Betrachtet man die Gebiete, wo sich das Italienische außerhalb Italiens im Laufe der Jahrhunderte ansiedeln konnte, stellt man fest, daß es hauptsächlich außereuropäische Länder sind, in denen sich noch Elemente des Italienischen in fremden Sprachen finden lassen. Beispielsweise durch Einwanderung wurde die Sprache in Länder wie die USA, Kanada, Australien, Argentinien, Brasilien oder Mexiko getragen. Hier in Europa trifft man Italienisch sonst nur noch in der Schweiz oder in Deutschland an, wo diese Spuren aber auch von Immigration herrühren. Und auch auf Korsika lassen sich noch heute starke Tendenzen zur italienischen Sprache nachweisen. Um diese Mittelmeerinsel, um ihre Geschichte sowie um ihre aktuelle Sprachkontaktsituation im europäischen Gefüge soll es in der vorliegenden Arbeit gehen. Zunächst soll ein Überblick über die gesellschaftspolitisch-historischen Hintergründe auf Korsika geben, verknüpft mit einer Darstellung der sprachgeschichtlichen Entwicklungen und der aktuellen politisch-kulturellen Lage. Im anschließenden Punkt geht es insbesondere um die Sprachkontaktsituation zwischen dem Korsischen und dem Italienischen, welche anhand der Entwicklung des Italienischen auf der Insel und zahlreicher Beispiele verdeutlicht werden soll.
Inhaltsverzeichnis
1 Italienisch außerhalb Italiens – Italienisch auf Korsika
2 Die historischen Hintergründe und die aktuelle Sprach- kontaktsituation auf Korsika
2.1 Historische und sprachhistorische Hintergründe auf Korsika
2.1.1 Geschichtliche Aspekte der Insel
2.1.2 Sprachhistorische Entwicklung auf Korsika
2.1.3 Aktuelle gesellschaftspolitische Situation
2.2 Sprachkontakt Italienisch-Korsisch
2.2.1 Entwicklung des Italienischen auf Korsika
2.2.2 Beispiele italienisch-korsischen Sprachkontakts
2.3 Aktuelle Sprachkontaktsituation auf Korsika
2.3.1 Derzeitige Situation des Korsischen
2.3.2 Momentane Lage des Französischen
2.3.3 Gegenwärtiger Zustand des Italienischen auf Korsika
3 Wichtige Ergebnisse der Untersuchung der aktuellen Sprachkontaktsituation und der historischen Hintergründe auf Korsika
4 Bibliographie.
1 Italienisch außerhalb Italiens – Italienisch auf Korsika
Betrachtet man die Gebiete, wo sich das Italienische außerhalb Italiens im Laufe der Jahrhunderte ansiedeln konnte, stellt man fest, daß es hauptsächlich außereuropäische Länder sind, in denen sich noch Elemente des Italienischen in fremden Sprachen finden lassen. Beispielsweise durch Einwanderung wurde die Sprache in Länder wie die USA, Kanada, Australien, Argentinien, Brasilien oder Mexiko getragen. Hier in Europa trifft man Italienisch sonst nur noch in der Schweiz oder in Deutschland an, wo diese Spuren aber auch von Immigration herrühren. Und auch auf Korsika lassen sich noch heute starke Tendenzen zur italienischen Sprache nachweisen. Um diese Mittelmeerinsel, um ihre Geschichte sowie um ihre aktuelle Sprachkontaktsituation im europäischen Gefüge soll es in der vorliegenden Arbeit gehen.
Zunächst soll ein Überblick über die gesellschaftspolitisch-historischen Hintergründe auf Korsika geben, verknüpft mit einer Darstellung der sprachgeschichtlichen Entwicklungen und der aktuellen politisch-kulturellen Lage.
Im anschließenden Punkt geht es insbesondere um die Sprachkontaktsituation zwischen dem Korsischen und dem Italienischen, welche anhand der Entwicklung des Italienischen auf der Insel und zahlreicher Beispiele verdeutlicht werden soll.
Abschließend wird die momentan herrschenden Sprachkontaktsituationen auf Korsika näher untersucht. Besonders hervorzuheben sind hier die wichtigsten drei Sprachen, nämlich das Korsische, Italienische und Französische.
Von besonderer Wichtigkeit für die vorliegende Arbeit war die noch relativ junge Promotionsarbeit von Christian Jerger: „Zur Korpusplanung einer romanischen Minderheitensprache: Die Wörterbücher des Korsischen und ihre Leistung vor dem Hintergrund von Sprachkontakt und Sprachausbau“ sowie „Langue Corse – Une approche Linguistique“ von Marie-José Dalbera-Stefanaggi.
2 Die historischen Hintergründe und die aktuelle Sprachkontaktsituation auf Korsika
2.1 Historische und sprachhistorische Hintergründe auf Korsika
Die geschichtliche Entwicklung Korsikas ist äußerst vielschichtig und komplex. Als zentral gelegene Mittelmeerinsel war sie ein begehrter Stützpunkt verschiedenster europäischer Nationen. Als Spielball der großen Mächte wurde sie herumgereicht. Diese unstete Vergangenheit hinterließ nicht nur tiefe Spuren im historischen Nationalbewußtsein der Inselbewohner, sondern auch der sprachliche Bereich wurde stark geprägt durch die häufigen Besatzerwechsel.
Im folgenden Punkt soll sowohl die gesellschaftspolitische sowie die kulturell-sprachliche Vergangenheit Korsikas näher betrachtet werden.
2.1.1 Geschichtliche Aspekte der Insel
„Griechen, Römer, Goten, Vandalen, Byzantiner, Sarazenen, Spanier, Pisaner, Genuesen, Franzosen, sogar Deutsche und Engländer: Sie alle haben sich irgendwann auf Korsika blicken lassen und mehr oder weniger lange die Geschichte der Insel und ihrer Bevölkerung geprägt.“ (Nepaschink / Biehusen 1997, 24)
Dieses Zitat umschreibt wohl am prägnantesten die Situation der Insel während der vergangenen Jahrhunderte. Erste Funde auf Korsika lassen sich auf das 7. Jahrtausend v. Chr. zurückdatieren. Bereits ein Jahrtausend später gab es erste Handelskontakte zu Sardinien, der benachbarten Insel. Ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. beginnen die Perioden, die für unser Zeitverständnis besser faßbar sind. Als erste Fremdherrscher kamen die Griechen nach Korsika und gründeten Alalia, die heute noch existierende Stadt Aleria. Von nun an begann ein ständiges Wechselspiel der Besatzungsmächte. 259 v. Chr. wurde Korsika von den Römern erobert, aber die korsische Bevölkerung revoltierte wiederholt gegen die Besatzer. Dennoch konnte die einsetzende Romanisierung nicht verhindert werden und die Insel wurde als Stützpunkt für Handel und Militär genutzt. Im 5. Jahrhundert erreichte die Völkerwanderung die Insel und es kam zu mehrfachem Wechsel der Herrscher – Vandalen, Byzantiner, Germanen. Vom 9. Jahrhundert an breiteten die Sarazenen ihre Schreckensherrschaft über der Insel aus, so daß sich die Bewohner vermehrt ins Inselinnere zurückzogen. „Damit wurde die sich bereits zur Römerzeit andeutende Aufteilung der Insel in zwei Einflußbereiche verstärkt: die Korsen lebten in den Bergen […], während sich die fremden Herrscher der Küstenzonen bemächtigten. (Rother 1982, 68)
Um die Machtspiele auf und um Korsika zu beenden, übergab Papst Gregor VII. 1077 die Insel als Lehen an Pisa. Doch schon bald stritten Pisa und Genua nicht nur um die Handelsmacht im Mittelmeerraum, sondern auch um die Insel Korsika. 1133 wurde Korsika zwischen den Rivalen aufgeteilt. Der genuesische Teil lag bereits annähernd auf dem Gebiet „diesseits der Berge“ (en deça-des-monts) und der pisanische Teil „jenseits der Berge“ (au delà-des-monts), was sich ungefähr mit den heutigen Départements Haute-Corse und Corse du Sud deckt. (Nepaschink / Biehusen 1997, 28) Nach zahlreichen Zwistigkeiten ging Korsika endgültig an Genua über. Es folgten etwa fünf Jahrhunderte unter unruhiger genuesischer Herrschaft. Zum ersten Mal in Berührung mit den Franzosen kam Korsika im 16. Jahrhundert, doch mußten diese im Friedensvertrag von Cateau-Cambrésis auf alle korsischen Ambitionen verzichten. Unter Sampiero, einem korsischen Offizier, entbrannte zum ersten Mal ein Unabhängigkeitskampf gegen die italienische Herrschaft, was zunächst allerdings vergeblich blieb. Doch ab 1730 begann der sog. „Vierzigjährige Krieg“ gegen die Fremdherrschaft; während dieser Zeit zogen wieder viele fremde Herrscher über die Insel, sogar für kurze Zeit ein deutscher Monarch. Besonders tat sich zu jener Zeit ein Mann namens Pasquale Paolo hervor, der neben dem Nationalstaat mit Verfassung auch die Universität von Corte gründete. 1768 verkaufte Genua seine Rechte über Korsika an Frankreich. Die letzten Aufstände der korsischen Bevölkerung konnten bis 1769 niedergeschlagen werden, wodurch nun Korsika zu französischem Territorium wurde. Während der ersten beiden Kaiserreichen unter den Bonapartes erging es Korsika sehr gut, da sich Napoleon I. und III. wohlwollend ihrer Herkunftsinsel annahmen. Der Erste Weltkrieg förderte den Zusammenhalt zwischen Frankreich und Korsika durch die gemeinsam ertragene Not. Im Zweiten Weltkrieg bemächtigten sich erneut die Italiener Korsikas, um es als terra irredenta wieder an die italienische Herrschaft anzugliedern. Doch die Korsen setzen sich heftig gegen die Besatzer zur Wehr, so daß 1943 die Freiheit zurückerlangt werden konnte. Die letzten geschichtlichen Stationen lassen sich schnell zusammenfassen: 1972 wurde Korsika zur 22. Region Frankreichs. Drei Jahre später erfolgte die schon erwähnte endgültige Unterteilung in zwei Départements und 1991 wurde den Korsen per Gesetz eine Erweiterung ihrer Autonomie zugestanden.
Nach diesem skizzenhaften Abriß der Geschichte Korsikas soll nun die Entwicklung in sprachhistorischer Hinsicht folgen.
2.1.2 Sprachhistorische Entwicklung auf Korsika
Wie bereits aus dem geschichtlichen Überblick hervorgeht, sah sich Korsika im Laufe seiner Historie zahlreichen unterschiedlichen Besatzern und somit auch sprachlichen und kulturellen Einflüssen verschiedenster Art ausgesetzt. Über die Sprachen, welche vor den Römern auf Korsika gesprochen wurden, ist nahezu nichts bekannt. Die Romanisierung der Insel begann annähernd gleichzeitig mit der Sardiniens am Ende des Ersten Punischen Krieges (264 – 241 v. Chr.). Jedoch dürften die Fortschritte der Lateinkenntnisse bei der Bevölkerung eher dürftig gewesen sein. Als Korsika durch den Papst an Italien (Pisa) übergeben wurde, erfolgte eine „Umorientierung der korsischen Romanität auf das mittelitalienische Festland“ (LRL 1988, 829). Zur Zeit der Genua-Herrschaft war Korsikas Eingliederung in die italienische Sprach- und Kulturlandschaft vollzogen. Ab dem 13. Jahrhundert wird von den Bildungsschicht Korsikas das „Toskanisch der Florentiner Klassik“ (LRL 1988, 829) gesprochen. „Das gesprochene Hochtoskanisch nach der Art Dantes, Petrarcas und Boccaccios wurde als vornehmere Form des gesprochenen Korsisch angesehen“ (LRL 1988, 829). Das Schriftdach Korsikas läßt sich also als Toskanisch bzw. Italienisch bezeichnen, dies galt als Referenzgröße.
Mit der Herrschaft der Franzosen über die Insel ab dem 18. Jahrhundert kamen die Korsen mit einer zweiten romanischen Sprache in Berührung. Zunächst trat das Französisch nur in administrativen und militärischen Sektoren hervor, doch langsam setzte eine Neuorientierung auch in den kulturellen und sprachlichen Bereichen ein. Daraus ergab sich bald ein Konflikt mit der bisherigen italienischen Sprache auf Korsika. Jedoch war das Französische zu diesem Zeitpunkt die Modesprache auf dem Kontinent, wurde diese Sprache doch inzwischen als Gegentendenz zum Feudalismus und als Motor des Fortschritts angesehen. Langsam konnte sich das Hochfranzösisch gegen das
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- Daniela Scharnagl (Author), 2004, Italienisch auf Korsika: die aktuelle Sprachkontaktsituation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50341
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