Beim Verfassen dieser Hausarbeit hat sich als ein großes Problem der Mangel an Dietmar- spezifischer Sekundärliteratur herausgestellt. Doch habe ich dennoch versucht den zu behandelnden Text Dietmars von Eist größtmöglich auszuleuchten. Um ihn aber verstehen und literaturhistorisch einordnen zu können, soll vorweg kurz der literarische Kontext seiner Entstehungszeit angerissen werden, woraufhin dann ein paar Worte zum Autor folgen, bevor auf den Text und seine Überlieferung eingegangen wird. Die anschließende Analyse der Form und des Inhalts münden in eine Gesamtinterpretation, die mit der literaturhistorischen Einordnung den Bogen zum Anfang meiner Hausarbeit schlägt.
Weiterhin sei kurz vorweggenommen, dass ich im Folgenden im fortlaufenden Text der besseren Lesbarkeit wegen die Strophen mit römischen und die Verse mit arabischen Ziffern bezeichnet und bei Zitaten die Strophen- und Verszahlen durch ein Komma getrennt in Klammern hinter die entsprechenden Textstellen gesetzt habe.
Inhaltsverzeichnis
1.Vorwort
2. Zum Kontext von „Seneder vriundinne bote“
2.1 Kurzer Überblick über die Phasen und Formen des Minnesangs
2.2 Die Verfasserfrage
3. Der Text
3.1 Textübersetzung
3.2 Zur Textüberlieferung
3.3 Analyse formaler und struktureller Gestaltungsprinzipien
3.4. Inhaltliche Analyse
4. Interpretation
5. Literaturhistorische Einordnung
1. Vorwort
Beim Verfassen dieser Hausarbeit hat sich als ein großes Problem der Mangel an Dietmar- spezifischer Sekundärliteratur herausgestellt. Doch habe ich dennoch versucht den zu behandelnden Text Dietmars von Eist größtmöglich auszuleuchten. Um ihn aber verstehen und literaturhistorisch einordnen zu können, soll vorweg kurz der literarische Kontext seiner Entstehungszeit angerissen werden, woraufhin dann ein paar Worte zum Autor folgen, bevor auf den Text und seine Überlieferung eingegangen wird. Die anschließende Analyse der Form und des Inhalts münden in eine Gesamtinterpretation, die mit der literaturhistorischen Einordnung den Bogen zum Anfang meiner Hausarbeit schlägt.
Weiterhin sei kurz vorweggenommen, dass ich im Folgenden im fortlaufenden Text der besseren Lesbarkeit wegen die Strophen mit römischen und die Verse mit arabischen Ziffern bezeichnet und bei Zitaten die Strophen- und Verszahlen durch ein Komma getrennt in Klammern hinter die entsprechenden Textstellen gesetzt habe.
2. Zum Kontext von „Seneder vriundinne bote“
Was ist eigentlich Minnesang, worüber definiert er sich und was macht seine Sonderstellung unter der Literatur des Mittelalters aus? Und an welcher Stelle seiner Entwicklung tritt der Autor von „Seneder vriundinne bote“ auf? Die Antworten darauf sollen Grundlagen für das Verständnis des zu behandelnden Textes bieten.
2.1 Kurzer Überblick über die Phasen und Formen des Minnesangs
In der Mitte des 12. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts ist die Minne das bestimmende Thema der Lyrik im deutschen Sprachraum. Jene Dichtkunst, die auch Minnesang genannt wird, birgt einiges Erklärungspotential. Im Folgenden soll daher eine zeitliche Einordnung vorgenommen werden, wobei auch einzelne Phasen der literaturgeschichtlich recht langen Periode beschrieben werden. Weiterhin werden markante Wesensmerkmale aufgezeigt, die allen Liedern gemeinsam sind. Ein Nachteil dieser Darstellung ist die scheinbare Negierung der Individualität der einzelnen Minnelieder, die aber zweifelsohne besteht. Daher soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Gemeinsamkeiten Unterschiede nicht ausschließen.
Bei der literaturgeschichtlichen Einordnung folge ich Günter Schweikle[1], der eine Entwicklungslinie innerhalb des Minnesangs anhand von Form und Gehalt darlegt. Davon ausgehend verkürzt er den Zeitraum vom Anfang des Minnesangs um 1150/60 bis zu Neidhart um 1210/30. Alle nachfolgenden Dichter lassen sich nicht mehr in die bis dahin gerade Entwicklungslinie einordnen, die in einfachen Formen ihren Ursprung nimmt und sich zu einer ,,formal, struktural und thematisch höchst differenzierten Kunstgattung"[2] ausbildet. Obwohl Schweikle von einer geraden Linie spricht, möchte er die dargestellten sechs Phasen als parallel verlaufend, sich überschneidend und überlagernd verstehen.
Bevor sich die Kunst des Minnesangs in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum durchsetzt, bestimmt das Lateinische den Bereich der Literatur, die darüber hinaus weitgehend geistlicher Natur ist. Dieses Übergewicht wird mit dem Einsetzen des Minnesangs nur abgeschwächt, jedoch nicht beseitigt. Doch nicht nur in der Lyrik ist die Minne ein vorherrschendes Thema, auch im Bereich der Epik wird davon reger Gebrauch gemacht.
Die erste Phase, die sogenannte Frühphase, siedelt Schweikle in der Zeit von 1150/60 bis 1170 an und nennt sie nach der Herkunft der Dichter: den donauländischen Minnesang. Bedeutende Vertreter sind: Meinloh von Sevelingen, Der von Kürenberg, Burggraf von Regensburg, Dietmar von Aist und der Burggraf von Rietenburg. Kennzeichnend für diese Periode sind Einstrophigkeit, Langzeilenstrophen (zuweilen in Kombination mit Kurzzeilenstrophen), Paarreim und die Halbreimlizenz. Im Vordergrund steht Lyrik, die Werbung, Sehnsucht, Scheiden, Fremdsein und Verzicht zum Thema hat. Das Lyrische Ich ist sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts, wobei auch der Wechsel schon Verwendung findet. In dieser Frühphase zeigen sich schon vereinzelt Formen wie Mehrstrophigkeit, stollige Strophenform mit Kreuzreim und Themen wie Fernliebe, Dienstminne sowie Läuterungsminne, die für die folgende Minnesangkunst noch von Bedeutung sein werden.
Die folgende Phase, von Schweikle als erste Hochphase bezeichnet, reicht von 1170 bis 1190/1200. Ebenfalls der Herkunft der Dichter geschuldet, nennt er diese Phase den rheinischen Minnesang. Bedeutende Dichter jener Periode sind u.a. Friedrich von Hausen, Bligger von Steinach, Bernger von Hornheim, Heinrich von Veldeke und Rudolf von Fenis. Charakteristisch für ihre Minnelyrik ist die verstärkte Hinwendung zur Mehrstrophigkeit und zu Stollenstrophen mit zunehmend verfeinerten Reimschemata, die größtenteils den reinen Reim aufweisen. Besonders beliebt ist weiterhin die Minneklage, hinzu kommt jedoch die Kreuzzugsthematik. Auch diese Phase weist Besonderheiten auf, die nachfolgende Minnesänger prägen wird: z.B. durchgereimte Strophen, doppelter Aufgesangkursus und Refrain.
Von 1190 bis 1210/20 währt dann die dritte Phase (bzw. zweite Hochphase), bestimmt durch nur drei Dichter: Heinrich von Morungen, Reinmar und Hartmann von Aue. Erstmals in der Geschichte des Minnesangs kann man bei diesen drei Vertretern von einer ausgeprägten Individualität sprechen. Gemeinsam sind ihnen nur die Weiterentwicklung der Stollenstrophe, der reinen Reime und die Thematik der Hohen Minne. Ansonsten zeichnet sich Reinmar beispielsweise durch die Vorliebe für Entsagungsminne und dem damit verbundenen Minneleid aus. Heinrich von Morungen hingegen wendet sich verstärkt der Lichtmetaphorik zu und seine Verse weisen ein vergleichsweise hohes Maß an Rhythmus und Musikalität auf. Hartmann von Aue betont in seinen Liedern den Dienstaspekt der Minne und wendet sich gegen den Trend der Ritualisierung der Minne. Diese drei bedeutenden Dichter beeinflussen die nachfolgende Lyrik beispielsweise durch: Paarreimstrophen, häufige Verwendung von Wechseln oder Frauenliedern.
Phase vier von 1190-1230 betitelt Schweikle als Höhepunkt und Überwindung, maßgeblich geprägt von Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg. Auch hier steht wieder die Individualität der Dichter im Vordergrund. Wolfram von Eschenbach wird im Verlauf der Arbeit noch genauer vorgestellt und Walter von der Vogelweide zeichnet sich durch seine Mädchen- oder Naturlieder aus.
Die fünfte Phase beginnt für Schweikle mit Neidhart ca. 1210 und endet 1240, da er der erste Dichter ist, der offensichtlich einen so genannten Gegengesang zur höfischen Minnelyrik entwirft. Wie schon bei anderen Dichtern zuvor, ist es sehr schwierig ihre Lyrik in wenigen Sätzen zu charakterisieren. Da Neidhart zudem noch eine Sonderstellung innerhalb des deutschen Minnesangs einnimmt, soll in diesem Rahmen auch nicht weiter auf seine Dichtkunst eingegangen werden.
Wie schon gesagt, endet für Schweikle die geradlinige Entwicklung des Minnesangs bei Neidhart. Daher fasst er alle nachfolgende Minnelyrik in einer großen letzen Phase von 1210 bis 1300 zusammen und nennt ihn späthöfischen Gesang.
Zu Beginn wurde der Begriff Minnesang kurz definiert als Lyrik, die Minne als bestimmendes Thema aufweist. Doch Minnesang ist noch viel mehr, denn schon allein das Wort , minne′ birgt verschiedene Bedeutungen. Ursprünglich meint es >freundliches Gedenken< , steht aber schon bald für ,,emotionale Bindungen, die liep unde leid umfassen."[3] Zudem können verschiedene Spielarten der Minne ermittelt werden. Erstens die wechselseitige Minne, die von gegenseitiger Kontaktsuche geprägt ist. Zweitens die so genannte hohe Minne, die als Bewährungsminne verstanden werden kann. Denn hier wird selbst die „aussichtslose“ Minne, bei der keine Aussicht auf Werbungserfolg besteht, dahingehend erhöht, als dass diese Minneform zu gesteigertem Ansehen des lyrischen Ichs führen kann. Dem gegenüber steht die niedere Minne, die sich zum einen moralisch und zum anderen ständisch von der hohen Minne unterscheidet. Hierbei soll allerdings betont werden, dass die Bezeichnungen von hoher bzw. niederer Minne umstritten sind, da sie eine nicht zu haltende Wertung der Lyrik vornehmen. Weiterhin ist die herzeliebe zu nennen, hier handelt es sich um eine intensive und gegenseitige Liebe, die von Herzen kommt. Schließlich bezeichnet die dörperliche Minne eine Liebesbeziehung außerhalb des Hofes, diese Form ist besonders bei Neidhart anzutreffen und nimmt damit ebenfalls eine Sonderstellung ein.
Minnesang ist demnach im weitesten Sinn Werbelyrik, die überwiegend auch als Leidsang charakterisiert werden kann[4]. Vor allem aber muss dem Rezipienten von heute stets bewusst sein, dass Minnesang in erster Linie eine Vortragsdichtung ist. Dabei ist weniger ausschlaggebend, wer der Vortragende war, ob Autor oder Nachsänger. Es handelt sich um einen Gesang vor höfischem Publikum. Dieser Aspekt darf bei der Analyse eines Minneliedes nie vergessen werden. Des Weiteren wird das Verständnis der Texte durch die moderne Auffassung von Lyrik erschwert, die zumeist als Erlebnisdichtung verstanden wird. Minnesang ist jedoch vorrangig Gedankenlyrik. Das lyrische Ich schildert demnach nicht eigene Erlebnisse, sondern es wird vielmehr über Minne diskutiert, verschiedene Sichtweisen werden aufgezeigt. Ferner ist Minnesang auch als Rollenspiel zu verstehen. Mit Hilfe der fiktionalen Bühne und Personen werden Situationen veranschaulicht, die stellvertretend für mögliche reale Vorgänge stehen. Sie bebildern also die Minnediskussion, spiegeln aber nicht die reale mittelalterliche Welt wider. Somit bleibt Minnesang eine irreale Dichtung, auch das darf bei einer Liedanalyse nicht vergessen werden. Anhand der bisherigen Feststellungen lässt sich wiederum ableiten, dass Minnesang primär Gesellschaftsdichtung ist. Denn es werden mittels des lyrischen Ich ,,modellhaft kollektive Erfahrungen"[5] artikuliert und für alle verständlich gesellschaftliche Leitlinien transportiert. Wobei diese Gesellschaft und die dazugehörigen Normen auf den Hof begrenzt sind.
Doch neben den genannten Aspekten soll an dieser Stelle noch einmal betont werden, dass Minnesang eine Kunst in vielerlei Hinsicht verkörpert. Da ist zum ersten die Fertigkeit, verschiedenste Formen zu entwickeln. Nicht umsonst kann Schweikle eine klare Entwicklungslinie zeichnen, denn die anfangs einfachen Formen münden in eine herausragende Formenvielfalt. Auch wenn die einzelnen Minnelieder Ähnlichkeiten aufweisen, so finden sich doch selten identische Strophenformen und die Reimtechnik verfeinerte sich ebenfalls im Laufe der Zeit. Den Sängern stand nur ein kleiner Topf zu Verfügung, aus dem sie Formen und Themen schöpfen konnten. Umso erstaunlicher ist die Vielfalt, die daraus entstanden ist, einzig durch neue Anordnung und Akzentuierung des Vorhandenen.
So charakterisiert Schweikle Minnesang zusammenfassend als Sprachkunst, die Formen, Themen und Sinndimensionen zu einem geschmackvollen Erlebnis zusammenfügt.
2.2 Die Verfasserfrage
Der Verfasser des zu bearbeitenden Textes trägt den Namen Dietmar von Eist, wobei die Freiherren von Aist ein oberösterreichisches Geschlecht waren. Über den historischen Dietmar von Eist als Verfasser der ihm zugeschriebenen Texte herrscht jedoch Uneinigkeit. Von seiner erstmaligen urkundlichen Erwähnung im Jahre 1139 bis zum Vermerk seines offen-sichtlich kinderlosen Todes im Jahre 1171 tauchen verschiedene Formen dieses Namens auf[6]. Als Dichterzeugnis kann unter anderem Heinrichs von dem Türlin Werk „Der Aventiure Crone“ herangezogen werden, in welchem ein Dietmar von Eist Erwähnung findet, wobei jedoch diese Schreibung möglicherweise auch nur auf den Reim auf „meist“ zurückzuführen sein könnte.[7]
Nun stellt sich die Frage, ob es sich um ein- und dieselbe historische Person handelt, die zudem der Verfasser aller ihr zugeschriebenen Werke ist. De Boor[8] hält dies für sehr unwahrscheinlich, da 1139 ein Dietmar von Aist selbständig urkunde. Selbst wenn man sich sein Werk als in seiner Jugend entstanden dene, müsse es in der Zeit zwischen 1140 und 1150 liegen, womit er an den Anfang des donauländischen Minnesangs träte. Einem solchen Dietmar wären höchstens die altertümlichsten und aus dem Stil der übrigen gänzlich herausfallenden Strophen 37,4 und 37,18 zuzuweisen. Jedoch spräche alles dafür, dass er jünger war als der Kürenberger. Es könnte hingegen sein, dass alle oder einige Texte einem jüngeren Träger des Namens aus einer Seitenlinie, etwa einen Neffen, der als solcher nicht urkundlich nachweisbar ist, zuzuschreiben sind. Auch ein etwas jüngerer Dienstmann des vornehmen und reichen vor 1171 verstorbenen Herrn der Urkunden käme in Frage.[9] Von den Miniaturen in B und C[10] ausgehend wäre ein Freiherr ebenfalls unwahrscheinlich, da sie eher auf einen Fahrenden hindeuten.[11]
[...]
[1] Vgl. G. Schweikle 1995, S.80-108
[2] Vgl. im Folgenden ebd. S.80-103
[3] Vgl. im Folgenden G. Schweikle 1995, S.169-180
[4] Vgl. im Folgenden G. Schweikle 1995, S.217-221
[5] Ebd. S.219
[6] Vgl. G. Schweikle 1977, S.239: Ditmarus de agasta, Diettmar de Agaste, Dietmarus de Agast, Dietmaro de Agist, Dietmar de Aist, Dietmar von Aiste, Dietmar von Ast und Dietmar von Aste
[7] Ebd. S.387
[8] Vgl. Im Folgenden H. De Boor 1991, S. 228
[9] Vgl. G. Schweikle 1977, S.388
[10] Vgl. www.minnesang.de/geschichte/dietmar : in der Miniatur zeigt einen auf einem Esel sitzenden Mann, der unter anderem einen Ast emporhält, was sich auf den Namen „von Ast“ bezieht. Auch der Esel kann im Hinblick auf den Namen gedeutet werden als „Volkspferd“, was sich mit ein wenig etymologischem Humor als diet-mar übersetzen lässt.
[11] Vgl. G. Schweikle 1977, S. 389
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2005, Minnesang: Analyse Dietmars von Eist Seneder vriundinne bote, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49762
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