1] vorstellen. Dazu werde ich zunächst auf die Theorie des Schlichtungsmodells eingehen und dann seine Umsetzung in der Praxis beleuchten. Dabei sollen Charakteristika, aber auch Probleme herausgearbeitet werden.
1.1 Wozu Streitschlichtung?
In jeder Schule sind Streit und Streitschlichtung Themen, die immer aktuell sind. Meinungsverschiedenheiten, Streit und Auseinandersetzungen zwischen Schülern gehören zum normalen Alltag in der Schule. Aber auch im privaten Bereich stößt man immer wieder auf Menschen und Situationen, in denen Meinungsverschiedenheiten und Streit entstehen. Sie gehören zur Normalität und begegnen dem Menschen von klein auf in ganz unterschiedlichen Bereichen seines Lebens begegnen. Dabei ist es wichtig, Streitigkeiten nicht als etwas an sich Negatives zu bewerten. Es kommt darauf an, wie diese Probleme angegangen und gelöst werden. Statt Auseinandersetzungen zu verteufeln und vermeiden zu wollen, sollte man sie als Chance sehen, da Streitigkeiten vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten für ein Kind bieten. Einerseits lernt es, sich mit anderen und deren Standpunkten auseinander zusetzen, fremde, sogar gegensätzliche Meinungen nachzuvollziehen und Argumenten der Gegenseite Beachtung zu schenken. Die Fähigkeit zur Empathie, also das Einfühlen und Hineindenken in das Gegenüber, wird durch das Durchleben und Aushalten eines Streits geschult und trainiert. Die erfolgreiche Bewältigung von Auseinandersetzungen mit anderen fördert Toleranz, Akzeptanz anderer Standpunkte, Interessen und Meinungen. Andererseits erwirbt das Kind die Fähigkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden, diese deutlich zu machen und seinen Standpunkt zu vertreten und zu verteidigen. Dazu gehört auch sich die Freiheit zu gestatten, sich von Argumenten anderer überzeugen zu lassen und die Meinung zu wechseln.
Durch diese Übungen kann das Kind zu einem selbstbestimmten, selbstbewussten, weltoffenen und toleranten Menschen werden. Besonders wichtig dabei sind Vorbilder (vgl. Pädagogisches Zentrum 2002, S. 28). Diese stellen in erster Linie die Eltern dar, indem sie ihrem Kind Verhaltensweisen bei Auseinandersetzungen vorleben und so sein Bild angemessenen Verhaltens prägen. Als Lehrer hat man auf diesen Faktor so gut wie keinen Einfluss. Allerdings sollte man nicht die Vorbildfunktion der Lehrerrolle für den Schüler unterschätzen. In der Schule bieten sich dem Lehrer Handlungsspielräume, im Unterricht und außerhalb, in denen er zu einem positiven Vorbild werden kann, das erfolgreich Probleme löst.
1.2 Geschichtliche Entwicklung der Mediation
Die Methode der Streitschlichtung wurde in den USA entwickelt. Ihre Wurzeln liegen im Collective Bargaining (gemeinsames Verhandeln/Übereinkommen). Die religiöse Gemeinschaft der Quäker hatte mit der Schlichtungsmethode großen Erfolg bei politischen Verhandlungen. Anfang der 60-er Jahre begann die Mediation sich als außergerichtliche Einigung zu verbreiten. Sie sollte der Entlastung der Zivilgerichte dienen. In den 70-er Jahren erfuhren die Schlichtungsprogramme eine Erweiterung, indem spezielle Trainingsprogramme für Schüler und Lehrer entwickelt wurden (vgl. Hauk 2000, S. 13). In Deutschland hielt die Mediation Anfang der 90-er Jahre Einzug in die Schulen.
Heute ist Streitschlichtung eine weit verbreitete Methode der Vermittlung und findet in den verschiedensten Feldern des Arbeits- und Privatlebens Anwendung. Dazu gehören Politik, Ökonomie, Wirtschaft, Täter-Opfer-Ausgleich, Nachbarn, die Gemeinde, Familie und Generationen sowie Paarbeziehungen (vgl. Pädagogisches Zentrum 2002, S. 28).
In den Schulen wurde dieses Konzept zunächst überwiegend in den Sekundarstufen I und II umgesetzt. Shapiro (1998) zeigte jedoch an Beispielen, dass bereits vierjährige Kinder Probleme eigenständig lösen können, auch wenn sie emotional involviert sind (vgl. S. 125). Diese Kompetenz hat wenig mit kognitiver Intelligenz zu tun, sondern vielmehr mit dem, was man heute unter dem Begriff der emotionalen Intelligenz versteht. Verfügen Kinder über gute soziale Fähigkeiten, sind sie auch in der Lage, Streitigkeiten weitgehend ohne Hilfe von Erwachsenen zu lösen. Auf Grund dieser Erkenntnisse wird das Konzept der Mediation nun auch in Grundschulen angewendet.
2 Hauptteil
2.1 Die Ausbildung zum Streitschlichter
Unter Mediation versteht man das Vermitteln zwischen verschiedenen Parteien, die sich alleine nicht mehr untereinander verständigen können. Die Vermittlerrolle übernimmt dabei eine dritte neutrale Partei. Kennzeichnend für die Streitschlichtung ist die Ergebnisorientierung. Am Ende des Schlichtungsprozesses steht eine sog. Win-Win-Lösung, also eine Lösung, bei der es zwei Gewinner und keinen Verlierer gibt. Die erarbeitete Lösung wird schriftlich in Form eines Vertrages (s. Anhang) festgehalten, auf dessen Einhaltung streng geachtet wird.
Das Konzept der Streitschlichtung geht davon aus, dass Schüler in die Lage versetzt werden können, ihre Probleme untereinander selbstständig und gewaltfrei zu lösen. Erwachsene oder bereits selbst in der Streitschlichtung ausgebildete Schüler trainieren mit Schülern die Fähigkeit, in Streitigkeiten zwischen den Parteien neutral und fair zu vermitteln.
Grundsätzlich kann man zwei Varianten der Streitschlichtung unterscheiden: ein Ansatz ist es, eine Gruppe ausgewählter und interessierter Schüler in der Streitschlichtung auszubilden, der andere Ansatz setzt auf die Ausbildung aller Schüler. In deutschen Schulen wird fast ausschließlich die erste Variante umgesetzt (vgl. Jefferys-Duden 1999, S. 51).
Die Schüler, die an der Ausbildung zum Streitschlichter teilnehmen möchten, können sich freiwillig melden, von Lehrkräften angeworben oder von anderen Schülern gewählt werden. Manche Schulen legen bei der Auswahl der Teilnehmer Wert darauf, dass sie einen repräsentativen Querschnitt der Schülerschaft darstellen was Alter, soziale und kulturelle Herkunft und Geschlecht angeht. Damit soll gewährleistet werden, dass jeder Schüler einen Schlichter finden kann, vom dem er sich akzeptiert und verstanden fühlt und keine Vorurteile oder Spannungen die Schlichtung beeinträchtigen.
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[1] In dieser Arbeit werden die Begriffe Streitschlichtung und Mediation als Synonyme verwendet.
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