Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit den Menschen, welche dem jüdischen Glauben angehören und nach 1945 in Deutschland geblieben, beziehungsweise zurückgekehrt sind. Im Allgemeinen wird sich in der Öffentlichkeit und zum großen Teil auch in der historischen Forschung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten und mit den schlimmen Schicksalen der jüdischen Bevölkerung zur Zeit des zweiten Weltkrieges beschäftigt. Doch was geschah mit den Juden nach dem Ende des Krieges?
In den Schulen wird sich direkt im Anschluss dieses Themas mit den Gründungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik befasst, ebenso wie mit dem kalten Krieg. Doch den deutschen Juden, beziehungsweise den Juden in Deutschland nach der Shoa wird kaum Beachtung geschenkt. Im Laufe dieser Hausarbeit wird klar, welchen Weg, die sich zum Kriegsende in Deutschland befindlichen Juden, für ihre Zukunft gewählt haben und wie einige Konzentrationslager zu dieser Zeit genutzt wurden. Des Weiteren ist es das Ziel der Arbeit, die einzelnen Gruppen der jüdischen Überlebenden aufzuzeigen.
Darüber hinaus soll vor allem ein Hauptaugenmerk auf die Entstehung der Gemeinden gelegt werden. Ebenso mögen die dazugehörigen Hindernisse und Schwierigkeiten herausgearbeitet werden. Eine der wichtigsten Fragen, die es zu klären gilt, ist, ob sich überhaupt nach dem Ende des Holocaust ein jüdisches Leben in Deutschland entwickeln konnte und inwiefern es mit dem jüdisch-religiösen Leben vor der Shoa noch übereinstimmt. Auch müssen die Unterschiede zum einen in der Bundesrepublik Deutschland und zum anderen in der Deutschen Demokratischen Republik auf Hinblick des Aufbaus, der Struktur und der gesamten Entwicklung des jüdischen Lebens Beachtung geschenkt werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Gesamtsituation in den beiden deutschen Staaten nach 1945
Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Die Situation in der Deutschen Demokratischen Republik
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit den Menschen, welche dem jüdischen Glauben angehören und nach 1945 in Deutschland geblieben beziehungsweise zurückgekehrt sind.
Im Allgemeinen wird sich in der Öffentlichkeit und zum großen Teil auch in der historischen Forschung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten und mit den schlimmen Schicksalen der jüdischen Bevölkerung zur Zeit des zweiten Weltkrieges beschäftigt. Doch was geschah mit den Juden nach dem Ende des Krieges? In den Schulen wird sich direkt im Anschluss dieses Themas mit den Gründungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik befasst, ebenso wie mit dem kalten Krieg.
Doch den deutschen Juden beziehungsweise den Juden in Deutschland nach der Shoa wird kaum Beachtung geschenkt.
Im Laufe dieser Hausarbeit wird klar, welchen Weg, die sich zum Kriegsende in Deutschland befindlichen Juden, für ihre Zukunft gewählt haben und wie einige Konzentrationslager zu dieser Zeit genutzt wurden.
Des Weiteren ist es das Ziel der Arbeit die einzelnen Gruppen der jüdischen Überlebenden aufzuzeigen. Doch darüber hinaus, soll vor allem ein Hauptaugenmerk auf die Entstehung der Gemeinden gelegt werden. Ebenso mögen die dazugehörigen Hindernisse und Schwierigkeiten herausgearbeitet werden.
Eine der wichtigsten Fragen, die es zu klären gilt, ist, ob sich überhaupt nach dem Ende des Holocaust ein jüdisches Leben in Deutschland entwickeln konnte und inwiefern es mit dem jüdisch-religiösen Leben vor der Shoa noch übereinstimmt.
Auch müssen die Unterschiede zum einen in der Bundesrepublik Deutschland und zum anderen in der Deutschen Demokratischen Republik auf Hinblick des Aufbaus, der Struktur und der gesamten Entwicklung des jüdischen Lebens Beachtung geschenkt werden.
Die Gesamtsituation in den beiden deutschen Staaten nach 1945
Die Juden aus den Konzentrationslagern, auch „Displaced Persons“ genannt, lebten nach dem Ende der Shoa weiterhin in diesen Lagern, welche mittlerweile in DP-Camps umgewandelt wurden. Die meisten DP-Camps befanden sich in der US-Zone. In diesen Camps herrschte teilweise eine drangvolle Enge, da sich oft mehrere Familien eine Wohnung teilten.
Waren es im Jahre 1946 noch 40.000 „DP´s“ so stieg die Zahl bis 1947 auf 182.000 „DP`s“ an. 140.000 Juden reisten nach erneuten Pogromen in Polen illegal in die drei Westzonen. Dort warteten sie in den Lagern mitunter mehrere Jahre auf Auswanderungsmöglichkeiten, z.B. in die USA oder Israel.1
Damit diese Menschen eine ausreichende Versorgung erhielten, wurden sie von den amerikanischen Juden unterstützt.
„Obgleich das Leben in einem Lager nicht dazu angetan war, die psychischen Folgen der KZ-Lagerschaft möglichst bald zu überwinden, zeugt das kulturelle und soziale Leben in den Camps von einem ungeheuren Optimismus in die Zukunft.“2 Der Optimismus zeigte sich u.a. auch an der hohen Geburtenrate in den Camps.
Das kulturelle Leben blühte vor allen in den Sportvereinen, Volkshochschulen, Schulen, Zeitungen, Theatern und Gesangstruppen auf. Dazu wurden mehrere Religionsschulen und Oberrabbinate gegründet. Es war eine autonome Kultur, welche auf der jüdischen Sprache basierte. Diese Kultur hatte kaum noch etwas mit der deutsch-jüdischen Kultur der 1930er Jahre zu tun.
Mit der Erwartung auf die ersehnte Auswanderung nach Israel entstand die Hachschara-Kibbuzim. Die durch die demokratischen Wahlen gewählten Komitees nahmen die Selbstverwaltung in die Hand. Am 1. Juli 1945 entstand das „Zentralkomitee der befreiten Juden in der amerikanischen Zone“. Bereits im Juni desselben Jahres gab es den „Vereinigten zionistischen Verband“.3 Die Mehrzahl der jüdischen „DP´s“ wünschte sich die Auswanderung nach Palästina oder beziehungsweise und die Gründung eines eigenen jüdischen Staates.
Die antijüdische Palästinapolitik Großbritanniens verhinderte eine baldige Realisierung dieses Vorhabens. Als jedoch 1948 der Staat Israel gegründet wurde, hatte das Lagerleben ein Ende.
Vom April bis zum Oktober 1949 ging die Zahl der jüdischen „DP´s“ von 165.000 auf 30.000 zurück. 1952 waren es nur noch 12.000 osteuropäische oder deutsche Juden. Sie bildeten die Keimzelle für die wiederentstehenden jüdischen Gemeinden in Deutschland.4
Das Umfeld, in dem diese Gemeinden sich bildeten, war trotz des allgemeinen Entsetzens über die Gräueltaten, welche die Nazis in den Konzentrationslagern verübt hatten, keineswegs sehr judenfreundlich.
Führende Politiker waren zwar gegen jede Art des Antisemitismus, aber viele Juden die in ihre alte Heimat zurückkehrten, machten leider andere Erfahrungen. Trotz der Shoa und der Kenntnis darüber, war der Antisemitismus unter ihren deutschen Mitbürgern ungebrochen.
Die Propaganda und die Erziehung des Nationalsozialismus wirkten weiterhin, da 30% bis 40% der deutschen Bevölkerung immer noch extrem judenfeindlich eingestellt waren.5
Viele der Deutschen hatten aufgrund ihres Verhaltens gegenüber ihren ehemaligen jüdischen Mitbürgern ein schlechtes Gewissen, jedoch rechneten sie es mit ihrem eigenen Schicksal auf.
Die immer noch in den Köpfen hartnäckig festgesetzte Sichtweise über die antijüdischen Stereotypen wurden trotz der, durch die Deutschen, verübten Morde an Millionen von Juden keineswegs korrigiert oder aufgehoben.
Die Debatte um Wiedergutmachung und das Wiederauftreten ehemaliger Nationalsozialisten in der Politik und in der Kultur brachten einige antisemitische Äußerungen und Bekundungen mit sich. So kam es beispielsweise auch zu Beifallsbekundungen, als Veit Harlan, eine ehemalige nationalsozialistische Kulturgröße, von der Schuld freigesprochen wurde.
Nach 1945 bildeten sich einige jüdische Gemeinden. Dies hatte sich jedoch so ergeben und waren nicht das Produkt einer bewussten Entscheidung zur Fortsetzung beziehungsweise Neugründung jüdischer Existenz in Deutschland.
Selbst 10 bis 15 Jahre später, als eine Etablierung ansatzweise stattgefunden hatte, rechnete man nicht damit, dass das jüdische Leben in Deutschland eine Zukunft hatte. Die jüdischen Gemeinden in Deutschland wurden als aussterbende Restgemeinschaft verstanden.
Es gab keine Kontinuität mit den jüdischen Gemeinden Deutschlands vor 1941.6 „Die deutschen Juden waren unwiderruflich vertrieben oder ermordet worden, ihre Kultur wurde mit ihnen ausgelöscht.“7
Die jüdische Bevölkerung war seit 1945 gekennzeichnet durch starke Fluktuation, Überalterung und ständige Migrationsprozesse.8
Bis 1989 waren die Juden in den beiden deutschen Staaten durch ihre unterschiedliche Entwicklung sehr geprägt. So gab es nach dem Fall der Mauer 30.000 jüdische Gemeindemitglieder in der BRD, wo hingegen es in der DDR nur noch 350 Juden, welche den Gemeinden angehörten, gab.9
2007 gab es 110.000 Mitglieder jüdischer Gemeinden in Deutschland.10
Die wenigen Überlebenden und Rückkehrer aus dem Exil befanden sich nun in einer veränderten Lage und mussten gemeinsam mit den jüdischen „Displaced Persons“ aus dem östlichen Europa einen Neuanfang finden. Das öffentliche Gesicht der Gemeinde wird immer weniger von den deutschen Juden bestimmt. Prägten vor 1933 die liberalen Juden, welche aus der Reform im 19. Jahrhundert entstanden sind, das allgemeine Bild, so prägten nun nach 1945 vor allem die orthodoxen Juden, welche vorrangig aus Polen stammten, das religiöse Gemeinschaftleben.11
In Israel und in den USA gab es viele nicht religiöse - oder gar ganz säkulare Juden. Trotzdessen gab es einen jüdischen Kern, welcher deren Traditionen durch die Lehren und die Praxis weitergab. Im damaligen Deutschland gab es diesen Kern nicht und dieser Zustand war nur schwer religiös sowie kulturell zu bewältigen.
Die jüdische Gemeinde war eine aussterbende Restgemeinschaft, welche sich 1945 aus drei Gruppen zusammensetze. Die größte Gruppe bestand aus 12.000 Ehepartnern aus den „privilegierten Mischehen“, 8.000 Menschen aus den Konzentrationslagern und 3.000 Menschen, welche in Verstecken, Untergründen oder damals unter falscher Identität lebten.12 Spannungen blieben in dieser neuen Gemeinschaft natürlich nicht aus.
Im Allgemeinen hatte diese neue jüdische Gemeinschaft eher einen provisorischen Charakter, da sie von den internationalen jüdischen Organisationen ausgegrenzt wurden beziehungsweise überhaupt ihre Berechtigung zu existieren umstritten war.
Viele Juden wanderten aus den „DP-Camps“ aus, jedoch blieben auch 12.000, welche zu krank oder alt waren beziehungsweise auf eine neue Existenz in Deutschland hofften.13
Mit dem Wiedergutmachungsgesetz und den Restitutionsgeldern kehrten 5% der aus Deutschland geflüchteten Juden zurück. Zum größten Teil waren es ältere Juden oder welche, die in Israel nicht sesshaft werden konnten.
Auch einige bekannte Künstler, Wissenschaftler und Politiker kehrten zurück. Unter ihnen waren zum Beispiel Ernst Deutsch, Fritz Kortner, Max Horkheimer, Theodor Adorno, Ernst Fraenkel und Herbert Weichmann.
Im Jahr 1952 tendierte man in der tagenden Rabbiner-Konferenz in die liberale Richtung. In den Gemeinden herrschte ein liberaler Gottesdienst vor, da man der Trennung zwischen Männern und Frauen keinerlei Beachtung schenkte.14
Eine Stärkung der orthodoxen Tradition fand erst in die 1960er Jahren und mit neuer Synagoge statt.
In der Mehrzahl der jüdischen Gemeinden verzichtete man auf den Einbau einer Orgel. Das einst von Deutschland ausgehende Reformjudentum hatte in naher Zukunft nur geringe Entwicklungschancen.
„Der insulare Charakter, der für die jüdischen Gemeinden in Deutschland typisch ist, beeinträchtige eine Weiterentwicklung sowohl des orthodoxen wie des religiös-liberalen-Judentums in Deutschland.“15
Die nachwachsende Generation lehnte es entschieden ab als „deutsche Juden“ betitelt zu werden. Sie definierte sich als „Juden in Deutschland“.
Es gab eine starke Identifizierung mit Israel. Daher plagte einige das schlechte Gewissen, da sie im Land der Mörder lebten.
Die Jewish Agency forderte im August 1950 in einem Ultimatum, dass alle Juden in Deutschland binnen sechs Wochen ihre Koffer packen und Deutschland verlassen sollten. Schon bereits im Juli des Jahres 1948 äußerte sich der jüdische Weltkongress sehr eindeutig, dass sich niemals wieder ein Jude „auf dem blutgetränkten deutschen Boden ansiedeln“ sollte.16 Die Abneigung und Voreingenommenheit gegenüber den Juden, welche in Deutschland lebten, blieb auch in den folgenden Jahrzehnten bestehen. Diese Forderungen und Sichtweisen verstärkten natürlich die allgemeinen Schulgefühle der jüdischen Gemeindemitglieder in Deutschland.
Aber auch innerhalb der Gemeinden blieb die vorherrschende Inhomogenität ein größeres Problem. Die Juden in Deutschland fanden sich häufig in Großstadtgemeinden zusammen. Jedoch gab es auch Mitglieder, welche quer über ländliche Gegenden verteilt waren. Hinzu kam, dass auf dem Land lebende Mitglieder oft von den Deutschen isoliert waren.
Die oben erwähnten Gemeinden und deren Mitglieder verstanden sich und ihr Zusammenkommen oft als eine Art der „Interessengesellschaft der Geschädigten“.17 Denn außer in dem Überstehen und im Überleben der grausamen Kriegsjahre hatten sie wenig gemeinsame Punkte, welche das Judentum betreffen.
Die meisten Überlebenden der „deutschen“ Restgruppen standen dem Judentum in ihrem Innersten eher fern, da zum Beispiel oft der Rest ihrer Familie oder ihre Partner und Partnerinnen dem christlichen Glauben angehörten, sie jedoch trotzdem in das jüdische Gemeindeleben mit integriert werden sollten.18
[...]
1 Vgl. Herzig, Arno: Jüdische Geschichte in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Aufl., München 2002, S. 262.
2 Ebenda, S. 262.
3 Vgl. Ebenda, S. 263.
4 Vgl. Herzig, Geschichte, S. 263.
5 Vgl. Ebenda, S. 263.
6 Vgl. Herzig, Geschichte, S.270.
7 Herzig, Arno/ Rademacher, Cay (Hrsg.): Die Geschichte der Juden in Deutschland. Bonn 2008, S. 238.
8 Vgl. Ebenda, S. 238.
9 Vgl. Ebenda, S. 238.
10 Vgl. Ebenda, S. 238.
11 Vgl. Ebenda, S. 238.
12 Vgl. Herzig/ Rademacher, Geschichte, S. 239.
13 Vgl. Ebenda, S. 240.
14 Vgl. Herzig, Geschichte, S. 273.
15 Herzig, Geschichte, S. 273.
16 Vgl. Ebenda, S. 271.
17 Vgl. Ebenda, S. 272.
18 Vgl. Ebenda, S. 272.
- Quote paper
- Julia Waize (Author), 2015, Jüdische Diaspora. Jüdisches Leben in Deutschland nach Ende des zweiten Weltkrieges 1945, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501861
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