Diese Arbeit untersucht die Methodik zur Analyse und Dokumentation fachlicher Begriffswelten innerhalb des Unternehmens Telekom. Konkret geht es dabei um das Fachbegriffsmodell. Es geht um die Beschreibung einer Methode zur Modellierung von fachlichen Begriffswelten als Grundlage für die konzeptuelle Datenmodellierung. Dieses Dokument entstand im Jahr 1993 und galt als verschollen, daher fehlen einige Seiten am Ende.
Im Rahmen der Konsolidierung und Entwicklung einer durchgängigen Methodik zur modellbasierten Steuerung von Unternehmen wurde es vom Autor als Grundlagendokument der Öffentlichkeit wieder zugängig gemacht. Viele weiterführende Arbeiten und Dokumente verweisen (beispielsweise Referenz: [Spie93]) auf dieses Grundlagendokument. Sie sind herzlich eingeladen, in einen konstruktiven Dialog mit dem Autor zu treten.
Es werden wichtige Fachbegriffe erklärt und wie diese Fachbegriffe zueinander stehen. Im Fokus dieser Arbeit steht das Fachbegriffsmodell. Darüber hinaus geht es auch um ausgewählte Funktionen.
Methodik zur Analyse und Dokumentation
fachlicher Begriffswelten innerhalb des Unternehmens TELEKOM.
1EINLEITUNG
Unternehmen, die auf Datenbanken basierende IV-Anwendungssysteme betrei ben, entwickeln und pflegen, erkennen nahezu ausnahmslos die Notwendig keit von Datenmodellen zur konzeptuellen Beschreibung von Datenstruktu ren an. Dabei wurden verschiedenste methodische Ansätze entwickelt, um die Semantik fachlicher Anforderungen mithilfe von Datenmodellen so ab zubilden, daß einerseits der Aufbau einer Datenbank gewährleistet ist, andererseits die Fachseite ihre Begriffswelt in diesen Datenmodellen wiederfindet.
Eine Möglichkeit diesem Anspruch gerecht zu werden, bietet der Ansatz der semantischen Datenmodellierung,dessen Grundlage die Analyse der fachlichen Begriffswelt ist. Die im Rahmen einer semantischen Analyse gefundenen Fachbegriffe und deren Beziehungen untereinander werden an schließend als Entitytypen und Beziehungstypen in einem semantischen Da tenmodell "nachgebildet".
Auf der Basis eines semantischen Datenmodells können nun sprachliche Un korrektheiten aufgedeckt und beseitigt sowie die Vereinheitlichung der fachlichen Begriffswelt innerhalb eines Unternehmens vorangetrieben wer den. Das setzt jedoch voraus, daß eine unternehmensweit einheitliche Fachbegriffswelt existiert oder gewünscht ist bzw. überhaupt verwirk licht werden kann. Im Unternehmen TELEKOM z.B. bestehen mehrere in sich eindeutige, sich aber nur teilweise überlappende Fachbegriffswelten. Hier muß das Ziel der Datenmodellierung also sein, einheitliche, wieder verwendbare Datenstrukturen zu erhalten, ohnedie Integrität der einzel nen fachlichen Begriffswelten anzutasten.
Es ist daher notwendig, die fachbegriffliche Abbildung der informellen Objekte und Sachverhalte innerhalb einer Diskurswelt von der datentech nischen Abbildung derselben Objekte und Sachverhalte als Datenmodell zu trennen. Diese Trennung soll im Unternehmen Telekom durch die Einführung einer neuen Modellebene realisiert werden, die oberhalb der Ebene der Datenmodelle in dritter Normalform angeordnet ist.
Der vorliegende Aufsatz soll:
- kurz in die Grundsätze der Begriffsfindung einführen,
- eine, durch das IRM entwickelte, Methode zur Verwaltung von Fachbe- griffsmodellen sowie
- der Referenzierung auf entsprechende Datenmodellobjekte vorstellen.
2VOM GEGENSTAND ZUM FACHBEGRIFF
2.1Gegenstände
Am Anfang Anwendung diese in zerlegt.
jeder Anwendungsentwicklung steht die Analyse der von einer berührten fachlichen Wirklichkeit (Diskurswelt). Hierbei wird eine Vielzahl erfaßbarer und unterscheidbarer Gegenstände
Gegenstände sind in diesem Zusammenhang das, was dem Menschen entgegen steht, worauf seine Erkenntnistätigkeit gerichtet ist. Sie besitzen Ei genschaften, durch die sie sich einer Klasse von Gegenständen zuweisen lassen und können in bestimmten Beziehungen zu anderen Gegenständen stehen.
Gegenstände lassen sich in Dinge krete Dinge) und Geschehnisse einteilen.
(abstrakte sowie materielle bzw.kon (Vorgänge, Verhalten und Handlungen)
2.2Begriffe
Gegenstände der Außenwelt lösen, wenn wir mit ihnen in Kontakt kommen, in uns einen Bezug auf etwas Gleichwertiges (Äquivalenzrelation) oder das Wahrnehmen einer Abhängigkeit zu etwas Anderem (Dependenzrelation) aus.
Im Falle einer Äquivalenzrelation bedeutet dies das Erkennen der Zugehö rigkeit eines Gegenstandes zu einer bereits bekannten Klasse (Entität) oder das Einführen einer, bis dato, unbekannten Klasse (mit dem betrof fenen Gegenstand als erstem Klassenexemplar). Dem Wahrnehmen einer De pendenzrelation geht das Klassifizieren eines Gegenstandes voraus.
Beide Vorgänge führen durch Einordnen in das bewußtseinseigene Begriffs modell zu einer Begriffsbildung. Ein gebildeter Begriff veranlaßt uns nun seinerseits, ihn mit einem Zeichen (Wort, Zeichenkette oder Symbol) zu versehen, das als "Platzhalter" in unserem Bewußtsein dient. Darüber hinaus ist das Zeichen die einzige Möglichkeit, daß dieser Begriff, als:
- gesprochenes bzw. geschriebenes Wort,
- gezeichnetes Symbol oder
- eindeutige Geste (Gehörlosensprache)
unser Bewußtsein über eine Äußerung wieder verlassen kann.
Die Abbildung eines konkreten oder abstrakten Gegenstandes der Außenwelt als Begriff im Bewußtsein eines Menschen ermöglicht es, mit diesem Ge genstand gedanklich zu arbeiten, auch wenn dieser nicht mehr Bestandteil der Außenwelt sein sollte. Eine eindeutige Definition des begrifflichen Umfangs (Extension)ist daher Voraussetzung für eine saubere Begriffs bildung. Die Menge aller Eigenschaften (Intension) und die Extension
eines Begriffes zusammen ersetzen vollwertig einen exemplarischen Ver gleich mit der Wirklichkeit.
2.3Fachbegriffe
Begriffe als Abbild tension sowie einer schäftigung hinaus, von Menschen.
von Gegenständen der Außenwelt mit Extension und In Bezeichnung dienen, über die eigene gedankliche Be zur Kommunikation zwischen Mitgliedern einer Gruppe
Das setzt voraus, daß sich alle Mitglieder dieser Gruppe:
a) über Art, Umfang und Syntax der als Begriffsbezeichnung in Frage kommenden Zeichen (meist Bezeichnungen, aber auch z.B. Sinnbil der auf Flughäfen usw.) und
b) über Extension und Intension, also über die Zuordnung der Be griffe zu Gegenständen der realen Welt einig sind.
Art und Umfang der Gegenstände bestimmen hierbei die Bezugswelt (Diskurswelt) dieser Gruppe.
Ein Begriff wird zum Fachbegriff,wenn:
a) Extension undIntension eines Begriffes eineindeutig einer Klas se von Gegenständen der Diskurswelt zugeordnet sind und
b) die Bezeichnung eines Begriffes ebenfalls eineindeutig vergeben worden ist und nicht mehr geändert werden kann (zumindest nicht ohne Zustimmung aller Gruppenmitglieder).
Zur Klasse der abstrakten Objekte innerhalb der realen Welt gehören un ter Anderem Mengen und deren Exemplare. Im Folgenden soll daher zwischen mengenbeschreibenden Fachbegriffen und Fachbegriffen in der Rolle eines Exemplars unterschieden werden.
2.4Beziehungen zwischen Fachbegriffen
Auf die Gegenstände einer Diskurswelt angewendete fachliche Aussagen werden durch Beziehungen zwischen Fachbegriffen dargestellt.
Folgende Begriffsbeziehungstypen lassen sich unterscheiden:
- Menge-Menge-Zuordnung ("steht in Zusammenhang mit")
- Teil-Ganze-Zuordnung ("is-part-of"),
- Typ-Menge-Zuordnung ("klassifiziert"),
- Merkmal-Menge-Zuordnung ("ist Merkmal von"),
- Teilmenge-Menge-Zuordnung ("is-a"),
- Exemplar-Menge-Zuordnung ("ist Exemplar von") einteilen.
2.4.1Menge-Menge-Zuordnung ("steht in Zusammenhang mit")
Eine Begriffsbeziehung vom Typ chen Beziehungstypen zwischen als gleichberechtigte Partner.
Menge-Menge-Zuordnung umfaßt alle fachli zwei mengenbeschreibenden Fachbegriffen
Die Menge-Menge-Zuordnung kann mit der umgangssprachlichen Aussage "Begriff A steht in Zusammenhang mitBegriff B" umschrieben werden.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Die Fachbegriffe "Kunde" und "Produkt" beschreiben jeweils gleichnamige Mengen, die gleichberechtigt miteinander in Beziehung (Zusammenhang) stehen.
Die Begriffsbeziehung "steht in Zusammenhang mit" selbst könnte z.B. die fachlichen Beziehungstypen:
Kunde kauftProdukt,
- Kunde leihtProdukt aus,
- Kunde reklamiertProdukt oder
- Kunde tauschtProdukt umbeinhalten.
Es wird deutlich, daß eine Begriffsbeziehung eine ganze Klasse von, men genmäßig betrachtet, gleichartigen Beziehungstypen zwischen zwei mengen beschreibenden Fachbegriffen beinhalten kann.
Folgende Abbildung soll diesen Sachverhalt verdeutlichen:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
2.4.2 Teil-Ganze-Zuordnung ("is-part-of")
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Teil-Ganze-Zuordnung ordnet einem mengen beschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Bestandteils einen mengenbe schreibenden Fachbegriff als Ganzes zu. Sie kann u.U. mehrere Bezie hungstypen gleicher Art umfassen.
Die Teil-Ganze-Zuordnung kann mit der umgangssprachlichen Aussage "Be griff A is-part-of(ist Bestandteil von) Begriff B" umschrieben werden.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Die Fachbegriffe "Straße" und "Ort" beschreiben jeweils gleichnamige Mengen. Die Begriffsbeziehung "is-part-of" ordnet die Menge "Straße" der Menge "Ort" derart zu, daß die Aussage "Ein Exemplar Straße(x) ist Be standteil eines Exemplars Ort(x)" gilt.
Bei der Begriffsbeziehung "is-part-of" darf ein Exemplar der Menge "Straße" nicht gleichzeitig Exemplar der Menge "Ort" sein. Entweder ist Etwas ein Bestandteil eines übergeordneten Ganzen und bildet, zusammen mit anderen Bestandteilen, dieses Ganze oder es ist das Ganze selbst.
Eine Teil-Ganze-Zuordnung ist also fachlich korrekt eingesetzt, wenn
gilt:
- ein Exemplar Straße(x) ist nichtein Exemplar Ort(x)
Rekursionen sind in diesem Zusammenhang auf der Fachbegriffsebene nicht erlaubt, da sich immer die entsprechenden Oberteil- bzw. Unterteilrollen als Teilmengen des rekursiv betrachteten Fachbegriffs herausbilden lassen.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
2.4.3Typ...Menge-Zuordnung("klassifiziert")
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Typ-Menge-Zuordnung ordnet einem mengen beschreibenden Fachbegriff als Typ / Klasse einen mengenbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Typ- bzw. Klassenelementes zu. Sie kann
u.U. mehrere Beziehungstypen gleicher Art umfassen.
Die Typ-Menge-Zuordnung mit der umgangssprachlichen Aussage "Begriff A
klassifiziert(typisiert) Begriff B" umschrieben werden.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Die Fachbegriffe "Vereinbarungstyp" und "Vereinbarung" beschreiben je weils gleichnamige Mengen. Die Begriffsbeziehung "klassifiziert" ordnet die Menge "Vereinbarungstyp" der Menge "Vereinbarung" derart zu, daß die Aussage "Ein Exemplar Vereinbarung (x) ist von Typ eines Exemplars Ver einbarungstyp(x)" gilt.
2.4.4Merkmal-Menge-Zuordnung ("ist Merkmal von")
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Merkmal-Menge-Zuordnung ordnet einem men genbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Merkmalträgers einen an deren mengenbeschreibenden Fachbegriff als Merkmal (im Sinne einer Merk malausprägungsmenge) dieses Fachbegriffes zu.
Die Merkmal-Menge-Zuordnung läßt sich umgangssprachlich durch die Aussa ge "Begriff Aist Merkmal der MengeBegriff B" umschreiben.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Der Fachbegriff "Abschlußdatum" wird dem mengenbeschreibenden Fachbe griff "Vereinbarung" als Merkmal jeden Exemplars der Menge "Ver einbarung" zugeordnet. Dabei ist zu beachten, daß ein Merkmalsbegriff ebenfalls mengenbeschreibender Natur ist. In diesem Beispiel beschreibt der Fachbegriff "Abschlußdatum" die Menge aller gültigen Abschlußzeit punkte "...nach dem gregorianischen Kalender" (mögliche Extension dieses Begriffes).
Eine Merkmal-Menge-Zuordnung ist fachlich korrekt eingesetzt, wenn die Aussage "JedesExemplar Vereinbarung(x) trägt eine Ausprägung des Merk mals Abschlußdatum" gilt.
2. 4. 5 Teilmenge-Menge-Zuordnung ( "is-a")
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Teilmenge-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff einen anderen als teilmengenbeschrei benden Fachbegriff zu.
Die Teilmenge-Menge-Zuordnung kann mit der umgangssprachlichen Aussage "Begriff A is-a(ist ein) Begriff B" umschrieben werden.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Die Fachbegriffe "Ort" und "Gebiet" beschreiben jeweils gleichnamige Mengen, wobei die Menge "Ort" über die "is-a"-Beziehung der Menge "Ge biet" als Teilmenge zugeordnet ist.
Eine Teilmenge-Menge-Zuordnung ist auf dieses Beispiel bezogen dann fachlich korrekt eingesetzt, wenn sowohl:
- die Aussage "Ein Exemplar Ort(x) isteinExemplar Gebiet(x)." als auch
die Aussage "Ein Exemplar Gebiet(x) isteinExemplar Ort(x)" wahr sind.
Die Teilmenge-Menge-Zuordnung kann auch zwei merkmalbeschreibende Fach begriffe miteinander in Beziehung setzen.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Die Fachbegriffe "Ortsname" und "Gebietsbezeichnung" sind jeweils Merk male der mengenbeschreibenden Fachbegriffe "Ort" und "Gebiet". Wird, wie in diesem Fall, die Menge aller Orte als Teilmenge der Menge aller Ge biete gesehen, können auch Merkmale im Sinne von Merkmalausprägungsmen gen in einem Teilmengenverhältnis stehen. Hier ist die Menge aller Orts namen eine Teilmenge der Menge aller Gebietsbezeichnungen.
2. 4. 6 Exemplar-Menge-Zuordnung ("ist Exemplar von")
Die Exemplar-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbe griff einen anderen Fachbegriff (in der Rolle eines Exemplars) als die ser Menge explizit angehörig zu.
Die Exemplar-Menge-Zuordnung läßt sich umgangssprachlich durch die Aus sage "Begriff AistExemplar der MengeBegriff B" umschreiben.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Der in der Rolle eines Exemplars auftretende Fachbegriff "Kaufvertrag" wird dem mengenbeschreibenden Fachbegriff "Vereinbarungstyp" als Exem plar der Menge "Vereinbarungstyp" explizit angehörig zugeordnet.
Es besteht die Gefahr, daß die Exemplar-Menge-Zuordnung mit der Teilmenge-Menge-Zuordnung verwechselt wird. oberflächlich betrachtet, genügen beide Begriffsbeziehungen der Aussage "Kaufvertrag ist ein Ver einbarungstyp" bzw. umgekehrt. untersucht man jedoch genauer die Mengen verhältnisse, wird der Unterschied klar.
Der Fachbegriff "Vereinbarungstyp" beschreibt die Menge aller Vereinba rungstypen innerhalb einer Diskurswelt. Eine Teilmenge-Menge-Zuordnung würde den Fachbegriff "Kaufvertrag" als mengenbeschreibenden Fachbegriff zuordnen und zur fehlerhaften Aussage: "Ein Exemplar Kaufvertrag(x) ist ein Exemplar Vereinbarungstyp(x)" führen. Ein Kaufvertrag ist jedoch ei ne Vereinbarung und keinVereinbarungstyp.
Der Kaufvertrag ist in diesem Zusammenhang daher als eine bewußt gewoll te Ausprägung eines Vereinbarungstyps, als ein konkretes Exemplar dieser Menge zu verstehen. Daher gilt die Aussage
- "Kaufvertrag ist(ein) Exemplar der Menge Vereinbarungstyp".
3DIE FACHLICHE BEGRIFFSWELT ALS FACHBEGRIFFSMODELL
In großen Unternehmen gibt es verschiedene Unternehmensbereiche, die nicht zwangsläufig etwas miteinander inhaltlich zu tun haben müssen. Diese Bereiche besitzen, unabhängig davon, ob sich die Gegenstände der realen Arbeitswelt unterscheiden, ihre eigene, abgeschlossene, in sich eindeutige Fachbegriffswelt. Erkennbare Überschneidungen der realen Ar beitswelten lassen nicht zwingenderweise den Schluß zu, man müsse im Rahmen der Datenmodellierung eine Begriffsvereinheitlichung durchführen. Besonders, wenn der Aufwand für die Umstellung der Begrifflichkeiten in keinem Verhältnis zu dem Nutzen stehen würde.
Daher muß einerseits diesen Gruppen eine Möglichkeit angeboten werden, die Fachbegriffe ihrer Diskurswelt und deren Beziehungen abbilden zu können und andererseits dem IRM das Überführen fachlich berechtigter Sichten in ein unternehmensweites Datenmodell erleichtert werden.
4 VOM FACHBEGRIFFSMODELL ZUM DATENMODELL
Fachbegriffsmodelle beschreiben die fachlichen Gegenstände sowie die mit ihnen zusammenhängenden Sachverhalte der Diskurswelt eines Unternehmens bereichs. Soll ein Teil dieser Diskurswelt bzw. sie als Ganzes durch ei ne datenbankorientierte IV-Anwendung abgedeckt werden, müssen die Fach begriffsmodelle in geeigneter Weise durch ein Datenmodell abgebildet werden. Bei diesem Abbildungsvorgang muß berücksichtigt werden, daß meh rere Diskurswelten sich fachlich überlappen d.h. gemeinsame fachliche Gegenstände besitzen können. Die Abbildung dieser Gemeinsamkeiten muß zu gemeinsam nutzbaren Datenstrukturen führen, ohne die Eigenständigkeit der Begriffswelten zu verletzen. Datenmodelle, welche in großem Umfang verschiedene Diskurswelten eines Unternehmens in sich vereinen, werden als Unternehmensdatenmodelle (UDM) bezeichnet.
Die Entwicklung eines Unternehmensdatenmodells ist in erster Linie das Fortsetzen der auf der Ebene der fachlichen Diskurswelten bereits abge schlossenen Begriffsanalyse. Fachbegriffe verschiedener Diskurswelten werden daraufhin untersucht, inwieweit sich ihre Extensionen und Inten sionen überdecken bzw. einander ergänzen. Bereits erkannte Teilmenge Menge-Zuordnungen gehen dabei in übergeordnete auf oder werden zugunsten einer Typ-Menge-Zuordnung aufgelöst. Am Ende dieses Vorgangs steht die Abbildung der erhaltenen UDM-Begriffe als Entitätsmengen, Beziehungsmen gen und Attributausprägungsmengen in Form eines konzeptuellen Datenmodells.
4.1 Abbildung von Fachbegriffen im UDM
Fachbegriffe außerhalb der Begrifflichkeit des UDM können über folgende Abbildungen in einem UDM abgebildet werden:
- Deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung ("ist deckungsgleich mit"),
- Teilmenge-Menge-Abbildung("ist Teilmenge von"),
- Exemplar-Menge-Abbildung ("ist Exemplar von").
4.1.1 Deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung ("ist deckungsgleich mit")
Die deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung bildet eine durch einen men genbeschreibenden Fachbegriff dargestellte Menge als deckungsgleiche Entitäts- oder Attributausprägungsmenge ab. Die abgebildete Menge ist in Zahl und Art der Exemplare identisch mit der Ursprungsmenge.
Eine deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung kann mit den umgangssprachli chen Aussagen "Begriff Aist deckungsgleich mitEntitytyp A" oder "Merk mal Bist deckungsgleich mitAttribut B" umschrieben werden.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Sollbearbeitungsdauer
Die beiden Fachbegriffe "Aufgabe" und "Sollbearbeitungsdauer" beschrei ben jeweils gleichnamige Mengen. Mithilfe deckungsgleicher Menge-Menge Abbildungen wird der Fachbegriff "Aufgabe" durch die deckungsgleiche Entitätsmenge "Aufgabe" und der Fachbegriff "Sollbearbeitungsdauer" durch die deckungsgleiche Attributausprägungsmenge "Sollbearbeitungsdau er" abgebildet.
4.1.2Teilmenge-Menge-Abbildung("istTeilmengevon")
Die Teilmenge-Menge-Abbildung bildet eine durch einen mengenbeschreiben den Fachbegriff dargestellte Menge als Teilmenge einer Entitäts- oder Attributausprägungsmenge ab. Sie kann mit den umgangssprachlichen Aussa gen "Begriff Aist Teilmenge vonEntitytyp A" oder "Merkmal Bist Teil menge vonAttribut B" umschrieben werden.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Die Fachbegriffe "Straße" und "Straßenname" beschreiben jeweils gleich namige Mengen. Über die Teilmenge-Menge-Abbildung wird die Menge aller Straßen als Teilmenge der Menge aller Gebiete definiert. Die Ausprä gungsmenge des Merkmals "Straßenname" wird ebenfalls über eine Teilmenge-Menge-Abbildung als Teilmenge der Menge aller Gebietslangbe zeichnungen (Ausprägungsmenge des Attributs "Gebietslangbezeichnung") festgelegt.
Wird ein gegenstandsmengenbeschreibender Fachbegriff über eine Teil menge-Menge-Abbildung einer Entitätsmenge als Teilmenge zugewiesen, sollte überprüft werden, ob die zugehörigen Merkmale nicht in gleicher Weise abgebildet werden müssen.
4 .1. 3 Exemplar-Menge-Abbildung("istExemplar von")
Die Exemplar-Menge-Abbildung bildet einen exemplarbeschreibenden Fachbe griff als ein einer Entitäts- oder Attributausprägungsmenge explizit an gehöriges Exemplar ab. Sie läßt sich umgangssprachlich durch die Aussage "Begriff A ist Exemplar vonEntitytyp A" bzw. "Merkmal B ist Exemplar vonAttribut B" umschreiben.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Der Fachbegriff "Ort" wird in diesem Fall in zwei verschiedenen Datenmo dellobjekten abgebildet.
a) Der Fachbegriff "Ort" wird über die Exemplar-Menge-Abbildung als ein konkretes Exemplar der Entitätsmenge "Gebietstyp" zugeord net. Durch diese Abbildung ist die Existenz einer Ausprägung "Ort" des Gebietstyps zwingend festgelegt worden.
b) Der Fachbegriff "Ort" wird über die Exemplar-Menge-Abbildung als ein konkretes Exemplar der Attributausprägungsmenge "Gebietstyp langbezeichnung" zugeordnet. Genaugenommen ist es die Zeichen kette"Ort",welche über die Exemplar-Menge-Abbildung das Vor handensein einer Ausprägung "Ort" des Attributs "Gebietstyp langbezeichnung" festlegt.
Häufig wird eine Exemplar-Menge-Abbildung in der hier dargestellten Kom bination eingesetzt. Dadurch läßt sich, auf das Beispiel bezogen, abbil den, daß:
a) der "Ort" eine Ausprägung des Gebietstyps ist und
b) diese Ausprägung auch die Gebietstyplangbezeichnung "Ort" trägt.
Die funktionale Abhängigkeit (functional dependancy) zwischen einer Aus prägung (Tabellenzeile) "Ort" und der Ausprägung (Spaltenwert) der Spal te "Gebietstyplangbezeichnung" wird eigentlich erst durch eine konkrete Tabellenzeile definiert. Trotzdem kann dieser Punkt vernachlässigt wer den, da es wenig Sinn macht, z.B. einen Gebietstyp "Ort" festzulegen, um ihm anschließend die Gebietstyplangbezeichnung "Straße'' zuzuteilen.
4.2Zuordnung von Funktionen
zu der vollständigen Abbildung von teilmengenbeschreibenden Fachbegrif fen in einem UDM gehören entsprechende Funktionen, welche es möglich ma chen, die gewünschte Teilmenge in einer übergeordneten Menge wiederzu finden sowie die benötigten Attribute festzulegen.
Gleiches gilt für Attribute, deren Inhalte sich nicht aus direkten Be nutzereingaben ergeben, sondern aus den Inhalten anderer Attribute abge leitet werden. Einern merkmalbeschreibenden Fachbegriff dieser Art, muß ebenfalls eine Funktion zugeordnet werden können, die entsprechende Ab leitungsvorschriften beinhaltet.
Die Zuordnung dieser Funktionen zu den Fachbegriffen erfolgt über die:
- Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung sowie die
- Merkmalableitung-Funktion-Zuordnung.
4.2.1 Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung
Der hohe Abstraktionsgrad eines UDM hat zur Folge, daß die meisten Fach begriffe einzelner fachlicher Diskurswelten als Teilmengen von Obermen gen im UDM abgebildet werden. Häufig werden diese Obermengen durch kom plexe Strukturen defininiert. Mithilfe von Funktionen können die benö tigten Attribute aus der Menge aller Attribute ausgewählt (Projektion) und durch geeignete Bedingungen die Exemplare der Teilmenge herausgefil tert werden(Selektion).
Über die Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung wird einem teil mengenbeschreibenden Fachbegriff eine Funktion zugeordnet, welche die Selektionsbedingungen sowie die Attributauswahl festlegt.
Beispiel:
Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Zweck dieses Dokuments "Methodik zur Analyse und Dokumentation fachlicher Begriffswelten innerhalb des Unternehmens TELEKOM"?
Dieses Dokument beschreibt eine Methodik zur Analyse und Dokumentation fachlicher Begriffswelten innerhalb des Unternehmens TELEKOM. Es behandelt die Notwendigkeit von Datenmodellen zur konzeptuellen Beschreibung von Datenstrukturen und die Anwendung der semantischen Datenmodellierung.
Was ist semantische Datenmodellierung?
Semantische Datenmodellierung basiert auf der Analyse der fachlichen Begriffswelt. Fachbegriffe und deren Beziehungen werden in einem semantischen Datenmodell als Entitytypen und Beziehungstypen abgebildet.
Warum ist eine unternehmensweit einheitliche Fachbegriffswelt nicht immer das Ziel?
Im Unternehmen TELEKOM bestehen mehrere, in sich eindeutige, sich aber nur teilweise überlappende Fachbegriffswelten. Das Ziel der Datenmodellierung ist es hier, einheitliche, wiederverwendbare Datenstrukturen zu erhalten, ohne die Integrität der einzelnen fachlichen Begriffswelten anzutasten.
Wie wird die Trennung zwischen fachbegrifflicher Abbildung und datentechnischer Abbildung realisiert?
Die Trennung soll durch die Einführung einer neuen Modellebene realisiert werden, die oberhalb der Ebene der Datenmodelle in dritter Normalform angeordnet ist.
Was sind die Ziele des vorliegenden Aufsatzes?
Der Aufsatz soll kurz in die Grundsätze der Begriffsfindung einführen, eine Methode zur Verwaltung von Fachbegriffsmodellen vorstellen und der Referenzierung auf entsprechende Datenmodellobjekte beschreiben.
Was sind Gegenstände im Kontext der Anwendungsentwicklung?
Gegenstände sind das, was dem Menschen entgegensteht, worauf seine Erkenntnistätigkeit gerichtet ist. Sie besitzen Eigenschaften, durch die sie sich einer Klasse von Gegenständen zuweisen lassen und können in bestimmten Beziehungen zu anderen Gegenständen stehen. Sie lassen sich in Dinge (abstrakte sowie materielle bzw. konkrete Dinge) und Geschehnisse (Vorgänge, Verhalten und Handlungen) einteilen.
Wie entstehen Begriffe?
Begriffe entstehen durch Einordnen von Gegenständen in das bewußtseinseigene Begriffsmodell. Ein gebildeter Begriff wird mit einem Zeichen (Wort, Zeichenkette oder Symbol) versehen, das als "Platzhalter" im Bewußtsein dient.
Was ist ein Fachbegriff?
Ein Begriff wird zum Fachbegriff, wenn Extension und Intension eineindeutig einer Klasse von Gegenständen der Diskurswelt zugeordnet sind und die Bezeichnung ebenfalls eineindeutig vergeben wurde und nicht mehr geändert werden kann (zumindest nicht ohne Zustimmung aller Gruppenmitglieder).
Welche Begriffsbeziehungstypen werden unterschieden?
Folgende Begriffsbeziehungstypen lassen sich unterscheiden: Menge-Menge-Zuordnung ("steht in Zusammenhang mit"), Teil-Ganze-Zuordnung ("is-part-of"), Typ-Menge-Zuordnung ("klassifiziert"), Merkmal-Menge-Zuordnung ("ist Merkmal von"), Teilmenge-Menge-Zuordnung ("is-a"), Exemplar-Menge-Zuordnung ("ist Exemplar von").
Was beschreibt die Menge-Menge-Zuordnung?
Die Begriffsbeziehung vom Typ Menge-Menge-Zuordnung umfaßt alle fachlichen Beziehungstypen zwischen zwei mengenbeschreibenden Fachbegriffen als gleichberechtigte Partner.
Was beschreibt die Teil-Ganze-Zuordnung ("is-part-of")?
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Teil-Ganze-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Bestandteils einen mengenbeschreibenden Fachbegriff als Ganzes zu.
Was beschreibt die Typ-Menge-Zuordnung ("klassifiziert")?
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Typ-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff als Typ / Klasse einen mengenbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Typ- bzw. Klassenelementes zu.
Was beschreibt die Merkmal-Menge-Zuordnung ("ist Merkmal von")?
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Merkmal-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Merkmalträgers einen anderen mengenbeschreibenden Fachbegriff als Merkmal (im Sinne einer Merkmalausprägungsmenge) dieses Fachbegriffes zu.
Was beschreibt die Teilmenge-Menge-Zuordnung ("is-a")?
Eine Begriffsbeziehung vom Typ Teilmenge-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff einen anderen als teilmengenbeschreibenden Fachbegriff zu.
Was beschreibt die Exemplar-Menge-Zuordnung ("ist Exemplar von")?
Die Exemplar-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff einen anderen Fachbegriff (in der Rolle eines Exemplars) als die ser Menge explizit angehörig zu.
Was sind Unternehmensdatenmodelle (UDM)?
Datenmodelle, welche in großem Umfang verschiedene Diskurswelten eines Unternehmens in sich vereinen, werden als Unternehmensdatenmodelle (UDM) bezeichnet.
Wie werden Fachbegriffe außerhalb der Begrifflichkeit des UDM in einem UDM abgebildet?
Fachbegriffe können über folgende Abbildungen in einem UDM abgebildet werden: Deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung ("ist deckungsgleich mit"), Teilmenge-Menge-Abbildung ("ist Teilmenge von"), Exemplar-Menge-Abbildung ("ist Exemplar von").
Was beschreibt die deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung?
Die deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung bildet eine durch einen mengenbeschreibenden Fachbegriff dargestellte Menge als deckungsgleiche Entitäts- oder Attributausprägungsmenge ab.
Was beschreibt die Teilmenge-Menge-Abbildung?
Die Teilmenge-Menge-Abbildung bildet eine durch einen mengenbeschreibenden Fachbegriff dargestellte Menge als Teilmenge einer Entitäts- oder Attributausprägungsmenge ab.
Was beschreibt die Exemplar-Menge-Abbildung?
Die Exemplar-Menge-Abbildung bildet einen exemplarbeschreibenden Fachbegriff als ein einer Entitäts- oder Attributausprägungsmenge explizit angehöriges Exemplar ab.
Welche Funktion Zuordnungen Gibt es?
Es gibt die Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung sowie die Merkmalableitung-Funktion-Zuordnung.
Was beschreibt die Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung?
Über die Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung wird einem teilmengenbeschreibenden Fachbegriff eine Funktion zugeordnet, welche die Selektionsbedingungen sowie die Attributauswahl festlegt.
- Quote paper
- Harald W. J. Spiegel (Author), 1994, Methodik zur Analyse und Dokumentation von fachlichen Begriffswelten im Unternehmen Telekom, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497478