Im Rahmen dieser Bachelorarbeit im Bereich der allgemeinen und neurokognitiven Psychologie, befasst sich diese Studie mit den Blickbewegungsmustern beim Betrachten von bekannten und unbekannten Gesichtern. Mit Hilfe von entsprechenden Methoden, wie Eye-Tracking und den zugrunde liegenden Modellen der Gesichtserkennung, wird im Folgenden einer Frage nachgegangen, welche durch die forensische und die Rechtspsychologie geprägt ist: Lässt sich anhand der Blickbewegungen einer Person erkennen, ob ein Gesicht erkannt wurde, obwohl ein Wiedererkennen geleugnet wird?
Implikation:
Ein 11 jähriger Junge wird seit Tagen vermisst. Die Indizienlage ist schwach, doch Zeugenaussagen führen endlich zu einem Hauptverdächtigen. Beamte befragen den 80 km entfernt wohnhaften Vertreter für Kühlsysteme und bei Vorlage eines Fotos des vermissten Jungen gibt dieser lächelnd an, ihn noch nie gesehen zu haben. Der Anfangsverdacht kann auch im weiteren Verlauf der Vernehmung nicht erhärtet werden. Unwiederbringlich der Moment, der so nicht für die Aufklärung des Falles nutzbar gemacht werden konnte. Der "erste" Blick eines Tatverdächtigen auf den Vermissten.
Blickbewegungsmessung könnte genau an diesem Punkt einen für die weiteren Ermittlungen wegweisenden Hinweis geben: Erkannt oder nicht erkannt. Denn man kann nicht nicht erkennen. Man kann nur versuchen zu verdecken. Schaut sich ein Zeuge oder ein Tatverdächtiger in einer Lichtbildvorlage Personen an und behauptet, er habe keine der abgebildeten Personen erkannt, können durch einen Eye-Tracker zusätzliche Informationen gewonnen werden. Wenn man sich die beiden Parameter (Anzahl und Dauer der Fixationen auf den äußeren Gesichtsmerkmalen) für die unterschiedlichen vorgelegten Bilder ansieht und man deutlich geringere Werte bei einem dieser Bilder erkennt, kann das ein Hinweis darauf sein, dass die Person bei diesem Gesicht gelogen hat, und in Wahrheit sehr wohl erkannt hat. Es ist kein großer technischer Aufwand, einen Computer mit einem Eye-Tracker auszustatten. Bei einer klassischen Lichtbildvorlage mit 9 Bildern ist es jedoch fraglich, ob die gewonnen Daten zu einer eindeutigen Aussage führen können. Um die Antwortraten vergleichen zu können, müsste eine zusätzliche Wahrheits-Kondition durchgeführt werden. Die in dieser Studie gefundenen Effekte müssen also noch weiter untersucht werden, bevor sie eventuell eines Tages in der Forensik eingesetzt werden können.
Inhaltsverzeichnis
- ABSTRACT
- 1 EINLEITUNG
- 2 THEORETISCHER HINTERGRUND
- 2.1 Wahrnehmung von Gesichtern
- 2.1.1 Interne und Externe Merkmale von be- und unbekannten Gesichtern
- 2.1.2 Blickbewegungen bei der Wiedererkennung von Gesichtern
- 2.2 Personenidentifizierung
- 2.2.1 Die Gegenüberstellung
- 2.2.1.1 Simultane und sequentielle Gegenüberstellung
- 2.2.2 Zeugenfaktoren
- 2.3 Falschaussage & Verdeckung
- 2.3.1 Falschaussage und Verdeckung in der Forschung
- 2.3.2 Falschaussage und Verdeckung in der Forensik
- 3 FRAGESTELLUNGEN & ZIELE
- 4 MATERIAL & METHODE
- 4.1 Stichprobe
- 4.2 Stimuli & Prozedere
- 4.2.1 Stimuli
- 4.2.2 Messgeräte
- 4.2.3 Prozedere
- 4.2.4 Manipulationscheck
- 5 AUSWERTUNG
- 5.1 Trefferquote
- 5.2 Antwortzeit
- 5.3 Blickbewegungsdaten
- 5.3.1 Anzahl Fixationen
- 5.3.1.1 Anzahl Fixationen außerhalb der Stimuli
- 5.3.2 Fixationsdauer
- 6 ERGEBNISSE
- 6.1 Treffsicherheit
- 6.2 Antwortzeit
- 6.3 Blickbewegungsdaten
- 7 DISKUSSION
- 7.1 Diskussion der Ergebnisse
- 7.2 Grenzen der Untersuchung
- 7.3 Implikationen
- 8 ZUSAMMENFASSUNG & AUSBLICK
- Wahrnehmung von Gesichtern und die Rolle von inneren und äußeren Merkmalen
- Blickbewegungen bei der Wiedererkennung von Gesichtern und die Auswirkungen von Lügen
- Personenidentifizierung in forensischen Untersuchungen und die Rolle von Zeugenfaktoren
- Falschaussage und Verdeckung als Phänomene in der Forschung und in der Praxis
- Die Verwendung von Blickbewegungsdaten zur Aufdeckung von Täuschung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Untersuchung von Fixationsmusteranomalien beim Leugnen bekannter Gesichter. Ziel ist es, die Veränderungen in den Augenbewegungen bei Lügen aufzudecken und diese als Indikatoren für die Wahrheitsfindung zu nutzen.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 stellt das Thema der Bachelorarbeit vor und erläutert den wissenschaftlichen Hintergrund. Kapitel 2 beleuchtet den theoretischen Rahmen der Arbeit und befasst sich mit der Wahrnehmung von Gesichtern, Personenidentifizierung und den Phänomenen Falschaussage und Verdeckung. Es werden die relevanten Forschungsarbeiten und forensischen Aspekte diskutiert. Kapitel 3 beschreibt die Fragestellungen und Ziele der Studie. Kapitel 4 geht detailliert auf die Materialien und Methoden der Untersuchung ein, einschließlich der Stichprobe, der Stimuli, der Messgeräte und des Prozedere. Kapitel 5 beschreibt die Auswertung der Daten, einschließlich der Trefferquote, der Antwortzeiten und der Blickbewegungsdaten. Kapitel 6 präsentiert die Ergebnisse der Studie, wobei die Treffsicherheit, die Antwortzeiten und die Blickbewegungsdaten analysiert werden. Kapitel 7 diskutiert die Ergebnisse der Studie, betrachtet die Grenzen der Untersuchung und die Implikationen für die Praxis. Kapitel 8 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungsmöglichkeiten.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Fixationsmusteranomalien beim Leugnen bekannter Gesichter. Im Fokus stehen die Analyse von Blickbewegungen, die Erkennung von Täuschung, die Personenidentifizierung, die Wahrheitsfindung, die Anwendung von Blickbewegungsdaten in forensischen Untersuchungen und die Rolle von Zeugenfaktoren. Weitere wichtige Konzepte sind die Wahrnehmung von Gesichtern, interne und externe Merkmale, Falschaussage und Verdeckung.
- Quote paper
- Leander Modersohn (Author), 2018, Fixationsmuster-Anomalien beim Leugnen bekannter Gesichter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496731