Pantomime als szenische Spielform im Religionsunterricht

Eine exemplarische Veranschaulichung des performativen Ansatzes der Religionsdidaktik


Ensayo, 2016

11 Páginas, Calificación: 2,0

Anónimo


Extracto


Vorwort

Im Rahmen der Übung „Spielerische Methoden im RU, Religion und Performance“ im Sommersemester 2016 wurden verschiedene didaktische Methoden, die als Beispiele für einen performativen Zugang zu biblischen Texten fungieren sollten, vorgestellt sowie in der Übung mit den Seminarteilnehmern/-innen durchgeführt und selbst erprobt. Ziel der Übung war es demnach, durch die Vorstellung diverser spielerischer Methoden für den Religionsunterricht, Möglichkeiten für einen in solcher Weise didaktisch aufgearbeiteten Religionsunterricht, der nicht in „grauer Theorie“ verweilt, aufzuzeigen.1

Basierend auf der genannten Übung mit ihren Inhalten soll nun in dem vorliegenden Essay die Frage geklärt werden, inwieweit der performative Ansatz für den Religionsunterricht tatsächlich hilfreich im Hinblick auf ein besseres Verständnis biblischer und außerbiblischer Texte ist sowie einen leichteren Zugang zu diesen für die SuS ermöglicht. Zur Klärung dieser Frage soll das darstellende Spiel, bzw. die szenische Spielform im Religionsunterricht exemplarisch als eine der Methoden des performativen Ansatzes betrachtet werden, um dessen didaktische Leistung für den Religionsunterricht betrachten zu können. Eine exemplarische Konzentration auf einen Teilaspekt des performativen Ansatzes ist daher notwendig, um den Rahmen des Essays nicht „zu sprengen“. Des Weiteren wird es im Zuge des darstellenden Spiels, bzw. der szenischen Spielform konkret um die Form der Pantomime gehen, die ebenso eine der zahlreichen vorgestellten Methoden im Rahmen der Übung gewesen ist, um sich biblischen Texten anzunähern und sie zu verstehen. Folglich wird ebenso die Frage geklärt werden, wie eben diese szenische Spielform der Pantomime im Religionsunterricht das Verständnis und den Zugang zu biblischen Texten erleichtern sowie ermöglichen kann. Um im Folgenden nun auf diese Fragen einzugehen, wird zunächst einmal der Ansatz der performativen Religionsdidaktik hinsichtlich seiner Leistung für den Religionsunterricht dargestellt werden sowie daran anschließend das darstellende Spiel, bzw. die szenische Spielform im Religionsunterricht als exemplarische Veranschaulichung. Im Zuge dessen wird konkret auf die Form der Pantomime und ihren Nutzen im Religionsunterricht eingegangen werden.

Pantomime als szenische Spielform im Religionsunterricht eine exemplarische Veranschaulichung des performativen Ansatzes der Religionsdidaktik

I. Der Ansatz der performativen Religionsdidaktik

Wie bereits erwähnt wurde, bietet der performative Ansatz der Religionsdidaktik eine Möglichkeit, den Religionsunterricht als „graue Theorie“ aufzubrechen.2 Diese performative Religionsdidaktik entstand bereits Ende der 1990er Jahre und wurde in ihrer Begrifflichkeit von Harald Schroeter-Wittke geprägt.3 Dabei basiert der Ansatz der performativen Religionsdidaktik auf der gegenwärtigen Gegebenheit, dass im Religionsunterricht aufgrund der heutigen religiös pluralen Gesellschaft nicht mehr von einer religiösen Sozialisation der Kinder und Jugendlichen von zu Hause aus ausgegangen werden kann.4 Daraus resultiert, dass Kinder und Jugendliche häufig nicht mehr mit Erfahrungen des christlichen Glaubens und seinen Ausdrucksformen vertraut sind.5 Hat der Religionsunterricht jedoch den Anspruch an sich selbst, dass die SuS6 den christlichen Glauben verstehen, über ihn reflektiert nachdenken sowie sich kritisch mit ihm auseinandersetzen sollen, dann muss der Religionsunterricht zunächst einmal da ansetzen, dass die SuS Religion kennenlernen.7 Bei der Frage, wie SuS Religion kennenlernen können, wenn es nicht von selbst passiert, setzt der performative Ansatz nun also an, da er annimmt, dass Religion nicht aus dem Lernen von kognitiv zu erfassenden Inhalten besteht, sondern durch die religiöse Praxis erfahren werden muss.8 Die Erfahrbarkeit von Religion vollzieht sich beim performativen Ansatz in einem Verhältnis von Verstehen und Vollziehen, was so viel bedeutet wie:9 „Der Geist kommt nicht mit sich selber aus, und er lässt sich nicht in die Innerlichkeit verbannen. Was nicht nach außen dringt, was nicht Form, Figur, Aufführung, Geste,

Inszenierung und Methode wird, bleibt blaß und ist vom Untergang bedroht […]“10 Bedeutet demnach, dass es nicht reicht, über Religion zu reden, sondern Religion zum Sprechen gebracht werden muss, was dementsprechend nur durch die konkrete Wahrnehmung von Religion, durch die Bewegung in ihren Räumen sowie den leiblichen Kontakt mit ihren Ausdrucksformen geschehen kann.11 Diese Grundphänomene des Lebens, also Leib, Raum, Sprache sowie Intersubjektivität äußern sich im Religionsunterricht dann konkret in kognitiv-sprachlichen (Textproduktion und –rezeption), künstlerisch-expressiven (Musik, Wort, Kunst, Gestaltung) und leiblichen Dimensionen (darstellendes Spiel).12

Der performative Ansatz geht aber nicht nur auf die gegenwärtige Situation einer teilweise fehlenden religiösen Sozialisation ein, sondern berücksichtigt auch die Tendenz der individualisierten Religiosität bei Kindern und Jugendlichen, die sich von geprägten christlichen und kirchlichen Formen ablöst,13 indem der besagte Ansatz die SuS als Subjekte ernst und wahrnimmt sowie sie zwar als religiös weitgehend Unkundige versteht, allerdings auch als potentiell Neugierige auf Religion und ihre Formen.14 Für den Religionsunterricht bedeutet der performative Ansatz, dass Religion in ihrer gelebten Form auf die religionspädagogische „Bühne“ kommt, indem sie inszeniert und gezeigt wird,15 wodurch es gelingt, dass Religion für die SuS vernehmbar wird und zur Geltung kommt.16 Didaktisch gesehen setzt der performative Ansatz also bei den SuS und der Religion an und stellt den Religionsunterricht in den Kontext der gegenwärtigen Situation.17 Damit entspricht der performative Ansatz der biblischen Hermeneutik, da biblische Texte wie Gleichnisse, Erzählungen oder Metaphern nicht bloß gelesen, sondern in bewusster Aufnahme ihrer Textsorte entsprechend inszeniert werden sollen, um ihre Form didaktisch wirksam werden zu lassen.18

Aus etymologischer Perspektive kann der Begriff „performativ“ zunächst einmal wörtlich verstanden werden, ergo als ein „Lernen per formam19, wodurch Lehrgehalte und Lernen im wahrsten Sinne des Wortes Gestalt gewinnen sowie Ausdruck finden.20 Des Weiteren verbinden sich in dem Begriff „performativ“ die Bedeutungen von Performance, Performanz und Performativität, wobei Performance zum Beispiel die Aufführung einer biblischen Geschichte meint, wodurch diese nicht nur nachgespielt wird, sondern auch etwas qualitativ und sichtbar Neues entstehen lässt.21 So gelingt es im Religionsunterricht, dass eine Lerngruppe einen biblischen Text deutet, gestaltet und in gewisser Weise auch erschafft, um diesen in seiner Geschichte in eine Gestalt zu bringen.22 Der Charakter der konkreten Realisierung der Performance wird durch den Begriff der Performanz verdeutlicht und die Performativität beschreibt letztlich das Phänomen, dass das Ausführen einer sprachlichen Handlung nicht nur informativ ist, sondern auf individueller Ebene eben auch etwas bewirkt oder verändert.23

Insgesamt konnte also veranschaulicht werden, dass sich der Ansatz der performativen Religionsdidaktik auf eine Theorie bezieht, die besagt, dass Religion eigentlich grundsätzlich immer eine Religion der Aufführung, der Feier, der Inszenierung sowie der Lebendigkeit gewesen ist, damit sie auf den Schauplätzen und Bühnen des Lebens zu Aufführungen und Bedeutung gelangen konnte.24 Verfolgt Religion also dieses Ziel, dann ist sie etwas, das symbolisch zu kommunizieren, durchzuspielen und zu performieren gilt.25 Ein möglicher Weg dem gerecht zu werden, liegt in der szenisch- ästhetischen Variante, um Religion emotional, leiblich-konkret durchzuspielen und zu verstehen.26 Hierzu zählt neben dem Biblio-, Psycho- und Soziodrama auch das darstellende Spiel, welches den SuS durch die Wahrnehmung des leibräumlichen Ausdrucks die Möglichkeit gibt, Brücken zu schlagen zu Darstellungen von Erfahrungen, die anders oder sogar fremd sind.27

[...]


1 Vgl. Pohl-Patalong, Uta: Religionspädagogik – Ansätze für die Praxis. Göttingen 2013, S. 87.

2 Vgl. ebd.

3 Vgl. ebd., S. 91.

4 Vgl. ebd., S. 87.

5 Vgl. ebd.

6 Abkürzung für Schüler und Schülerinnen.

7 Vgl. Pohl-Patalong: Religionspädagogik, S. 87-88.

8 Vgl. ebd., S. 88.

9 Vgl. ebd., S. 95.

10 Ebd., S. 95-96.

11 Vgl. Leonhard, Silke; Klie, Thomas: Performative Religionspädagogik. Religion leiblich und räumlich in Szene setzen, in: Leonhard, Silke; Klie, Thomas (Hrsg.): Schauplatz Religion. Grundzüge einer Performativen Religionspädagogik. Leipzig 2003, S. 7.

12 Vgl. Leonhard, Silke; Klie, Thomas: Performatives Lernen und Lehren von Religion, in: Grümme, Bernhard; Lenhard, Hartmut; Pirner, Manfred L. (Hrsg.): Religionsunterricht neu denken. Innovative Ansätze und Perspektiven der Religionsdidaktik. Ein Arbeitsbuch. Stuttgart 2012, S. 91.

13 Vgl. Pohl-Patalong: Religionspädagogik, S. 92.

14 Vgl. ebd., S. 97.

15 Vgl. ebd., S. 98.

16 Vgl. Leonhard, Klie: Performatives Lernen und Lehren von Religion, S. 91.

17 Vgl. ebd., S. 94.

18 Vgl. ebd., S. 91.

19 Pohl-Patalong: Religionspädagogik, S. 93.

20 Vgl. Leonhard, Klie: Performatives Lernen und Lehren von Religion, S. 94.

21 Vgl. Pohl-Patalong: Religionspädagogik, S. 94.

22 Vgl. Leonhard, Klie: Performatives Lernen und Lehren von Religion, S. 95.

23 Vgl. Pohl-Patalong: Religionspädagogik, S. 94.

24 Vgl. Brinkmann, Frank Thomas: Text-Schau-Spiele und Religions-Stück-Werke. Biblio-Performances und Sinn-Inszenierungen im Religionsunterricht. Zur Einführung, in: Brinkmann, Frank Thomas (Hrsg.): Gott in Szene setzen. Bibelperformance und Religionstheater im Unterricht. Göttingen 2013, S. 15.

25 Vgl. ebd.

26 Vgl. Leonhard, Silke: Gesagt – getan? Körper, Sprache, Performanz im Religionsunterricht, in: Klie, Thomas; Leonhard, Silke (Hrsg.): Performative Religionsdidaktik. Religionsästhetik – Lernorte – Unterrichtspraxis. Stuttgart 2008, S. 125.

27 Vgl. ebd.

Final del extracto de 11 páginas

Detalles

Título
Pantomime als szenische Spielform im Religionsunterricht
Subtítulo
Eine exemplarische Veranschaulichung des performativen Ansatzes der Religionsdidaktik
Universidad
Christian-Albrechts-University of Kiel  (Theologische Fakultät)
Calificación
2,0
Año
2016
Páginas
11
No. de catálogo
V498910
ISBN (Ebook)
9783346017529
ISBN (Libro)
9783346017536
Idioma
Alemán
Palabras clave
pantomime, spielform, religionsunterricht, eine, veranschaulichung, ansatzes, religionsdidaktik
Citar trabajo
Anónimo, 2016, Pantomime als szenische Spielform im Religionsunterricht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498910

Comentarios

  • No hay comentarios todavía.
Leer eBook
Título: Pantomime als szenische Spielform im Religionsunterricht



Cargar textos

Sus trabajos académicos / tesis:

- Publicación como eBook y libro impreso
- Honorarios altos para las ventas
- Totalmente gratuito y con ISBN
- Le llevará solo 5 minutos
- Cada trabajo encuentra lectores

Así es como funciona