Die vorliegende Arbeit soll eine Möglichkeit darstellen, die Schüler und Schülerinnen sowohl mit einer neuen literarischen Gattung, als auch mit einem neuen literarischen Text vertraut zu machen. Um der Gattung Hörspiel gerecht zu werden, wurden im methodischen Bereich handlungs- und produktionsorientierte Verfahren gewählt. Nicht nur in der Tradition des Lernens mit allen Sinnen liegt es nahe, diesen Ansatz zu wählen. Als szenische Textform erfordert das Hörspiel geradezu eine Realisierung, um dem Text gerecht zu werden.
Hierbei war ein Anliegen der Lehrperson, den Schülern und Schülerinnen den Wert und Nutzen handlungs- und produktionsorientierter Verfahren deutlich zu machen, werden diese doch leider allzu häufig als lustiger Zeitvertreib angesehen. Durch das angewandte Werk und die Vorgehensweise ergibt sich zwingend eine Verbindung der Lernbereiche Sprechen und Schreiben und Literatur und Medien, was eines der grundlegenden Prinzipien modernen Deutschunterrichts erfüllt, nämlich das des integrierten Unterrichts.
Fred von Hoerschelmanns "Das Schiff Esperanza" zählt zweifelsohne zu den erfolgreichsten deutschen Hörspielproduktionen. Nicht nur national erfolgreich, wurde es seit seiner Erstausstrahlung im März 1953 auch in zahlreiche andere Sprachen übertragen. Ausschlaggebend für diese Tatsache dürfte sein, dass es dem Autor gelungen ist, mit einfachen Mitteln sehr Grundsätzliches eindringlich zur Sprache zu bringen. Darauf aufbauend, war es auch im Schulbetrieb für viele Schülergenerationen eine feste Größe. So formuliert Werner Klose: "Der Stoff fesselt sofort: eine Seegeschichte! In dieser Welt der Häfen und Schiffe, des Meeres und der Matrosen läuft die Handlung atemlos spannend ab: verbrecherischer Menschenschmuggel, ein Schiff mit zwielichtiger Besatzung fährt ebenso verdächtige Passagiere ins Ungewisse!" und deutet damit bereits auf einen weiteren wichtigen Aspekt im Schulleben hin, nämlich die dramatische Handlung und das Interesse der Schüler und Schülerinnen am Stück. Wenn auch unsere Schüler und Schülerinnen heutzutage nur noch wenig mit der Seefahrerromantik anfangen können, so lässt sich jedoch keineswegs leugnen, dass die spannungsgeladene Handlung mit Sicherheit dazu beiträgt, bei Schülern und Schülerinnen Lesemotivation zu wecken und zu erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Sachanalyse
Merkmale des Hörspiels: Das Hörspiel im Allgemeinen und
Das Schiff Esperanza im Besonderen
Das Schiff Esperanza
Didaktische Analyse
Das Hörspiel
Das Schiff Esperanza
Didaktisch-methodische Vorüberlegungen: Handlungs- und
Produktionsorientierung
Bezug zu den Bildungsstandards
Übergreifende Lernziele dieser Unterrichtseinheit
Bedingungsanalyse: Bemerkungen zur Klasse 8a
Durchführung der Unterrichtseinheit
Tabellarische Übersicht über die Einheit
Allgemeine Bemerkungen zur Unterrichtseinheit
Stunde 3: Figurenkonstellation
Stunde 4 und 5: Vater-Sohn-Konflikt
Stunde 6 und 7: Schuld
Stunde 8: Lebensentwurf
Stunde 11: Szenisches Lesen
Vorwort
Fred von Hoerschelmanns Das Schiff Esperanza zählt zweifelsohne zu den erfolgreichsten deutschen Hörspielproduktionen. Nicht nur national erfolgreich, wurde es seit seiner Erstausstrahlung im März 1953 auch in zahlreiche andere Sprachen übertragen. Ausschlaggebend für diese Tatsache dürfte sein, dass es dem Autor gelungen ist, mit einfachen Mitteln sehr Grundsätzliches eindringlich zur Sprache zu bringen.1 Darauf aufbauend, war es auch im Schulbetrieb für viele Schülergenerationen eine feste Größe. So formuliert Werner Klose: „Der Stoff fesselt sofort: eine Seegeschichte! In dieser Welt der Häfen und Schiffe, des Meeres und der Matrosen läuft die Handlung atemlos spannend ab: verbrecherischer Menschenschmuggel, ein Schiff mit zwielichtiger Besatzung fährt ebenso verdächtige Passagiere ins Ungewisse!“2 und deutet damit bereits auf einen weiteren wichtigen Aspekt im Schulleben hin, nämlich die dramatische Handlung und das Interesse der Schüler und Schülerinnen am Stück. Wenn auch unsere Schüler und Schülerinnen heutzutage nur noch wenig mit der Seefahrerromantik anfangen können, so lässt sich jedoch keineswegs leugnen, dass die spannungsgeladene Handlung mit Sicherheit dazu beiträgt, bei Schülern und Schülerinnen Lesemotivation zu wecken und zu erhalten.3 Die im Werk angesprochenen Problemkreise von immerwährender Aktualität wie die Frage nach Schuld und Verantwortung, nach Humanität und der Würde des Menschen, welche dem Hörspiel nicht nur aus Sicht junger Menschen eine besondere Faszination verleihen, werden in einer Zugänglichkeit vermittelt, die das Stück für die schulische Verwendung als äußerst geeignet erscheinen lässt.4
Das Schiff Esperanza vermag uns aber noch mehr zu bieten. Denn als Modell szenischer Textformen findet es bis heute Eingang in die Lektürepläne der Schulen5 6 und lässt die Schüler und Schülerinnen der achten Klasse in den ersten Kontakt mit der neuen Textform treten.6 Auf die Behandlung der Gattung im Vorfeld des klassischen Dramas wird an vielen Stellen hingewiesen.7 In dieser Weise genutzt, kann die Einführung der Gattung literarisches Hörspiel eine doppelte Funktion im Unterricht erfüllen.
Die vorliegende Arbeit soll eine Möglichkeit darstellen, die Schüler und Schülerinnen sowohl mit einer neuen literarischen Gattung, als auch mit einem neuen literarischen Text vertraut zu machen. Um der Gattung Hörspiel gerecht zu werden, wurden im methodischen Bereich handlungs- und produktionsorientierte Verfahren gewählt. Nicht nur in der Tradition des Lernens mit allen Sinnen8 liegt es nahe, diesen Ansatz zu wählen. Als szenische Textform erfordert das Hörspiel geradezu eine Realisierung, um dem Text gerecht zu werden.9 Hierbei war ein Anliegen der Lehrperson, den Schülern und Schülerinnen den Wert und Nutzen handlungs- und produktionsorientierter Verfahren deutlich zu machen, werden diese doch leider allzu häufig als lustiger Zeitvertreib angesehen. Durch das angewandte Werk und die Vorgehensweise ergibt sich zwingend eine Verbindung der Lernbereiche Sprechen und Schreiben und Literatur und Medien, was eines der grundlegenden Prinzipien modernen Deutschunterrichts erfüllt, nämlich das des integrierten Unterrichts.10
2 Sachanalyse
2.1 Merkmale des Hörspiels: Das Hörspiel im Allgemeinen und Das Schiff Esperanza im Besonderen
Die Gattung literarisches Hörspiel ist, auch wenn ihre Wurzeln partiell weiter zurückreichen, untrennbar mit dem Medium Rundfunk verbunden.10 11 Das Jahr 1924 gilt als das Geburtsjahr des Hörspiels, welches mit der Ausstrahlung Richard Hughes A comedy of Danger in London seinen Anfang nimmt. Die Geschichte spielt in einem Bergwerk, in dem die Beleuchtung ausfällt. Hiermit findet eines der zentralen Merkmale der Gattung seine literarische Verarbeitung, nämlich das Fehlen eines optischen Eindruckes. In der Folgezeit entstehen rasch weitere Produktionen, so auch in Deutschland. Die fünfziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts gelten als die Blütezeit des deutschsprachigen Hörspiels, in welcher sich auch bedeutende Autoren wie Ingeborg Bachmann oder Günter Eich dem Genre widmen.12 Das Aufkommen des Fernsehgerätes führt schließlich dazu, dass es um die Gattung Hörspiel stiller wird.13 In jüngster Zeit beginnt sich eine Wende abzuzeichnen. Es scheint, als sei der Hörspiel- und Hörbuchmarkt in bestimmten Bereichen im Wachstum begriffen.14
Ein Grund für diese Entwicklung ist sicherlich, dass das Hörspiel mit seiner Beschränkung auf das rein Akustische dem Rezipienten eine Alternative zu der überbordenden Bilderflut der heutigen Zeit und eine Möglichkeit der Betätigung der eigenen Fantasie bietet. Esther Everling fasst die Wirkung des Hörspiels folgendermaßen in Worte: „Mehr noch als das geschriebene Wort provoziert das Hörspiel eine Art subjektives Theater, ein „Kino im Kopf“, ein Bündel von Emotionen, Begriffen, Gedanken. Es steht dem assoziativen, sprunghaften Denken des Menschen näher als Buch oder Film, weil es Stimmungen, Befindlichkeiten, Traumwelten am intensivsten nachempfinden läßt, ja weil es Suggestionskraft von Wort und Geräusch simulieren kann, was in Menschen vorgeht, statt nur dessen „Oberfläche“ oder Umgebung abzubilden, wie es im Film häufig geschieht.“15 Neben dem Wort finden im Hörspiel Geräusche und Musik Gebrauch. Im technischen Bereich wird mit Blende, Schnitt, Montage und akustische Illusionsmöglichkeiten gearbeitet.16 17
Formal lehnt sich die Gattung Hörspiel als szenische Textform eng an das Drama an.17 Das Schiff Esperanza ist in 25 Szenen unterteilt. Die Überleitungen zwischen den Szenen werden durch akustische Wechsel markiert. Ortsangaben werden durch konkrete Handlungsanweisungen umgesetzt („Akustikwechsel. Rauschen. Leises Arbeiten der Maschinen. Ein Mann summt vor sich hin. Unterbricht das Summen, sagt“ S. 12 oder „Gelächter, ausblenden, Akustikwechsel. Im Freien, Wind leise, gleichmäßig das Meer“ S. 21).
Die Handlung des Stückes verläuft chronologisch, ohne größere Sprünge (Es gibt keine Rück- oder Vorausblenden. An Vergangenes wird nur im Gespräch erinnert) und erstreckt sich über einen Zeitraum von wenigen Tagen. Die Einheit des Ortes bleibt mit Ausnahme der ersten beiden Szenen, die auf dem Hafengelände spielen, gewahrt und beschränkt sich im Verlauf des Stückes auf das Innere und Äußere des Schiffes. Die Handlung ist einsträngig, die Sprache realistisch, knapp und klar.18
Ganz typisch für das Hörspiel im Allgemeinen, aber auch für Das Schiff Esperanza im Besonderen sind beschränktes Personal und typische Charaktere.19 Zu Beginn des Stückes werden elf Stimmen einführt, von denen sieben für den Verlauf von Bedeutung sind. Da das Hörspiel auf die „fließende und verfließende Leistung des gesprochenen Wortes“ angewiesen ist, begnügt es sich mit wenigen und typisch gezeichneten Personen. Denn der zeichenhaft umrissenen Typus eignet sich für das Medium besser als der psychologisch stark differenzierte Charakter.20 Die eingeführten Personen treten in direkter Rede auf.
2.2. Das Schiff Esperanza
Die Handlung des Stückes ist schnell erzählt. Der junge Mann Axel Grove heuert als Leichtmatrose auf einem Schiff namens Esperanza an. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass es sich bei dem Kapitän des Schiffes um seinen Vater handelt, den Axel seit dreizehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Die Freude über das Wiedersehen erlischt jedoch recht bald, da sich der Vater als ein im Krieg verrohter Trunkenbold entpuppt und der Sohn seinerseits keineswegs versucht, den Vorstellungen seines Vaters gerecht zu werden, der im Sohn die Chance sieht, sein misslungenes Leben neu zu beginnen. Im Verlauf der Geschichte entdeckt der Junge zufällig sieben Flüchtlinge, die Kapitän Grove dafür bezahlen, dass dieser sie nach Amerika bringt. Dieser „Transport“ ist ein guter Nebenverdienst für Kapitän Grove, den er mit einem kleinen Teil seiner Besatzung seit längerer Zeit betreibt. Die Flüchtlinge wissen nicht, dass Kapitän Grove sie nie nach Amerika bringen wird. Podbiak, ein Mitglied der Besatzung, setzt die Flüchtlinge jedes Mal auf hoher See aus und überlässt sie ihrem Schicksal. Auf Grund der Begegnung mit seinem Sohn will Kapitän Grove diesmal die Flüchtlinge an Land bringen und sein Handeln zukünftig ändern. Bei einem Streifzug auf dem Schiff trifft Axel zufällig auf die Flüchtlinge und nennt diesen im Gespräch den Namen des Schiffes sowie dessen Bestimmungshafen. Als Kapitän Grove davon erfährt, entschließt er sich, die Flüchtlinge auf einer Sandbank auszusetzen, welche durch die aufkommende Flut überflutet werden wird. Kurz vor Ausschiffung der Flüchtlinge geraten Vater und Sohn in einen erbitterten Streit. Nachdem das Schiff den Ort des Geschehens verlassen hat, wird bemerkt, dass Axel vor der Ausschiffung den Platz mit einem der Flüchtlinge getauscht hat, um das Schiff unbemerkt zu verlassen. Der verzweifelte Vater lässt das Schiff sofort wenden, um seinen Sohn vor dem sicheren Ertrinken zu retten. Ein Grund zur Hoffnung besteht allerdings nicht.
Wie sich im Handlungsablauf bereits angekündigt, liegt ein thematischer Schwerpunkt des Werkes auf der Vater-Sohn-Beziehung. Auf beiden Seiten finden sich falsche Idealvorstellungen des jeweils anderen, welche durch die harte Realität rücksichtslos zerstört werden. Der angesehene Marineoffizier in weißer Uniform aus Axels Kindheit entpuppt sich sehr schnell als cholerischer und durch Kriegserlebnisse verrohter Kapitän, der den Frust über das eigene Leben und die Schuldgefühle die aus seinem Handeln resultieren mit Alkohol zu vertreiben sucht. Auch zeigt er sich seinem Sohn gegenüber gebieterisch und wenig einfühlsam. Axel wiederum scheint so gar nicht dem Vater in jüngeren Jahren zu entsprechen. Er scheint dem Vater etwas kümmerlich, zu weich. Auch findet er keineswegs Gefallen daran, den vom Vater für ihn vorgesehenen Weg zu gehen. Mit Axel Grove und seinem Vater stehen sich nicht nur zwei Charaktere, sondern auch zwei völlig verschiedene Weltbilder gegenüber. Der Vater, für den moralisches Handeln keine Rolle spielt, kommt es nur darauf an, sich im Leben durchzusetzen. Dafür ist er wortwörtlich bereit über Leichen zu gehen. Ethisch begründet lehnt Axel solche Sichtweisen kategorisch ab.
Wie bereits an der Figur Kapitän Groves aufgezeigt wurde, liegt ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt auf dem Themenbereich Schuld. Fast jede Person, welche sich auf dem Schiff befindet, ist in irgendeiner Art und Weise schuldig geworden. Die Bandbreite reicht hierbei von Mord bis hin zu kleineren Delikten. Das Gewissen über die Taten regt sich weitaus nicht bei jedem, so fallen gerade der Erste Steuermann Bengsten und der Maat Krucha dadurch auf, dass sie jegliche Gewissensregung vermissen lassen. An Kapitän Groves ethischen Maßstäben darf auch gegen Ende des Stückes gezweifelt werden. Schließlich lässt er das Schiff allein seines Sohnes wegen umkehren und verschwendet keinen Gedanken an die Flüchtlinge. Podbiaks Entscheidung aus der Sache auszusetzen ist auch nur durch die Angst begründet, dass sich eines Tages einer der Flüchtlinge zur Wehr setzen könnte. Und Megerlins Entscheidung sich den Behörden auszuliefern beruht auf der Sehnsucht, wieder ein behütetes und geordnetes Leben zu führen. So gesehen, wirft die moralische Haltung der Figuren ein äußerst düsteres Licht voraus. Der Autor kontrastiert diese düstere Gemeinschaft durch die beiden jungen und „unschuldigen“ Figuren Axel und Edna, was den deprimierenden Eindruck etwas mildert.
Nicht nur Schuld eint die Menschen auf der Esperanza, sondern auch ihr mehr oder weniger unglückliches Leben. Als Gemeinschaft der Gescheiterten suchen sie auf der Esperanza, welche als Dingsymbol für die verlorene Hoffnung steht, eine glücklichere Zukunft. Diese ist jedoch nicht umsonst so heruntergekommen. Eine Alternative, eine bessere Zukunft oder eine reale Hoffnung scheint für diese Figuren nicht zu existieren. Exemplarisch für alle auf dem Schiff Weilenden wird die Figur des Megerlin näher beleuchtet. Als Kassierer einer Bank unzufrieden und des Alltagtrotts überdrüssig, entschließt er sich seine Bank zu bestehlen. Jetzt auf dem Schiff ist sein Geld schnell verspielt, seine Unentschlossenheit und Ängstlichkeit lassen ihn an allem zweifeln. Schnell sehnt er sich die geordneten Bahnen des alltäglichen Lebens wieder herbei, scheut das Risiko eines Neuanfangs. Auf Grund seiner Unentschlossenheit ist fraglich, was aus ihm werden wird. Ein erfolgreiches, selbständiges Leben in einer neuen Heimat scheint wenig wahrscheinlich zu sein.21
3 Didaktische Analyse
3.1 Das Hörspiel
Traditionell wird in Klassenstufe 8 die Gattung Drama einführt. Dies wird mit der Entwicklungsstufe der Schüler und Schülerinnen dieses Alters begründet. Der Jugendliche definiert sich in diesem Alter durch die Abgrenzung von der Welt der Erwachsenen, durch den Kontrast und die Spannung mit seiner Umwelt. Die dramatische Literatur entspricht in besonderem Maße der Spannung und der Dynamik dieser Altersstufe.22
Werner Klose verweist in Das Hörspiel im Unterricht auf die große Kluft, welche zwischen Mittelstufenschülern und Mittelstufenschülerinnen auf der einen Seite und dem klassischen Drama auf der anderen Seite besteht. Dieses stimme in keiner Weise mit der Alltagswelt und Erfahrung der Schüler und Schülerinnen überein.23 Um das Drama nicht zu einem reinen Lesestoff verkommen zu lassen und den Sinn für dessen Architektur sowie dessen Pathos zu erhalten, fordert Klose, für die Schüler und Schülerinnen Brücken zu bauen, die diesen den Einstieg in das klassische Drama erleichtern.24 25 Mittlerweile hat sich die Ansicht durchgesetzt, dem klassischen Drama frühzeitig gegenwartsbezogene und der Altersstufe angemessene Formen des dramatischen Spiels vorzuschalten.
An dieser Stelle erschließt sich uns der doppelte Wert des Hörspieles für den Unterricht der Mittelstufe. Zum einen haben wir es hier mit einer Gattung mit eigenem poetischen Wert zu tun, zum anderen können wir durch die Einführung dieser propädeutisch auf das klassische Drama hinwirken.25 So werden sicherlich jedem Schüler und jeder Schülerin die einfachsten dramatischen Merkmale wie Figurenauftritt, das Gespräch der selbigen und der sich aus der Handlung ergebende Konflikt bekannt vorkommen. Dem gattungstheoretische Ansatz der Dramendidaktik folgend, wurden in dieser Unterrichtseinheit einige typische „Strukturelementen“ des Hörspieles Gegenstand des Deutschunterrichtes.26
Durch die Betrachtung der dem Hörspiel eigenen Ausdrucksmittel ist es möglich, den Schülern und Schülerinnen deutlich zu machen, wie die Evokation einer erfundenen Welt im Rezipienten funktioniert. In diesem Zusammenhang ist die Beschäftigung mit dem inneren Monolog oder mit dem Phänomen der Leerstelle zu nennen.27
Ebenso gewinnbringend ist die Beschäftigung mit Geräuschen. Hier kann Fragen nachgegangen werden, wie zur nächsten Szene übergeleitet wird, wie ein bestimmter Raum mit akustischen Mitteln erschaffen wird oder welche Bedeutung die Geräusche hinsichtlich der Handlung (z.B. Hammerschläge S. 42ff) haben. Akustische Wahrnehmungsübungen sensibilisieren die Schüler und Schülerinnen für die Welt der Klänge und Geräusche. Sie nehmen wieder Details war, entdecken die Liebe für das Kleine, scheinbar unscheinbare und nehmen ihre Umwelt genauer und kritischer wahr. Als ebenso ertragreich erweist sich die Sprache selbst. Viele Schüler und Schülerinnen neigen dazu, die Rolle der Geräusche zu über- und die Bedeutung der Sprache zu unterschätzen. Sich mit Sprache, deren Variation und Wirkung auseinanderzusetzen, bringt Erstaunliches zu Tage. Schüler und Schülerinnen lernen auf diesem Wege viel über sich selbst und ihre eigene Ausdrucksweise, werden kompetent in bewusstem und differenzierten Sprachgebrauch. Darüber hinaus wird die Wahrnehmung von Details gefördert. Denn gerade in der heutigen lauten und grellen Gesellschaft gehen viele Feinheiten und die Wahrnehmung dieser verloren. In Sprechhaltungen des Gegenübers Nuancen wahrzunehmen, die etwas über dessen Befindlichkeit aussagen, trägt zur ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung bei, ist es doch eine Voraussetzung zur Empathie. Außerdem darf die Förderung der Fantasie nicht vergessen werden. Wie bereits erwähnt, ist das Hörspiel wie kein anderes Medium in der Lage, dem Rezipienten, in diesem Fall dem Hörer Freiräume für die Ausgestaltung der Erzählung zu bieten. Auch hierin liegt ein wesentlicher Nutzen für unsere Schüler und Schülerinnen, deren Imaginationsfähigkeit durch die modernen Medien so wenig Raum zur Entfaltung belassen wird.28
3.2. Das Schiff Esperanza
Aber nicht nur als Gattung ist Das Schiff Esperanza für uns von großem Wert, sondern auch als literarischer Text. Hierbei kommt uns die grundsätzliche Zugänglichkeit des Werkes zu Gute. Sowohl hinsichtlich seiner Thematik, als auch hinsichtlich seiner sprachlichen und strukturellen Gestaltung empfiehlt sich das Werk als Unterrichtsgegenstand für die Jahrgangsstufe 8. Die Lesemotivation und das Interesse am Text wird bereits in der ersten Szene durch zahlreiche Vorausdeutungen geweckt und im Verlauf des Geschehens durch die spannende Handlung, die Einsträngigkeit des Handlungsgeschehens, die Begrenzung der erzählten Zeit und dem Fokus auf wenige, klar umrissene Charaktere erhalten. Die überraschende Wende gegen Ende der Erzählung fordert zudem zu einer kritischen Stellungnahme heraus und gibt dem Rezipienten die Möglichkeit zum weiterdenken.29
Auf Grund der Deckungsgleichheit der menschlichen Grunderfahrungen mit der Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen scheint eine Beschäftigung mit diesen im Unterricht als durchaus lohnenswert. Betrachtet man den Konflikt zwischen Vater und Sohn, so scheint das Stück geradezu für eine Mittelstufenklasse geschrieben worden zu sein. Zwar befindet sich Axel bereits im frühen Erwachsenenalter, doch könnte ein Teil des Konfliktes, den er mit seinem Vater austrägt, direkt aus dem Leben eines Jugendlichen entlehnt sein. Für viele unserer Schüler und Schülerinnen dieser Altersstufe dürfte die Auseinandersetzung mit ihren Eltern an der Tagesordnung stehen. Oft genug geht es in solchen Konfrontationen um das zukünftige Leben, von welchem Eltern und Kinder häufig völlig konträre Ansichten vertreten. Für die Heranwachsenden sind diese Auseinandersetzung wichtig bei der Suche nach ihrer eigenen Identität, welche alterstufengerecht häufig genug in Abgrenzung zur Welt der Erwachsenen vonstatten geht. Auch werden in solchen Situationen neue Strategien des menschlichen Umgangs getestet.
Aber nicht nur der einfache Generationenkonflikt ist für uns von Wert. Ebenso interessant erweist sich, dass Axel die moralische Einstellung seines Vaters und dessen Handeln kritisiert. Autoritäten sowie deren Handlungen, welche für ein Kind häufig nicht zu hinterfragen sind, werden nun kritisch beleuchtet und kritisiert. Für unsere Schüler und Schülerinnen liegt im kritischen Hinterfragen von Autoritäten, der Herausbildung eigener ethischer Standpunkte sowie der Verweigerung fraglicher (in ethischer Hinsicht) Aufforderungen ein weiterer wesentlicher Gehalt des Stoffes.
Bereits angesprochen wurde, dass sich Heranwachsende in einer Phase der Identitätsbildung befinden. In Abgrenzung zu den Eltern, aber auch durchaus nach eigenen Vorstellungen werden Lebenspläne erstellt. Allerdings trifft dies keineswegs auf alle Jugendlichen zu. In den letzten Jahren scheint eine gewisse Sorglosigkeit unter den Heranwachsenden bezüglich ihrer Zukunft um sich zu greifen. Die Beschäftigung mit dem Lebensentwurf einzelner Personen des Stückes (z.B. Axel, Megerlin) kann für die Schüler und Schülerinnen ein Anreiz sein, über ihre eigenen Lebenspläne nachzudenken oder diese kritisch zu hinterfragen. Schließlich werden ihnen im Sinne eines negativen Beispieles viele Figuren vorgeführt, die drastisch gescheiterte Lebensentwürfe illustrieren. Hierbei ist von Seiten der Lehrperson nicht nur auf deutliches Fehlverhalten der Figuren zu verweisen, sondern ebenso die fatalen Auswirkungen einer Unentschlossenheit ins Licht zu rücken.
Für alle Phasen des menschlichen Lebens von Bedeutung ist das Thema der menschlichen Verfehlungen. Als menschliche Grunderfahrung begleitet es einen Menschen ein Leben lang. Aber nicht alleine das Bewusstsein über die eigene Schuld lässt sich im Schiff Esperanza aufzeigen. In gleichem Maße wird der Umgang mit dieser sowie sich daraus ableitende Konsequenzen thematisiert. Durch das fast durchgängig fehlende Gewissen sowie den recht sorglosen Umgang mit Schuld werden die Schüler und Schülerinnen zur Stellungnahme und dem Entwerfen von Gegenentwürfen aufgefordert. Auch hier ist die Entwicklung ethischer Handlungsweisen gefordert. Die der Handlung innewohnende Inhumanität wirft die Frage nach Menschlichkeit und der Würde des Menschen auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Zusammenhang der inhaltlichen Schwerpunkte des Werkes mit der Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Eignung des Werkes im Schulbetrieb, denn erst „in der Auslegung auf die gegenwärtige Situation gewinnt ein Text oder ein Modell seine aufschließende Kraft“.29
4 Didaktisch-methodische Vorüberlegungen: Handlungs- und Produktionsorientierung
In der Pädagogik ist das Prinzip „learning by doing“ seit langem fest etabliert, die „ästhetische“ bzw. „literarische“ Erfahrung in Ästhetik und Literaturtheorie ein gut eingeführter Begriff. Dies fußt auf dem Wissen, dass Erfahrungen nicht erlernt werden können, sondern gemacht werden, aktiv und produktiv. Das Resultat dieser Erkenntnis ist, wo immer möglich den Schülern und Schülerinnen Gelegenheit zu geben, Erfahrungen zu machen.30 31 32
Der Begriff handlungs- und produktionsorientierte Verfahren vereint zwei verschiedene Herangehensweisen an den Text. Die Verfahren sind handlungsorientiert in Bezug zu allgemeinen schulpädagogischen Konzepten der Selbsttätigkeit. Hierbei spielt die Vorstellung des ganzheitlichen Tuns eine erhebliche Rolle. Kognitive, sinnenhafte und affektive Zugänge sollen miteinander verknüpft werden. Produktionsorientiert sind sie durch die literarisch schreibende Betätigung der Schüler und Schülerinnen mit Texten, die diese gänzlich oder in Teilen erzeugen bzw. Varianten dieser herstellen.32 Damit versteht sich der Begriff als Gegenposition zu der bis Mitte der 80er Jahre im Unterricht vorherrschenden Textanalyse und -Interpretation.33
Zur Geschichte des Ansatzes lässt sich kurz sagen, dass mit der kulturellen Anerkennung des Regietheaters um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert und der Reformpädagogik mit ihrem Ideal des ganzheitlichen Lernens die Grundlagen der Theorie gelegt waren.33
Die literaturtheoretischen Hintergründe bilden Rezeptionsästhetik, konstruktivistische Ansätze, differenztheorethische Überlegungen und die dekonstruktivistische Literaturtheorie. Die Rezeptionsästhetik hat die Annahme zum Mittelpunkt, dass der Sinn eines Textes aktiv vom Leser mitgeschaffen wird.34 Mit handlungs- und produktionsorientierten Verfahren soll diese Mitwirkung an der Bedeutungskonstitution gezielt gefördert werden. Durch Methoden der Konkretisierung füllen die Schüler und Schülerinnen in diesem Zusammenhang Leerstelle, die der Text bietet. Zentral ist in diesem Zusammenhang die Förderung zur Imagination der Schüler und Schülerinnen. Somit geht der Ansatz zugleich über die Textrezeption hinaus, indem auch eigene Standpunkte der Schüler und Schülerinnen ins Spiel kommen und Gegenstand des Unterrichts werden35 Da die konstruktivistische Literaturtheorie nur eine Radikalisierung Rezeptionsästhetik darstellt, soll auf die Erläuterung dieser an dieser Stelle verzichtet werden.36
Differenztheorethische Überlegungen sehen literarische Produkte in Differenz zur Alltagssprache, zur alltäglichen Vorstellungswelt sowie binnenliterarisch in Hinblick auf andere Werke. Kaspar Spinner formuliert hierzu: „Eine Ausdrucksweise erhält ihre Wirkung dadurch, dass sie sich von anderen Ausdrucksmöglichkeiten abgrenzt.“37 Solche Differenzqualitäten werden den Schülern und Schülerinnen am ehesten durch Erproben alternativer Gestaltungsmöglichkeiten ersichtlich.38
Eine grundsätzliche Offenheit literarischer Texte für die Konkretisierung durch den Leser wird neben der Rezeptionsästhetik in der dekonstruktivistischen Literaturtheorie angenommen. Hinzu tritt hier die Annahme, dass literarische Produkte in sich selbst widersprüchlich sind und jede endgültige Deutung verweigern. Dadurch lösen diese einen unendlichen Prozess der Semiose aus. Demzufolge ist das Eingreifen in Texte, das Weiter- und Umschreiben, Verändern, Parodieren, überhaupt eine experimentelle Haltung der Literatur gegenüber, eine logische Folge.39 40
Pädagogisch-psychologisch bewirkte die Diskussion des seit den 70er Jahren aufkommenden Begriffes der Kreativität die Ergänzung der analysierendinterpretierenden Methoden um experimentelle und spielerische Formen.
Eine weitere Grundlage des Ansatzes bildet das analoge Denken. Als Kontrapunkt des analytischen Denkens bezeichnet es einen ikonisch-abbildhaft Zugang zur Welt und bildet die Basis für die Position, dass auch das Malen eines Bildes zu einem Gedicht oder das Schreiben nach dem Modell eines Textes ohne Analyse bereits eine Form der Aneignung und Interpretation des Ausgangsproduktes sein kann. Gerade Schüler und Schülerinnen mit Defiziten im begrifflich-abstrahierenden Bereich können durch solche Methoden gezielt am aktiven Unterrichtsgeschehen beteiligt und gefördert werden. Im Sinne einer gezielten literarischen Bildung darf das analoge Verstehen als wesentlicher Aspekt der ästhetischen Beschäftigung mit Texten nicht vergessen werden.41 Weiterhin versteht sich die Handlungs- und produktionsorientierung als Gegenmodell des fragend-entwickelnden Unterrichts. Diesem soll eine breite Beteiligung, Selbständigkeit und Individualisierung der Schüler und Schülerinnen entgegengestellt werden, wie sie im Modell des offenen, orientierten und ganzheitlichen Unterrichtes bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der Reformpädagogik angedacht wurde. Durch die Individualisierung und das Abrücken von einheitlichen Ergebnissen, wird eine Differenzierung innerhalb der Lerngruppe ermöglicht, eine grundsätzliche Forderung der Didaktik.41 Somit wird der Unterricht vielen Begabungstypen und Fähigkeiten gerecht und erhöht das Interesse und die Einsatzbereitschaft der Schüler und Schülerinnen am Unterrichtsgeschehen teilzunehmen. Da die moderne Konsumwelt die Passivität bei den Heranwachsenden in großem Maße fördert, ist die Eigentätigkeit aktueller denn je.
Durch Selbsttätigkeit in vielfältiger Hinsicht unter Berücksichtigung des Textes werden die Schüler und Schülerinnen dazu angeregt, sich eine lebendige Vorstellung vom Ausgangstext zu verschaffen, sie eignen sich die literarische Vorlage imaginativ an. Es wurde bereits darauf verwiesen, welche Bedeutung dieser Art der Vergegenwärtigung zukommt. Gerade der Konsum der modernen Medien führt dazu, dass die Vorstellungsfähigkeit der Jugendlichen allgemein, in besonderem Maße aber bezüglich gedruckter Sprache äußerst dürftig ist und einer gezielten Förderung bedarf. Denn ohne die Vorstellungsbildung ist ein erfolgreiches Analysieren und Interpretieren literarischer Texte nicht möglich, ist dem Rezipienten der Zugang zum ästhetischen Charakter von Literatur verwehrt.
Leseförderung ist eines der ersten und wichtigsten Ziele eines jeden Deutschunterrichts. Hierbei sollen Kinder und Jugendliche den literarischen Texten mit Neugier und innerer Beteiligung begegnen. Handlungs- und Produktionsorientierung kann dies fördern, in dem sie in einem offenen Unterricht den Schülern und Schülerinnen mehrere Angebote der Betätigung macht, in freier Arbeit einzeln oder in Gruppen mit Texten in Kontakt zu treten. Von besonderer Bedeutung sind hier subjektiv-affektive Zugänge.
Moralisch kritisch zu hinterfragende Handlungen der Figuren, wie sie in unserer Lektüre auftreten, sind eine Gelegenheit die Schüler und Schülerinnen mit Differenzerfahrungen zu konfrontieren. Dies kann auch inhaltlicher wie auch auf formaler Ebene stattfinden. In Auseinandersetzung mit den eigenen Vorstellungen oder Handlungen wird das Ungewöhnliche, Fremde und Überraschende eines Textes ins Bewusstsein gehoben und bildet eine Basis des kritischen Hinterfragens und Begründung der eigenen Position.42 Abschließend sei noch erwähnt, dass handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht auch Modelle für eigenes literarisches Schreiben bieten kann, wobei sich produktionsorientiertes Arbeiten mit schreibdidaktischen Zielen verbindet.43
Nie vergessen darf bei diesen zahlreichen Funktionen des handlungs- und produktionsorientierten Ansatzes, dass er vorrangig auf den literarischen Text gerichtet ist und darauf, dass dieser durch die Auseinandersetzung mit ihm besser verstanden wird.44
Zuletzt soll an dieser Stelle kurz auf eine Gemeinsamkeit des Hörspieles und des Dramas eingegangen werden, nämlich die Notwendigkeit der Realisierung. Natürlich kann ein Drama oder ein Hörspiel gelesen werden, was in dieser Einheit auch ein Bestandteil der Auseinandersetzung mit demselbigen ist. Es jedoch bei dieser Form der Rezeption zu belassen, würde bedeuten, eine bedeutende Dimension des Werkes zu vernachlässigen. Günter Waldmann formuliert dies folgendermaßen: „Dramen zu lesen hat eine Misslichkeit, dass man so in einer Weise mit dem Drama umgeht, für die es eigentlich nicht geschrieben ist.“ Er postuliert daraufhin, möglichst viel im Umgang mit Dramen auf den eigentlichen Zweck dieser Gattung hin zu realisieren.45 Diese Herangehensweise wird vom Dramentext selbst als literarischem Text für seine Rezeption und für sein Verstehen strukturell gefordert und sollte folglich keineswegs rein aus unterrichtstechnisch günstigen Gesichtspunkten gewählt werden.46 Analog gilt dies für das Hörspiel.
5 Bezug zu den Bildungstandards
Handlungs- und Produktionsorientierte Verfahren gehören mittlerweile zu den allgemeinen didaktischen Prinzipien des Deutschunterrichtes,47 48 49 finden sich aber ebenso als zu erlernende Verfahren des Textumgangs und seiner Interpretation in den Konkretisierungen für Klassenstufe 8 im Bereich Sprechen sowie Schreiben und Lesen/Umgang mit Texten und Medien.49
Als allgemeines didaktischen Prinzip führt der aktuelle Bildungsplan neben der Handlungs- und Produktionsorientierung auch den integrierten Unterricht auf.50 Das Hörspiel allgemein, aber Das Schiff Esperanza im Besonderen eignet sich in hervorragender Art und Weise für die Verschränkung von Unterrichtsbereichen und Methoden.50 51 52 Die vorliegende Unterrichtseinheit weist eine enge Verschränkung schriftlicher und mündlicher sowie literarischer und medialer Komponenten auf, wie durch das didaktische Prinzip des integrierten Deutschunterrichtes gefordert.
Allgemein kommt der Sprachkompetenz52 in dieser Einheit eine besondere Rolle zu. An vielen Stellen wurden szenische Verfahren eingesetzt, welche eine Verbalisierung erforderlich machten. Aber auch im allgemeinen Unterrichtsgespräch, welches verschiedene Themen als Gegenstand hatte, mussten sich die Schüler und Schülerinnen artikulieren, argumentieren, miteinander diskutieren, Kritik aufgreifen und konstruktiv Kritik üben.53
Durch die Beschäftigung mit dem Unterrichtsgegenstand und dessen Inhalten sowie deren Aneignung durch produktive- wie handlungsorientierte Verfahren wurde im Sinne der Erweiterung der Wahrnehmungsfähigkeit und der Entwicklung von Empathie auch ein Beitrag zur ganzheitliche Persönlichkeitsbildung geleistet.53 54 55 56 An vielen verschiedenen Stellen des Unterrichts erhielten die Jugendlichen die Gelegenheit ihre Fantasie zu entfalten und Probleme kreativ zu lösen. Sie erkannten und hinterfragten Einstellungen, Verhaltensweisen und Werthaltungen.
Im Bereich Schreiben55 waren es vor allem produktive Verfahren, welche zur Anwendung kamen, um die Schreibkompetenz der Schüler und Schülerinnen zu fördern.56 Inhaltlich, aber auch in gattungstechnischer Hinsicht wurde die Lesekompetenz57 in dieser Einheit in großem Maße bedient. So richtete sich die Auswahl der Lektüre auch nach dem Gesichtspunkt Leseinteresse und Lesefreude zu wecken sowie zu erhalten. Die bei der Interpretation angewandten Verfahren eigneten sich in bester Weise dazu, unterschiedliche Interpretationsansätze textbezogen zu verdeutlichen.
In gleicher Weise wurde vielen Schüler und Schülerinnen durch die Auseinandersetzung mit einer professionellen Vertonung des Werkes ein ihnen vorher völlig unbekanntes Medium sowie der Umgang mit diesem nahegebracht.57 In Form produktiver Auseinandersetzung wurde das Hörspiel als Resultat eines Gestaltungsprozesses verdeutlicht.59
6 Übergreifende Lernziele dieser Unterrichtseinheit
Die Schüler und Schülerinnen
- wenden handlungs- und produktionsorientierte Methoden zur Texterschließung und Interpretation an.
- wissen um den Wert und Nutzen handlungs- und produktionsorientierter Verfahren.
- äußern und belegen am Text globales Textverständnis.
- definieren die Gattung Hörspiel und benennen deren wichtigste Merkmale.
7 Bedingungsanalyse: Bemerkungen zur Klasse 8a
Die Klasse 8a, welche in dieser Zusammensetzung erst seit Beginn des Schuljahres besteht, setzt sich aus 27 Schülern und Schülerinnen, von denen achtzehn weiblich und neun männlich sind, zusammen. Die Schüler und Schülerinnen nehmen meist diszipliniert und konzentriert am Unterricht teil, nur selten sind Ermahnungen von Seiten des Lehrers notwendig. Die Leistungsheterogenität ist in ihrer Streuung nicht größer als in vergleichbaren Klassen. In sozialer Hinsicht pflegt die Klasse einen guten Umgang miteinander.
Ein Schüler in der Klasse ist verhaltensauffällig, beteiligt sich aber in der Regel interessiert und rege am Unterrichtsgeschehen.
Das Klassenzimmer ist asymetrisch geschnitten, was sich bei der Schüler- und Schülerinnenzahl negativ auswirkt. Die Schüler und Schülerinnen sitzen in drei langen Bankreihen hintereinander, welche weit nach vorne bis kurz vor die Tafel reichen. Dies beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit im Klassenraum erheblich.
8 Durchführung der Unterrichtseinheit
8.1 Tabellarische Übersicht über die Einheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
59 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 77.
[...]
1 Waldherr, 2000 S. 52; Spreckelsen 2004, S. 7.
2 Klose 1962, S. 62.
3 Spinner 2003, S. 185; Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 77.
4 Spreckelsen 2004, S. 7.
5 Volkmann 2004, S. 11; An dieser Stelle soll kurz darauf verwiesen werden, dass der Bildungsplan G9 Baden-Württemberg von 1994 das Werk in seinem ausführlichen Lektüreverzeichnis noch verzeichnete, wohingegen das aktuelle Lektüreverzeichnis keinen Verweis auf das Werk mehr enthält. vgl. Bildungsplan für das Gymnasium 1994, S. 821.
6 Klose 1962, S. 59.
7 Ich möchte an dieser Stelle stellvertretend Werner Klose anführen. vgl. Klose 1962.
8 Spreckelsen 2004, S. 2.
9 Scheller 1996; Waldmann 2001.
10 Spreckelsen 2004, S. 2; Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 78.
11 Spreckelsen 2004, S. 3; Hilzinger 2008, S. 369.
12 Spreckelsen 2004, S. 2f.
13 Pleticha 2000, S. 58; Spreckelsen 2004, S. 3f.
14 Spreckelsen 2004, S. 4; Krug 2007, S.3.
15 Everling 1988.
16 Hilzinger 2008, S. 369.
17 Klose 1962, S. 21ff; Spreckelsen 2004, S.5.
18 Waldherr 2000, S. 52; Klose 1962, S. 63f; Klose verweist darauf, dass mehrgliedrige Hörspielhandlungen den Zuhörer verwirren, seine Konzentration und Fantasie überfordern. vgl. Klose 1962, S. 28.
19 Spreckelsen 2004, S. 5f.
20 Klose 1962, S. 34.
21 Spreckelsen 2004, S. 7ff.
22 Klose 1962, S. 59.
23 Klose 1962, S. 60; Klose fordert: „ Tertianer sollen keine klassischen Dramen lesen!“ vgl. Klose 1962, S. 62.
24 Klose 1962, S. 58.
25 Klose 1962, S. 61; Ich möchte an dieser Stelle darauf verweisen, dass sich Reiner Friedrichs in Hörspiele aus der Sicht des Unterrichtspraktikers: Zwischen Rezeptivität und Produktivität entschieden gegen diesen Ansatz ausspricht. So sagt er: „Hörspiele sind spezifische Spielformen des Rundfunks, die eine inhaltliche und medienästhetische Eigenbedeutung haben und nicht propädeutische Funktionen bei der Dramenbehandlung erfüllen.“ vgl. Friedrichs 1982.
26 Bogdal/Korte 2002, S. 178f.
27 Spreckelsen 2004, S. 11f.
28 Zur Förderung der Imagination: Spinner 2003, S. 176.
29 Müller-Michaels 1987, S. 25.
30 Waldmann 2001, S. 142; Günter Waldmann verweist in Produktiver Umgang mit dem Drama auf den Wert der literarischen Eigenerfahrung. vgl. Waldmann 2001, S. 144; Weiter führt er aus, dass die literarischen Erfahrungen nach Möglichkeit verbalisiert und kognitiv erfasst werden sollten. Dennoch hält er fest, dass der entscheidende Lernertrag der Produktion aber bereits in den verschiedenen Erfahrungen liegt, die die Schüler und Schülerinnen durch sie mit Literatur gemacht haben. Weiter erläutert er, dass dieser auch bestehen bleibe, wenn er wenig, kaum, und sogar gar nicht explizit verbalisiert, diskursiv erörtert und kognitiv erfasst wird. vgl. Waldmann 2001, S. 269.
31 Spinner 2002, S. 247.
32 Spinner 2003, S. 175.
33 Bogdal/Korte 2002, S. 181.
34 Haas/Menzel/Spinner 1994, S. 18.
35 Spinner 2003, S. 176; Spinner 1987, S. 604; Haas/Menzel/Spinner 1994, S. 18.
36 Spinner 2003, S. 176.
37 Spinner 2003, S. 176.
38 Spinner 2003, S. 176f.
39 Spinner 2003, S. 177.
40 Spinner 2003, S. 177f.
41 Spinner 2003, S. 178; Haas/Menzel/Spinner 1994, S. 18.
42 Spinner 2003, S. 185f.
43 Spinner 2003, S. 186; Nur am Rande soll hier darauf hingewiesen werden, dass die verschiedenen Vertreter des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichtes in ihren Modellen unterschiedliche Schwerpunkte setzen. vgl. Waldmann 1998, S. 52ff; Spinner 2003, S. 179ff; Spinner 2002, S. 253ff.
44 Waldmann 1998, S. 46; Haas/Menzel/Spinner 1994, S. 23; Scheller 1996, S. 22f.
45 Waldmann 2001, S. 117; Spreckelsen 2004, S. 14f; Bogdal/Korte 2002, S. 181; Scheller 1996, S. 22; Günter Waldmann verweist auch darauf, dass die szenische Erarbeitung von Dramentexten im Gegensatz zur bloßen Analyse und Interpretation ein textadäquateres und hermeneutisches Umgehen mit Dramentexten darstellt. vgl. Waldmann 2001, S. 118.
46 Waldmann 2001, S. 134.
47 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 78.
48 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 82f; Das Erlernen handlungs- und produktionsorientierter Verfahren auch als Methodenkompetenz! vgl. S. 76.
49 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 78.
50 Spreckelsen 2004, S. 15.
51 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 76, 82.
52 Hier ist auch auf die Kommunikative Kompetenz zu verweisen. vgl. Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 77.
53 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 76.
54 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 82f.
55 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 77.
56 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 77, 83.
57 Bildungsstandards für Deutsch 2004, S. 83.
- Quote paper
- Anonymous,, 2010, Das Hörspiel im Unterricht. Fred von Hoerschelmanns "Das Schiff Esperanza" und dessen handlungs- und produktionsorientierte Erarbeitung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505629
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