Seit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25.5.2018 besteht erhöhte Unsicherheit im Hinblick auf die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet. Man findet Schlagzeilen wie "DSGVO und das Ende der Fotografie – ein Stresstest", "Das Ende der freien Veröffentlichung von Personenbildnissen" oder "DSGVO: Datenschutz als Bedrohung für Journalisten". Hintergrund ist die Besorgnis, dass die DSGVO die bisherigen Regelungen des Kunsturhebergesetzes (KUG) verdrängt. In dieser Arbeit wird untersucht, ob dies tatsächlich der Fall ist.
Dazu werden zunächst die wichtigsten Regelungen des KUG und der DSGVO im Hinblick auf die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet vorgestellt. Im Anschluss wird auf das Verhältnis der beiden Vorschriften näher eingegangen und es wird untersucht ob das KUG weiter Anwendung findet oder ob es von der DSGVO verdrängt wird. Dabei werden auch Handlungsempfehlungen für die zukünftige Vorgehensweise gegeben. Im Ergebnis findet das KUG für journalistische, wissenschaftliche, literarische und künstlerische Zwecke durch die Öffnungsklausel in Art. 85 Abs. 2 DSGVO weiterhin Anwendung. Allerdings ist unklar, ob Art. 85 Abs. 1 DSGVO dies auch für die sonstigen Zwecke ermöglicht. Das kann insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, die Nutzung von sozialen Netzwerken für Vertriebs- und Marketingzwecke oder auch private Veröffentlichungen im Internet betreffen. Auch wenn die überzeugenderen Gründe dafürsprechen, ist nicht gesagt, dass das die Gerichte letztlich auch so sehen.
Selbst wenn man verneint, dass Art. 85 Abs. 1 DSGVO eine Öffnungsklausel ist, könnte man die Wertungen des § 23 KUG für die Auslegung des Begriffs der "berechtigten Interessen“in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO heranziehen, um zu ähnlichen Ergebnisse wie bisher zu kommen. Daneben könnte man über eine weite Auslegung der in Art. 85 Abs. 2 DSGVO genannten Zwecke nachdenken bzw. es genügen lassen, wenn diese auch mitverfolgt werden ohne Hauptzweck zu sein, um sich dann besser auf diese Öffnungsklausel zu stützen. Will man auf Nummer sicher gehen, ist bis zu einer Entscheidung durch den EuGH zu empfehlen, dass soweit möglich die Voraussetzungen sowohl des KUG als auch der DSGVO befolgt werden. Dabei ist zu beachten, dass unter der DSGVO, im Gegensatz zum KUG, die Einwilligung jederzeit widerruflich ist und umfangreiche Informationspflichten bestehen, welchen vorsichtshalber genüge getan werden sollte.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Vorschriften des KUG
- I. Grundregelung des § 22 KUG
- II. Ausnahmetatbestände des § 23 KUG
- C. Vorschriften der DSGVO
- I. Anwendbarkeit auf das Veröffentlichen von Bildnissen
- II. Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO
- 1. Einwilligung
- 2. Erforderlichkeit für die Erfüllung eines Vertrags
- 3. Wahrung berechtigter Interessen
- D. Verhältnis von KUG und DSGVO
- I. Anwendungsvorrang der DSGVO
- II. Ausnahmen vom Anwendungsbereich der DSGVO
- 1. Haushaltsausnahme des Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO
- 2. Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO
- a) Journalistische, wissenschaftliche, künstlerische und literarische Zwecke
- b) Sonstige Zwecke
- E. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet. Im Fokus stehen die Interaktion und der potenzielle Konflikt zwischen dem Kunsturhebergesetz (KUG) und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
- Rechtliche Regelungen zur Bildnisveröffentlichung im KUG
- Anwendbarkeit und Reichweite der DSGVO im Kontext von Bildnissen
- Zusammenspiel und potenzielle Konflikte zwischen KUG und DSGVO
- Ausnahmen und Sonderregelungen innerhalb der DSGVO
- Bewertung der rechtlichen Situation für Online-Bildveröffentlichungen
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Bildnisveröffentlichung im Internet ein und skizziert die zentralen Fragestellungen der Arbeit. Sie benennt das Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Persönlichkeit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung im digitalen Raum und kündigt die methodische Vorgehensweise an, welche die Analyse des Kunsturhebergesetzes und der Datenschutzgrundverordnung umfasst. Die Bedeutung des Themas im Kontext der zunehmenden Digitalisierung und Verbreitung von Bildern im Internet wird hervorgehoben.
B. Vorschriften des KUG: Dieses Kapitel analysiert die relevanten Bestimmungen des Kunsturhebergesetzes (KUG) bezüglich der Veröffentlichung von Bildnissen. Es beschreibt die Grundregelung des § 22 KUG, die die Einwilligung der abgebildeten Person für die Verbreitung des Bildnisses fordert, sowie die Ausnahmetatbestände des § 23 KUG, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Veröffentlichung ohne Einwilligung erlauben. Die Arbeit untersucht detailliert die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung und differenziert die verschiedenen Konstellationen, in denen das KUG Anwendung findet.
C. Vorschriften der DSGVO: Das Kapitel widmet sich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und deren Relevanz für die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet. Es untersucht die Anwendbarkeit der DSGVO auf diesen Bereich und analysiert die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Im Fokus steht dabei die Einwilligung als Rechtsgrundlage, aber auch die Erforderlichkeit für die Vertragserfüllung und die Wahrung berechtigter Interessen werden eingehend betrachtet. Die Bedeutung der DSGVO als umfassendes Datenschutzrecht wird betont und in Relation zum KUG gesetzt.
D. Verhältnis von KUG und DSGVO: Dieses Kapitel befasst sich mit dem komplexen Verhältnis zwischen dem KUG und der DSGVO. Es analysiert den Anwendungsvorrang der DSGVO und untersucht die Ausnahmen vom Anwendungsbereich der DSGVO, insbesondere die Haushaltsausnahme und die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO für journalistische, wissenschaftliche, künstlerische und literarische Zwecke. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen der praktischen Anwendung beider Rechtsvorschriften und die Notwendigkeit einer harmonischen Interpretation zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit.
Schlüsselwörter
Bildnis, Veröffentlichung, Internet, Kunsturhebergesetz (KUG), Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Einwilligung, personenbezogene Daten, Recht am eigenen Bild, Datenschutz, Medienrecht, Anwendungsvorrang.
Häufig gestellte Fragen zur Seminararbeit: Rechtliche Rahmenbedingungen für die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet, insbesondere den komplexen Zusammenhang und die potenziellen Konflikte zwischen dem Kunsturhebergesetz (KUG) und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Welche Rechtsvorschriften werden analysiert?
Die Arbeit analysiert die relevanten Bestimmungen des Kunsturhebergesetzes (KUG), insbesondere § 22 (Grundregelung) und § 23 (Ausnahmetatbestände), sowie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), insbesondere Art. 6 Abs. 1 (Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung) und Art. 85 (Öffnungsklausel). Der Fokus liegt auf dem Zusammenspiel und den möglichen Konflikten beider Rechtsvorschriften.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die rechtlichen Regelungen zur Bildnisveröffentlichung im KUG, die Anwendbarkeit und Reichweite der DSGVO im Kontext von Bildnissen, das Zusammenspiel und potenzielle Konflikte zwischen KUG und DSGVO, Ausnahmen und Sonderregelungen innerhalb der DSGVO und die Bewertung der rechtlichen Situation für Online-Bildveröffentlichungen.
Wie wird das Verhältnis zwischen KUG und DSGVO behandelt?
Die Arbeit analysiert den Anwendungsvorrang der DSGVO und untersucht die Ausnahmen vom Anwendungsbereich der DSGVO, insbesondere die Haushaltsausnahme und die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO für journalistische, wissenschaftliche, künstlerische und literarische Zwecke. Sie beleuchtet die Herausforderungen der praktischen Anwendung beider Rechtsvorschriften und die Notwendigkeit einer harmonischen Interpretation.
Welche Rolle spielt die Einwilligung bei der Bildnisveröffentlichung?
Die Einwilligung der abgebildeten Person ist nach § 22 KUG grundsätzlich erforderlich für die Verbreitung des Bildnisses. Die Arbeit untersucht detailliert die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung und betrachtet die Einwilligung auch im Kontext der DSGVO als mögliche Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung.
Welche Ausnahmen von der Einwilligungspflicht gibt es?
Die Arbeit beschreibt die Ausnahmetatbestände des § 23 KUG, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Veröffentlichung ohne Einwilligung erlauben. Zusätzlich werden die Ausnahmen vom Anwendungsbereich der DSGVO, insbesondere die Haushaltsausnahme (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO) und die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO, untersucht.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit bewertet die rechtliche Situation für Online-Bildveröffentlichungen und beleuchtet die Herausforderungen der praktischen Anwendung von KUG und DSGVO. Sie betont die Notwendigkeit einer harmonischen Interpretation beider Rechtsvorschriften zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Bildnis, Veröffentlichung, Internet, Kunsturhebergesetz (KUG), Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Einwilligung, personenbezogene Daten, Recht am eigenen Bild, Datenschutz, Medienrecht, Anwendungsvorrang.
- Quote paper
- Melanie Müller (Author), 2018, Die Veröffentlichung von Bildnissen im Internet seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung DSGVO, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501851