Das Werk "Eine Kindheit in Warschau" von Isaac Bashevis Singer ist der interkulturellen Literatur zuzuordnen. Es konfrontiert den Leser mit kulturell Fremdem, führt zu Alteritätserfahrungen und kulturellen Differenzen, baut diese jedoch gleichzeitig ab, indem es dem Leser das Ungewohnte und Unbekannte erklärt und näherbringt. Diese Arbeit befasst sich mit der Identitätsentwicklung des Protagonisten. Ganz besonders im Fokus steht die Frage danach, ob sich bei dem jungen Isaac transkulturelle Identitätsbildungsprozesse und die Entwicklung zu einer hybriden Identität feststellen lassen. Unter anderem mithilfe von Hofmanns Überlegungen zur interkulturellen Literatur, Welschs Verständnis von Transkulturalität und Homi Bhabhas Grundlagen zur Theorie hybrider Identitäten werden grundlegende Analyse- und Arbeitsbegriffe geklärt.
Im Hauptteil dieser Arbeit werden zum einen verschiedene inhaltliche Aspekte des Werkes in den Blick genommen - so nehmen Personen, Weltanschauungen, lebensweltliche Räume und unterschiedliche Kulturen, mit denen Isaac in Kontakt kommt, durchgehend eine bedeutsame Rolle für die Entwicklung seiner Identität ein - zum anderen werden erzähltheoretische Aspekte wie die Erzählperspektive und der strukturelle Aufbau der einzelnen Erzählungen auf den Aspekt der Identitätsbildungsprozesse untersucht. In einem Fazit werden noch einmal alle Ergebnisse zusammengeführt und die Frage beantwortet, ob bei der Identitätsentwicklung des Protagonisten von der Herausbildung einer transkulturellen und/oder hybriden Identität die Rede sein kann.
Das exakte Alter Isaacs in den verschiedenen Erzählungen wird häufig nicht explizit genannt, jedoch weist ein Kommentar zu Beginn des Werkes darauf hin, dass es sich um die ersten 14 Lebensjahre des Protagonisten handelt. Um Isaacs Identitätsentwicklung innerhalb der Erzählungen genauer in den Blick nehmen zu können, ist es also erforderlich, zuerst allgemeiner herauszuarbeiten, wie sich Identitäten innerhalb von Kindheit und Adoleszenz herausbilden und welche Faktoren diese Prozesse beeinflussen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Allgemeine Aspekte der Identitätsentwicklung
- 3. Kulturelle Identitätsbildungsprozesse
- 3.1 Der Begriff der transkulturellen Identität
- 3.2 Die Herausbildung hybrider Identitäten
- 3.3 Unterschiede der Konzepte Transkulturalität und Hybridität
- 4. Folgerungen aus den bisherigen Ergebnissen
- 5. Der Einfluss kultureller Räume auf Isaacs Identitätsentwicklung
- 5.1 Isaacs Lebenswelt
- 5.2 Die Bedeutung der Streifzüge Isaacs aus seinem Schtetl
- 6. Der Einfluss sozialer Beziehungen auf Isaacs Identitätsentwicklung
- 6.1 Der Einfluss der Familienmitglieder und ihrer Weltanschauungen
- 6.2 Der Einfluss weiterer intradiegetischer Figuren
- 7. Hinweise Erzähltheoretischer Stilmittel auf die Identitätsentwicklung Isaacs
- 7.1 Das Verhältnis von Protagonist und Erzähler
- 7.2 Hinweise im strukturellen Aufbau der Erzählungen
- 8. Fazit - Isaac: Eine transkulturelle und hybride Identität?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Identitätsentwicklung des Protagonisten Isaac in Isaac Bashevis Singers "Eine Kindheit in Warschau". Das zentrale Ziel ist die Analyse, ob sich bei Isaac transkulturelle Identitätsbildungsprozesse und die Entwicklung einer hybriden Identität feststellen lassen. Hierzu werden sowohl inhaltliche Aspekte des Werkes als auch erzähltheoretische Mittel herangezogen.
- Identitätsentwicklung in Kindheit und Adoleszenz
- Transkulturelle Identitätsbildungsprozesse
- Herausbildung hybrider Identitäten
- Einfluss kultureller Räume und sozialer Beziehungen
- Rollen erzähltheoretischer Stilmittel
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und betont den Fokus auf die Identitätsentwicklung des Protagonisten Isaac in Singers "Eine Kindheit in Warschau". Sie verdeutlicht, dass es sich um fiktionale, autobiographisch inspirierte Erzählungen handelt und dass die Frage nach dem autobiographischen Anteil für die Analyse zweitrangig ist. Das Werk wird als interkulturelle Literatur eingeordnet, die den Leser mit kultureller Fremdheit konfrontiert und gleichzeitig das Unbekannte erklärt. Die Arbeit skizziert den methodischen Ansatz, der auf Hofmanns Überlegungen zur interkulturellen Literatur, Welschs Verständnis von Transkulturalität und Bhabhas Theorie hybrider Identitäten aufbaut. Der Hauptteil wird die inhaltlichen und erzähltheoretischen Aspekte untersuchen, während das Fazit die Frage nach der transkulturellen und hybriden Identität Isaacs beantworten soll.
2. Allgemeine Aspekte der Identitätsentwicklung: Dieses Kapitel beleuchtet allgemeine Aspekte der Identitätsentwicklung in Kindheit und Adoleszenz. Es greift Eriksons Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung auf, welches die Suche nach Kontinuität und Gleichheitsgefühl in diesen Phasen betont. Allerdings wird auch die Kritik an Eriksons Modell im Kontext heutiger gesellschaftlicher Veränderungen diskutiert, und es werden Ansätze von Keupp et al. vorgestellt, die den Identitätsbegriff erweitern und als subjektiven Konstruktionsprozess beschreiben, der auf der Suche nach Passung zwischen innerem und äußerem Selbstbild stattfindet. Die Herausbildung einer Patchwork-Identität aus verschiedenen Teilidentitäten wird als Ergebnis eines aktiven und kreativen Prozesses dargestellt, der durch soziale Beziehungen und kulturelle Einflüsse geprägt ist.
3. Kulturelle Identitätsbildungsprozesse: Dieses Kapitel befasst sich mit dem komplexen und vielschichtigen Begriff der Kultur. Es betont die Schwierigkeiten einer eindeutigen Definition und stellt verschiedene Zugänge und Schwerpunkte im wissenschaftlichen Diskurs dar. Das Kapitel differenziert zwischen verschiedenen Verwendungen des Kulturbegriffs und konzentriert sich auf Kultur als den Bereich, in dem ein Individuum lebt, bestehend aus Lebens- und Geistesformen, Institutionen, Religion, Wissenschaft, Alltag, Wirtschaft, Technik und Kunst. Es wird der Zusammenhang zwischen Kultur und Identität als dialektisches Verhältnis dargestellt, wobei Kultur sowohl Individuen prägt als auch von diesen getragen wird. Die Ausbildung kultureller Identität entsteht durch die Überlagerung verschiedener kultureller Einflüsse, die zu kultureller Dissonanz führen können, wenn sich diese gegenseitig ausschließen.
Schlüsselwörter
Identitätsentwicklung, transkulturelle Identität, hybride Identität, Isaac Bashevis Singer, Eine Kindheit in Warschau, interkulturelle Literatur, kulturelle Identitätsbildung, soziale Beziehungen, erzähltheoretische Stilmittel, Chassidismus, Schtetl, Autobiographie, Fiktion.
Häufig gestellte Fragen zu "Eine Kindheit in Warschau" - Identitätsentwicklung des Protagonisten Isaac
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert die Identitätsentwicklung des Protagonisten Isaac in Isaac Bashevis Singers Roman "Eine Kindheit in Warschau". Der Fokus liegt darauf, ob sich bei Isaac transkulturelle Identitätsbildungsprozesse und die Entwicklung einer hybriden Identität nachweisen lassen. Die Analyse berücksichtigt sowohl den Inhalt des Romans als auch erzähltheoretische Aspekte.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit stützt sich auf theoretische Ansätze von Hofmann (interkulturelle Literatur), Welsch (Transkulturalität) und Bhabha (hybride Identitäten). Sie untersucht sowohl inhaltliche Aspekte des Romans (Isaacs Lebenswelt, soziale Beziehungen) als auch erzähltheoretische Stilmittel (Erzähler-Protagonist-Verhältnis, Struktur der Erzählung), um die Identitätsentwicklung Isaacs zu beleuchten.
Welche Aspekte der Identitätsentwicklung werden betrachtet?
Die Arbeit behandelt allgemeine Aspekte der Identitätsentwicklung in Kindheit und Adoleszenz, wobei Eriksons Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung und neuere Ansätze von Keupp et al. zur Beschreibung des Identitätsprozesses als subjektive Konstruktion herangezogen werden. Ein Schwerpunkt liegt auf der transkulturellen Identitätsbildung und der Herausbildung hybrider Identitäten im Kontext von Isaacs Lebenswelt und sozialen Beziehungen.
Wie wird der Begriff "Kultur" in der Arbeit verstanden?
Der Begriff "Kultur" wird als vielschichtig und komplex dargestellt. Die Arbeit differenziert zwischen verschiedenen Definitionen und konzentriert sich auf Kultur als den Lebensraum des Individuums, umfassend Lebens- und Geistesformen, Institutionen, Religion, Wissenschaft, Alltag, Wirtschaft, Technik und Kunst. Der Zusammenhang zwischen Kultur und Identität wird als dialektisch beschrieben, wobei Kultur Individuen prägt und von diesen getragen wird.
Welche Rolle spielen kulturelle Räume und soziale Beziehungen?
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Isaacs Lebenswelt (Schtetl, Warschau) und seinen sozialen Beziehungen (Familie, andere Figuren im Roman) auf seine Identitätsentwicklung. Die Bedeutung von Isaacs Streifzügen aus seinem Schtetl wird ebenso analysiert wie der Einfluss der Weltanschauungen seiner Familienmitglieder und anderer wichtiger Personen in seinem Umfeld.
Welche erzähltheoretischen Aspekte werden berücksichtigt?
Die Analyse bezieht das Verhältnis von Protagonist und Erzähler sowie strukturelle Elemente der Erzählung mit ein, um Hinweise auf Isaacs Identitätsentwicklung zu finden. Diese erzähltechnischen Aspekte werden als zusätzliche Evidenz für die Interpretation der Identitätsbildung herangezogen.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Das Fazit der Arbeit beantwortet die zentrale Forschungsfrage, ob Isaac eine transkulturelle und hybride Identität besitzt. Es fasst die Ergebnisse der inhaltlichen und erzähltheoretischen Analysen zusammen und zieht eine abschließende Bewertung der Identitätsentwicklung Isaacs.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Identitätsentwicklung, transkulturelle Identität, hybride Identität, Isaac Bashevis Singer, Eine Kindheit in Warschau, interkulturelle Literatur, kulturelle Identitätsbildung, soziale Beziehungen, erzähltheoretische Stilmittel, Chassidismus, Schtetl, Autobiographie, Fiktion.
- Quote paper
- Sophia Steinort (Author), 2019, Transkulturelle und hybride Identitätsbildungsprozesse in Isaac B. Singers "Eine Kindheit in Warschau", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/506474