Positionen lateinamerikanischer Kinderbewegungen bezüglich Kinderarbeit


Dossier / Travail, 2016

17 Pages, Note: 2,7


Extrait


Inhalt

1.Einleitung

2. Kinderbewegungen in Lateinamerika

3. Beispiel Peru - Bewegung der Kinder und Jugendlichen aus christlichen Arbeiterfamilien

4. Schluss

Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Die lateinamerikanische Welt weist nicht nur ein Spektrum an verschiedenartigen Traditionen, Bräuchen, Sprachen auf, sondern kennzeichnet sich, wie jede Kultur auch durch eine spezielle Mentalität und eigene Ansichten und Haltungen gegenüber gewissen Aspekten aus, die sich grundlegend von der westlichen Welt unterscheiden.

Eines dieser unterschiedlichen Sichtweisen wird in dem Phänomen der Kinderarbeit sichtbar. In der vorliegenden Arbeit nehme ich mich dieser Thematik aus dem Blickwinkel der Betroffenen an und versuche eine Antwort bezüglich ihrer Standpunkte und Haltungen zu formulieren. Dabei beschränke ich mich ausschließlich auf diejenigen, die sich in den sogenannten Kinderbewegungen zusammen geschlossen haben, da sie sich ausdrücklich zu der von mir gestellten Frage positionieren.

Das Ziel ist es, durch die Darstellung ihrer Sichtweisen eine differenzierte Wahrnehmung der Facetten von Kinderarbeit herbeizuführen, da die westliche Welt meist ein einseitiges Bild davon hat. Meiner Meinung nach ist es ebenso von Bedeutung, die Forderungen, die die Organisationen arbeitender Kinder und Jugendlicher äußern zu veranschaulichen, da ihre Stimme national sowie international oft ungehört bleibt. Es soll ein Verständnis erlangt werden, welche gesellschaftlichen Veränderungen, aus der Sicht der Kinder notwendig sind, um ihren Lebensalltag positiv zu verbessern.

Im ersten Teil der Arbeit gehe ich auf die lateinamerikanische Welt im Allgemeinen ein. Dies entspringt dem Gedanken, die Wesensmerkmale organisierter Selbsthilfebewegungen inmitten von Kinderarbeit vorzustellen, wobei dabei die Meinungen der arbeitenden Kinder und Jugendlichen in diesem großen geographischen Raum im Wesentlichen erfasst ist. Durch die Kenntnis des Grundgedankens wird die ausgewählte Bewegung MANTHOC lediglich dazu dienen, mit einem geschärften Blick die Leitidee der Organisationen arbeitender Kinder und Jugendlicher aus peruanischer Initiative zu betrachten.

2. Kinderbewegungen in Lateinamerika

2.1 Was versteht man unter einer Kinderbewegung?

Bei einer näheren Auseinandersetzung mit dem Thema, welche Einstellung Kinder und Jugendliche zu der von ihnen verrichteten Arbeit haben, stößt man schnell auf den Begriff Kinderbewegung. Dieser Zusammenschluss von arbeitenden Kindern und Jugendlichen ist der Ausgangspunkt, mit dem man sich befassen muss, um eine konkrete Antwort darauf zu finden, welche Wünsche, Forderungen und Sichtweisen von den Mitgliedern vertreten werden, die innerhalb dieser Organisation frei geäußert werden und die auch das Umfeld nicht ignorieren kann.

Zunächst muss also geklärt werden, was eine Kinderbewegung ist und Manfred Liebels Ansicht nach lässt sie sich folgendermaßen definieren: „Kinderbewegungen (…) sind soziale Bewegungen, bei denen Kinder selbst den Ton angeben und das letzte Wort haben“(Liebel, 1997, S. 118). Des Weiteren betont er, dass es essentiell sei, dass die Kinder darin als Akteure auftreten und „in gemeinsamer Anstrengung und Verantwortung eigene Ziele artikulieren“ (Liebel, 1997, S. 118).

Der Begriff Kinderbewegung ist irreführend, da er Jugendliche scheinbar auszuschließen scheint. Deswegen ist darauf zu achten, dass „sich die Bezeichnung 'arbeitendes Kind' auf vielfältige Arbeits- und Lebensumstände von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre bezieht“ (Kleeberg-Niepage, 2007, S. 253).

Der Begriff, der in Lateinamerika verwendet wird um die Organisationen zu beschreiben lautet NATs, ausgeschrieben: Niños, Niñas y Adolescentes Trabajadores, was übersetzt lautet: arbeitende Jungen, Mädchen und Jugendliche vgl. (ProNATs e.V., o.J.).

Alle wichtigen Aspekte werden somit abgedeckt und daher werde ich im weiteren Verlauf der Arbeit nicht den deutschen Begriff Kinderbewegung verwenden sondern auf den spanischen NATs zurückgreifen oder von den Organisationen arbeitender Kinder und Jugendlichen sprechen.

Im Übrigen muss erwähnt werden, dass Liebel zwei unterschiedliche Erscheinungen der Organisationen von arbeitenden Kindern und Jugendlichen aufzeigt.

Es gibt zum einen die „spontanen Formen der Selbstorganisation der Kinder“, die eine „Auseinandersetzung mit skeptischen bis feindlichen Erwachsenengruppen durchlaufen“ und diejenigen welche, „über landesweit angelegte Strukturen verfügen“ und die Unterstützung von Erwachsenen erfahren (Liebel, 1997, S. 118).

Auf letztere ist in der vorliegender Arbeit der Fokus ausgerichtet. Dabei soll nun die Aufgabe der Erwachsenen näher erläutert werden. Ihr Auftrag ist es, den Kindern eine Stütze zu sein und ihnen bei der Verwirklichung ihrer Interessen beizustehen, z.B. in Form von Beratung. Dies geschieht aber nur, wenn es auch ausdrücklich von den Kindern erwünscht wird. Die Wahrnehmung von Leitungspositionen ist für Erwachsene somit ausgeschlossen vgl. (Liebel, 1997, S. 118) und (ProNATs e.V., o.J.).

Was man noch einer näheren Betrachtung unterziehen sollte, ist die Finanzierung solcher Organisationen. Damit sie an Geld gelangen, ist z.B. die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen üblich, die finanzielle Unterstützung leisten. Eine weitere Option, wie die Kinder und Jugendlichen sich die nötigen finanziellen Mittel verschaffen, sind die Mitgliedsbeiträge.

Bei einigen Organisationen kostet der Erwerb einer Mitgliedskarte Geld, welches anschließend als Beitrag berechnet wird, andere wiederum ziehen den Beitrag unmittelbar von den Löhnen der Teilnehmer ab.

Ferner stellt auch das Geld, das durch Veranstaltungen der Organisationen erbracht wird, eine Einkommensquelle dar vgl. (ProNATs e.V., o.J.).

Auf die konkreten Forderungen wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen, dennoch soll an dieser Stelle beschrieben werden, welches grundsätzliche Ziel sie verfolgen. Das Hauptanliegen ist eine Verbesserung der Stellung der arbeitenden Kinder und Jugendlichen herbeizuführen. Die Anerkennung der Gesellschaft für ihre ausgeführten Tätigkeiten, also das Ausüben von Arbeit, und der Wunsch als ArbeiterIn nicht als ein Opfer wahrgenommen zu werden, hat für sie große Bedeutung vgl.(Kleeberg-Niepage, 2007, S. 252).

2.2 Zahlen und Arbeitssituation der Kinder und Jugendlichen weltweit und in Lateinamerika

Mit Arbeitssituation ist im Folgenden gemeint, die verschiedenen Arbeitsfelder der Kinder und Jugendlichen darzustellen. Konkrete Zahlen der arbeitenden Kinder und Jugendlichen in bestimmten Bereichen aufzustellen, ist dabei jedoch ein schwieriges Unterfangen.

Die folgenden Darstellungen beruhen auf Liebels Ausführungen (Liebel, 2001, S. 63).

Nach seiner Ansicht komme es vor, dass Kinder, die arbeiten und zur Schule gehen, in Statistiken der Regierungen trotzdem als nicht arbeitende Kinder registriert werden, obwohl die Zeit, die dem Nachgehen der Arbeit gewidmet wird höher ausfällt als die Zeit für das Besuchen der Schule.

Des Weiteren geschieht es, dass bei einigen Statistiken nur diejenigen als ArbeiterInnen festgehalten werden, die Teilzeit arbeiten, bei anderen nur die Vollzeit-ArbeiterInnen. Manchmal werden auch Kinder und Jugendliche als ArbeiterInnen eingestuft, die nur gelegentlich einer Arbeitstätigkeit nachgehen.

Außerdem darf nicht die Tatsache außer Acht gelassen werden, dass „in vielen Ländern Kinder, die das Mindestalter für eine legale Arbeitsaufnahme noch nicht erreicht haben (…) überhaupt nicht mitgezählt werden, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, in dem Land werde gegen internationale Vereinbarungen oder die eigenen Gesetze verstoßen“ (Liebel, 2001, S. 63). Was man zudem beachten muss, ist dass „aus Statistiken und Erhebungen oft nicht hervorgeht, ob sich die Angaben auf einen bestimmten Zeitpunkt oder auf einen bestimmten Zeitraum beziehen“ (Liebel, 2001, S. 63).

Er macht deutlich, dass ein Kind also an dem Tag oder in dieser Woche der Befragung gearbeitet haben kann, aber ansonsten generell keiner Arbeit nachgeht. Außerdem werden somit „saisonal oder sporadisch arbeitende Kinder“ außer Acht gelassen (Liebel, 2001, S. 63).

Trotz dieser Einschränkungen liefert UNICEF Zahlen über die Arbeitsfelder, in denen Kinder und Jugendliche weltweit tätig sind.

Die meisten Kinder und Jugendlichen sind laut UNICEF mit einer Zahl von 98 Millionen in der Landwirtschaft beschäftigt. Die nächstgrößere Gruppe ist die der Dienstleistungen mit 54 Millionen Beschäftigten. Des weiteren sind ungefähr 15 Millionen in Haushalten beschäftigt und ca. 12 Millionen ArbeiterInnen lassen sich im informellen Sektor finden vgl.(Charbonneau, 2016).

In Lateinamerika soll es schätzungsweise 14 Millionen arbeitende Kinder und Jugendliche geben vgl.(Weber, o.J.).

Dabei handelt es sich meist um Arbeit in der Landwirtschaft, sowie dem informellen Sektor vgl.(ProNATs e.V., o.J.).

Das folgende Zitat beschreibt die Beschäftigungen, denen speziell im lateinamerikanischen informellen Sektor nachgegangen wird:

„ Die Tätigkeiten im informellen Sektor sind außerordentlich vielfältig, konzentrieren sich aber hauptsächlich auf persönliche Dienstleistungen (Schuhputzer, Kleintransporte, Autowäsche etc.), Klein- und Kleinsthandel (oftmals in ambulanter Form), Reparaturen und handwerkliche Erzeugnisse“ (Quetzal. Leipziger Lateinamerika-Verein [e.V.], 1995).

2.3 Definition von Kinderarbeit im Sinne der Kinderbewegungen und ihre Forderungen

Zu Beginn dieses Kapitels muss an erster Stelle die grundlegendste Sichtweise der arbeitenden Kinder und Jugendlichen geklärt werden; diejenige bezüglich der Kinderarbeit. Der Begriff soll so definiert werden, dass er der Vorstellung der NATs so nahe wie möglich kommt.

Da Kinderarbeit aber unterschiedliche Formen beinhaltet, sollen erst jene aufgezeigt werden, welche von den arbeitenden Kindern und Jugendlichen in den Organisationen in ihrem Lebensalltag nicht praktiziert und somit im weiteren Verlauf der Arbeit ausgeschlossen werden können.

Dabei wird mit den folgenden Erläuterungen als Erstes aufgezeigt, dass die westlichen Vorstellungen von Kinderarbeit sich nicht mit denen der NATs decken.

„Im Westen wird Kinderarbeit [Hervorhebung im Original] assoziiert mit der Periode schlimmster Ausbeutung während der Industrialisierung im 19.Jahrhundert, sie gilt als historisches Phänomen, das – abgesehen von der so genannten 'Dritten Welt' – längst überwunden ist“ (Kleeberg-Niepage, 2007, S. 43).

Das Phänomen wird also, neben dem historischen, eindeutig den Entwicklungsländern zugeschrieben und wird im übrigen als „Kinderprostitution, Kindersklaverei, Kinderhandel, Kinderpornographie, Kindersoldaten oder die Schufterei in so genannten Sweatshops“ wahrgenommen (Kleeberg-Niepage, 2007, 43 f.).

Diese Aufzählung beinhaltet die „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“, die u.a. in der ILO-Konvention Nr. 182 erwähnt werden:

„ Sklaverei und sklavenähnliche Abhängigkeiten, Zwangsarbeit einschließlich des Einsatzes von Kindersoldaten, Kinderprostitution und Kinderpornographie, kriminelle Tätigkeiten wie den Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere Formen der Arbeit, die die Sicherheit und Gesundheit der Kinder gefährden können“ (Charbonneau, 2016).

Diese Arten der Kinderarbeit verletzten die Würde des Menschen aufs äußerste und stehen in keinster Weise im Zusammenhang mit den NATs, die bei dem Begriff Kinderarbeit etwas vollkommen anderes verknüpfen.

Dies betont auch Kleeberg-Niepage mit folgender Aussage: „Die so genannten ,schlimmsten Formen' sind aber eine eigene Thematik, von den Organisationen der arbeitenden Kindern werden diese gar nicht als Arbeit, sondern als Straftaten gewertet“ (Kleeberg-Niepage, 2007, S. 44).

Zunächst ist also festzuhalten, dass Arbeit für die KinderarbeiterInnen nichts zwanghaftes darstellt und somit die zuvor genannten Formen entschieden zurückgewiesen werden: 'Wir wenden uns gegen jede Art von Ausbeutung und weisen ebenso alles zurück was unsere körperliche und moralische Integrität verletzt' (Erklärung von Kundapur, 1996, o.S. zit. in Liebel 2007, S. 61).

[...]

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Positionen lateinamerikanischer Kinderbewegungen bezüglich Kinderarbeit
Note
2,7
Auteur
Année
2016
Pages
17
N° de catalogue
V497498
ISBN (ebook)
9783346017338
ISBN (Livre)
9783346017345
Langue
allemand
Mots clés
positionen, kinderbewegungen, kinderarbeit
Citation du texte
Alexandra Kagerer (Auteur), 2016, Positionen lateinamerikanischer Kinderbewegungen bezüglich Kinderarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497498

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