Der Entwicklung von Grenzregionen kommt innerhalb der Europäischen Union traditionell eine hohe Bedeutung zu. Sie bieten spezifische Möglichkeiten hinsichtlich des grenzüberschreitenden Austausches zwischen Staaten, besitzen jedoch aufgrund ihrer peripheren Lagen auch besondere Defizite und Erfordernisse. Mit dem EU-Beitritt der Staaten Mittel- und Osteuropas eröffnen sich auch für die vormals peripheren Regionen des deutsch-polnischen Grenzraums neue Entwicklungsperspektiven. Bislang sind positive Effekte des grenzüberschreitenden Austausches weitgehend an den grenznahen Räumen dies- und jenseits der Oder vorbeigegangen. In zunehmendem Maße wird die Rolle als Grenzregion mit den damit verbundenen Möglichkeiten und Chancen jedoch auch hinsichtlich regionaler Entwicklungspolitik wahrgenommen. Dieser Beitrag zeigt auf, inwiefern Potenziale der grenzüberschreitenden Vernetzung im Bereich des Innovationstransfers zwischen Brandenburg und Polen in der Euroregion Pomerania bestehen und welche Rolle regionale Technologiezentren dabei spielen. Dazu werden die theoretischen Konzepte zu kreativen Milieus und regionalen Innovationsnetzwerken im Zusammenhang mit Technologiezentren als intermediärer Akteur im Innovationsprozess umrissen, um deren Bedeutung als Ansatzpunkt für die regionale Entwicklungspolitik zu unterstreichen. Darauf aufbauend soll die Situation allgemein in Grenzregionen sowie in der Euroregion Pomerania und der dort vorhandenen Technologiezentren dargestellt werden. Ziel ist es, den Umfang und die Qualität der regionalen und grenzüberschreitenden Vernetzung der Technologiezentren in der Region zu analysieren. Im Ergebnis geht es um zwei wesentliche Fragen: Besitzen beide Teile der Grenzregion endogene Entwicklungspotenziale, wie beispielsweise durch vergleichbare Branchen- und Forschungsschwerpunkte, die durch grenzüberschreitende Kooperation genutzt werden können, sodass eine Vernetzung zwischen den Innovationsträgern diesseits und jenseits der Grenze sinnvoll erscheint? Sind die regionalen Technologiezentren in der Lage innerhalb von grenzüberschreitenden Netzwerken die Rolle als Schlüsselakteure im Netzwerkmanagement zwischen den verschiedenen Innovationsträgern in der öffentlichen Verwaltung, in Forschungseinrichtungen und in der Privatwirtschaft einzunehmen?
Inhalt
1 Einleitung
2 Kreative Milieus und Innovationsnetzwerke
2.1 Regionale Innovationsnetzwerke
2.2 „Kreative Milieus“
3 Rolle von Technologiezentren in Innovationsnetzwerken
3.1 Einbindung in Innovationsnetzwerke
4 Grenzregionen
4.1 Defizite und Barrieren von Grenzregionen
4.2 Stärken und Potenziale von Grenzregionen
4.3 Zwischenfazit - Aspekte des Innovationstransfers in Grenzregionen
5 Rahmenbedingungen in der Euroregion Pomerania
5.1 Wirtschaftsstruktur
5.2 Forschungsinfrastruktur
6 Untersuchung der regionalen Technologiezentren
6.1 Lokale und regionale Vernetzung
6.2 Grenzüberschreitenden Vernetzung
7 Bewertung der Technologiezentren hinsichtlich ihrer Netzwerkaktivitäten
7.1 Lokale und regionale Vernetzung
7.2 Grenzüberschreitende Vernetzung
8 Resümee - Grenzüberschreitende Vernetzung von Technologiezentren
1 Einleitung
Der Entwicklung von Grenzregionen kommt innerhalb der Europäischen Union traditionell eine hohe Bedeutung zu. Sie bieten spezifische Möglichkeiten hinsichtlich des grenzüberschreitenden Austausches zwischen Staaten, besitzen jedoch aufgrund ihrer peripheren Lagen auch besondere Defizite und Erfordernisse. Mit dem EU-Beitritt der Staaten Mittel- und Osteuropas eröffnen sich auch für die vormals peripheren Regionen des deutsch-polnischen Grenzraums neue Entwicklungsperspektiven. Bislang sind positive Effekte des grenzüberschreitenden Austausches weitgehend an den grenznahen Räumen dies- und jenseits der Oder vorbeigegangen. In zunehmendem Maße wird die Rolle als Grenzregion mit den damit verbundenen Möglichkeiten und Chancen jedoch auch hinsichtlich regionaler Entwicklungspolitik wahrgenommen. Dieser Beitrag zeigt auf, inwiefern Potenziale der grenzüberschreitenden Vernetzung im Bereich des Innovationstransfers zwischen Brandenburg und Polen in der Euroregion Pomerania bestehen und welche Rolle regionale Technologiezentren dabei spielen. Dazu werden die theoretischen Konzepte zu kreativen Milieus und regionalen Innovationsnetzwerken im Zusammenhang mit Technologiezentren als intermediärer Akteur im Innovationsprozess umrissen, um deren Bedeutung als Ansatzpunkt für die regionale Entwicklungspolitik zu unterstreichen. Darauf aufbauend soll die Situation allgemein in Grenzregionen sowie in der Euroregion Pomerania und der dort vorhandenen Technologiezentren dargestellt werden. Ziel ist es, den Umfang und die Qualität der regionalen und grenzüberschreitenden Vernetzung der Technologiezentren in der Region zu analysieren.
Im Ergebnis geht es um zwei wesentliche Fragen: Besitzen beide Teile der Grenzregion endogene Entwicklungspotenziale, wie beispielsweise durch vergleichbare Branchen- und Forschungsschwerpunkte, die durch grenz- überschreitende Kooperation genutzt werden können, sodass eine Vernetzung zwischen den Innovationsträgern diesseits und jenseits der Grenze sinnvoll erscheint? Sind die regionalen Technologiezentren in der Lage innerhalb von grenzüberschreitenden Netzwerken die Rolle als Schlüsselakteure im Netzwerk- management zwischen den verschiedenen Innovationsträgern in der öffentlichen Verwaltung, in Forschungseinrichtungen und in der Privatwirtschaft einzunehmen?
2 Kreative Milieus und Innovationsnetzwerke
Innovation wird als ein dynamischer und kumulativer Prozess angesehen, in dem neue Produkte, Dienstleistungen oder organisatorische Strukturen entwickelt werden. Dabei spielen die Interaktionen zwischen den verschiedenen regionalen Firmen und der damit verbundene Transfer von Informationen und Wissen für den Innovationsprozess eine entscheidende Rolle (Maillat 1991, S.115f). Da Wissen innerhalb und außerhalb von Unternehmen und Akteuren, wie öffentliche und halböffentliche Forschungseinrichtungen entsteht und in Netzwerken synergie- erzeugender Verflechtungen verteilt und genutzt wird, kann Innovation als ein systematischer Prozess aus interaktiven Lernprozessen angesehen werden (Zenker 2001, S.144). Neben technischen Lösungen und Infrastruktur müssen somit auch die sozialen Interaktionsprozesse berücksichtigt werden, aus denen das Milieu einer Region resultiert (Sternberg, 1995, S.52).
Der Milieubegriff wurde u.a. von der europäischen Forschergruppe GREMI (Groupe de Recherche Européen sur les Milieux Innovateur) seit 1985 entwickelt. Als Hauptmerkmal wurde dabei die Bedeutung der Verflechtungsbeziehungen für Milieus abgeleitet. Camagni definiert das Milieu als
„[…] the set, or the complex network of mainly informal social relationships on a limited geographical area, often determining a specific external ‘image’ and a specific internal ‘representation’ and sense of belonging, which enhance the local innovative capability through synergetic and collective learning processes.“ (Camagni 1991, S.3).
In dieser Definition sind im Zusammenhang mit sozialen Interaktionsprozessen in Form von Netzwerken neben Imageproduktion und einem Zusammengehörigkeitsgefühl, vor allem Charakteristika von kreativen Milieus, wie die beschränkte räumliche Ausdehnung und die verbesserten Innovationsmöglichkeiten durch kollektive Lernprozesse genannt.
Als Erklärungsansatz für die besondere Bedeutung von räumlicher Nähe dient das Konzept der „Lernenden Region“. Dabei werden vor allem sogenannte „Spillovers“ von Wissen als Erklärung für räumliche Konzentration angesehen. Im Unterschied zu bloßen Informationen, die leicht kodiert und weltweit verbreitet werden können und so eher zur „Enträumlichung“ von Innovationen beitragen, ist Wissen meist sehr vage, schwer kodierbar und unterschiedlich interpretierbar, abhängig vom sozialen und kulturellem Umfeld (Audretsch 2001, S.6). Dabei stellt der Zugang zu „ungerichtetem Wissen“, sogenannten „tacit knowledge“ oder „sticky information“ eine Voraussetzung für die Innovationsfähigkeit dar (Fritsch et al 1998, S.245). Die Übertragung solcher Art von Wissen bedingt daher so genannte „Face-to-Face“-Kontakte, d.h. nachbarschaftliche Beziehungen, persönliche Bekanntschaften und kurze Kommunikationswege (Stahl/Schreiber 2003, S.29).
Das Milieu stellt so die politischen und sozialen Rahmenbedingungen, die den Innovationsprozess beeinflussen dar. Es besteht aus eher informellen Beziehungs- geflechten. Um jedoch das vorhandene kumulierte regionale Innovationspotential nutzen zu können, müssen durch Netzwerkstrukturen die am Innovationsprozess beteiligten Akteure in den regionalen Innovationsprozess integriert werden. Somit wird nicht der einzelne Akteur, sondern die Region selbst verantwortlich für Innovationen (Adrian 2003, S.17). Sie dient somit als Ebene auf der Kreativität und Innovation am effektivsten realisiert werden können (Andersson 1985, S.18 f).
2.1 Regionale Innovationsnetzwerke
Als regionale Innovationsnetzwerke werden Systeme aus verschiedenen Knotenpunkten, die sich zumindest teilweise innerhalb einer räumlich begrenzten Region befinden. Dabei stellen diese Knoten Akteure in einem Innovationsprozess dar, wie z.B. innovative Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Technologietransferstellen, etc. (Genosko 1999, S.309). Anfangs wurden im Zusammenhang mit dem Netzwerkansatzes vorwiegend Zulieferverflechtungen von einzelnen Betrieben auf mikroökonomischer Ebene betrachtet. Erst in Verbindung mit sozialen Interaktions- und Lernprozessen fand er Eingang in die Regionalökonomie (Sternberg 1995, S.52). In diesem Zusammenhang spielen vor allem so genannte erweiterte Unternehmensnetzwerke eine wichtige Rolle, um vorhandenes Wissen oder innovative Impulse nutzbar zu machen (Adrian 2003, S.58). Im Gegensatz dazu dienen Netzwerke zwischen Gebietskörperschaften eher der Schaffung von Konsensprozessen und Kooperationsforen, als Beitrag zum Regionalen Milieu (ebenda). Erweiterte Unternehmensnetzwerke bauen somit auch auf den Ergebnissen öffentlicher Netzwerke auf oder sind miteinander verknüpft (Stahl/Schreiber 2003, S.69).
Netzwerke besitzen zwei wesentliche Funktionen: Innovation und Konservierung (Diller 2002, S.214). Zum einen sind sie im Vergleich zu anderen Arten von Organisationen und Institutionen besser geeignet, „tacites Wissen“ zu transportieren (Hellmer et al 1999, S.70). Daher werden ihnen innovations- fördernde Eigenschaften zugesprochen. Zum anderen wirken sie durch ihren verbesserten Zugang zu Informationen und Kontrolle unsicherheitsreduzierend und somit transaktionskostenreduzierend im Hinblick auf Innovationen (ebenda S.81). „Insgesamt fördert die für Netzwerke typische Mischung aus Kooperation, Konkurrenz, Kommunikation und wechselseitigem Vertrauen sowie Lernen, regionale Innovations- und Diffusionsprozesse.“ (Diller, 2002, S.214)
Jedoch besteht über die Erwartungen an Netzwerke als Mittel zur Initiierung von regionalen Innovationsprozessen innerhalb der Regionalforschung kein Konsens. Auch sind z.T. ernüchternde empirische Untersuchungen vorgelegt worden, die einen tiefgreifenden Einfluss von Netzwerken in politische und ökonomischinnovative Sphären höchstens in Ansätzen nachweisen konnten und bei denen schon vom „Mythos Netzwerk“ die Rede ist (Hellmer et al 1999, S.245ff). Jedoch wird andererseits betont, dass eventuelle Ergebnisse durch die Arbeit mit Netzwerken, die durch „weiche Faktoren“, wie Vertrauen und Know-how-Aufbau gekennzeichnet wären, nur schwer messbar sind. Darüber hinaus sind die Ansätze in der praktischen Umsetzung noch relativ neu und mit kurzfristigen Erfolgen ist ohnehin nicht zu rechnen (Bütow et al 2000, S.70).
2.2 „Kreative Milieus“
Fromhold-Eisebith versteht aktive „Kreative Milieus“ als Ergebnis einer Überlagerung von regionalen „Milieus“ und Innovationsnetzwerken. Das „Milieu“ ist von persönlichen Beziehungen gekennzeichnet, die z.T. locker und unbestimmt sein können. Erst das Vorhandensein von institutionalisierenden Netzwerk- strukturen schafft die Möglichkeit innovationsrelevantes Wissen und Informationen zu kanalisieren (Fromhold-Eisebith 1995, S.35ff). Innovationsnetze können so als Instrument angesehen werden, die positiven Externalitäten durch die gemeinschaftliche Wissensgenerierung im „Kreativen Milieu“ zu internalisieren, d.h. für die Region nutzbar zu machen (Mayntz 1993, S.45).
Zusammenfassend lassen sich einige Merkmale „Kreativer Regionaler Milieus“ bestimmen:
- Vorhandensein von Akteursgruppen im Innovationsprozess, wie private Unternehmen, öffentliche und halböffentliche Forschungseinrichtungen, lokale und regionale Behörden mit Entscheidungskompetenzen
- Netzwerk formeller und informeller sozialer Beziehungen zwischen den Akteuren
- räumliche Abgegrenztheit, Rahmenbedingungen für Face-to-Face-Kontakte
- regionale Zusammengehörigkeit
- Zugang zu endogenem innovationsrelevantem Wissen und Informationen, sowie Lernfähigkeit der beteiligten Akteure
3 Rolle von Technologiezentren in Innovationsnetzwerken
1 Um die Bedeutung von Technologiezentren darzustellen, eignet sich an dieser Stelle das Konzept des Regionalen Innovationssystems, welches sich ähnlich dem der kreativen Milieus auf den systemischen und interaktiven Charakter im regionalen Innovationsprozess bezieht (Cooke 2001, S.2). Dabei werden hier die verschiedenen Akteure, wie innovationstätige Unternehmen mit ihren F&E- Abteilungen, innovationsorientierte Dienstleistungen, wie Finanzinstitutionen, öffentliche oder halböffentliche Forschungseinrichtungen, sowie das innovations- und diffusionsunterstützende Dienstleistungsangebot der öffentlichen Hand und deren wechselseitige Interaktionsprozesse einbezogen (Zenker 2001, S.145). Im Mittelpunkt stehen die Einflussmöglichkeiten der verschiedenen öffentlichen Körperschaften der lokalen, regionalen, nationalen, sowie europäischen Ebene auf das regionale Milieu, die hinsichtlich der wirtschaftlich-innovativen Aktivitäten in der Region als eine unterstützende Ebene, einen sogenannten „Supporting Space“ (Ratti 1991, S.72f.), in Form von Technologiezentren, darstellen. Ausgangspunkt dafür ist eine vermeintliche „Technologielücke“ zwischen den einzelnen Innovationsakteuren (Tamásy 1996, S.29), die es mit der Konzeption von Technologiezentren zu schließen galt.
Technologiezentren sind öffentlich geförderte Einrichtungen für Existenzgründer und anderen KMU, zumeist aus dem Technologiebereich. Die Unternehmen sollen in der schwierigen Anlaufzeit durch verschiedene Angebote, wie preisgünstige Mietflächen, technische Infrastruktur und Beratung zeitlich begrenzt unterstützt werden. Als Ergebnisse von Public-Private-Partnerships, stellen Technologie- zentren Interorganisationsbeziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen der lokalen und regionalen Behörden, Institutionen der Wirtschaftsförderung, Unternehmerverbände, Forschungseinrichtungen und der privaten Wirtschaft dar (Sternberg/Tamásy 1999, S.255ff.). So können die Technologiezentren die Rolle von professionellen „Netzwerkbrokern“ einnehmen, die als „Ansprechpartner“ Kontakte zu lokalen und regionalen Schlüsselpersonen herstellen können (Adrian 2003, S.77).
Neben der Förderung von Unternehmensgründungen und der Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze, steht die Intensivierung von Wissens- und Technologietransfers im Vordergrund (Tamásy 1996, S.29ff). Die räumliche Nähe der verschiedenen Akteure innerhalb dieser Einrichtungen soll die Technologiezentrumsinterne Kommunikation und Kooperation fördern und dadurch zu Synergieeffekten zwischen den Unternehmen beitragen (ebenda S.32f). Das Ziel ist es, die ansässigen Unternehmen mit den innovationsnotwendigen externen Ressourcen, Wissen und Informationen zu versorgen (Sternberg/Tamásy 1999, S.261f). Darüber hinaus wird durch die Einbindung der verschiedenen Akteure regionale Akzeptanz und die Schaffung von Kontaktnetzwerken ermöglicht (ebenda S.269). Vor allem kleine Firmen sind sehr stark auf diese Kontaktnetzwerke der Technologiezentren angewiesen, da sie aufgrund ihrer Größe wenige Ressourcen für F&E bereitstellen können (Malecki 1991, S.351). Jedoch beschränken sich die Kontaktnetzwerke nicht nur auf das Technologiezentrum selbst. Vielmehr steht die Einbindung in das regionale Innovationsnetzwerk im Vordergrund der Netzwerkaktivitäten (Tamásy 1996, S.154). Erst dadurch können regionale externe Wissensressourcen für lokale KMU zugänglich gemacht werden.
Diese Betrachtungsweise des Einflusses der verschiedenen öffentlichen Körperschaften auf die innovativen Vernetzungen innerhalb der Region durch Transfereinrichtungen, wie Technologiezentren, ist an dieser Stelle deswegen interessant, weil sie Ansatzpunkte für innovationsorientierte regionale Entwicklungsstrategien bietet. Im Gegensatz zu klassischer regionaler Standort- und Strukturanpassungspolitik eröffnen sich hierbei aktive Gestaltungsspielräume für spezifische regionalwirtschaftliche Strukturen und Entwicklungspfade (Krätke et al 1997, S.132 f).
3.1 Einbindung in Innovationsnetzwerke
Die Akteure im Innovationsprozess können auf verschiedenen Ebenen innerhalb der Region miteinander vernetzt sein. Akteure, die nur innerhalb ihrer eigenen Organisation oder Produktionsbereich vernetzt sind, besitzen ein eher geringes Kreativitätspotenzial. Mehrdimensionale Akteure, die auf mehreren Ebenen in Netzwerkbeziehungen stehen, besitzen hingegen eine Bindegliedfunktion, die Wissensfluss zwischen den einzelnen Ebenen ermöglicht. Am wichtigsten sind jedoch Akteure in „Interlocking Systems“. Diese gehören mehreren Organisationen (Unternehmerverbände, öffentliche Körperschaften, Forschungseinrichtungen) an.
In ihrer Scharnierfunktion stellen sie die „Schlüsselakteure“ für ein kreatives Milieu dar (Fromhold-Eisebith 1995, S.38). In ihrer Form als Knotenpunkt von Interorganisationsverflechtungen mit den verschiedenen Akteuren in räumlich zusammenhängenden Komplexen, können vor allem Technologiezentren Schlüsselakteure im regionalen Innovationsprozess darstellen. Sie sind Schnittpunkt von Governance- und Wirtschaftsinfrastruktur, Schlüsseldimensionen regionaler Innovationssysteme (Zenker 2001, S.146).
Diese Funktion der Zugangserleichterung intermediärer Institutionen zu innovationsrelevanten Informationen und Wissen spielt im Besonderen in dünner besiedelten Räumen eine wichtige Rolle. Dort sind im Gegensatz zu städtischen Räumen die Akteure in den vorhandenen Netzwerken weniger räumlich konzentriert, sodass die Kontaktvermittlung zur Nutzung der regionalen Innovationsbasis umso bedeutender wird. (Malecki 1991, S.351; Sternberg et al 1996, S.200). Synergieeffekte aus der Vernetzung einzelner Technologiezentren untereinander können sich durch die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen der einzelnen Zentren ergeben.
Daher erscheint die Förderung der horizontalen Vernetzung von Technologiezentren als Mittel der Verbesserung der räumlichen Diffusion und kumulativen Erweiterung von innovationsrelevantem Wissen und Information als geeignet, da somit die „institutionelle Dichte“ (Krätke et.al 1997, S.132), der am Innovationsprozess beteiligten Akteure, erhöht wird. Zumindest würden damit mehr oder weniger institutionalisierte Kommunikations- und Kooperationskanäle2 geschaffen werden, die als Voraussetzungen für die Etablierung eines regionalen kreativen Milieus von Bedeutung sind (Wiechmann 2001, S.92).
4 Grenzregionen
Im Allgemeinen werden für die theoretischen Betrachtungen von Innovationsnetzwerken eher subnationale Regionen angenommen. Mit zunehmender Integration innerhalb der EU und der EU-Osterweiterung rückt der Fokus der Forschung jedoch auch auf grenzüberschreitende Aspekte im Zusammenhang mit kreativen Milieus und Innovationsnetzwerken. Zunehmend werden diese Konzepte auch auf, durch nationalstaatliche Grenzen geteilte Regionen angewandt (vgl. dazu Koschatzky, 1998).
Die Analyse von Entwicklungsmöglichkeiten von Grenzregionen bezieht sich im Wesentlichen auf die zwei Szenarien der Umstrukturierungs- und Verlagerungsthese3. Dabei mehren sich im europäischen Kontext die Stimmen, die die Vorteile von Lohnkostenunterschieden in Grenzregionen, für die Ansiedlung industrieller Produktion im Sinne von funktionaler Arbeitsteilung zwischen West und Ost, nicht als nachhaltige Basis der regionalen Entwicklung von Grenzregionen ansehen (vgl. dazu Krätke 1997, 2001). Diese, der neoklassischen Wirtschaftstheorie entstammenden Entwicklungsstrategien, die vor allem in der Beispielregion an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze Anwendung findet, erweist sich im Zusammenhang mit dem europäischen Integrationsprozess auf lange Sicht wenig geeignet, da sich bereits Tendenzen der Angleichung der Standards der industriellen Produktion und der Lohnverhältnisse abzeichnen (Heidenreich 1999, S.149). Darüber hinaus können selten beide Teile der Grenzregionen in selben Maße profitieren, da es hierbei zu „Übersprungeffekten“ kommt, d.h., dass wirtschaftliche Verflechtungen im Sinne einer „verlängerten Werkbank“ eher zwischen entfernteren, wirtschaftsstärkeren Regionen zu beobachten sind (Krätke 2001, S.771).
Entwicklungsimpulse werden vielmehr aus „Wertschöpfungspartnerschaften“ zwischen Wirtschafts- und Innovationsakteuren, die auf gegenseitigen Wissenstransfer- und Lernprozessen basieren und beiden Teilen einer gemeinsamen Grenzregion nutzt, erwartet (ebenda, S.771f.).
[...]
1 Im Allgemeinen bestehen in der Literatur verschiedene Bezeichnungen für diese Art von Einrichtungen, wie „Gründerzentrum“, „Innovationszentrum“ u.ä. Diese können mit dem im Folgenden verwendeten Terminus „Technologiezentrum“ weitestgehend synonym betrachtet werden.
2 stark institutionalisierte Bindungen können zu Erstarrungseffekten und Selbstblockade führen (Sternberg et al, 1996: S.174), daher eignen sich lose Kopplungen besser, um die notwendige Flexibilität des Netzwerkes zu gewährleisten (Grabher, 1993: S.751).
3 Die Verlagerungsthese geht davon aus, dass arbeitskostenintensive Wirtschaftsaktivitäten in die europäischen Randregionen, somit auch in Grenzregionen verlagert werden. Somit würde der Anteil der industriellen Produktion in diesen Bereichen gestärkt werden, vor allem wenn die Grenzräume von Lohnkostenunterschieden profitieren können. Im Gegensatz dazu argumentiert die Umstrukturierungsthese damit, dass innovations- und dienstleistungsbasierte Branchen im Allgemeinen stärke Bedeutung für die Regionen (und somit auch für Grenzregionen) erlangen (Heidenreich, 1999: S.148)
- Arbeit zitieren
- Ingo Zasada (Autor:in), 2004, Die Rolle von Technologiezentren in grenzüberschreitenden Netzwerken in der Euroregion Pomerania, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50802
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