Um die Wahrnehmung, die Einstellung und das tatsächliche Kaufverhalten von KonsumentInnen in Bezug auf Handelsmarken zu erforschen, wurden dreizehn Leitfaden-gestützte Interviews geführt. Die Ergebnisse machen deutlich, dass es keine typischen Hersteller- oder Handelsmarken-KäuferInnen gibt, sondern dass, je nach persönlichen Vorlieben und genereller Relevanz beim Einkaufen, situativ zu Gunsten einer bestimmten Marke entschieden wird. In verschiedenen Produktkategorien existieren für ein und dieselbe Person jedoch sehr unterschiedliche Kriterien. Besonders den Bio-Handelsmarken wird eine große Bedeutung zugesprochen, aber auch die sogenannten Billigmarken genießen hohes Vertrauen, was das Preis-Leistungsverhältnis betrifft. Bei hedonistischen Lebensmittelprodukten, wie Süßigkeiten oder Soft-Drinks, besteht für Handelsmarken noch Aufholbedarf.
Eigenmarken des Handels erfreuen sich bei KonsumentInnen zunehmender Beliebtheit. Die Einzelhandelsunternehmen stocken ihr Eigenmarkenportfolio mehr und mehr auf, um auf die Marktanforderungen und die Konsumentenbedürfnisse zu reagieren. Doch unklar bleibt, in welchen Kaufsituationen KonsumentInnen besonders gerne zu Handelsmarken greifen und in welchen Produktgruppen sie diese bevorzugen. Auch der Einfluss der Werbung in Bezug auf Handelsmarkenkäufe wirft Fragen auf, die es zu beantworten gilt.
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung und Forschungsfragen
1.2 Aufbau und Gliederung der Arbeit
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Bedeutung der Marke
2.2 Marken und Emotionen
2.3 Abgrenzung Handelsmarke und Herstellermarke
2.3.1 Handelsmarken aus Herstellersicht
2.3.2 Handelsmarken aus Handelssicht
2.3.3 Handelsmarken aus Konsumentensicht
2.4 Die Kaufentscheidungen von KonsumentInnen hinsichtlich Marken
2.4.1 Kaufprozesse bei KonsumentInnen
2.4.2 Ausprägungen von Kaufentscheidungen
2.4.3 Entscheidungsgrundlagen und -heuristiken
2.5 Die Rolle der Werbung in Bezug auf Markenwahrnehmung
2.5.1 Werbewirkung
2.5.2 Arten und Formen der Werbung
2.5.3 Werbung für Handelsmarken
3 Empirischer Teil
3.1 Dokumentation des Vorverständnisses
3.2 Dokumentation und Begründung der Erhebungsmethode
3.2.1 Interviewleitfaden
3.2.2 Gütekriterien qualitativer Forschung
3.3 Dokumentation und Begründung des Samples/der Fallauswahl
3.4 Durchführung der Erhebung
3.5 Dokumentation der Auswertungsmethoden
4 Darstellung und Analyse der Ergebnisse
4.1 Besondere Relevanz beim Einkaufen
4.2 Bedeutung von Marken
4.3 Bedeutung von Handelsmarken
4.3.1 Einstellung zu Handelsmarken
4.3.2 Kaufsituationen, in welchen für oder gegen Handelsmarken entschieden wird
4.3.3 Kaufmotive für Handelsmarken
4.3.4 Bevorzugte Produktkategorien für Handelsmarken
4.3.5 Wahrgenommene Unterschiede zwischen Herstellermarken und Handelsmarken
4.4 Die Rolle der Werbung
4.4.1 Einstellung zur Werbung
4.4.2 Erwartungen an die Werbung
4.4.3 Einfluss der Werbung auf das persönliche Kaufverhalten
4.4.4 Werbung für Handelsmarken
5 Diskussion und Ausblick
5.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
5.2 Beantwortung der Forschungsfragen
5.3 Kritische Reflexion der Studie
5.4 Implikationen für Praxis und Wissenschaft
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Zusammenfassung
Eigenmarken des Handels erfreuen sich bei KonsumentInnen zunehmender Beliebtheit. Die Einzelhandelsunternehmen stocken ihr Eigenmarkenportfolio mehr und mehr auf, um auf die Marktanforderungen und die Konsumentenbedürfnisse zu reagieren. Doch unklar bleibt, in welchen Kaufsituationen KonsumentInnen besonders gerne zu Handelsmarken greifen und in welchen Produktgruppen sie diese bevorzugen. Auch der Einfluss der Werbung in Bezug auf Handelsmarkenkäufe wirft Fragen auf, die es zu beantworten gilt.
Um die Wahrnehmung, die Einstellung und das tatsächliche Kaufverhalten von KonsumentInnen in Bezug auf Handelsmarken zu erforschen, wurden dreizehn Leitfaden-gestützte Interviews geführt. Die Ergebnisse machen deutlich, dass es keine typischen Hersteller- oder Handelsmarken-KäuferInnen gibt, sondern dass, je nach persönlichen Vorlieben und genereller Relevanz beim Einkaufen, situativ zu Gunsten einer bestimmten Marke entschieden wird. In verschiedenen Produktkategorien existieren für ein und dieselbe Person jedoch sehr unterschiedliche Kriterien. Besonders den Bio-Handelsmarken wird eine große Bedeutung zugesprochen, aber auch die sogenannten Billigmarken genießen hohes Vertrauen, was das Preis-Leistungsverhältnis betrifft. Bei hedonistischen Lebensmittelprodukten, wie Süßigkeiten oder Soft-Drinks, besteht für Handelsmarken noch Aufholbedarf.
Schlüsselbegriffe: Eigenmarken, Handelsmarken, Handelsmarkenkäufe, Konsumentenbedürfnisse, Kaufverhalten, Einkaufen
Abstract
Retail trade brands are becoming increasingly popular with consumers. Retailers are increasingly expanding their own-brand portfolio to respond to market needs and consumer needs. But it remains unclear in which buying situations consumers particularly like to use retail trade brands and in which product groups they prefer them. The impact of advertising on retail trade brand purchases also raises questions that need to be answered.
Thirteen guided interviews were conducted to explore consumer perception, attitudes and buying behavior. The results make it clear that there are no typical manufacturers or retail brand buyers, but that, depending on personal preferences and overall relevance when shopping, a decision is made in favor of a specific brand. In different product categories, however, very different criteria exist for one and the same person. Especially the organic brands are given great importance, but also the so-called cheap brands enjoy high confidence in terms of value for money. In hedonistic food products, such as sweets or soft drinks, there is still a need to catch up with retail trade brands.
Keywords: retail trade brands, retail trade brand purchases, consumer needs, buying behavior, shopping
1 Einleitung
Österreichische KonsumentInnen gaben laut Bericht von The Nielsen Company (2018) im Jahr 2017 für Produkte des täglichen Bedarfs im Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriefachhandel insgesamt 22,7 Milliarden Euro aus. Das waren um 900 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Die vier größten LebensmittelspezialistInnen Rewe, Spar, Hofer und Lidl führen dabei Österreichs Handelsranking an (Sempelmann, 2018). Auch die Entwicklung des Handelsmarkenanteils verläuft positiv (Koppe, 2003, S. 25), was insofern nicht für Verwunderung sorgt, als dass sich das Eigenmarkenportfolio vieler großer Handelsunternehmen stetig vergrößert und Handelsmarken längst nicht mehr den Ruf als Billigmarken genießen (Nessel & Lebok, 2017). Die Grenzen zwischen Hersteller- und Handelsmarken werden immer unschärfer, da es klassischen Herstellermarken einerseits im dichten Markendschungel an einer deutlichen Profilierung fehlt und Handelsunternehmen andererseits zunehmend Erfolge mit der gezielten Vermarktung ihrer Eigenmarken verbuchen können (Esch, 2018, S. 46f.). Laut Konert (2004, S. 241) hat sich auch der Qualitätsvorsprung von Markenprodukten gegenüber Handelsmarken verringert beziehungsweise komplett aufgelöst, wodurch das Vertrauen der KonsumentInnen in Handelsmarken gestiegen ist. Aus der im Auftrag des Markenartikelverbandes (MAV) von StudentInnen der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführten Projektstudie „Meta-Marke“ geht hervor, dass vor allem jüngere Personen kaum zwischen Hersteller- und Handelsmarken unterscheiden können und besonders Premium-Handelsmarken nicht als solche erkennen, sondern als Marken „mit gutem Gewissen“ (Holub, Kamleitner, Mengay & Secka, 2013).
Aus Handelssicht kann berichtet werden, dass sich der Anteil an Eigenmarken im Gesamtsortiment vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2017 kontinuierlich gesteigert hat und mittlerweile bei 33,9 Prozent liegt (Statista, 2018). So bietet beispielweise die Rewe Group 60 verschiedene Eigenmarken, die sich von Diskonter-Marken, wie clever, über Regional-Marken, wie Da komm ich her, bis zu Bio-Marken, wie Ja!Natürlich, und Premium-Marken, wie Merkur Selektion, erstrecken (REWE-Zentral-Aktiengesellschaft, 2018).
Spar hatte bereits im Jahr 2014 einen überdurchschnittlich hohen Eigenmarkenanteil von 39 Prozent. Das Markenportfolio des Handelsunternehmens besteht aus 30 Handelsmarken. Zu den bekanntesten Spar Eigenmarken zählen Spar, S-Budget und Spar Premium, welche unterschiedlich positioniert sind und dies über ihre jeweilige Preiskategorie ausdrücken. Spar Premium steht für hohe Qualität, Spar für qualitativ gleichwertig, aber preisgünstiger als Herstellermarken, und S-Budget gilt als Alternative zu Marken von Diskontern. Das beliebteste Produkt des S-Budget Sortiments ist der Energy-Drink, welcher in seiner Produktgruppe für 60 Prozent des Umsatzes sorgt. Das Unternehmen Spar differenziert seine Eigenmarken jedoch auch nach deren Nutzen, was anhand von Spar NaturPur, Spar Vital oder Spar Enjoy verdeutlicht wird (Wagner, Reisinger & Schwand, 2016, S. 76f.).
Auch die Werbung für Handelsmarken gewinnt zunehmend an Bedeutung. Einerseits wird direkt in den Geschäften oder in Prospekten großflächig für Eigenmarken geworben, andererseits werden Fernseh-, Radio- und Außenwerbung immer professioneller, was daran liegen könnte, dass Handelsunternehmen dieselben kreativen Werbeagenturen beauftragen wie bekannte Herstellerunternehmen (Hurth, 2016, S. 115ff.). Spar wirbt beispielsweise für seine Premiummarke mit dem bekannten Schauspieler Pierce Brosnan, während für Spar NaturPur -Produkte SportlerInnen, wie Schistars des ÖSV-Teams, oder die österreichische Moderatorin Miriam Weichselbraun als Werbe-Ikonen fungieren. Billa hingegen wirbt mit der fiktiven Figur „Hausverstand“ für sein gesamtes Sortiment, für die Eigenmarke Ja!Natürlich mit einem Schweinchen und einer Bergkulisse.
1.1 Zielsetzung und Forschungsfragen
Für jede Zielgruppe scheint es passende Handelsmarken zu geben, doch nicht in allen Produktkategorien konnten sich diese bisher gänzlich etablieren. Im Lebensmittel- sowie im Körperpflegebereich ist die Bedeutung der Eigenmarken insgesamt gestiegen (The Nielsen Company, 2018), doch bei einzelnen Produktgruppen, wie beispielsweise Süßwaren, Bier oder Babynahrung, sind die Eigenmarken-Umsatzanteile noch relativ gering (Hurth & Sievers, 2016, S. 72f.). Häufig wird in der Literatur davon ausgegangen, dass Handelsmarken dann bevorzugt werden, wenn KonsumentInnen persönlich nur schwach in den Kauf involviert sind, wenn der Preisunterschied zu konkurrierenden Herstellermarken besonders hoch ist und/oder keine Loyalität gegenüber diesen besteht (Schwertfeger, 2017, S. 13). Dieser Ansatz wirft jedoch die Frage auf, ob KonsumentInnen bei ein und demselben Einkauf ihre Ansprüche nach Produktkategorien differenzieren, und ob bei manchen Produktgruppen größere Qualitätsunterschiede zwischen Hersteller- und Handelsmarken wahrgenommen werden als bei anderen. Weiters wäre zu klären, ob das kognitive Involvement der VerbraucherInnen und ihre Loyalität gegenüber bestimmten Marken beim Kauf von Lebensmitteln oder Drogerieprodukten je nach Einkaufsdauer, Kaufanlass und Produktkategorien variieren.
Ziel dieser Masterarbeit ist es daher herauszufinden, in welchen Situationen und aus welchen Gründen KonsumentInnen eher zu Handelsmarken beziehungsweise zu Herstellermarken greifen, ob es für sie tatsächlich Unterschiede bezüglich Produktkategorien gibt, und welche Rolle die Werbung bei Konsumentscheidungen zwischen Handels- und Herstellermarken spielt. Konkret sollen durch eine empirische Untersuchung folgende Forschungsfragen beantwortet werden:
„In welchen Situationen kaufen KonsumentInnen bevorzugt Handelsmarken?“
„Welche Gründe/Motive sind maßgebend für diese Kaufentscheidung?"
„Welche Rolle spielt die Produktkategorie für KonsumentInnen bei der Entscheidung zwischen Hersteller- und Handelsmarke?“
„Wie schätzen KonsumentInnen den Einfluss der Werbung auf ihre Konsumentscheidungen (zwischen Hersteller- und Handelsmarken) ein?“
Die Beantwortung der Forschungsfragen gibt ebenso einen Einblick, wie KonsumentInnen das zunehmend große Angebot an Handelsmarken im Lebensmitteleinzel- und Drogeriehandel bewerten, welche Einstellung sie gegenüber Handelsmarken entwickelt haben und welche Handelsmarken besonders in ihren Köpfen etabliert sind.
1.2 Aufbau und Gliederung der Arbeit
Um das Forschungsthema gründlich durchleuchten und die aufgeworfenen, oben genannten Fragen ausführlich behandeln zu können, wird diese Masterarbeit in vier zentrale Bereiche untergliedert. Im ersten Teil (Kapitel 2) werden die bereits bestehenden theoretischen Erkenntnisse und der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Thema Handelsmarken anhand einer Literaturrecherche und -zusammenfassung vorgestellt. Dabei wird die vorhandene Literatur so eingegrenzt, dass nur die für die Studie relevanten Inhalte aufbereitet werden. Die Darstellung der bereits existierenden theoretischen Ansätze soll einen Bezugsrahmen für das aktuelle Forschungsvorhaben bieten und gleichzeitig wichtige thematische Grundlagen liefern (Müller-Seitz & Braun, 2013, S. 130). Über die Thematik der Marke im Allgemeinen wird langsam zur Handelsmarke im Besonderen herangeführt, ehe die unterschiedlichen Klassifizierungen von Handelsmarken und deren Bedeutung für KonsumentInnen, Einzelhandel und Herstellerunternehmen aufgezeigt werden. Um die Handlungsmotive von KonsumentInnen besser nachvollziehen zu können, werden die unterschiedlichen Ausprägungen von Kaufentscheidungen und die zur Entscheidungsfindung häufig angewandten Heuristiken erklärt. Im letzten Abschnitt des Theorieteils wird das Thema Werbung aufbereitet. Dabei werden gängige Arten und Formen der Werbung, die Werbewirkung im Allgemeinen und Werbung für Handelsmarken im Besonderen thematisiert.
Der zweite Teil (Kapitel 3) dieser Arbeit ist dem empirischen Vorgehen gewidmet. Es werden die angewandte Erhebungsmethodik, die Auswahl des Samples, die Durchführung der Erhebung und das Vorgehen bei der Auswertung des erhobenen Datenmaterials beschrieben. Im dritten Teil (Kapitel 4) werden die Ergebnisse der Untersuchung aufbereitet und analysiert. Die daraus entstandenen Erkenntnisse werden im vierten Teil (Kapitel 5) an die bereits bestehende Theorie rückgekoppelt und zur Beantwortung der Forschungsfragen herangezogen. Anschließend wird die Masterarbeit einer kritischen Reflexion unterzogen, ehe sie mit Implikationen für die Praxis und die wissenschaftliche Forschung endet.
2 Theoretischer Hintergrund
Um zu verstehen, warum KonsumentInnen in manchen Situationen und unter gewissen Umständen eher zu Handelsmarken beziehungsweise zu Herstellermarken greifen, bedarf es einer Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zum Markenbegriff im Allgemeinen und zu Handels- beziehungsweise Herstellermarken im Besonderen. Weiters soll mithilfe von bereits gesammelten Daten aus der Literatur erklärt werden, wie Konsumentscheidungen getroffen werden und welche Rolle die Werbung in Hinblick auf Markenwahrnehmung spielt.
2.1 Bedeutung der Marke
Für ein Unternehmen bedeuten Marken einen bestimmten Wert, der weit über den ihrer Grundstücke und Anlagen hinausgehen kann. Dieser Wert baut auf der Loyalität der KundInnen auf, was bedeutet, dass diese eine bestimmte Marke gezielt verlangen und gegenüber allen anderen Marken einer Dienstleistungs- oder Produktkategorie bevorzugen. Um diesen wichtigen Vermögenswert generieren beziehungsweise aufrecht erhalten zu können, sollten Marken und Markenstrategien sorgfältig geplant und entwickelt werden (Kotler, Armstrong, Wong & Saunders, 2011, S. 611).
Laut Mellerowicz (1963, S. 39f.) kann durch die Markierung eines Produktes auf dessen Herkunft beziehungsweise auf dessen Hersteller geschlossen werden. Weiters definiert er Marken als „für den privaten Bedarf geschaffene Fertigwaren, die in einem größeren Absatzraum unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal (Marke) in einheitlicher Aufmachung, gleicher Menge sowie in gleich bleibender und verbesserter Güte erhältlich sind“ (Mellerowicz, 1963, S. 39). Diese merkmalsbezogene Definition bezeichnet Esch (2018, S. 17) als „heute nicht mehr zeitgemäß“, da mittlerweile auch Dienstleistungen, Ideen, Vorprodukte und Personen als Marke in Erscheinung treten können, nicht nur von Herstellern produzierte Fertigwaren. Neuere Definitionen der Marke beziehen sich daher eher auf den rechtlichen Aspekt. Laut §1 des Markenschutzgesetzes 1970 können Marken „alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“
Aus Anbietersicht dient die Marke als Orientierungshilfe, da durch die Kennzeichnung eines Produktes rasch das gewünschte Herstellerunternehmen ermittelt werden kann, wodurch sich die Markttransparenz erhöht (Burmann, Meffert & Koers, 2013, S. 10). Information über die Herkunft und Qualität einer Marke allein sind für KonsumentInnen jedoch nicht mehr ausschlaggebend beim Kauf von Produkten und Dienstleistungen, eine viel größere Rolle spielt ein klares Markenimage, welches konkrete Vorstellungen über eine Marke beinhaltet (Esch, 2018, S. 19).
Laut identitätsbasiertem Ansatz der Markenführung beschreibt das Markenimage aber nur die Außensicht der Marke, die Markenidentität ist jedoch ein duales Konzept, welches sowohl von der Unternehmensseite als auch von der Konsumentenseite betrachtet werden muss (Linxweiler, 2004, S. 96). Die Stärke einer Marke liegt daher in der Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild (Meffert & Bierwirth, 2013, S. 159). Nach Linxweiler (2004, S. 97) wird eine Marke „umso differenzierter und widerspruchsfreier wahrgenommen, je konsistenter, kontinuierlicher und klarer“ die Markenidentität in ihren einzelnen Elementen von Unternehmensseite umgesetzt wird. Die Markenidentität drückt aus, wofür die Marke stehen soll. Sie beinhaltet die „essentiellen und wesensprägenden Merkmale einer Marke.“ (Esch, 2011, S. 81).
Die Markenidentität als Selbstbild eines Unternehmens basiert auf unternehmensinternen, strategischen Überlegungen, während sich das Markenimage als Fremdbild erst über diverse Lernprozesse der Anspruchsgruppen nachhaltig formt (Kapferer & Rominger-Hanauer, 1992, S. 111; Upshaw, 1995, S. 25). Die Markenwerte (Brand Core Values) sind dabei nach Linxweiler (2004, S. 98f.) die Wurzeln der Markenidentität. Karmasin (1993, S. 64ff.) unterscheidet, ausgehend von der Motivationspsychologie, zwischen den kulturellen, sozialen und individuellen Werten. Basierend auf den Ansätzen der Motivationstheorie sowie auf den Ansätzen der kognitiven Wahrnehmungstheorie unterteilt Linxweiler (2004, S. 98ff.) die Markenwerte in sachlich-funktionale, ästhetisch-kulturelle, emotional-motivationale und ethisch-ideelle Werte.
Abbildung 1: Marken-Kernwerte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Linxweiler (2004, S. 99)
„Wer bin ich?“ ist die Frage nach dem „Kern“ der Marke, die von den vier Core Values beantwortet wird. Die sachlich-funktionalen und die ästhetisch-kulturellen Werte sind tendenziell sichtbar, während die emotionalen und ethisch-ideellen Werte innenorientiert und eher unsichtbar sind (Linxweiler, 2004, S. 99ff.). Die sachlich-funktionalen Werte einer Marke, die sogenannten „Grundbedürfnisse“, können relativ schnell imitiert werden, weswegen es für Unternehmen zunehmend wichtiger wird, auf soziale und kulturelle Werte sowie auf Emotionen zu setzen (Aaker, Stahl & Stöckle, 2015, S. 63).
Aaker (1996, S. 85ff.) beschreibt die Markenidentität als eine Zusammensetzung aus Kernidentität und erweiterter Markenidentität. Das darauf aufbauende Markenmodell von Aaker & Joachimsthaler (2009, S. 44) unterteilt die Markenidentität in drei Ebenen, die Essenz der Marke, die Kernidentität und die erweiterte Identität.
Abbildung 2: Markenmodell von Aaker & Joachimsthaler
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Aaker & Joachimsthaler (2009, S. 44)
Die Markenessenz als die innerste Ebene spiegelt die Seele der Marke wider. Da sie langfristig bestehen soll, sollte sie zeitlos formuliert werden. Die Kernidentität umfasst zwei bis vier Assoziationen, die mit einer Marke eng verbunden sind und ebenfalls langfristige Gültigkeit haben sollen. Die erweiterte Identität vervollständigt das Bild, das von einer Marke entstehen soll, um weitere wichtige Elemente, wie beispielsweise das Logo oder die Farbe (Schmidt, 2015, S. 46f.).
Das Markensteuerrad von Esch (2011, S. 101ff.) unterteilt die Markenidentität, analog zur rechten und linken Gehirnhälfte, in eine emotionale und eine rationale Hälfte. Auf der linken Seite stehen die „Hard Facts“ einer Marke, wie ihr Nutzen und ihre Attribute, auf der rechten Seite befinden sich die „Soft Facts“, wie die Markentonalität und das Markenbild. Die Markenkompetenz („Wer bin ich?“) ist im Zentrum des Markensteuerrads positioniert und soll die essentiellen Charakteristika einer Marke beschreiben.
Abbildung 3: Markensteuerrad nach Esch
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Esch (2011, S. 102)
Markenmodelle dienen Unternehmen und ihren MitarbeiterInnen als Orientierung und heben gegenüber den internen Anspruchsgruppen die Bedeutung der Marke als wichtiges Gut hervor (Baetzgen, 2011, S. 105). Welches Markenmodell letztendlich gewählt wird, hängt vom persönlichen Geschmack der UnternehmerInnen ab. Allen Markenmodellen gemein ist, dass sie Leitplanken für markenkonforme Handlungen setzen (Schmidt, 2015, S. 54).
Nach Kapferer & Rominger-Hanauer (1992, S. 111) muss eine Marke zuerst nach den strategischen Vorstellungen im Unternehmen konzipiert werden, ehe ein entsprechendes Markenimage aufgebaut werden kann. Um eine Übereinstimmung zwischen der Markenidentität und dem Markenimage zu erreichen, sollte eine Marke den externen Zielgruppenvorstellungen entsprechend glaubwürdig positioniert werden (Burmann & Meffert, 2013, S. 65f.).
Nach Aufbau der Identität einer Marke folgt in einem nächsten Schritt daher die Positionierung gegenüber den gewünschten Zielgruppen (Schmidt, 2015, S. 54). Laut Schmidlin (2011, S. 81) ist „das übergeordnete Ziel jeder Positionierung [..] die merkwürdige und ertragreiche Alleinstellung einer Marke zur Sicherung ihrer Überlegenheit im Auswahlprozess der Zielgruppe.“ Durch eine gelungene Positionierung wird die eigene Marke von den Marken der Konkurrenz abgegrenzt. Unter der Berücksichtigung relevanter WettbewerberInnen und gegenwärtiger wie zukünftig angestrebter Zielgruppen soll die Markenidentität auf wenige relevante Eigenschaften fokussieren, welche mit der Marke eng verknüpft werden (Esch, 2018, S. 92). Eine gelungene Positionierung resultiert in einem Nutzenversprechen für KundInnen, welches begründet, warum gerade das Produkt dieser bestimmten Marke gekauft werden sollte und kein anderes (Kotler, Keller & Opresnik, 2017, S. 349).
Zu den fünf Gütekriterien der Positionierung einer Marke gehören Einzigartigkeit, Glaubwürdigkeit, Relevanz, Fokus und Kontinuität. Einzigartigkeit bedeutet, dass eine Marke sich von Konkurrenzmarken differenziert, Glaubwürdigkeit, dass die durch die Positionierung bestehenden Ansprüche auch erfüllt werden, Relevanz, dass die (Werbe-)Kommunikationsmaßnahmen zur Marke Beachtung bei KonsumentInnen finden, Fokus, dass eine Marke möglichst einfach dargestellt wird und Menschen kognitiv entlastet anstatt zu belasten, und Kontinuität, dass Marken über Konsistenz und Stabilität im Zeitverlauf verfügen (Schmidlin, 2011, S. 84f.).
Eine klare Positionierung gilt als Voraussetzung für starke Marken. Dabei ist zu beachten, dass die Besonderheiten einer Marke hervorgehoben werden, welche für KonsumentInnen relevant sind und ein Unternehmen von der Konkurrenz abgrenzen. Außerdem sollte die Positionierung langfristig ausgerichtet sein (Esch, 2011, S. 161). Brunner & Wänke (2006, S. 101ff.) führten drei Studien durch, in welchen ProbandInnen verschiedenen Marken bewerten sollten. Diese Marken hatten einige gemeinsame Merkmale, welche entweder positiv oder negativ waren. Die ProbandInnen nahmen in allen Studien eine der Marken als Ausgangspunkt, mit dem sie die anderen Marken verglichen. Gemeinsame Eigenschaften blieben dabei automatisch unberücksichtigt. Nur wenn die Bewertung erst um einiges später, nachdem die Marken verglichen worden waren, erfolgte, wurden auch die gemeinsamen Merkmale miteinbezogen. Nach Brunner & Wänke sind geteilte Eigenschaften leichter abrufbar als einzigartige Merkmale. Gemeinsame Vorteile von Marken werden als „Points-of-Parity“ bezeichnet. Für KonsumentInnen gelten diese in einer Produktkategorie als unerlässlich. „Points-of-Difference“ hingegen sind Merkmale, die mit einer bestimmten Marke assoziiert werden und diese von der Konkurrenz abheben (Kotler, Keller, et al., 2017, S. 355ff.).
In der Literatur finden sich unterschiedliche Positionierungsansätze, die jedoch alle das Ziel verfolgen, eine ertragreiche und merkwürdige Alleinstellung im Wettbewerb zu erreichen. Bei der attributbasierten Positionierung stehen die funktionalen Produkteigenschaften, welche für KonsumentInnen Nutzen stiften oder Probleme lösen, im Vordergrund, während bei einer wertebasierten Positionierung das Selbstbild der KäuferInnen bestätigt werden soll. Bei der motivbasierten Positionierung werden individuelle, oft unbewusste Motive der VerbraucherInnen angesprochen. Die archetypenbasierte Positionierung verbindet tiefenpsychologische Erkenntnisse mit der Mythenforschung und verpackt Informationen in Geschichten und Symbolen, damit diese vom menschlichen Gehirn leichter dekodiert und abgespeichert werden können (Baetzgen, 2011, S. 86ff.).
Nach Aaker et al. (2015, S. 57ff.) müssen Marken zu einem „Must-have“ werden, um sich im Wettbewerb durchzusetzen und ihre „Unique Selling Proposition“ zu sichern. Da funktionaler Nutzen oft relativ leicht kopiert werden kann, sollte die Differenzierung eher auf dem sozialen und emotionalen Nutzen einer Marke liegen. Wie Marken und Emotionen zusammenhängen, wird nachfolgend genauer erläutert.
2.2 Marken und Emotionen
In der Literatur wird emotionale Markenbindung als eine Beziehung zwischen Mensch und Marke beschrieben (Mattenklott, 2007, S. 258). Damit eine Beziehung zwischen Marken und KonsumentInnen aufgebaut werden kann, erhalten Marken von Menscheneine Persönlichkeit (Becheur, Bayarassou & Ghrib, 2017, S. 130). Diese Persönlichkeit basiert auf menschlichen Eigenschaften und wird mit Begriffen, wie Wärme oder Vitalität, assoziiert (Fletcher, Simpson, Thomas & Giles, 1999, S. 72ff.). Im Zusammenhang mit Marken-KonsumentInnen-Beziehungen werden in der Wissenschaft vor allem die psychologischen Zielgrößen Markenbeziehungsqualität, Markenvertrauen und Marken-Commitment diskutiert (Bruhn & Eichen, 2007, S. 237). Markenvertrauen drückt die Bereitschaft von KonsumentInnen aus, sich auf die Funktion einer Marke zu verlassen (Chaudhuri & Holbrook, 2001, S. 82). Marken-Commitment basiert nach Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2001, S. 1238ff.) auf Markenvertrauen und drückt die emotionale Bindung zur Marke aus. Beim kognitiven Marken-Commitment ist vor allem das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit einer Marke von Bedeutung, während beim affektiven Marken-Commitment die Markenwahl von den damit verbundenen Emotionen abhängig ist. Bei einer beziehungsorientierten Markenführung geht es vor allem darum, affektives Commitment zu generieren, da nur bei dieser Art von Commitment eine emotionale Beziehung zu einer Marke besteht (Delgado‐Ballester & Luis Munuera‐Alemán, 2001, S. 1246; Bruhn & Eichen, 2007, S. 245). Eine hohe Markenbeziehungsqualität kommt nach Fournier (1998, S. 363ff.) nicht allein aufgrund positiver Emotionen zustande, sondern hängt von insgesamt sieben Dimensionen ab. Das langfristige Bestehen einer Beziehung stützt sich laut Ergebnissen ihrer Studien auf die affektiven Komponenten Liebe, Leidenschaft und Identifikation mit der Marke, auf die Verhaltenskomponenten Interdependenz und Engagement und auf die unterstützenden kognitive Vorstellungen von Intimität und Qualität der Marke in der Partnerschaft. Nach Fournier (1998, S. 366) sind Markenvertrauen und Marken-Commitment Bestandteile einer langfristigen Marken-KonsumentInnen-Beziehung. Munzinger (2016, S. 73) vergleicht die Liebe zu Marken ebenfalls mit der Liebe zu Menschen, gibt aber zu bedenken, dass Gefühle immer mit Leistung verbunden sind. Eine Liebesbeziehung, die nur auf Attraktivität basiert, wird nicht lange halten. Ebenso wird eine Markenbeziehung nur von kurzer Dauer sein, wenn eine Marke ihr Leistungsversprechen nicht einhält.
Nach Aaker (1996, S. 40ff.) sind die starken Beziehungen zwischen KonsumentInnen und ihren Lieblingsmarken für das Zustandekommens des eigentlichen Markenwerts ausschlaggebend. Der Markenwert hängt laut Keller (1993, S. 2f.) vom Kennen einer Marke ab. Das Kennen einer Marke ergibt sich wiederum aus Markenbekanntheit und Markeimage. Eine Studie von Ansary & Nik Hashim (2017, S. 28f.) zeigt, dass das Markenimage Einfluss auf die Markeneinstellung, das Markenbewusstsein und die Markensympathie von KonsumentInnen hat. Gleichzeitig betonen die beiden Autoren, dass der Markenwert und das Image einer Marke auch von Produkttyp und Mundpropaganda abhängig sind.
Marken prägen das Leben von Menschen bereits ab dem Kleinstkindesalter. Studien haben ergeben, dass in den USA Jugendliche Markenlogos, wie das von Nike oder McDonald´s, besser verstehen als die Symbolik eines kirchlichen Kreuzes (Esch, 2011, S. 8). Aber nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene vertrauen blind auf Marken, die sie teilweise aus ihrer Kindheit kennen oder mit denen sie bereits positive Erfahrungen gesammelt haben (Esch, Diehl & Gawlowski, 2009, S. 4f.).
Nach Esch (2014, S. 9) besitzen starke Marken eine „besondere emotionale Schubkraft“. So wird das Produkt einer beliebten Marke bei Verkostungen, im Rahmen derer der Markenname ersichtlich ist, besser bewertet als bei Blindverkostungen. De Chernatony & McDonald (2003, S. 14f.) berichten beispielsweise, dass die Marken Coca Cola und Pepsi im Rahmen eines Experiments sowohl mittels Blindtest als auch bei Darbietung der Marken verkostet wurden. Während Pepsi im Blindtest etwas besser als Coca Cola abschnitt, war die Marke Coca Cola eindeutige Siegerin, wenn die ProbandInnen wussten, welche Cola-Marken sie probierten. In diesem Zusammenhang wird von einem Halo-Effekt ausgegangen, welcher dann eintritt, wenn einzelne Produkteigenschaften aufgrund des guten Markenimages besser bewertet werden (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013 zitiert in Esch, 2014, S. 9). Eine Neuromarketing-Studie zeigt auf, dass gering emotionale Marken andere Gehirnregionen aktivieren als stark emotionale Marken. Unabhängig vom Bekanntheitsgrad aktivieren hoch emotionale Marken Gehirnregionen, in welchen positive Emotionen ausgelöst werden, während schwach emotionale Marken die Regionen anregen, welche für negative Emotionen zuständig sind (Esch, Möll, Elger, Neuhaus & Weber, 2008, S. 109ff.).
Starke Marken lösen positive Emotionen aus, weswegen bei der Kreation neuer Marken vor allem darauf geachtet werden sollte, in die menschliche Gefühlswelt einzudringen und Erlebnisse zu schaffen (Wala, 2016, S. 149). Nach Gröppel-Klein & Königstorfer (2010, S. 59f.) sind emotionale Markenerlebnisse ausschlaggebend für die Einstellung zu und Bindung an Marken beziehungsweise Unternehmen. Diverse Studien in der Emotionsforschung (Bougie, Pieters & Zeelenberg, 2003, S. 377ff.; Zeelenberg & Pieters, 1999, S. 86ff.; Zeelenberg & Pieters, 2004, S. 445ff.; Louro, Pieters & Zeelenberg, 2005, S. 833ff.) bestätigen, dass emotionale Erlebnisse stärker prägen als bloße Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit einer Marke.
Emotionale Markenerlebnisse können besonders durch Bilder vermittelt werden, welche im Unterschied zu sprachlichen Reizen mit geringerer kognitiver Anstrengung wahrgenommen und verarbeitet werden. Doch um ein ganzheitliches emotionales Konsumerlebnis zu vermitteln, sollten auch zusätzliche Reize, wie Haptik, Duft und Musik, genutzt werden. Bei vielen Marken wird aber beispielsweise das Verpackungsdesign vernachlässigt, was Verpackungen austauschbar erscheinen lässt und wenig zu einer emotionalen Aufladung der Marke beisteuert (Linxweiler, 2004, S. 237f.). Esch (2014, S. 11ff.) geht davon aus, dass starke Marken eine positive Wirkung auf den Preis und die Verkaufsmenge ausüben, was erklärt, warum KonsumentInnen eine unterschiedliche Preisbereitschaft für zwei – bis auf ihre Markierung identische – Produkte aufweisen.
Um die richtigen Erlebniswelten zu schaffen und Emotionen zu wecken, ist es für Unternehmen unumgänglich, auf Konsumentenbedürfnisse einzugehen. Nach Wala (2016, S. 160) können erfolgreiche Marken nur durch ein Eintauchen in die Lebenswelt der KundInnen entstehen. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von „customer-driven“ Marken und „Wir-Marken“.
Im Abschnitt 2.3 wird nachfolgend beschrieben, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zwischen Handels- und Herstellermarken in Hinblick auf Identität, Positionierung und Emotionalisierung gibt.
2.3 Abgrenzung Handelsmarke und Herstellermarke
In der Literatur gibt es unterschiedliche Verwendungen des Begriffes Handelsmarke. Manche AutorInnen verwenden den Begriff Handelsmarke als Gegensatz zum Markenartikel, andere ordnen die Handelsmarke den Markenartikeln unter und verwenden „Herstellermarke“ als Pendant (Schenk, 2001, S. 75). Der Unterschied zwischen Hersteller- und Handelsmarken ist vor allem rechtlicher Natur und besteht darin, dass sich erstgenannte im Eigentum von Herstellerunternehmen und zweitgenannte im Eigentum von Handelsunternehmen befinden. Handelsmarken sind also Eigenmarken des Handels und können, genau wie Herstellermarken, unterschiedlich positioniert sein (Gröppel-Klein, 2005, S. 1117f.). In der vorliegenden Arbeit werden die beiden Begriffe Handelsmarke und Eigenmarke synonym verwendet und der Herstellermarke gegenübergestellt.
Laut Ahlert, Kenning & Schneider (2000, S. 29) wird bei der Positionierung von Handelsmarken zwischen Gattungsmarken, klassischen Handelsmarken und Premiummarken unterschieden. Gattungsmarken, auch als „Discount-Handelsmarken“, „No-Names“ oder „Weiße Produkte“ bezeichnet, sind besonders günstig positioniert, ihre Preise können bis zu 50 Prozent unter denen der Herstellermarken liegen (Bruhn, 2001, S. 13; Gröppel-Klein, 2005, S. 1120; Koppe, 2003, S. 15). Gattungsmarken wurden vor allem als Alternative zu den Angeboten großer Diskonter, wie Hofer, und zur Bindung der KonsumentInnen an bestimmte Einkaufsstätten eingeführt (Ahlert et al., 2000, S. 35). Besonders Anfang der 1970er Jahre waren sie für den Einzelhandel bedeutsam, da sie als wichtiges Verteidigungsinstrument gegen die zunehmende Konkurrenz der Diskonter dienten. Heutzutage werden Gattungsmarken vom Handel als Sortimentsergänzung eingesetzt, um die Preisspanne nach unten möglichst auszudehnen (Dumke, 1996, S. 38). Bis 1976 besaßen Handelsunternehmen nur eine sehr geringe Marktmacht gegenüber den Herstellerunternehmen, was sich änderte, als der Einzelhändler Carrefour seine ersten Gattungsmarken einführte. Diese ließen sich durch einen niedrigen Preis, aber eine schlichte Verpackung und niedrige Qualität kennzeichnen und sorgten zwar für zunehmenden Wettbewerb, nicht aber für ein Qualitätsimage der Handelskette. Carrefour nahm seine Gattungsmarken daher in den 1990er Jahren wieder aus dem Sortiment (Lincoln & Thomassen, 2009, S. 33ff.).
Klassische Handelsmarken werden auch als „Imitationsmarken“, „Gegenmarken“ oder „Me-Too-Marken“ bezeichnet und weisen eine etwas niedrigere Qualität zu einem wesentlich günstigeren Preis als die führende Herstellermarke einer Produktkategorie auf (Ahlert et al., 2000, S. 47; Kapferer & Rominger-Hanauer, 1992, S. 191). Vergleichbar ist die Qualität von klassischen Handelsmarken mit der von Zweit- und Drittmarken der Herstellerunternehmen (Lauer, 2001, S. 27). Wie bei den Gattungsmarken dominiert auch bei den klassischen Handelsmarken der Preis als Kaufentscheidungsmotiv, wobei sich die Produktgestaltung an der vergleichbaren Herstellermarke orientiert (Ahlert et al., 2000, S. 35). Nach Kornobis (1997, S. 245) werden bei den klassischen Handelsmarken drei Generationen unterschieden. Während die erste Generation qualitativ nur mit dem Durchschnitt der Herstellermarken mithalten konnte, messen sich die klassischen Handelsmarken der zweiten Generation an den jeweiligen Marktführerunternehmen. Bei Handelsmarken der dritten Generation handelt es sich um Dachmarken, die ganze Sortimente inkludieren und sich kaum mehr von den führenden Herstellermarken unterscheiden lassen. Sie werden oft von HerstellerInnen produziert, die sich auf Handelsmarken spezialisiert haben und dadurch auf Marketingmaßnahmen, die sich an EndverbraucherInnen richten, verzichten können.
Als die vierte Generation von Handelsmarken werden die Premium-Handelsmarken bezeichnet, welche als innovativ und qualitativ höchstwertig gelten. Premium-Handelsmarken zeichnen sich zusätzlich zur hohen Qualität auch durch ein hohes Preisniveau aus, welches aber trotzdem noch unter dem der führenden Herstellermarke liegt (Ahlert et al., 2000, S. 47; Bruhn, 2001, S. 12). Nach Schenk (2014, S. 128ff.) sind Premium-Handelsmarken analog zu den jeweiligen marktführenden Herstellermarken zu betrachten, da sie sich durch einen betonten Markenauftritt und hohe Qualität charakterisieren lassen und vom Handel ähnliche Maßnahmen der Preis- und Kommunikationspolitik ergriffen werden wie bei Herstellermarken. Hurth & Sievers (2016, S. 48f.) ordnen die Premium-Handelsmarken den Mehrwert-Handelsmarken unter, zu welchen auch zielgruppenspezifische Handelsmarken, wie Bio-Marken, gezählt werden. Durch die Schaffung von Mehrwert-Handelsmarken kann der Handel auf unterschiedliche Marktsegmente eingehen und auf neu entstehende Kundenbedürfnisse relativ rasch reagieren. Nach Lauer (2001, S. 24) wird bei Premium-Handelsmarken keine „Me-too“-Strategie angewendet, viel eher wird auf innovative Produkteigenschaften gesetzt.
Abbildung 4: Positionierung Handelsmarken und Herstellermarken
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn (2001, S. 12)
In Abbildung 4 werden Handels- und Herstellermarken entsprechend ihres Qualitäts- und Preisniveaus positioniert. Im unteren Quadranten links befinden sich die Gattungsmarke und die Diskonthandelsmarke. Sie werden als preisgünstig, aber qualitativ niederwertig eingestuft. Die klassische Handelsmarke ist im oberen Quadranten links angesiedelt und gilt als qualitativ höherwertig und trotzdem preisgünstig. Die klassische Herstellermarke sowie die Zweit- und Dritt-Herstellermarken sind im oberen Quadranten rechts eingezeichnet. Sie sind ähnlich qualitativ hochwertig wie die klassische Handelsmarke, jedoch zu einem etwas höheren Preis erhältlich. Als am qualitativ höchstwertigen, aber auch am teuersten, gilt die Premium-Herstellermarke, dicht gefolgt von der Premium-Handelsmarke. Bei der Positionierung der Handelsmarkentypen geht Gröppel-Klein (2005, S. 1120f.) von drei grundlegenden Strategien aus, der Präferenzmarken-, der Imitationsmarken- und der Discountmarkenstrategie. Bei erstgenannter Strategie wird die Eigenmarke des Handelsunternehmens im Premiumbereich angesiedelt, während die Imitationsmarkenstrategie auf die meisten klassischen Handelsmarken zutrifft. Die Discountmarkenstrategie wird vor allem mit Gattungsmarken verfolgt.
Beim Artikelumfang der Handelsmarken lassen sich nach Ahlert et al. (2000, S. 51f.) die Artikelmarken-, die Warengruppenmarken- und die Sortimentsmarkenstrategie unterscheiden. Bei der Artikelmarkenstrategie wird nur ein Artikel unter der Handelsmarke geführt (z.B. Tandil von Hofer), während bei der Warengruppenmarkenstrategie mehrere Artikel derselben Warengruppe mit einer gemeinsamen Handelsmarke gekennzeichnet werden (z.B. Today von Rewe). Bei der Sortimentsmarkenstrategie werden mehrere Artikel aus unterschiedlichen Warengruppen unter einer gemeinsamen Handelsmarke geführt (z.B. clever von Billa), wobei im Extremfall alle Warengruppen des Handelsunternehmens denselben Handelsmarkennamen tragen. Hurth & Sievers (2016, S. 62) weisen darauf hin, dass Warengruppen- und Sortimentsmarken vor allem dann gut funktionieren, wenn das klare Image eines „guten Preis-Leistungsverhältnisses“ vermittelt werden kann. Wird eine Handelsmarke in Bereiche ausgedehnt, die außerhalb der Kompetenzwahrnehmung dieser Marke liegen, kann der Imagetransfer auch negativ sein. In diesem Zusammenhang wird von einer Überdehnung der Marke gesprochen (Richards, Yonezawa & Winter, 2015, S. 188).
2.3.1 Handelsmarken aus Herstellersicht
Die Produktion von Gütern, welche als Handelsmarken angeboten werden, kann auf unterschiedliche Arten erfolgen, wobei grundsätzlich zwischen der Eigenproduktion und dem Zukauf der Handelsmarken unterschieden wird (Koppe, 2003, S. 83; Hurth & Sievers, 2016, S. 94). Dumke (1996, S. 206) beschreibt die Produktion von Handelsmarken nach dem vertikalen Integrationsgrad der Beschaffung. Dieser ist bei der Eigenentwicklung mit Eigenerstellung am höchsten, während er beim spontanen Einkauf von fremdproduzierten, aber abnehmerspezifisch markierten Gütern sehr gering ist. Teilweise produzieren bekannte Markenherstellerunternehmen ähnliche Produkte in differenzierter Verpackung für bestimmte Handelsunternehmen, wobei oft schwierig zu prüfen ist, ob die Produkte komplett identisch sind oder die Rezeptur abgeändert wurde (Hurth & Sievers, 2016, S. 94). Nach Ochoa & Cervino (2014, S. 41) liegen die Gründe, weshalb die HerstellerInnen bekannter Marken auch Handelsmarken produzieren, in den Economies-of-Scales, in der besseren Zusammenarbeit mit dem Handel sowie in der größeren Verhandlungsmacht. Nach Gröppel-Klein (2005, S. 1125) ist die Produktion von Handelsmarken aus Herstellersicht unter anderem deshalb interessant, weil Kapazitäten besser ausgelastet werden können, sich Kostenvorteile bei der Rohstoffbeschaffung ergeben, Kunden dazugewonnen werden und auch kleinere MarkenherstellerInnen ihre Existenz sichern können. Argumente, welche nach Koppe (2003, S. 95) auf Herstellerseite gegen die Produktion von Handelsmarken sprechen, sind befürchteter Schaden für die eigene Herstellermarke, Transfer von Know-how an HandelspartnerInnen, die Vereinnahmung von Produktionskapazitäten oder ein vom Handel gewünschtes Preisniveau, das nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. In manchen Fällen passt eine Produktion von Handelsmarken aber auch einfach nicht zur Firmenstrategie eines Herstellerunternehmens. Berentzen (2009, S. 350ff.) empfiehlt Herstellerunternehmen, die sich gegen eine Produktion von Handelsmarken entscheiden, in die Stärkung ihrer eigenen Marke(n) zu investieren, eine Direktvertriebsstrategie zu planen, auf Produktinnovation zu setzen, den Preisabstand zu äquivalenten Handelsmarken gering zu halten und unterschiedliche Marken in allen Qualitäts- und Preissegmenten anzubieten.
2.3.2 Handelsmarken aus Handelssicht
Für Handelsunternehmen besteht die Motivation, Eigenmarken zu führen, wie bereits erwähnt, vor allem in der Möglichkeit eine Alternative zu Diskontern anzubieten zu können (Schwertfeger, 2017, S. 16ff.). Kaapke (2015, S. 147) sieht in der Imageverbesserung der Einkaufsstätte ein weiteres Motiv für den Einsatz von Handelsmarken. Da es bestimmte Handelsmarken nur in den Filialen der jeweiligen Handelsunternehmen gibt, suchen KonsumentInnen auch bevorzugt diese Einkaufsstätten auf, sofern sich die Handelsmarke als beliebt und unverzichtbar erweist. Im optimalen Fall kann das Handelsunternehmen durch seine Eigenmarken Kundenbindung erreichen. Gegenüber der Konkurrenz dienen Handelsmarken zur Differenzierung, da sie dem eigenen Angebot eine gewisse Exklusivität verleihen (Ahlert et al., 2000, S. 45). Weiters argumentiert Kaapke (2015, S. 146), dass Handelsunternehmen durch das Führen von Eigenmarken unabhängiger von der Preispolitik der HerstellerInnen agieren können. Ein Ziel ist die Verbesserung der Handelsspannen und somit der Nettoumsatzrenditen, die im Lebensmittelhandel oft nur zwischen ein und zwei Prozent liegen (Ahlert et al., 2000, S. 43; Dumke, 1996, S. 379; Berekoven, 1990, S. 141). Dass Handelsmarken zusätzlich zur größeren Handelsspanne auch zumeist einen Preisvorteil für KundInnen liefern, liegt hauptsächlich in den niedrigeren Marketingkosten und dem Wegfall der Herstellerspanne (Koppe, 2003, S. 11). Nach Ahlert et al. (2000, S. 44f.) können durch das Angebot von Handelsmarken auch einfacher Sortimentsbereinigungen und Sortimentsoptimierungen durchgeführt werden. So können umsatzschwache Herstellermarken aus dem Sortiment genommen beziehungsweise durch Handelsmarken ersetzt werden, um ein Parallelsortiment zu vermeiden und die Verkaufsfläche effizienter zu nutzen. Ahlert & Borchert (2000, S. 54ff.) sehen im Einsatz von Handelsmarken außerdem die Möglichkeit zur drastischen Reduktion der Anzahl an LieferantInnen und damit zur Senkung der Beschaffungskosten.
Während der Anteil der Eigenmarken bei den Vollsortimentern im Einzelhandel stetig wächst, reagiert der Diskonter Hofer allerdings mit einer Gegenbewegung und holt immer wieder neue Herstellermarken in sein Sortiment (Fabry, 2013, o.S.). Somit gleichen sich die Charakteristika von Diskontern und Vollsortimentern mehr und mehr einander an. Grundsätzlich gibt es jedoch Unterschiede zwischen Vollsortimentern und Diskontern. Nach Hurth & Sievers (2016, S. 68f.) verwenden Diskonter anstatt ihrer Händlermarke unterschiedliche Fantasiemarken, „fancy labels“ genannt, welche nach Warengruppen oder Themen geordnet sind. Weitere Charakteristika von Diskontern sind ein begrenztes Sortiment, keine durchgängige Eigenmarkenstruktur über verschiedene Qualitätssegmente, großes Interesse an Innovationen und eine konsequente Produktqualität. Laut Konert (2004, S. 253ff.) wachsen vor allem die Diskonter, welche auf die Innovationen der Markenartikelindustrie setzen, weil nur dadurch weiteres Wachstum erfolgen kann. Genauso wie Diskonter nicht auf Markenartikel verzichten sollen, rät Konert den Vollsortimentern des Einzelhandels, sich nicht zu stark auf Eigenmarken zu konzentrieren, da KäuferInnen dieser recht schnell komplett zu Diskontern abwandern würden.
2.3.3 Handelsmarken aus Konsumentensicht
Für KonsumentInnen ist es nach Kaapke (2015, S. 149f.) schwierig, zwischen klassischen Herstellermarken und Handelsmarken zu unterscheiden. Nach Gröppel-Klein (2005, S. 1125) bestehen die Funktionen von Handelsmarken aus Konsumentensicht unter anderem darin, preisgünstige Produkte zu erwerben, mehrere Produkte zur Auswahl zu haben, eine gleichbleibende Qualität erwarten zu dürfen, eine Angebotsvielfalt vorzufinden und Markenartikel substituieren zu können. Bruhn (2004, S. 33) sieht in Handelsmarken vor allem ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für VerbraucherInnen, das dazu veranlassen soll, Produkte auszuprobieren und bei Zufriedenheit anstatt der bisher bevorzugten Herstellermarken zu kaufen.
Nach Lingenfelder & Lauer (2005, S. 1162f.) nimmt der Erfolg von Handelsmarken zu, wenn die Qualitätswahrnehmung selbiger durch KonsumentInnen steigt, wenn innerhalb einer Produktgruppe nur geringe qualitative Unterschiede zwischen den einzelnen Marken wahrgenommen werden, wenn der Kauf eines Produktes als risikoarm eingestuft wird und wenn die Preissensibilität der KonsumentInnen – vor allem bei großen Preisunterschieden zwischen Hersteller- und Handelsmarke – stark ausgeprägt ist. Auch Becker, Schnittka & Völckner (2014, S. 86) gehen davon aus, dass Handelsmarken besonders erfolgreich sind, wenn das Kaufrisiko niedrig, die Sortimentstiefe gering und das Preisbewusstsein bei den KonsumentInnen hoch ist. Nach Esch (2018, S. 603) können sich Handelsmarken außerdem besonders dann durchsetzen, wenn Produkte bereits am Markt etabliert sind und/oder in einer Produktgruppe keine renommierten Herstellermarken existieren. Doch das rasante Wachstum von Handelsmarken ist auch auf die denen gegenüber zunehmend positivere Einstellung der KonsumentInnen zurückzuführen.
Hurth & Sievers (2016, S. 163f.) beschreiben die Markenidentität der Handelsmarke Balea von dm-drogerie markt nach dem Markensteuerrad von Esch (2011, S. 102).
Abbildung 5: Markensteuerrad nach Esch am Beispiel Balea
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Esch (2011, S. 102) und Hurth & Sievers (2016, S. 163f.)
Dieses Beispiel zeigt, dass die Modelle der Markenidentität (siehe Abschnitt 2.1) sich auf Handelsmarken genauso wie auf Herstellermarken anwenden lassen. Eine Imageanalyse der Handelsmarke Balea im Vergleich zur Herstellermarke Nivea zeigt außerdem, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis von Balea als besser beurteilt wird, während Logo, Farbe und Verpackung schlechter abschneiden als bei Nivea. In puncto Hautverträglichkeit schneidet Nivea besser ab, während die Vielfalt und Umweltverträglichkeit bei beiden Marken gleich eingeschätzt werden. Balea gilt als weniger traditionell, aber gleichermaßen individuell wie Nivea. Beim Beurteilen von Natürlichkeit und Verlässlichkeit schneidet Nivea besser ab (Runia, Wahl & Rüttgers, 2013, S. 43). Nach Hurth & Sievers (2016, S. 165) stimmen das Eigen- und das Fremdbild von Balea überein. Die Marke gilt als vielfältig, individuell und preiswert.
Besonders bei Mehrwert-Handelsmarken beziehungsweise Premium-Handelsmarken ist außerdem zu erkennen, dass die Markenwerte, genauso wie bei starken Herstellermarken, deutlich über die sachlich-funktionale Dimension hinausgehen und oft, wie beispielsweise Ja!Natürlich neben einem ansprechenden Verpackungsdesign (ästhetisch-kulturell) auch emotional-motivationale Werte, wie hohe Qualität, und ethisch-ideelle Werte, wie Verantwortung der Umwelt gegenüber, vermitteln (siehe Abschnitt 2.1).
Abbildung 6: Handelsmarke Ja!Natürlich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Ja! Natürlich Naturprodukte Gesellschaft m.b.H. (2014)
Die Entscheidung, welche und wie viele Handelsmarken im Sortiment angeboten werden, hängt maßgeblich vom Kaufentscheidungsverhalten der KonsumentInnen ab, auf welches in Abschnitt 2.4 näher eingegangen wird.
2.4 Die Kaufentscheidungen von KonsumentInnen hinsichtlich Marken
Um das Kaufentscheidungsverhalten von KonsumentInnen in Hinblick auf Handelsmarken besser verstehen zu können, werden nachfolgend die marktbezogenen Rahmenbedingungen und die unterschiedlichen Arten von Konsumentscheidungen beschrieben.
Laut Esch (2014, S. 25) herrscht ein „Angebotschaos“ an Marken, weswegen es für KonsumentInnen immer schwieriger wird sich zu orientieren und sich nur wenige Marken tatsächlich in ihren Köpfen etablieren. Gründe für die große Markenvielfalt sind die Angebotsanpassung an die immer heterogener werdenden Kundenbedürfnisse, die zahlreichen und immer schneller stattfindenden Produktinnovationen sowie der internationale Wettbewerb. KonsumentInnen brauchen sich nicht mehr auf die Spezifika neuer Produkte einstellen, sondern Produkte müssen den Bedingungen der KonsumentInnen entsprechen, um akzeptiert zu werden. Standardangebote werden zunehmend unbeliebter, vielmehr ist eine individuelle Anpassung an die jeweiligen Bedürfnisse und Geschmäcker gefragt. Der technische Fortschritt ermöglicht eine ständige Verfügbarkeit von kundenspezifischen Informationen, welche von Unternehmen zielgerichtet verwendet und kombiniert werden können (Halfmann, 2014, S. 1f.).
Was die KonsumentInnen selbst betrifft, so wird vermehrt ein hybrides Kaufverhalten bemerkt, was bedeutet, dass sich die Ansprüche und Bedürfnisse ein und derselben Person entsprechend der Situation und dem Anlass verändern und schwierig vorherzusagen sind. Dieses heterogene Kaufverhalten wird unter anderem durch das soziale Umfeld, den Zeitpunkt eines Kaufes und die Produktkategorie bestimmt (Schmalen & Lang, 1998). Vossen und Reinhardt (2003, S. 11) beschreiben die Evolution des Konsumverhaltens, welche durch einen Wandel von konsistenten über hybride und multioptionale KonsumentInnen bis hin zu paradoxen KonsumentInnen charakterisiert wird. Das Konsumverhalten der Vergangenheit war konsistent, was bedeutet, dass Kaufmotive relativ einheitlich waren und KonsumentInnen leicht unterschiedlichen Typen zugeordnet werden konnten. Beim hybriden Konsumverhalten sind verschiedene Verhaltensstile in einer Person vereint, das Kaufverhalten wechselt zwischen mehreren Handlungsprinzipien, ist jedoch innerhalb dieser Hybridität relativ stabil (Liebmann & Zentes, 2001, S. 133f. zitiert in Rennhak, 2014, S. 178ff.). Multioptionalität bedeutet hingegen, dass KäuferInnen gleichzeitig mehrere Handlungsprinzipien verfolgen und sich immer sämtliche Optionen offenhalten. Kaufentscheidungen sind inkonsistent und orientieren sich vor allem an der Erlebnisinszenierung. Für Unternehmen sind multioptionale KonsumentInnen nur noch schwierig einzuschätzen, da ihre Lebensstile stark heterogen sind und sich keine klaren Kaufverhaltensmuster erkennen lassen (Rennhak, 2014, S. 180f.). Liebmann & Zentes (2001, S. 133 zitiert in Rennhak, 2014, S. 182) gehen davon aus, dass zukünftige KonsumentInnen durch (noch größere) Paradoxität gekennzeichnet sein werden. Das würde eine noch stärkere Bewegung des Individuums zwischen Prinzipien und Gruppen bedeuten und sich in einem noch inkonsistenteren Kaufverhalten zeigen. So wird bereits gegenwärtig in verschiedenen Situationen ein paradoxes Verhalten erkannt, wenn KundInnen sich beispielweise über Preisnachlässe freuen und gleichzeitig durch zu viele Rabattaktionen verunsichert sind (Rennhak, 2014, S. 182).
Esch (2014, S. 38ff.) betont die Bedeutung des Phänomens „Smart Shopping“, welches, zusätzlich zu den Variablen Preis und Marke, Einfluss auf das Kaufverhalten übt. „Smart Shoppers“ sind KonsumentInnen, die einen beträchtlichen Zeitaufwand in die Informationssuche investieren und Werbeinformationen nutzen, um beim Kauf von Produkten Geld zu sparen (Mano & Elliot, 1997, S. 504). Im Vergleich zu den sogenannten „SchnäppchenjägerInnen“ möchten „Smart Shoppers“ jedoch nicht „billig“, sondern „clever“ kaufen. Das Preis-Leistungsverhältnis muss sehr gut sein, eine bestimmte (bekannte) Marke rechtfertigt allerdings nicht zwingend einen hohen Preis (Esch, 2014, S. 38f.). Meer (1995, S. 2ff.) unterteilt die KäuferInnen nach Preis- und Markenorientierung und beschreibt vier Käufersegmente: die SystemberaterInnen, die markentreuen KäuferInnen, die SchnäppchenjägerInnen und die nicht-involvierten KäuferInnen. SystemberaterInnen weisen gleichzeitig eine hohe Preissensibilität und ein starkes Markenbewusstsein auf. Sie kaufen bestimmte Marken, jedoch nur dann, wenn es für diese Sonderangebote gibt. Die markentreuen KäuferInnen lassen sich weniger durch höhere Preise vom Kauf der bevorzugten Marken abbringen. SchnäppchenjägerInnen haben schwache Markenpräferenzen, jedoch ein ausgeprägtes Preisbewusstsein. Das bedeutet, dass sie immer zu jenen Marken greifen, welche gerade besonders günstig angeboten werden. Die nicht-involvierten KäuferInnen reagieren äußerst preissensibel und haben kaum Markenpräferenzen. Sie lassen sich von der Gestaltung der Produkte am „Point-of-Sale“ beeinflussen oder kaufen aufgrund von Empfehlungen durch Bekannte oder VerkäuferInnen.
Eine zunehmend große Bedeutung im Marketing wird der Zielgruppe der „LOHAS“ – dieses Akronym steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“ – beigemessen (Halfmann, 2014, S. 10f.). Dabei handelt es sich um KonsumentInnen aus der Mittelschicht, welche die Werte Gesundheit und Nachhaltigkeit in den Vordergrund ihrer Konsumaktivitäten stellen. Die Wertorientierung der LOHAS spiegelt sich in einem „Sowohl-als-auch“ Lebensstil, welcher sich beispielsweise durch „Genuss, aber auch Gesundheit“ oder „modern, aber auch wertebewusst“ ausdrückt (Helmke, Scherberich & Uebel, 2016, S. 1ff.). Für „LOHAS“ ist beim Einkaufen nicht der Preis, sondern die ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit ausschlaggebend (Esch, 2014, S. 41).
Die Nachhaltigkeits- und Umweltorientierung ist bei KonsumentInnen generell gestiegen, was auch das verstärkte Interesse an regionalen und biologischen Produkten im Lebensmitteleinzel- und im Drogeriehandel erklärt (Esch, 2014, S. 38). Die erste Handelsmarke, die in Österreich als Bio-Marke eingeführt wurde, war Ja! Natürlich von Billa. Mittlerweile haben auch weitere Handelsunternehmen, wie Spar, Hofer oder Lidl, mit ihren Bio-Eigenmarken auf das steigende Gesundheits- und Umweltbewusstsein der KonsumentInnen reagiert und verlassen sich auf das eigenständige Image des Kürzels „Bio“, welches mit Umwelt, Natürlichkeit, Qualität und Sicherheit assoziiert wird (Hurth & Sievers, 2016, S. 120; Pittner, 2014, S. 5). Für Bio-EinkäuferInnen ist laut den Ergebnissen einer Studie von Pittner (2014, S. 363) am wichtigsten, dass bei Produkten auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet wird, dass Tiere artgerecht gehalten werden und dass keine künstlichen Pflanzenschutzmittel verwendet werden.
Das individuelle Kaufverhalten wird maßgeblich von persönlichen (z.B. Persönlichkeit, Lebensstil, Involvement), sozialen (z.B. Status, Bezugsgruppen) und kulturellen (z.B. soziale Schicht, Kultur eines Landes) Determinanten bestimmt. Die Persönlichkeit eines Individuums bildet sozusagen den Rahmen, in welchem Verhaltensmuster ablaufen. Werte und Involvement stehen dabei in wechselseitiger Beziehung zur Persönlichkeit (Foscht, Swoboda & Schramm-Klein, 2017, S. 133ff.). Nachfolgend werden ausgewählte Theorien und Ansätze erläutert, welche die oft komplexen Kaufprozesse bei KonsumentInnen zu erklären versuchen.
2.4.1 Kaufprozesse bei KonsumentInnen
Um das komplexe Kaufverhalten zu erklären, werden in der Literatur unterschiedliche Theorien und Ansätze herangezogen. So gibt es neben ökonomischen Theorien, die von rationalem Verhalten bei vollkommener Information mit dem Ziel der Nutzenmaximierung ausgehen, auch verhaltenswissenschaftliche Ansätze (Foscht et al., 2017, S. 21ff.). „Der verhaltenswissenschaftliche Ansatz hat zum Ziel, das Zustandekommen und die Wirkung marketingpolitischer Maßnahmen mit Hilfe verhaltenswissenschaftlicher Konstrukte zu untersuchen […] sowie Techniken zur Steuerung des menschlichen Verhaltens abzuleiten.“ (Schröder, 2012, S. 40). Zu den verhaltenswissenschaftlichen Theorien und Ansätzen gehören unter anderem der Behaviorismus, der Neobehaviorismus und die kognitive Psychologie (Foscht et al., 2017, S. 23f.).
Behavioristische Modelle beschäftigen sich nur mit beobachtbaren Variablen, wie Reizen und Reaktionen, psychische Prozesse werden dabei vernachlässigt (Schröder, 2012, S. 40). Das behavioristische Forschungsparadigma wird Stimulus-Response-Modell (SR-Modell) genannt und konzentriert sich darauf, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Reaktion (R) auftritt, nachdem ein bestehenden Reiz (S) auf einen Organismus gewirkt hat (Foscht et al., 2017, S. 23). Die Psyche der Verbraucherinnen wird als „Black Box“ bezeichnet, die als nicht beobachtbar und nicht messbar gilt (Schneider, 2009, S. 42).
Neo-behavioristische Modelle beziehen auch intervenierende Variablen, wie Motive, Einstellungen und Zufriedenheit ein (Schröder, 2012, S. 40). Nach Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 51ff.) setzen sich die intervenierenden Variablen aus aktivierenden Prozessen, wie beispielsweise Emotionen und Motivation, und kognitiven Prozessen, wie beispielsweise Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis, zusammen und dienen als Grundlage der Kaufverhaltensforschung.
Kognitive Prozesse beinhalten die Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung (Kroeber-Riel & Weinberg, 1996, S. 224; Trommsdorff, Teichert, Köhler & Diller, 2011, S. 212ff.; Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013, S. 307ff.). Entsprechend dem modalen Modell der kognitiven Psychologie (Baddeley, 2000, S. 421) umfasst das sogenannte Dreispeichersystem den sensorischen Informationsspeicher, das Arbeitsgedächtnis und den Langzeitspeicher (Foscht et al., 2017, S. 85). Der sensorische Speicher, der auch Ultrakurzspeicher genannt wird, speichert Sinneseindrücke für einen sehr kurzen Zeitraum. Das Arbeitsgedächtnis wird als Kurzzeitspeicher bezeichnet und verarbeitet die Sinneseindrücke aus dem sensorischen Speicher teilweise weiter, indem es aufgenommene Reize in Informationen umwandelt. Diese neu übernommenen Informationen werden mit bereits in der Vergangenheit erhaltenen Informationen zusammengeführt. Wenn KonsumentInnen beispielsweise in einer Drogerie ein Parfum sehen, greifen sie auf frühere Erfahrungen mit diesem zurück und ordnen das Parfum in bereits existierende Wahrnehmungsschemata ein. Somit wird es möglich, dieses Parfum als bekannt/unbekannt oder als Frauen-/Männerduft einzustufen. Der Langzeitspeicher gilt als Repräsentant des Wissens eines Menschen in Form seines Gedächtnisses (Kroeber-Riel & Weinberg, 1996, S. 225f.).
Abbildung 7: Bezugsrahmen zur Erforschung des Kaufverhaltens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schröder (2012, S. 41)
In Abbildung 7 wird der Bezugsrahmen zur Erforschung des Kaufverhaltens dargestellt. Es gibt die vom Unternehmen kontrollierbaren (wie Standort, Preis, Sortiment oder Kommunikation) und nicht-kontrollierbaren (wie Wettbewerbsmaßnahmen Dritter, Umwelteinflüsse oder situative Faktoren) Stimuli, die im Dreispeichersystem von KonsumentInnen zu Informationen verarbeitet werden. Nach der Informationsverarbeitung zeigen KonsumentInnen unmittelbar beobachtbare Reaktionen, wie die Einkaufsstättenwahl, das Anbringen von Beschwerden und die Kommunikation über und zum Unternehmen, aber auch nicht unmittelbar beobachtbare Reaktionen, wie Emotionen, Motive, Einstellungen oder Zufriedenheit. Die unmittelbar beobachtbaren Reaktionen werden auch im SR-Modell gemessen, die nicht unmittelbar beobachtbaren Reaktionen finden im SOR-Modell zusätzlich Beachtung. Die Reaktionen werden wiederum als Informationen rückgekoppelt. Weiters zeigt der Bezugsrahmen, dass sich die unmittelbar und die nicht unmittelbar beobachtbaren Reaktionen gegenseitig beeinflussen. So hängt beispielsweise das Beschwerdeverhalten (unmittelbar) von der Zufriedenheit (mittelbar) ab. Mit Hilfe dieses Bezugsrahmens gelingt es, die Auswirkung von marketingpolitischen Maßnahmen auf das menschliche (Kauf-)Verhalten zu untersuchen (Schröder, 2012, S. 41).
Kroeber-Riel & Weinberg (1996, S. 49ff.) unterteilen die psychischen Vorgänge von VerbraucherInnen in aktivierende und kognitive Prozesse. Vorgänge, welche mit innerer Erregung und Spannung in Verbindung stehen, werden als aktivierend bezeichnet. Wenn eine Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung stattfindet, handelt es sich um kognitive Prozesse.
Das Kaufentscheidungsverhalten von KonsumentInnen hängt also einerseits von den marktbezogenen Rahmenbedingungen ab, andererseits davon, ob aktivierende oder kognitive Prozesse für einen Kauf ausschlaggebend sind. Im nachfolgenden Abschnitt werden die unterschiedlichen Ausprägungen von Kaufentscheidungen nach dem Grad der kognitiven Beteiligung der entscheidungstreffenden Person und der Komplexität des Kaufes erörtert (Kotler et al., 2011, S. 295ff.; Schneider, 2009, S. 29f.).
2.4.2 Ausprägungen von Kaufentscheidungen
Kotler et al. (2011, S. 295ff.) nennen vier verschiedene Ausprägungen von Kaufentscheidungen, welche vom Grad der persönlichen Involvierung sowie von der Größe der Unterschiede zwischen den angebotenen Marken abhängen. Beim komplexen Kaufverhalten befinden sind KäuferInnen in einer „High-Involvement-Situation“ und müssen zwischen vielen unterschiedlichen Marken wählen. Komplex sind Kaufentscheidungen aber auch, wenn es sich um die Anschaffung von sehr teuren und risikobehafteten Produkten handelt, oder um Produkte, die nur selten gekauft werden. Ein Dissonanz-reduzierendes Kaufverhalten wird durch hohe persönliche Involvierung und geringe Unterschiede zwischen einzelnen zur Auswahl stehenden Marken charakterisiert. In der Nachkaufphase kann bei KäuferInnen die sogenannte Nachkauf-Dissonanz auftreten, welche sich in Form von Unzufriedenheit mit der erworbenen Marke zeigt. Die Gründe dafür können neue positive Informationen über eine der nicht-gekauften Marken oder Mängel bei der gekauften Marke sein. Habitualisiertes Kaufverhalten zeichnet sich durch geringe Involvierung der KäuferInnen und geringe Differenzen zwischen den angebotenen Marken aus. KonsumentInnen greifen aus Gewohnheit immer wieder zu denselben, ihnen bereits bekannten Marken. Schließlich gibt es noch Situationen, in welchen der Grad der persönlichen Involvierung sehr gering ist, die angebotenen Marken sich aber erheblich unterscheiden. In diesem Fall handelt es sich um ein „Variety Seeking“ Kaufverhalten, was bedeutet, dass KonsumentInnen die Marke häufig wechseln.
Abbildung 8: Ausprägungen von Kaufentscheidungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kotler (2011, S. 295)
In der Literatur werden Kaufentscheidungsprozessen außerdem häufig in extensive, limitierte, habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen unterteilt. Das Entscheidungsverhalten von KonsumentInnen wird dabei durch das jeweilige Ausmaß an affektiven, kognitiven und reaktiven Prozessen bestimmt (Gröppel-Klein, 2004, S. 32f.; Schneider, 2009, S. 29f.; Weinberg, 1981, S. 12f.).
Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Kaufverhalten und Involvement
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 463)
Die kognitive Steuerung ist bei extensiven Kaufentscheidungen am höchsten, da sich KonsumentInnen hierbei mit eher komplexen, teuren und als risikoreich empfunden Käufen auseinandersetzen. Bei derartigen Kaufentscheidungen werden mehrere Phasen, nämlich die Anregungsphase, die Suchphase, die Bewertungs- und Auswahlphase, die Kaufaktphase sowie die Nachkaufphase, durchlaufen (Schneider, 2009, S. 29). KäuferInnen vollziehen eine Kosten-Nutzen-Analyse der zur Verfügung stehenden Optionen und entscheiden sich für die Alternative, deren Nutzen im Vergleich zu den Kosten am höchsten erscheint. Dieser Ansatz entspricht auch dem ökonomischen Gedanken der klassischen Haushaltstheorie. KäuferInnen überprüfen die zur Auswahl stehenden Produkte jedoch nicht ganzheitlich, sondern nach einzelnen Produkteigenschaften, denen die größte Bedeutung beigemessen wird (Foscht et al., 2017, S. 169ff.).
Limitierte Kaufentscheidungen weisen dieselben Phasen wie extensive Kaufentscheidungen auf, allerdings in stark verkürzter Form, da KonsumentInnen auf bewährte Entscheidungsmuster zurückgreifen (Schneider, 2009, S. 29). Charakteristisch für limitierte Kaufentscheidungen ist, dass KäuferInnen nur einen begrenzten Ausschnitt aller möglichen Angebotsalternativen, ein sogenanntes „Evoked Set“, berücksichtigen, dass sie auf bewährte Bewertungskriterien zurückgreifen, und dass der Entscheidungsprozess beendet ist, sobald die erste Alternative, die den Ansprüchen genügt, entdeckt worden ist (Foscht et al., 2017, S. 172).
Bei habitualisierten Kaufentscheidungen spielen vor allem reaktive Komponenten eine wichtige Rolle, da KonsumentInnen automatisch zu den ihnen bekannten Marken greifen, sich also ein Entscheidungsmuster bereits im Vorfeld auf Grund von Routine manifestiert hat (Weinberg, 1981 zitiert in Gröppel-Klein, 2004, S. 33). Habitualisiertes Kaufverhalten sichert dem Marketing einen Langzeiteffekt, da sich durch den wiederholten Kauf bestimmter Marken automatisch eine Marken-, Produkt- oder Unternehmensbindung ergibt (Foscht et al., 2017, S. 177).
Bei Impulskäufen ist die affektive Komponente stark ausgeprägt, während kaum eine kognitive Anstrengung vorliegt (Baun & Gröppel-Klein, 2003). Impulskäufe werden auch als Spontankäufe bezeichnet, bei welchen laut Schneider (2009, S. 30) alle der Kaufphase bei extensiven und limitierten Kaufentscheidungen vorangehenden Phasen wegfallen. Nach Foscht et. al (2017, S. 177) sind Impulskäufe ungeplant und gehen zumeist mit starker emotionaler Aufladung einher. Sie werden teilweise durch Persönlichkeitsmerkmale von KonsumentInnen, wie hohe Impulsivität und geringe Reflektivität, begünstigt, können aber auch durch Produktplatzierung und -präsentation von Seiten der AnbieterInnen und des Handels gefördert werden.
In Bezug auf Kaufentscheidungen zu Gunsten von Handelsmarken wird davon ausgegangen, dass KonsumentInnen besonders dann zu diesen greifen, wenn sie einen Kauf als risikoarm beurteilen, wenn die persönliche Involvierung relativ gering, der Preisunterschied zur Herstellermarke aber relativ hoch ist, wenn das Kaufverhalten nicht impulsiv, also eher kognitiv als affektiv, gesteuert wird und geringe oder keine Loyalität gegenüber bestimmten Konkurrenz-Herstellermarken vorhanden ist (Schwertfeger, 2017, S. 13).
KonsumentInnen vereinfachen ihre Kaufentscheidungen gerne, indem sie Faustregeln einsetzen, nach welchen sie Produkte und/oder Marken bewerten und auswählen. Nachfolgend wird auf die sogenannten Entscheidungsheuristiken nach Tversky und Kahneman (1974) eingegangen.
2.4.3 Entscheidungsgrundlagen und -heuristiken
Heuristiken sind einfache Regeln, welche bei komplexen Problemen zur Urteilsbildung und zur Entscheidungsfindung herangezogen werden. Heuristiken führen oft zu richtigen Urteilen, können aber in manchen Fällen auch für Fehlurteile (Bias) ausschlaggebend sein (Pfister, Jungermann & Fischer, 2016, S. 133). Während sich Tversky und Kahneman (1974) hauptsächlich auf die Fehlerquellen der menschlichen Entscheidungsfindung konzentrieren, betonen Gigerenzer und Todd (2000) die Nützlichkeit und den Erfolg von Faustregeln in Entscheidungssituationen. Als die drei klassischen Heuristiken von Tversky und Kahneman (1974) werden die Verfügbarkeitsheuristik, die Repräsentativitätsheuristik und die Verankerungs- und Anpassungsheuristik bezeichnet (Pfister et al., 2016, S. 133).
2.4.3.1 Verfügbarkeitsheuristik
Die Verfügbarkeitsheuristik gilt als ein Prozess, im Rahmen dessen Häufigkeiten geschätzt werden. Ein Ereignis wird als häufig eintretend eingestuft, wenn sich Menschen an ähnliche Ereignisse leicht erinnern können (Tversky & Kahneman, 1973, S. 207ff.).
Werden Personen danach gefragt, ob die Wahrscheinlichkeit höher ist an Magenkrebs zu sterben oder ermordet zu werden, versuchen sie der Verfügbarkeitsheuristik entsprechend Beispiele abzurufen und unterliegen dabei gewissen Verzerrungen, da über Mordfälle verhältnismäßig öfter in den Medien berichtet wird als über Magenkrebs. Statistisch betrachtet ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, an Magenkrebs zu sterben, wesentlich höher (Felser, 2015, S. 177). Nach Kahneman (2016, S. 165f.) gibt es unterschiedliche Ursachen für das Entstehen von Verzerrungen. Einerseits kann das Gedächtnis leichter Geschehnisse abrufen, welche die Aufmerksamkeit besonders vereinnahmt haben, andererseits können aber auch dramatische Erfeignisse die Verfügbarkeit dieser Ereigniskategorien vorübergehend erhöhen. Jemand, der gerade an einem brennenden Auto vorbeigefahren ist, wird Autounfälle als präsenter einstufen als andere, die keinen Unfall beobachtet haben. Außerdem sind Erfahrungen, die Menschen persönlich widerfahren sind, verfügbarer als die Erfahrungen anderer, welche beispielsweise aus den Medien bekannt sind. Für das Marketing bedeutet die Verfügbarkeitsheuristik, dass Marken, die stärker beworben werden, eher gekauft werden, weil sie für KonsumentInnen leichter „verfügbar“ sind (Bak, 2014, S. 79). Nach Kotler, Keller, et al. (2017, S. 230) kann ein in der Vergangenheit erlebtes Produktversagen dafür sorgen, dass für KonsumentInnen auch ein zukünftiges Produktversagen wahrscheinlicher erscheint und sie daher vorsichtshalber zum Erwerb von Produktgarantieren neigen.
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- Quote paper
- Kathrin Stradner (Author), 2019, Wahrnehmung, Einstellung und Kaufverhalten von KonsumentInnen in Bezug auf Handelsmarken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502001
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