Diese Bachelorarbeit macht es sich zur Aufgabe, einen Aspekt menschlicher Entwicklung weltweit näher zu betrachten - die Ausbildung von Bindung. Der berühmte deutsche Philosoph Immanuel Kant würde sagen, Kinder kommen zunächst als "Tabula Rasa" - als unbeschriebene, weiße Blätter auf die Welt. Erst im Laufe der Jahre werden genetische Veranlagungen durch Umwelteinflüsse ergänzt, wodurch sich Persönlichkeiten mit individuellen Eigenschaften und Meinungen ausbilden. Betrachtet man die Unterschiede von Kindern aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten, stellt sich die Frage, inwiefern kindliche Entwicklung kulturell beeinflusst wird. Wie sich die markanten Unterschiede der Kindheit auf die spätere Entwicklung auswirken, zeigt sich in der großen Vielfalt der Menschheit. Dies kommt besonders in der Moderne zur Geltung, wenn Menschen aus allen Teilen der Erde zusammentreffen, durch Prozesse der Mobilität, der Globalisierung, der Flexibilität oder durch Fluchtbewegungen.
Die Beschreibung und Etablierung der Bindungstheorie stammt von dem Briten John Bowlby und wurde von der in Amerika geborenen und in Kanada aufgewachsenen Mary Ainsworth ergänzt. Aufgrund der westlichen Herkunft der Forscher stellt sich die Frage, ob die Annahmen der Theorie weltweit haltbar sind, da Kindheiten universell sehr vielfältig verlaufen können. Aus diesem Erkenntnisinteresse ergibt sich folgende Forschungsfrage: "Inwiefern beeinflusst Kultur den Umgang mit Kindern und was bedeutet dies für die Bindungstheorie nach John Bowlby?"
Die Ausbildung von Bindung besteht als universell zu lösende Entwicklungsaufgabe des ersten Lebensjahres. Mit dieser These generalisierte Bowlby das Bedürfnis nach Bindung und damit seine Bindungstheorie zu einer weltweiten Gültigkeit. Seine Beweise stammten von westlichen Erhebungen und von der Beobachtung von Primaten. Er schlussfolgerte, dass Kinder überall Bindungsbeziehungen ausbilden, lediglich die Bindungsqualität "desorganisiert" findet sich sehr selten. Trotz der fehlenden Beweise aus unterschiedlichen Kulturen, erlangte die Bindungstheorie großes Ansehen. Das dazu entwickelte Experiment "die fremde Situation", wurde sogar zur Diagnostizierung für die Psychopathologie von Kindern herangezogen. Transkulturelle Forschungen der Kulturpsychologie eröffneten die Frage, ob die Annahmen der Bindungstheorie über Sensitivität, Normativität und Kompetenz wirklich auf alle kulturellen Kontexte zutreffen.
Inhaltsverzeichnis
- 1) Das Aufwachsen von Kindern in verschiedenen Regionen
- 1.1) Babies in der Mongolei, in Tokyo, in Namibia und den USA.
- 1.2) Erkenntnisleitendes Interesse
- 1.3) Forschungsleitende Frage.....
- 1.4) Bemerkungen zum Forschungsstand
- 1.5) Methodisches Vorgehen
- 2) Erklärung der Aktualität und der Problemstellung.
- 3) Begriffliche Definitionen als gemeinsame Grundlage .....
- 3.1) Thematische Einordnung der Bachelorarbeit zur Ethnopsychoanalyse
- 3.2) Die Anlage-Umwelt-Debatte.
- 3.3) Diskurs zum Kulturbegriff..
- 4) Einführung in die Bindungsforschung
- 4.1) Wurzeln der Bindungstheorie........
- 4.2) Bindungstheorie nach John Bowlby
- 4.3) Die Unterscheidung der Bindungsqualität
- 4.4) Mary Ainsworth und ihre Weiterentwicklungen der „,Bindungstheorie“.
- 5) Kultureller Vergleich zwischen dem Westen und dem Nichtwesten.
- 5.1) Familiäre Organisation
- 5.2) Kommunikation und Sprache.
- 5.3) Erziehungsstile und das Ideal des Kindes
- 5.4) Kulturelle Beispiele in Indien, Peru, Samoa und Amerika
- 6) Die ethnozentrischen Bias in der Forschung.
- 6.1) Eurozentrismus in der Bindungsforschung...
- 6.2) Kritische Betrachtung des Experiments die „Fremde Situation”
- 6.3) Über die universelle Gültigkeit der Bindungstheorie
- 6.3.1) Mütterliche Reaktionen auf die Bedürfnisse ihrer Kindes.
- 6.3.2) Die Ausbildung von Bindung als Grundbedürfnis
- 6.3.4) Kritische Betrachtung der Annahmen der Bindungstheorie.........
- 7) Der Einfluss von Kultur auf das Bindungsverhalten
- 7.1) Bedeutung des kulturellen Umgangs mit Kindern für die Bindungstheorie .
- 7.2) Beschreibung des weiteren Forschungsbedarfs..
- 7.3) Ausblick: Vielfalt als pädagogische Herausforderung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit dem Einfluss von Kultur auf das Bindungsverhalten von Kindern. Sie untersucht, wie verschiedene kulturelle Kontexte die Entwicklung von Bindungsbeziehungen zwischen Kindern und ihren Bezugspersonen beeinflussen können.
- Kulturelle Vielfalt und ihre Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung
- Die Rolle der Bindungstheorie in verschiedenen kulturellen Kontexten
- Kritische Betrachtung des eurozentrischen Bias in der Bindungsforschung
- Die Bedeutung des kulturellen Umgangs mit Kindern für die Bindungsentwicklung
- Der Einfluss von Erziehungsstilen und familiären Strukturen auf die Bindungsqualität
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beschäftigt sich mit dem Aufwachsen von Kindern in verschiedenen Regionen der Welt. Am Beispiel des Dokumentarfilms "Babies" werden Unterschiede in der Kindesbetreuung und -erziehung in der Mongolei, Japan, Namibia und den USA aufgezeigt.
Kapitel 2 erläutert die Aktualität und die Problemstellung der Arbeit, indem es die Bedeutung der kulturellen Einflüsse auf die kindliche Entwicklung hervorhebt.
Kapitel 3 bietet eine begriffliche Grundlage für die Arbeit und definiert wichtige Schlüsselbegriffe wie Ethnopsychoanalyse, Anlage-Umwelt-Debatte und Kulturbegriff.
Kapitel 4 führt in die Bindungsforschung ein und beleuchtet die Wurzeln der Bindungstheorie, die Bindungstheorie nach John Bowlby sowie die Unterscheidung der Bindungsqualität nach Mary Ainsworth.
Kapitel 5 vergleicht den Westen und den Nichtwesten anhand kultureller Faktoren wie familiäre Organisation, Kommunikation und Sprache, Erziehungsstile und das Ideal des Kindes. Kulturelle Beispiele aus Indien, Peru, Samoa und Amerika illustrieren diese Unterschiede.
Kapitel 6 analysiert die ethnozentrischen Bias in der Forschung und beleuchtet den Eurozentrismus in der Bindungsforschung sowie die kritische Betrachtung des Experiments "Fremde Situation".
Kapitel 7 untersucht den Einfluss von Kultur auf das Bindungsverhalten und betont die Bedeutung des kulturellen Umgangs mit Kindern für die Bindungstheorie.
Schlüsselwörter
Kultur, Bindung, Bindungstheorie, Ethnopsychoanalyse, Anlage-Umwelt-Debatte, Eurozentrismus, Erziehungsstil, Familiäre Strukturen, Kindesentwicklung, Kulturelle Vielfalt, Interkultureller Vergleich.
- Quote paper
- Heidi Pichler (Author), 2019, Der Einfluss der Kultur auf das Bindungsverhalten von Kindern. Prüfung der Bindungstheorie von John Bowlby, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504574