Die Digitalisierung rückt immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Der Wunsch nach mobilen Alternativen zu den herkömmlich-analogen Angeboten steigt, was auch im Finanzsektor zu einem Umdenken führt.
Welche Folgen hat das digitale Zeitalter für die Sparkassen? Der Wettbewerb innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche wird durch neue Finanztechnologieunternehmen erschwert. Ist eine Kooperation der Banken mit den FinTech-Unternehmen sinnvoll? Inwiefern wird sich der Zahlungsverkehr der Sparkassen zukünftig ändern?
Laut Alexander Rosarius sollten Sparkassen die Etablierung innovativer Finanztechnologien wie PayPal zum Anlass nehmen, gegebene Strukturen zu überdenken. Rosarius nennt Kollaborationsmöglichkeiten, die erfolgversprechende neue Ansätze für den Zahlungsverkehr liefern.
Aus dem Inhalt:
- Sparkasse;
- Paydirekt;
- PayPal;
- Finanztechnologie;
- Digitalisierung;
- Soziale Verantwortung
Inhaltsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Struktur und Vorgehensweise
1.3 Motivation
2 Sparkassen
2.1 Das Geschäftsmodell
2.2 Die Entwicklung des Zahlungsverkehrs der Sparkassen
3 Herausforderungen für den Zahlungsverkehr
4 Finanztechnologie
4.1 FinTechs allgemein
4.2 Entwicklung der FinTechs
4.3 FinTechs im Zahlungsverkehr
4.4 Regulatorische Anforderungen
5 Gegenüberstellung der FinTechs PayPal und paydirekt
5.1 Funktionsweise von PayPal und paydirekt
5.2 SWOT-Analyse
6 Handlungsempfehlung
7 Fazit
Literaturverzeichnis
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Impressum:
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Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Charakteristik von FinTech-Unternehmen
Abbildung 2: FinTech Profil Deutschland
Abbildung 3: FinTech Landschaft in Deutschland
Abbildung 4: Der PayPal-Zahlungsprozess zwischen zwei Privatpersonen
Abbildung 5: Funktionsweise von paydirekt
Abbildung 6: SWOT-Matrix paydirekt
Abbildung 7: SWOT-Matrix PayPal
Tabelle 1: Generationen in Deutschland.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Nicht zuletzt im Rahmen der Diskussion um die aktuellen Pläne der Deutschen Bahn, Milliardenbeträge in innovative Digitaltechnik und die Gründung einer Digitalgesellschaft investieren zu wollen, offenbart sich symptomatisch, dass der Begriff Digitalisierung immer weiter in den Fokus des öffentlichen Bewusstseins justiert wird.1 Das digitale Zeitalter erreicht den Menschen sukzessive in all seinen Lebensbereichen und der demografische Wandel hin zu einer netzaffinen, kommunikationsfreudigen Generation bedingt, dass der Wunsch nach mobilen Alternativen zu herkömmlich-analogen Angeboten immer weiter steigt. Einhergehend damit deckt der digitale Strukturwandel stets neue Marktlücken auf und bietet jungen, technologiegetriebenen Unternehmen und Start-Ups die Chance sich unverzüglich am Markt zu etablieren. Viele Wirtschaftssektoren passen sich mittels dieser Innovationen dem veränderten Konsumentenverhalten durch teils massive Umstrukturierungen ihrer Arbeit an. Ein prominentes Beispiel konstituiert hierbei die Musikindustrie, die innerhalb von nur zwanzig Jahren den allmählichen Niedergang der Compact Disk, deren mittelfristige Ablösung durch das Downloadgeschäft und schließlich die Hochkonjunktur der Streamingdienste erlebt hat.2 Doch längst nicht jeder Wirtschaftszweig war und ist den Herausforderungen der Digitalisierung gewachsen. Nicht wenige wirtschaftliche Akteure, darunter die Schreibmaschinenindustrie und sogar namhafte Größen wie Nokia und Kodak, haben es versäumt, sich den stetig evolvierenden Bedingungen der digitalen Welt anzupassen und sind fast gänzlich vom Markt verschwunden.
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Die Finanzkrise 2008 und die daraus resultierenden Folgen sind auch ein Jahrzehnt nach ihrem Ausbruch noch allgegenwärtig. Trotz einer durchweg positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland ist das finanzwirtschaftliche Ökosystem deutlich komplexer geworden und stellt die Finanzbranche vor unmittelbare Herausforderungen. Neben der systematisch eingeführten und bis dato anhaltenden Niedrigzins- bzw. Nullprozentpolitik der Europäischen Zentralbank erschweren auch die zunehmenden regulatorischen Anforderungen das Bankengeschäft und führen zu deutlichen Ertragseinbußen. Erste Maßnahmen, die der deutsche Bankensektor und mit ihr die Sparkassen als Reaktion auf diese Herausforderungen bereits getroffen haben, illustriert die FAZ unter dem Titel Warum Banken immer mehr Filialen schließen. Demzufolge sieht sich die Sparkassenlandschaft dazu gezwungen, ihr Filialnetz flächendeckend zu reduzieren, um ihr Kostenniveau zu senken. So haben Sparkassen im Jahre 2018 bundesweit rund 440 Filiale geschlossen. Dieser Trend wird in den folgenden Jahren weiter zunehmen.3
Die vermehrte Schließung von Geschäftsstellen ist nicht nur den oben genannten Problemen als Resultat der Finanzkrise geschuldet. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass die Digitalisierung endgültig die Finanzdienstleistungsbranche erreicht hat und der fortschreitende digitale Strukturwandel die Sparkassen vor weitere gravierende Herausforderungen stellt. Jahrzehntelang haben Sparkassen auf ihre altbewährten Traditionen und Erwartungen gebaut. Im Hinblick auf den gegenwärtigen Digitalisierungsprozess haben die Sparkassen allerdings die Investition in moderne Innovationen größtenteils vernachlässigt und sind nicht der Frage nachgegangen, welche Rolle sie in Zukunft im digitalen finanzwirtschaftlichen Ökosystem einnehmen werden.4 Es ist nicht überraschend, dass die Sparkassen im Gegensatz zu anderen Dienstleistungsbranchen, wie der Telekommunikationsbranche, vor solch intensiven Problematiken steht und dementsprechend Lösungsmöglichkeiten im Umgang mit der Digitalisierung sucht.
Diese komplexe Zielorientierung wird zusätzlich durch das Aufkommen neuer, innovativer Finanztechnologieunternehmen erschwert. Diese erschließen nicht nur das aktuelle finanzwirtschaftliche Umfeld des klassischen Bankensektors, sondern intensivieren zusätzlich den Wettbewerb innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche, vornehmlich im Bereich des Zahlungsverkehrs. Die anfängliche Reaktion der Banken in Bezug auf den Markteintritt der FinTechs und deren Vorstellungen, das Banking zu revolutionieren, erscheint zweifelhaft. Die Banken waren davon überzeugt, dass die webbasierten Unternehmen ein kurzweiliges Phänomen darstellen und schnell vom Markt verschwinden würden. Aufgrund ihrer zeitgenössischen Mentalität und Innovationsfähigkeit haben es die FinTech-Unternehmen jedoch geschafft, den Bankensektor ernsthaft zu bedrohen und unter Druck zu setzen. Diese Bedrohung spiegelt sich auch in den aktuellen Befürchtungen der Kreditinstitute wider, die davon ausgehen, dass sie in absehbarer Zeit deutliche Geschäftsanteile an die potenziellen Wettbewerber verlieren könnten.5 FinTechs nehmen keinesfalls mehr die Position eines Nischenanbieters ein, sondern etablieren sich kontinuierlich im Bankenumfeld.
Künftig haben Banken und Sparkassen daher die Aufgabe, ihr bisheriges Geschäftsmodell in Frage zu stellen und innovative Lösungsansätze zu ermitteln, um ihr Unternehmen im fortschreitenden digitalen Zeitalter und hinsichtlich des Aufkommens anderer Wettbewerber neu zu positionieren . So stellte bereits Christian Rieck, Professor für Finance und Wirtschaftstheorie an der Frankfurt University of Applied Sciences, fest, dass es Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen, „wie wir sie heute kennen, in zehn bis fünfzehn Jahren schon nicht mehr geben [wird]. […] Wer jetzt nicht aufwacht, wird verdrängt.“6 Um dem drohenden darwinistischen Prinzip zu umgehen, sollten die Banken sich im Zuge des stattfindenden Neuorientierungsprozesses kritisch hinterfragen, inwiefern kooperative Beziehungen nützlich für die Zukunft sein und als Katalysator für einen positiven, tiefgreifenden Wandel des Zahlungsverkehrs genutzt werden können. Im Folgenden erscheint eine kritische Auseinandersetzung mit der vorliegenden Forschungsthese sinnvoll: Kooperation statt Konkurrenz – Wie FinTechs den Zahlungsverkehr der Sparkassen langfristig beeinflussen, um die einleitende Problematik adäquat thematisieren zu können.
1.2 Struktur und Vorgehensweise
Um mögliche Antworten auf die genannte Fragestellung zu ergründen, soll der analytische Blick zunächst auf die Sparkassen gerichtet werden. In einem ersten Schritt wird das Geschäftsmodell der Sparkassenorganisation erläutert, um den Grundstein für das weitere Vorgehen zu legen. Ergänzend erscheint es hilfreich, sich anknüpfend an das Geschäftsmodell mit der geschichtlichen Entwicklung des Unternehmens von der Gründung bis zum jetzigen Stand zu befassen. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Fokus dieser Arbeit auf den Zahlungsverkehr gelegt werden soll, werden in diesem Kapitel lediglich diejenigen Entwicklungen berücksichtigt, die in einem Zusammenhang mit dem historischen Werdegang des sparkasseninternen Zahlungsverkehrs stehen. Hierbei werden unter anderem diverse Ausführungen von Hans Pohl berücksichtigt, darunter auch Wirtschafts- und Sozialgeschichte der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert. Im anschließenden dritten Kapitel werden die externen Herausforderungen für den Zahlungsverkehr schlaglichtartig erfasst und nähergebracht. An dieser Stelle soll herausgestellt werden, inwiefern unternehmensunabhängige Faktoren wie bspw. der demografische Wandel den Zahlungsverkehr in der jüngeren Vergangenheit vor neue Probleme gestellt haben. Zur Annäherung an diese Thematik ist in erster Linie Die Bankenbranche im Wandel zurate gezogen worden. Im Anschluss daran gilt das Hauptaugenmerk der thematischen Ausarbeitung den FinTechs. Nachdem in einem ersten Punkt allgemeine Informationen zum FinTech-Begriff dargestellt werden, soll darauffolgend und parallel zu Kapitel zwei die geschichtliche Entwicklung der vergleichsweise jungen FinTechs dokumentiert werden. In der zweiten Hälfte des vierten Kapitels wird der Zahlungsverkehr erneut in den Mittelpunkt der Analyse justiert, indem finanztechnologische Annäherungen im Bereich der alternativen Bezahlverfahren konkretisiert werden. Das Ende dieses Kapitels bildet die Auseinandersetzung mit den regulatorischen Anforderungen an die FinTech-Branche. Das letzte Kapitel des Hauptteils beschäftigt sich mit zwei konkreten Beispielen finanztechnologischer Lösungen für den Zahlungsverkehr, PayPal und das Sparkassenprodukt paydirekt. Neben der notwendigen Erläuterung der Funktionsweisen beider Modelle soll die daran anknüpfende SWOT-Analyse eine fundiert kritische Beschäftigung gewährleisten.
Als Fundament für die beiden letzten Kapitel ist eine Vielzahl an sekundärliterarischen Werken zu gleichen Teilen genutzt worden, weswegen die Erwähnung eines einzelnen Textes an dieser Stelle entfällt. Abschließend soll die thematische Auseinandersetzung durch eine Schlussbetrachtung abgerundet werden, indem die geprüften Probleme und Resultate in Form einer unverbindlichen Handlungsempfehlung zusammengetragen werden.
1.3 Motivation
Die grundlegenden Themen dieser Arbeit wie der digitale Strukturwandel, die FinTechs oder die Entwicklung des Zahlungsverkehrs bieten über den offensichtlichen Anlass aufgrund ihrer Aktualität und Medienpräsenz hinaus auch eine persönliche Dimension der Motivation: Im Zuge meiner Berufsausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse durfte ich täglich erleben und bestätigen, was die Fragestellung bereits suggeriert und in den kommenden Kapiteln näher ergründet wird. Nämlich, dass es den Sparkassen und ihren Mitarbeitern zunehmend schwerer fällt, gerade jüngere Konsumentengenerationen von den hauseigenen Produkten im Zahlungsverkehr zu überzeugen, da diese die Nutzung der vergleichsweise neuen FinTechs bevorzugen. Somit ist es ein aus der persönlichen Erfahrung hervorgegangenes Anliegen für mich, die Ursachen dieser augenscheinlich problematischen Entwicklung tiefgreifend zu analysieren und optionale Handlungsfelder für die Zukunft der Sparkassen aufzudecken.
2 Sparkassen
Seit über 200 Jahren hat die Sparkasse mit fortwährend gegenwartsnahen Angeboten zur ganzheitlichen Finanzberatung die Entwicklung in Deutschland gesellschaftlich wie wirtschaftlich geprägt und genießt infolgedessen ein auch heute noch großes Vertrauen. Ihre traditionellen Wurzeln reichen weit in das 18. Jahrhundert zurück und bilden den Grundstein für die heutige Sparkassen-Finanzgruppe, die rund 540 Unternehmen erfasst. Das Geschäftsmodell und speziell der Zahlungsverkehr haben in den vergangenen Jahrhunderten etliche Barrieren überwinden müssen. Hierzu gehören u.a. die Phasen der Industrialisierung in Stadt und Land, der Wiederaufbau nach den zwei Weltkriegen, die Wiedervereinigung der deutschen Gesellschaft nach 1990 sowie jüngst die Konsequenzen der Finanzkrise im Jahre 2008.7
2.1 Das Geschäftsmodell
Als Teil des deutschen Bankensektors gelten Sparkassen gemäß der Klassifizierung von Richard und Mühlmeyer als öffentlich-rechtliche Universalkreditinstiute. Zu den fundamentalen Aufgaben der Sparkassen zählen insbesondere die Einnahme einer Schlüsselposition bei der Durchführung des Zahlungsverkehrs sowie das Anbieten von Geldanlage- und Finanzierungsleistungen für private Haushalte und Unternehmen.8 Die aufgezählten Tätigkeitsfelder werden dabei unter der Berücksichtigung von vier identitätsstiftenden Prinzipien ausgeübt, die im Folgenden veranschaulicht werden sollen.9
Bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen hat die Sparkassenorganisation eine elementare soziale Verantwortung zu berücksichtigen, die sich schon in der eingehenden Lektüre des Sparkassengesetzes offenbart. Zunächst sei an dieser Stelle der dort verankerte Unternehmenszweck der Finanzgruppe, der öffentliche Auftrag, zu erwähnen. Dieser verpflichtet die Sparkassen in erster Linie zu einer umfassenden Versorgung der privaten Haushalte sowie der mittelständischen Wirtschaft mit elementaren Finanzdienstleistungen.10 Die Charakteristik des öffentlichen Auftrages kann ferner anhand von fünf Funktionsbereichen beschrieben werden. Gemäß der Förder- bzw. Sparerziehungsfunktion haben die Sparkassen die Verpflichtung, den Sparsinn der Bevölkerung zu fördern und übernehmen im Zuge der immer komplexer werdenden Finanzprodukte einen gewissen Aufklärungsauftrag. Darüber hinaus werden die Sparkassen im Sinne der Gewährleistungsfunktion dazu angehalten, ihre Finanzdienstleistungen flächendeckend anzubieten und eine lückenlose Versorgung sicherzustellen. Ergänzend dazu hat die Sparkasse unter Berücksichtigung der Hausbankfunktion die Aufgabe, die kommunalen Träger in allen finanziellen Belangen, von der Kreditvergabe bis hin zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs, zu unterstützen. Letztlich sei zu erwähnen, dass die Sparkassen im Rahmen der Wettbewerbskorrekturfunktion einen erheblichen Beitrag zur Belebung und Aufrechterhaltung eines gerechten, monopolfreien Marktes leisten.11
Anknüpfend an den öffentlichen Auftrag konzentriert sich das Prinzip der Gemeinnützigkeit auf die soziale Verantwortung der Sparkassen. Dementsprechend haben die Sparkassen den Anspruch, auf das Gemeinwohl der Bevölkerung ausgerichtet zu sein und ihre Geschäfte diesem Zweck jederzeit unterzuordnen. Hierbei ist es signifikant zu erwähnen, dass diese sozial orientierte Ausrichtung und die für jedes Unternehmen fundamentale Instanz der Gewinnerzielung keine einander obstruierenden Kriterien darstellen. Obschon die Sparkassen-Finanzgruppe dazu verpflichtet ist, „kreditwirtschaftliche Leistungen auch dann an[zu]bieten, wenn es unter Gewinnmaximierungsüberlegungen nicht mehr gerechtfertigt ist“12, ist das Finitum Gewinnerzielung auch für sie schlichtweg unverzichtbar; nicht zuletzt, da die Sparkasse als alleinige Kreditinstitutsgruppe die für ihre Geschäftstüchtigkeit erforderlichen Geldmittel beinahe ausschließlich selbstverantwortlich erwirtschaftet.13
Das dritte, aus dem Sparkassengesetz hervorgehende Auftragsziel ist das Regionalprinzip. Darunter subsumiert die Sparkassen-Finanzgruppe die Idee, dass die Geschäftstätigkeit des jeweiligen Finanzinstituts auf das Trägergebiet beschränkt sein sollte. Hierbei fördert das dezentrale, föderale System der grundsätzlich selbständigen Sparkassen maximale, regionale Kundennähe und ermöglicht mit ihrem flächendeckenden Filialnetz ein umfassendes Dienstleistungsangebot innerhalb ihres Gewährträgergebiets. Überdies trägt das Regionalprinzip dazu bei, dass die Bevölkerung in ländlichen und teils strukturschwachen Regionen auf ein nicht minder umfangreiches Angebot an Finanzdienstleistungen zurückgreifen kann. Im Zuge dessen unterstützt die Sparkasse die Diffusion des deutschen Bankensektors, indem sie für „gesunde[n] wirtschaftliche[n] Strukturen in unserem Lande“14 sorgt.15
Neben den bereits genannten Auftragszielen ist abschließend das Prinzip der Verbundorientierung zu nennen. Die Sparkassenorganisation ist nach Auerbach als ein dreistufiges hierarchisches Verbundsystem organisiert. Es umfasst dabei die regionalen Sparkassen, die Landesbanken bzw. Sparkassen- und Giroverbände sowie den DSGV als Spitzeninstitut. Zusätzlich existieren weitere regionale und überregionale Verbundpartner, u.a. Leasing- und Versicherungsgesellschaften, die von großer Bedeutung für die Sparkassen-Finanzgruppe sind.16 Das Verbundsystem stellt den selbstständigen Sparkassen nicht nur professionelle Kooperationspartner im Vertrieb zur Seite, sondern gewährleistet darüber hinaus eine effiziente und örtlich flexible Bearbeitung komplexer Kundenwünsche. Besonders wichtig ist die Tatsache, dass die Aufgabenverteilung in der Verbundeinheit grundsätzlich durch ein zentrales Ordnungskriterium, das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, gekennzeichnet ist. Demnach sollen die anfallenden Bankgeschäfte durch die lokalen Sparkasseninstitute erbracht werden. Umgekehrt bedeutet dies, dass diejenigen Aufgaben, die nicht von der primären Stufe realisiert werden können, von den übergeordneten Ebenen effizient erfüllt werden.17
2.2 Die Entwicklung des Zahlungsverkehrs der Sparkassen
Gegenwärtig stellt der Zahlungsverkehr nicht nur einen wesentlichen Dreh- und Angelpunkt für die Geschäftstätigkeit der Sparkasseninstitute dar, sondern ist zugleich für die Abwicklung alltäglicher Bankgeschäfte der Kunden von substantieller Bedeutung. Die angebotenen Produkte und Dienstleistungen sind dabei facettenreich und haben sich über die Jahrzehnte hinweg evolutionär entwickelt. Die folgenden Unterkapitel liefern einen chronologischen Überblick über die Entwicklung des Zahlungsverkehrs, von den Anfängen, über einschneidende Erlebnisse wie den beiden Weltkriegen bis hin zur Jahrtausendwende.
2.2.1 Von der Gründung bis 1918
Als Vorbild für die zum Ende des 18. Jahrhunderts ausgelöste Gründungswelle der Sparkassen diente die auf Anregung der Hamburger Patriotischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und des Unterrichts im Jahre 1778 gegründete Ersparungsklasse.18 Die Initiative zur Gründung dieser Sparkassen beruhte auf privaten und kommunalen Forderungen verbunden mit dem Anliegen, „der ärmeren Bevölkerungsschicht eine sichere und verzinsliche Art des Sparens von Notgroschen zu ermöglichen.“19 Diese anfänglich Mentalität, die sozial schwächere Klasse zu einer eigenverantwortlichen Vorsorge zu leiten, um sich vor möglichen Lebensrisiken wie Krankheit, Invalidität und Alter abzusichern, gilt als elementares Leitbild für alle in diesem Zeitraum entstandenen Sparkassen.20 Daraus abgeleitet ergab sich das Spareinlagengeschäft als wesentlicher Rahmen der Geschäftstätigkeit. Infolgedessen beschränkte sich der Zahlungsverkehr der Sparkassen auf die Bareinzahlung und Barauszahlung eben jener Spareinlagen, da bis dato keine gesetzliche Grundlage für den bargeldlosen Zahlungsverkehr bestand.
Mit der Einführung des Übertragbarkeitsverkehrs wurde die Möglichkeit geschaffen, die Spareinlagen der Kunden, welche den Arbeits- oder Wohnort wechselten, von einem Sparkasseninstitut auf ein anderes zu übertragen. Die Abwicklung dieser Übertragungen erwies sich allerding als problematisch, da sie aufbauend auf der Tatsache, dass die wenigsten Sparkassen ein Konto bei der Reichsbank unterhielten, zunächst ausschließlich mittels Geldtransporten in Form von Geldbriefen oder -paketen erfolgte. Aus diesen Umständen resultierte erstmals das Bestreben, eine Überweisungszentrale einzurichten, die den interinstitutionellen Zahlungsverkehr regeln sollte.21 Den wegweisenden Impuls für die Einführung des Giroverkehrs lieferte Dr. Johann Christian Eberle in Folge des im Jahre 1908 verabschiedeten Reichsscheckgesetzes, welches den Sparkassen die Möglichkeit bot, den Giro- und Scheckverkehr zu realisieren. Im Gegensatz zu dem in den angelsächsischen Ländern bevorzugt praktizierten Scheckverkehr, welcher hierzulande ebenso von der Reichsbank propagiert wurde, kam bei der Sparkassenorganisation in Folge eines intern geführten Diskurses die Frage auf, welche Methode des bargeldlosen Zahlungsverkehrs den Vorzug erhalten sollte. Hierbei setzte sich der Giroverkehr durch und schuf den Anlass zur Eröffnung der ersten sächsischen Girozentrale im Jahre 1909.22 Im Laufe der folgenden Jahre schlossen sich vermehrt Sparkassen dem Gironetz an, was den Anstoß für die sukzessive Eröffnung von Girozentralen in anderen deutschen Provinzen lieferte. Simultan zu der deutschlandweiten Zunahme der Girozentralen wuchs der Bedarf einer überregionalen Vermittlungsstelle für den Zahlungsverkehr, die einen funktionsfähigen Ferngiroverkehr verwirklichen sollte. Diese Aufgabe wurde durch die Deutsche Girozentrale, welche im Jahre 1918 aus dem Deutschen Zentral Giroverband (DZG) hervorging, realisiert.23 Diesen Bestrebungen und Maßnahmen zu trotz entfiel der Zuspruch der Kunden für den Giroverkehr zu Beginn bedeutend geringer als erhofft. Demnach konstatieren Pohl et.al, dass das im Einführungsjahr verbuchte Überweisungsvolumen in Höhe von 48 Millionen Mark ein Indiz für die anfängliche Zurückhaltung in der Nutzung des Giroverkehrs darstellte. Diese Zahlen sind einerseits auf die Tatsache zurückzuführen, dass nur wenige Sparkassen den Giroverkehr und die damit verknüpften Girokonten zur Verfügung stellten. Andererseits verbuchten auch diejenigen Sparkassen, die den Giroverkehr in ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hatten, nur einen geringen Anteil der Girogelder an ihren Gesamteinlagen.24
2.2.2 Von 1918 bis 1945
Die Grundlage für den Giro- und Scheckverkehr war geschaffen. In den folgenden Jahren stand „der Aufbau eines umfassenden und effizient funktionierenden Giroverkehrssystems“25 basierend auf den Voraussetzungen, möglichst viele Sparkassen und Kunden mit dem Giroverkehr vertraut zu machen und eine Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs zu erzielen, im Vordergrund der geschäftspolitischen Agenda. Die in den vergangenen Jahren entstandenen selbstständigen Sparkasseninstitute sowie das Vorhandensein eines flächendeckenden Girozentralsystems boten dafür eine günstige Ausgangslage.26 Laut Mura wurde die Notwendigkeit für einen funktionsfähigen bargeldlosen Zahlungsverkehr durch diverse Maßnahmen in Gang gesetzt: Neben den „Leitsätze[n] für die Ausgestaltung des Überweisungsverkehrs“27, die eine Vereinheitlichung und allgemeine Verbesserung der Überweisungstechnik realisieren sollten, konnte ein beschleunigtes Überweisungsverfahren durch die Einführung des Eilüberweisungsauftrages im Jahre 1920 gewährleistet werden. Zusätzlich, da in einigen deutschen Einzugsbereichen der Sparkassen der Scheckverkehr zu den Hauptgeschäftsbereichen des Zahlungsverkehrs gehörten, wurden 1923 erstmals einheitliche Scheck-Richtlinien erlassen und auch für das von vereinzelten Girozentralen bereits praktizierte Lastschrift-Einzugsverfahren generelle Grundsätze für dieses Zahlungsverkehrsinstrument geschaffen. Weiterhin wurden diverse Ausprägungen des Auslandszahlungsverkehrs, u.a. der Sparkassenkreditbrief respektive Weltkreditbrief, der zur Bezahlung im Ausland eingelöst werden konnte, in die Geschäftstätigkeit implementiert.28 Die durch die genannten Richtlinien geschaffenen Modalitäten zur Vereinheitlichung der Geschäftsgrundlagen insbesondere im Giroverkehr, sind in erster Linie auf die Bemühungen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) zurückzuführen. Dieser war im Jahre 1924 aus der Fusion des DZG und des Sparkassenverbandes hervorgegangen und nahm eine dezisiv unterstützende Funktion bei der Ausweitung des Zahlungsverkehrs ein.29 Die angeführten Maßnahmen sowie die einsetzende Inflation zu Beginn der 1920er Jahre führten dazu, dass der Giroverkehr erstmals seit der Gründung des Sparkassenverbundes einen wesentlichen Dreh- und Angelpunkt in der Geschäftstätigkeit darstellte und dass bis dahin dominierende Spareinlagengeschäft ablöste. Konkret bedeutete dies, dass sich die Relation zwischen Spareinlagen und Girogeldern zum späteren Verlauf der Geldentwertung umgekehrt hatte: Während 1920 noch rund 80 % der privaten Gelder in die Spareinlagen flossen, verbuchte die Sparkasse drei Jahre später einen rapiden Zuwachs der Giroeinlagen, die die Spareinlagen nun in einem Verhältnis von 11:1 überragten. Zurückzuführen ist dieses Resultat darauf, dass deutlich mehr Sparkassenkunden Girokonten eröffneten, da diese aufgrund einer geringen bis hinzu nicht existenten Verwaltungsgebühr sowie einem Guthabenzins lukrativ erschienen.30 Von ebenfalls substantieller Bedeutung war die Tatsache, dass die Kunden der wachsenden Geldentwertung entgegenwirken konnten, indem sie unmittelbar und vollständig über ihre Giroeinlagen verfügen konnten und ihren bargeldlosen Zahlungsverkehr abwickeln konnten, ohne einen Wertverlust zu riskieren.31
Erst zum Höhepunkt der Inflation war auch der bargeldlose Zahlungsverkehr nicht mehr dazu fähig, seinen Aufgaben ordnungsgemäß nachzukommen, „weil selbst die schnellste Überweisung [von] der Geldentwertung“32 überholt wurde, was die Sparkassen dementsprechend vor erhebliche Herausforderungen stellte.33 In der im Anschluss an die Inflation anknüpfenden Phase der Währungsstabilisierung war es das Bestreben der Sparkassenorganisation und insbesondere des DSGV, den bargeldlosen Zahlungsverkehr wiederzubeleben und zu fördern. Der durch bewusste Werbung erzielte Erfolg dieser Bemühungen spiegelte sich nicht nur in der Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, sondern auch im Anstieg der Girokonten, die sich binnen sieben Jahren von rund einer Million auf ca. 2,3 Millionen mehr als verdoppelt hatten, wider.34
Neue Herausforderung und eine große Belastungsprobe für den Zahlungsverkehr bildete die aus der Weltwirtschaftskrise resultierende Bankenkrise im Jahre 1931, die die Sparkassen an den „Rand der Zahlungsunfähigkeit“35 manövrierte. Ein entscheidender Impuls für die Entwicklung der Sparkassen und des Zahlungsverkehrs ging vom Deutschen Reich aus, welches das Ziel verfolgte, dafür zu sorgen, dass die Sparkasseninstitute die Krise eigenständig überstehen würden. Der Staat griff unmittelbar in das bis dahin der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder untergeordnete Sparkassenrecht ein und erließ Verordnungen, „um die Sparkassen nachhaltig von der kommunalen Finanzsphäre abzukoppeln und ihre Liquidität aktuell und langfristig sicherzustellen.“36 Gleichzeitig wurde in der Konsequenz ein fundamentaler Rahmen des Sparkassenwesens geschaffen, da sowohl die Sparkassen als auch die Girozentralen zu Anstalten des öffentlichen Rechts evolvierten. Einen weiteren Meilenstein zur Festigung des Zahlungsverkehrs bildete die von der Bankenkrise ausgelöste Bankenenquête. Der DSGV erreichte im Rahmen des Abschlussberichts der Enquête die explizite Anerkennung der Geschäftstätigkeiten im Bereich des Giroverkehrs und beendete somit die kontroverse Debatte um die von Kritikern geforderte Einengung des Sparkassengeschäfts.37
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges erfolgte eine durchweg positive Entwicklung des im Fokus liegenden Giroverkehrs. Hierbei ist vor allem von bedeutender Relevanz, dass es weiterhin zu einer beachtlichen Zunahme an Girokonten auf 3,2 Millionen gekommen ist. Ferner konnte das im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erfolgte Überweisungsvolumen auf 59 Milliarden Reichs Mark datiert werden.38 Die zwanghafte Integration der Sparkassen in das nationalsozialistische System führte allerdings zu einem Wandel der geschäftspolitischen Zielsetzung, die ihren Blick fortan auf „die Herstellung eines den Aufgaben des nationalsozialistischen Staates entsprechenden Geld- und Kapitalmarktes“39 legte. Dazu gehörte im Wesentlichen die Bereitstellung von liquiden Mitteln zur Kriegsfinanzierung. Trotz des augenscheinlichen Verlustes ihrer mühselig erworbenen Selbstständigkeit, konstatiert Mura, dass die Sparkassen während der Kriegswirtschaft dennoch darum bemüht waren, den Tenor des Giroverkehrs aufrechtzuerhalten. Der schwerwiegenden Verhältnisse zu trotz, gelang es den Sparkassen weiterhin einen funktionsfähigen Zahlungsverkehr zu gewährleisten sowie sukzessive neue Kunden für den Giroverkehr zu akquirieren.40
2.2.3 Von 1945 bis zur Gegenwart
Mit dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur richtete die Sparkasse ihren Blickpunkt fortan darauf, den Zahlungsverkehr zu reorganisieren und modernisieren.41 Den Ausgangspunkt für den tiefgreifenden strukturellen Wandel bildete die Ausweitung der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlung sowie des In- und Auslandszahlungsverkehrs. Mit der sukzessiven Automatisierung der Geschäftsprozesse, insbesondere der Lohn- und Gehaltszahlung innerhalb diverser Industrie- und Handelsunternehmen, konnte der Giroverkehr erstmals einem Großteil der arbeitenden Bevölkerung nähergebracht werden.42 Die Sparkassenorganisation profitierte doppelt von dieser bedeutenden Umstellung: Auf der einen Seite verfügten sie bereits über ein umfassendes und flächendeckendes System, um den Zahlungsverkehr abzuwickeln und über Erfahrungen rund um die Thematik der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlung. Andererseits konnten die Sparkassen durch eben jene Umstellung neue Kunden generieren und diesen aufgrund der veränderten Umstände ein Girokonto vermitteln. Bedeutsamer erscheint allerdings die Tatsache, dass eine nicht zu unterschätzende Aufgabe darin bestand, „die Inhaber der neu eröffneten Lohnkonten über die mit Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr verbundenen Vorteile aufzuklären“43 und sie für den allgemeinen Zahlungsverkehr zu sensibilisieren. Gemäß Pohl et al. ist daraus ersichtlich, dass die Sparkassen ein hiesiges Potenzial in den Neukunden vermuteten und davon ausgingen, dass diese künftig die unterschiedlichen Möglichkeiten des Zahlungsverkehrs in Anspruch nehmen würden.44 Somit ist es nicht überraschend, dass die Sparkassen im Jahre 1957 ihren bisherigen nationalen Zahlungsverkehr um eine beschleunigte Eilüberweisung sowie fernschriftliche Überweisung erweiterten und das Auslandsgeschäft als weiteres tragendes Segment im Zahlungsverkehr aufnahmen. Durch den „Abbau devisenrechtlicher Beschränkungen […] und das neue Außenwirtschaftsgesetz“45 war es den Sparkassen erstmals erlaubt, dass bereits ab 1956 bestehende Auslandsgeschäft zu erweitern.46 Die Expansion des In- und Auslandszahlungsverkehrs sowie die bargeldlose Lohn- und Gehaltszahlung machten den Zahlungsverkehr der Sparkassen zur Drehscheibe des alltäglichen Bankgeschäfts und führten dazu, dass sich zwischen 1950 und 1960 die Anzahl der Girokonten auf rund sechs Millionen verdoppelte und bis 1966 auf ca. elf Millionen Stück anstieg.47 Simultan konnte eine wachsende Inanspruchnahme des Zahlungsverkehrs verzeichnet werden. Immer mehr Kunden waren dazu geneigt, ihre Geldgeschäfte bargeldlos mittels Dauerauftrag, Lastschrift oder Überweisung auszuführen. Der Zuwachs an Girokonten sowie die Massenhaftigkeit der bargeldlosen Geschäftsvorfälle führten gleichermaßen zu einem erhöhten Arbeitsaufwand und Kostendruck. Die Sparkassen sahen sich demnach dazu gezwungen, adäquate Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.48
Entsprechende Lösungsmaßnahmen erfolgten ab den 1960er Jahren durch die eingeführte Standardisierung bzw. Automatisierung der Prozessabläufe, die unter dem Leitsatz „Weg vom Papier“49 den strukturellen Wandel des Zahlungsverkehrs förderte und damit den technischen Fortschritt der Sparkassen initiierte. Das vordergründige Ziel der Sparkassen war es, einen automatisierten, institutsübergreifenden Zahlungsverkehr zu schaffen sowie einheitliche Systeme und Verfahren zu entwickeln, die für alle Sparkassen allgemeingültig sein würden.50
Der durch das Institut für Automation der deutschen Sparkassen und Girozentrale unternommene Versuch zur Standardisierung und Automatisierung von Geschäftsabläufen gilt als erster Schritt für die Herausbildung fundamentaler einheitlicher Zahlungsverkehrstechniken. Hierunter zählen u.a. die Standardisierung von Formularen und allgemeine Grundsätze für den Lastschrifteinzugsverkehr. Ferner wurden Richtlinien für die Bearbeitung von Daueraufträgen mittels innovativer Techniken wie das Lochkartensystem erarbeitet. Mit diesem Verfahren sollte bspw. die optische Beleglesung von Daueraufträgen ermöglicht werden, um die obsolete Vorgehensweise für die Datenerfassung, -speicherung und -auswertung zu ersetzen. Obwohl die Massendaten mithilfe dieses Systems relativ schnell bearbeitet werden konnten, mussten die Zahlungsverkehrsbelege weiterhin beleghaft weitergeleitet werden. Um den Transfer von Zahlungsverkehrsaufträgen beleglos abwickeln zu können, wurden ab Anfang der 70er Jahre entsprechende Maßnahmen ergriffen. Mit der Einführung von Datenträgeraustauschverfahren mittels Magnetbändern und den Datenfernübertragungsnetzen konnten Zahlungsverkehrsbelege beleglos transportiert und zeitgleich Informationen zwischen den beteiligten Banken ausgetauscht werden. Zusätzlich konnte mit der Aufnahme des S.W.I.F.T. Verkehrs „eine vollautomatisierte, belegfreie, sichere und schnelle Abwicklung des Auslandszahlungsverkehrs“51 gewährleitet werden.52
Ab den 1980er Jahre wurde die Wettbewerbssituation für die Sparkassen aufgrund des Aufkommens von Non- und Near-Banks, die verstärkt Bankdienstleistungen im Zahlungsverkehr anboten, erschwert. Die Sparkassenorganisation hat als Allfinanz-Anbieter rechtzeitig erkannt, dass sie ihre Kundschaft nur dann weiter an sich binden können würde, wenn sie weitere Dienstleistungen der Sparkasse in Anspruch nehmen. Die Sparkassen richteten ihren Fokus fortan auf neue Produkte und Serviceleistungen und eine zunehmende Markt- und Kundenorientierung des Zahlungsverkehrs stand im Mittelpunkt der geschäftspolitischen Agenda.53 Unter dem Schlagwort der Bankautomation wurden institutsübergreifend Kontoauszugsdrucker und Geldautomaten eingeführt. Die bis dato durch Sparkassenmitarbeiter absolvierten Routinevorgänge im Zahlungsverkehr wurden im Rahmen der Automatisierung auf Selbstbedienung umgestellt. Die dadurch evozierten Herausforderungen in Bezug auf die fortschreitende Technologisierung bedeuteten für die Kunden jedoch gleichermaßen auch ein neues Niveau an Komfort, da sie jederzeit unabhängig von den Öffnungszeiten Bankleistungen in Anspruch nehmen konnten.54 Ebenfalls von essentieller Bedeutung für die Ausweitung des Zahlungsverkehrs war die Aufnahme des POS-Systems, welches die bargeldlose Zahlung in Handels- und Dienstleistungsunternehmen sicherstellen sollte. Damit die Sparkassenkundschaft die aufgeführten Serviceleistungen nutzen konnte, war es unabdingbar, dass automatenfähige Karten zur Verfügung gestellt würden. Die sukzessive Einführung der Sparkassen-Card sowie der Euro-Card war somit ein weiterer zentraler Bestandteil der Automatisierungswelle und rundet die Entwicklung des Zahlungsverkehrs in den achtziger Jahren ab.55
[...]
1 Vgl. Tagesschau (Hg.), Pünktlich dank Digitalisierung? (2019), online verfügbar: https://www.faz.net/akuell/finanzen/warum-banken-immer-mehr-filialen-schliessen-muessen-16271824.html, abgerufen am 20.07.2019.
2 Vgl. Dapp, Thomas, FinTechs – die digitale (R)evolution im Finanzsektor: Algorithmenbasiertes Banking mit human touch, in: Deutsche Bank Research (2014), online verfügbar unter: https://www.dbrese-arch.de/PROD/RPS_DE-PROD/PROD0000000000444457/Fintech_–_Die_digitale_%28R%29evolution_im_Finanzsekto.pdf, abgerufen am 21.07.2019.
3 Vgl. Rheinische Post (Hg.), Warum Banken immer mehr Filialen schließen (2019), online verfügbar: https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/sparkasse-praesident-rechnet-mit-der-schliessung-weiterer-filialen_aid-38742707, abgerufen am: 17.07.2019.
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. DerTreasurer (Hg.), Banken verlieren Marktanteile an FinTechs (2017), online verfügbar: https://www.dertreasurer.de/news/finanzen-bilanzen/banken-verlieren-marktanteile-an-fintechs-57591/, abgerufen am: 20.07.2019
6 Herz Carsten, So zwingt künstliche Intelligenz die Versicherer, sich neu zu erfinden, in: Handelsblatt (2018), online verfügbar unter: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/ki-in-derversicherungsbranche-hallo-herr-roboter/19842748.html, abgerufen am: 20.07.2019.
7 Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Finanzbericht 2017 der Sparkassen-Finanzgruppe, Berlin 2018, S. 6.
8 Vgl. Möhlmeier, Heinz et al., Allgemeine Wirtschaftslehre für den Bankkaufmann/die Bankkauffrau, Köln 2013, S. 15.
9 Vgl. Auerbach, Christoph, Fusionen deutscher Kreditinstitute. Erfolg und Erfolgsfaktoren am Beispiel von Sparkassen und Kreditgenossenschaften, Wiesbaden 2009, S. 16.
10 Vgl. Geiger, Helmut, Die deutsche Sparkassenorganisation, Frankfurt am Main 1992, S. 25.
11 Vgl. Auerbach, Christoph, Fusionen deutscher Kreditinstitute. Erfolg und Erfolgsfaktoren am Beispiel von Sparkassen und Kreditgenossenschaften, Wiesbaden 2009, S. 17f.
12 Pix, Manfred, Ist es notwendig, bewährte Sparkassenstrukturen zu erhalten?, in: Riekeberg, Marcus/Stenke, Karin (Hg.), Banking 2000. Perspektiven und Projekte, Wiesbaden 2000, S. 45-56, hier S. 50.
13 Vgl. Ebd.
14 Pix, Manfred, Ist es notwendig, bewährte Sparkassenstrukturen zu erhalten?, in: Riekeberg, Marcus/Stenke, Karin (Hg.), Banking 2000. Perspektiven und Projekte, Wiesbaden 2000, S. 45-56, S. 50.
15 Vgl. Bacher, Urban/Nothhelfer, Robert, Zum Regionalprinzip der Verbundinstitute – eine aktuelle Bewertung, in: Zeitschrift für das Gesamte Kreditwesen, Heft 3 (2019), S. 122.
16 Vgl. Auerbach, Christoph, Fusionen deutscher Kreditinstitute. Erfolg und Erfolgsfaktoren am Beispiel von Sparkassen und Kreditgenossenschaften, Wiesbaden 2009, S. 22.
17 Vgl. Pix, Ist es notwendig, S. 51.
18 Vgl. Geiger, Helmut, Die deutsche Sparkassenorganisation, Frankfurt am Main 1992, S. 13.
19 Pohl, Hans/Rudolph, Bernd/Schulz, Günther, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 23.
20 Vgl. Pohl, Hans, Geschichte der Sparkassen im Rheinland, in: Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V. (Hg.), Regionalgeschichte der Sparkassen-Finanzgruppe, Stuttgart 2010, S. 57-94, hier S. 60.
21 Vgl. Ashauer, Günter, Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenor-ganisation in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1991, S. 196.
22 Vgl. Ashauer, Günter, Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenor-ganisation in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1991, S. 198.
23 Vgl. Ebd., S. 206-210.
24 Vgl. Pohl, Hans/Rudolph, Bernd/Schulz, Günther, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 33 und 68.
25 Vgl. Mura, Jürgen, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1918 bis 1945, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 35-50, hier S. 35.
26 Vgl. Mura, Jürgen, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1918 bis 1945, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 35-50, hier S. 35.
27 Vgl. Ebd., S. 36.
28 Vgl. Ebd., S. 36-39.
29 Vgl. Ashauer, Günter, Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenor-ganisation in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1991, S. 210.
30 Vgl. Pohl, Hans/Rudolph, Bernd/Schulz, Günther, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 118f.
31 Vgl. Ebd., S.69.
32 Vgl. Ashauer, Günter, Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenor-ganisation in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1991, S. 229.
33 Vgl. Mura, Jürgen, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1918 bis 1945, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 35-50, hier S. 40.
34 Vgl. Ebd., S. 43.
35 Pohl, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 150.
36 Geiger, Helmut, Die deutsche Sparkassenorganisation, Frankfurt am Main 1992, S.15.
37 Vgl. Geiger, Helmut, Die deutsche Sparkassenorganisation, Frankfurt am Main 1992, S.15.
38 Vgl. Mura, Jürgen, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1918 bis 1945, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 35-50, hier S. 43.
39 Ashauer, Günter, Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenor-ganisation in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1991, S. 251.
40 Vgl. Mura, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr, S. 44.
41 Vgl. Geiger, Die deutsche Sparkassenorganisation, S. 16.
42 Vgl. Strohmayr, Werner, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1945 bis zur Gegenwart, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 51-78, hier S. 54ff.
43 Pohl, Hans/Rudolph, Bernd/Schulz, Günther, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 78.
44 Vgl. Ebd., S. 78.
45 Vgl. Strohmayr, Werner, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1945 bis zur Gegenwart, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 51-78, hier S. 55.
46 Vgl. Ebd.
47 Vgl. Ashauer, Günter, Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenor-ganisation in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1991, S. 297.
48 Vgl. Strohmayr, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr, S. 56.
49 Starke, Wolfgang, Betriebswirtschaftliche und geschäftspolitische Aspekte der Bankautomation, in: Deutscher Sparkassen- und Giroverband (Hg.), Standortbestimmung. Entwicklungslinien der deutschen Kreditwirtschaft, Stuttgart 1984, S. 326-342, hier S. 331.
50 Vgl. Strohmayr, Werner, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1945 bis zur Gegenwart, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 51-78, hier S. 57.
51 Ebd., S. 62.
52 Vgl. Ebd. S. 58-64.
53 Vgl. Strohmayr, Werner, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr von 1945 bis zur Gegenwart, in: Mura, Jürgen (Hg.), Der Zahlungsverkehr der Sparkassenorganisation – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven, Stuttgart 1995, S. 51-78, hier S. 65.
54 Vgl. Pohl, Hans/Rudolph, Bernd/Schulz, Günther, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 359.
55 Vgl. Strohmayr, Sparkassenorganisation und Zahlungsverkehr, S. 65ff.
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- Alexander Rosarius (Author), 2020, Wie FinTechs den Zahlungsverkehr der Sparkassen beeinflussen. Konkurrenz oder Kooperation?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505778
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