Zwischen Marktbuden und Menschengetümmel wird um Preise gefeilscht. Ein Gewirr von Stimmen liegt in der Luft. Ein Basar, so findet man den Begriff in vielen Lexika, sei „ein orientalischer Wochenmarkt“ oder allgemeiner „ein orientalischer Handelsplatz“. Was hat das alles mit dem Begriff der „Basarökonomie“ zu tun, die derzeit immer wieder in der Presse auftaucht und was hat dieser Begriff in einer Vorlesung über internationalen Handel zu suchen?
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Thema „Deutschland als Exportweltmeister oder als Basarökonomie?“. Der Titel verdeutlicht sogleich die Intention dieser Arbeit. Ziel wird es sein, der Frage nachzugehen, ob der Titel des „Exportweltmeisters“, mit dem sich der deutsche Handel immer wieder schmückt, überhaupt gerechtfertigt ist oder ob Deutschland inzwischen viel mehr zu einer internationalen Handelsdrehscheibe ohne eigene Wertschöpfung verkommen ist.
Dazu wird im Kapitel zwei der Begriff der Basarökonomie einer genaueren Betrachtung unterzogen. Hierzu werden seine Herkunft und seine Grundaussagen erläutert. Zusätzlich erfolgt eine Messung dieser Aussagen an empirischen Fakten. Im Kapitel drei werden dann einige Kritikpunkte an der Basarökonomiethese aufgenommen, näher erläutert und kritisch betrachtet. So werden beispielsweise die Lohnstückkosten und die fehlende Binnennachfrage Erwähnung finden. Im Schlussteil erfolgen eine kurze Zusammenfassung und die Beantwortung der oben genannten Fragestellung.
Die Literaturlage zu dieser Thematik ist hervorragend. Es gibt beinahe keine Tageszeitung und auch kein Wirtschaftsmagazin, das sich noch nicht mit dem Begriff der Basarökonomie befasst hat. Auch bei Akademikern ist die Diskussion dieses Begriffes sehr beliebt und stößt immer wieder auf geteilte Meinungen. Daher war es zunächst notwendig, die Vielzahl der Texte hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Aussagen einzuordnen. Dabei waren es vor allem Kritiker, die sich zu Wort meldeten. Man hatte beinahe das Gefühl, der Begriff der Basarökonomie sei ein verbotenes Wort, dessen Aussprache unbedingt verhindert werden müsse. Themenspezifische Fachbegriffe werde ich jeweils im Kontext erläutern. Mit dem zentralen Begriff der Basarökonomie werde ich im Folgenden beginnen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zum Begriff der Basarökonomie – Theoretische und empirische Grundlagen
2.1 Outsourcing oder Offshoring
2.2 Statistische Beweise
2.2.1 Die Wachstumsschwäche Deutschlands
2.2.2 Die Flucht nach Osteuropa
2.2.3 Die deutsche Exportstatistik
2.3 Warum entsteht Arbeitslosigkeit? – ein verzweifelter Kampf
3. Kritische Bemerkungen
3.1 Outsourcing in den Dienstleistungssektor
3.2 Offshoring schafft Arbeitsplätze
3.3 Basartendenz als „normale“ Folge der Globalisierung
3.4 Die Lohnstückkosten
3.5 Die fehlende Binnennachfrage als Grundlage allen Übels
3.6 Der wachsende Außenbeitrag als Indikator für Handelsgewinne
4. Positive Effekte der Basarökonomie?
5. Zusammenfassung und Schluss
1. Einleitung
Zwischen Marktbuden und Menschengetümmel wird um Preise gefeilscht. Ein Gewirr von Stimmen liegt in der Luft. Ein Basar, so findet man den Begriff in vielen Lexika, sei „ein orientalischer Wochenmarkt“ oder allgemeiner „ein orientalischer Handelsplatz“. Was hat das alles mit dem Begriff der „Basarökonomie“ zu tun, die derzeit immer wieder in der Presse auftaucht und was hat dieser Begriff in einer Vorlesung über internationalen Handel zu suchen?
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Thema „Deutschland als Exportweltmeister oder als Basarökonomie?“. Der Titel verdeutlicht sogleich die Intention dieser Arbeit. Ziel wird es sein, der Frage nachzugehen, ob der Titel des „Exportweltmeisters“, mit dem sich der deutsche Handel immer wieder schmückt, überhaupt gerechtfertigt ist oder ob Deutschland inzwischen viel mehr zu einer internationalen Handelsdrehscheibe ohne eigene Wertschöpfung verkommen ist.
Dazu wird im Kapitel zwei der Begriff der Basarökonomie einer genaueren Betrachtung unterzogen. Hierzu werden seine Herkunft und seine Grundaussagen erläutert. Zusätzlich erfolgt eine Messung dieser Aussagen an empirischen Fakten. Im Kapitel drei werden dann einige Kritikpunkte an der Basarökonomiethese aufgenommen, näher erläutert und kritisch betrachtet. So werden beispielsweise die Lohnstückkosten und die fehlende Binnennachfrage Erwähnung finden. Im Schlussteil erfolgen eine kurze Zusammenfassung und die Beantwortung der oben genannten Fragestellung.
Die Literaturlage zu dieser Thematik ist hervorragend. Es gibt beinahe keine Tageszeitung und auch kein Wirtschaftsmagazin, das sich noch nicht mit dem Begriff der Basarökonomie befasst hat. Auch bei Akademikern ist die Diskussion dieses Begriffes sehr beliebt und stößt immer wieder auf geteilte Meinungen. Daher war es zunächst notwendig, die Vielzahl der Texte hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Aussagen einzuordnen. Dabei waren es vor allem Kritiker, die sich zu Wort meldeten. Man hatte beinahe das Gefühl, der Begriff der Basarökonomie sei ein verbotenes Wort, dessen Aussprache unbedingt verhindert werden müsse.
Themenspezifische Fachbegriffe werde ich jeweils im Kontext erläutern. Mit dem zentralen Begriff der Basarökonomie werde ich im Folgenden beginnen.
2. Zum Begriff der Basarökonomie – Theoretische und empirische Grundlagen
Dieser Abschnitt wird die grundlegenden Aussagen des Begriffs der „Basarökonomie“ zusammenfassen und seine Herkunft erläutern. Darüber hinaus werden einige empirische Fakten und Statistiken dargestellt, die die zentralen Argumente belegen sollen.
Die These der Basarökonomie[1] zur Kennzeichnung der Standortverlagerung der Industrie in Niedriglohnländer geht zurück auf Hans-Werner Sinn[2], der diesen Begriff insbesondere für die deutsche Wirtschaft prägte. Seine Grundaussage ist, dass der Anteil der inländischen Wertschöpfung an der Industrieproduktion immer weiter zurückgeht. Der Anteil der im Ausland bezogenen Vorleistungen nimmt währenddessen immer weiter zu. Dies sei eine Folge der sich verringernden Fertigungstiefe im Inland. Es werden also immer mehr Teile der Wertschöpfungskette ins Ausland verlagert. Der Titel „Exportweltmeister“, den der deutsche Warenhandel derzeit für sich einnimmt, müsse deswegen überdacht werden. Der Widerspruch zwischen der angeblichen Weltmeisterschaft beim Export und der große deutsche Exportüberschuss auf der einen Seite sowie der Massenarbeitslosigkeit auf der anderen Seite sei schlicht zu gewaltig. Einerseits scheint Deutschland mit der Globalisierung prächtig zu Recht zu kommen und andererseits ist auch in einer Phase des dramatischen Konjunkturaufschwungs in der Welt eine enorme Wachstumsschwäche vorhanden.[3]
Sinn macht deutlich, dass es sich bei seiner Darstellung nur um eine Karikatur und nicht um die Beschreibung des derzeitigen Zustandes handelt. Er sagt aber auch, dass sich eine deutliche Tendenz in die Richtung seiner überspitzten Darstellung abzeichnet.
In dieser schwierigen Phase sind sich bislang nicht einmal die Volkswirte darüber einig, wie die scheinbar widersprüchlichen Informationen zu interpretieren sind. Deshalb versucht Sinn in einer ganzheitlichen Betrachtung den Zusammenhang von Exportboom, Basar-Effekt und Wachstumsschwäche zu zeigen.
2.1 Outsourcing oder Offshoring
Zur Kennzeichnung der Verlagerung der Wertschöpfung aus dem verarbeitenden Gewerbe heraus werden zwei Begriffe unterschieden, das Outsourcing und das Offshoring. Sinn skizziert diese Begriffe wie folgt:
Beim Offshoring spricht man von der Verlagerung von Betriebsteilen in eine eigene ausländische Niederlassung. Beim Outsourcing ist die Verlagerung von Arbeitsplätzen auf Zulieferer im In- oder Ausland gemeint. Im Rahmen des Offshorings sind vor allem die berühmten Beispiele aus der Automobilindustrie zu nennen. So produziert Volkswagen sowohl den Polo als auch den Touareg in Bratislava. Porsche fertigt seinen Cayenne nominell zwar noch in Leipzig, die Praxis sieht allerdings ganz anders aus. 73 % des Wertes kommt von Zulieferern, von denen die Hälfte im Ausland ansässig ist. Auch die inländischen Zulieferer lassen ihre Vorprodukte großenteils in ihren ausländischen Werken produzieren. Nichts desto trotz verkaufen die Firmen ihre Produkte weiter unter dem bekannten deutschen Markennamen und als „made in germany“. Kann man oder muss man hier von Markenschwindel sprechen? Der zunehmende Einsatz von Internetausschreibungen hat darüber hinaus das Outsourcing ins Ausland deutlich beschleunigt. So kommen immer mehr Teile und Vorprodukte von Billiganbietern, die auf der ganzen Welt zusammengesucht werden. Beide Vorgänge zusammen sind kennzeichnend für den Begriff der Basarökonomie und ursächlich für den sinkenden Wertschöpfungsanteil an den Endprodukten und das ohne, dass der Käufer davon weiß. Die Entwicklung selbst sei schließlich die natürliche Konsequenz von Globalisierung und internationaler Spezialisierung.[4]
2.2 Statistische Beweise
Abbildung 1 zeigt Sinns Vorstellung von der Basarökonomie. Im Schaubild sind wichtige Kennziffern der deutschen Industrieproduktion dargestellt.
Der reale Produktionswert zeigt den inflationsbereinigten Gesamtwert der in einem Jahr erzeugten Industrieprodukte und die reale Wertschöpfung wiederum den Teil dieses Wertes, der in der Industrie selbst geschaffen wurde. Die reale Wertschöpfung enthält also nicht die Vorleistungen, die von anderswo bezogen werden. Seit Mitte der 1990er Jahre driften beide Kurven stark auseinander. Folglich muss ein stetig wachsender Teil der Zunahme der deutschen Industrieproduktion auf eine Verlagerung von Teilen der Vorproduktion in andere Bereiche zurückzuführen sein. Doch welche Bereiche sind dies? Wie im vorangegangenen Abschnitt erklärt, kommen hier andere inländische aber auch ausländische Sektoren in Frage. Dazu stellt Sinn im selben Diagramm die Zunahme der realen Vorleistungsimporte in der Industrie dar. In der Zeitspanne von 1995 bis 2003 nahmen die Vorleistungsimporte um 45% zu. Dieser Wert reflektiere ganz klar die Flucht der deutschen Industrie ins Ausland.
Dem Kuchendiagramm sind weiterhin die drei Komponenten der Industrieproduktion, also die eigene Wertschöpfung, die Vorleistungen aus anderen inländischen Sektoren und die Vorleistungen aus dem Ausland, zu entnehmen. Dabei fällt wieder eine starke Verlagerung von Vorleistungsteilen ins Ausland auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 – Basarökonomie
Sinn, Hans-Werner: Ist Deutschland noch zu retten? Berlin 2005, S. 74.
2.2.1 Die Wachstumsschwäche Deutschlands
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Deutschland in Schutt und Asche. Der Bevölkerung gelang es jedoch schnell die Dynamik wieder aufzunehmen, die in der wilhelminischen Zeit ihren Höhepunkt fand. Deutschland wurde schnell zum „Globalisierungsgewinner der ersten Stunde“[5]. Bis in die 1970er Jahre boomte die deutsche Wirtschaft. Ermutigt durch die erzielten Erfolge schraubten die Gewerkschaften ihre Lohnforderungen in die Höhe und die realen Stundenlohnkosten stiegen wie in keinem anderen entwickelten Industrieland. Steigende Löhne und Abgaben machten der Wirtschaft zu schaffen. Gleichzeitig setzte der Sozialstaat der Wirtschaft mit immer lukrativeren „Gegenangeboten“ zur Erwerbstätigkeit zu. Seit 1970 stieg auch die Arbeitslosigkeit mit großer Geschwindigkeit.[6] Doch wo steht Deutschland heute?
Die beschriebenen Probleme sind heute noch größer. Vor allem die Wiedervereinigung war Ursache dieser Verschärfung. Deutschland war einst der Motor des Wachstums in Europa. Seit Mitte der 1990er Jahre ist es nun Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum. Kein anderes europäisches Land wuchs in den letzten Jahren, wie es auch Abbildung zwei zeigt, langsamer. Die Welt um Deutschland herum ändert sich so schnell wie nie zuvor und die Globalisierung zwingt dieses Land gegen erheblichen Widerstand zu inneren Reformen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 – BIP ausgewählter EU-Länder
Sinn, Hans-Werner: Ist Deutschland noch zu retten? Berlin 2005, S. 26.
2.2.2 Die Flucht nach Osteuropa
Gerade das zunehmende Offshoring der Mittelständler in die osteuropäischen Nachbarländer ist ein eher neues Phänomen. Während es großen Unternehmen ohnehin leichter fällt, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern, waren doch die damit verbundenen Kosten bisher zu hoch für den Mittelstand. Inzwischen gerät aber auch dieser in den Sog der Globalisierung. Die meisten Deutschen arbeiten im Mittelstand und dort wird auch der weitaus größte Teil des Bruttoinlandproduktes erzeugt. Sollte uns der Mittelstand den Rücken zukehren, sehe es schlecht für die deutsche Wirtschaft aus. Zum einen ist ein dramatischer Pleiterekord zu verzeichnen und zum anderen verlagern nun auch die Mittelständler ihre Produktion ins Ausland. Die einzelnen Fälle sind wenig bekannt und erregen auch nur wenig Aufsehen, in der Summe sind es jedoch dramatische Ausmaße, die hier erkennbar sind. So haben nach einer Befragung des Instituts für Deutsche Wirtschaft inzwischen 59 % aller mittelständischen Unternehmen bis 5.000 Mitarbeiter einen Außenstandort in einem anderen EU-Land errichtet. Der Mittelstand sieht in Osteuropa seine einzige Chance den immer härter werdenden internationalen Wettbewerb zu bestehen.[7]
[...]
[1] Sinn benutzte das Wort erstmals in seiner Deutschland-Rede am 15. November 2003 im Schloss Neu-Hardenberg.
[2] Hans-Werner Sinn ist am 7. März 1948 in Brake/ Westfalen geboren. Sinn hat den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München inne und ist seit dem 1. Februar 1999 Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, einem der weltweit angesehensten Wirtschaftsforschungsinstitute. Er gilt als einer der einflussreichsten neoliberalen Wirtschaftswissenschaftler Deutschlands.
[3] Vgl. Sinn, Hans-Werner: Basar-Ökonomie Deutschland. Exportweltmeister oder Schlusslicht? In: ifo Schnelldienst, 58. Jahrgang, 06/2005, S. 3ff.
[4] Vgl. Sinn, Hans-Werner: Ist Deutschland noch zu retten? Berlin 2005, S. 72f.
[5] Ebd. , S. 19.
[6] Vgl. Ebd., S. 20ff.
[7] Vgl. Ebd., S. 67ff.
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