Diese Arbeit setzt sich mit den Gedichten "Comparazione" von Gaspara Stampa und "Mar Grigio" von Aldo Palazzeschi auseinander und interpretiert diese im Hinblick auf den globalen Inhalt, Aufbau, Wortwahl und Kontext.
Mit dem Gedicht "Comparazione" lässt Gaspara Stampa ihren Gefühlen für den Geliebten freien Lauf. Es entsteht um 1550, zu einer Zeit, in der ihr Herz zur Gänze ihrem angebeteten Graf Collaltino di Collalto gehört. Das gefühlsbetonte Sonett lässt erahnen, dass Gaspara Stampa keine glückliche Liebesbeziehung mit dem Mann ihres Herzens führt und drückt, mit Hilfe von Vergleichen, große Freude und tiefes Leid gleichermaßen aus.
Die Entstehung des Sonetts fällt in die Epoche der Renaissance und des Humanismus, und das dieser Epoche charakteristische Motiv der Menschlichkeit kommt in Comparazione zum Ausdruck: die Gefühlswelt einer Frau, welche ihre einfach menschlichen Empfindungen und Erfahrungen mit der Liebe niederschreibt.
Aldo Palazzeschi kommt 1885 zur Welt und verstirbt im Jahr 1974 im Alter von 91 Jahren. Sein Gedicht "Mar Grigio" entsteht im Jahr 1909. Die zu dieser Zeit vorhandene Strömung "crepuscolarismo" beeinflusst auch Palazzeschi, der die "ironisch-negative Haltung der 'crepuscolari' der Dichtung und dem Dichter gegenüber zu ihrer letzten Konsequenz [führt]".
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird Kunst als "Unterhaltungsmittel" für die Gesellschaft gesehen, insofern kann "Mar Grigio" als ironische Beschreibung des Künstlerlebens Palazzeschis interpretiert werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Gaspara Stampa: Comparazione
1.1. Globaler Inhalt
1.2. Aufbau des Gedichts
1.3. Wortwahl
1.4. Kontext
1.5. Schluss
2. Aldo Palazzeschi: Mar Grigio
2.1. Globaler Inhalt
2.2. Aufbau des Gedichts
2.3. Wortwahl
2.4. Kontext
2.5. Schluss
3. Bibliographie
1. Gaspara Stampa: Comparazione
1.1. Globaler Inhalt
Mit dem Gedicht Comparazione lässt Gaspara Stampa ihren Gefühlen für den Geliebten freien Lauf. Es entsteht um 1550, zu einer Zeit, in der ihr Herz zur Gänze ihrem angebeteten Graf Collaltino di Collalto gehört1. Das gefühlsbetonte Sonett lässt erahnen, dass Gaspara Stampa keine glückliche Liebesbeziehung mit dem Mann ihres Herzens führt und drückt, mit Hilfe von Vergleichen, große Freude und tiefes Leid gleichermaßen aus. Die Entstehung des Sonetts fällt in die Epoche der Renaissance und des Humanismus, und das dieser Epoche charakteristische Motiv der Menschlichkeit kommt in Comparazione zum Ausdruck: die Gefühlswelt einer Frau, welche ihre einfach menschlichen Empfindungen und Erfahrungen mit der Liebe niederschreibt.
1.2. Aufbau des Gedichts
Comparazione ist ein klassisches Sonett mit 14 Verszeilen, gegliedert in vier Strophen. Es besteht aus zwei Quartetten und zwei Terzetten. Das Gedicht ist dementsprechend durch sein Druckbild als Sonett erkennbar.
Comparazione
1 Io assimiglio io mio signor al cielo
2 meco sovent. Il suo bel viso è ’l sole;
3 gli occhi, le stelle; e ’l suon de le parole
4 è l’armonia, che fa il signor di Delo
5 Le tempeste, le piogge, i tuoni e ’l gelo
6 son i suoi sdegni, quanto irar si suole;
7 le bonacce e ’l sereno è quando vuole
8 Squarciar de l’ire sue benigne il velo.
9 La primavera e ’l germogliar de’ fiori
10 è quando ei fa fiorir la mia speranza,
11 promettendo tenermi in questo stato.
12 L’orrido verno è poi, quando cangiato
13 minaccia di mutar pensieri e stanza,
14 spogliata me de’ miei più ricchi onori.
Die Verszeilen enden jeweils mit einem paroxyton, also mit einem auf die vorletzte Silbe betontem Wort. Im ersten Quartett zum Beispiel: cielo, sole, parole und Delo. Aus dieser Betonung ergeben sich versi piani, nach der sich die Silbenzählung richtet. Da es sich in diesem Fall um Normverse handelt, wird bis zur letzten Silbe gezählt.
In jeder Verszeile kommt mindestens ein Hiat vor, das heißt, es treffen zwei Vokale aufeinander, sowohl im inneren eines Wortes als auch bei verschiedenen angrenzenden Wörtern. In unserem Sonett Comparazione kommen Verszeilen mit elf Silben vor, sogenannte endecasillabi. Die vielen vorhandenen Hiate werden in diesem Gedicht immer als eine metrische Silbe gezählt. Es kommen dementsprechend viele Synäresen und Synalöphen vor. Die allererste Verszeile beginnt mit einer Synerese in io, eine weitere folgt in mio. In assimiglio io kommt eine Synalöphe vor. Mit Ausnahme von Verszeile 11 kommen in allen Zeilen mindestens eine Synalöphe und eine Synärese vor. In der angesprochenen elften Verszeile ist nur eine Synalöphe vorhanden, hier werden der Endvokal von tenermi und der Anfangsvokal von in zu einer metrischen Silbe zusammengezogen. Weitere Beispiele für Synäresen:
Verszeile 4: piogge, tuoni
Verszeile 5: suoi, suole
Verszeile 6: vuole
Verszeile 7: sue
Als Beispiele für weitere vorkommende Synalöphen:
Verszeile 8: primavera e’l
Verszeile 9: quando ei
Verszeile 10: tenermi in
In Comparazione treten auch einige rhythmische Eigenheiten auf. Es sind einige Zäsuren vorhanden, die durch die gegebenen Satzzeichen erkennbar sind. So wird zum Beispiel bei der sprachlichen Realisierung in den Zeilen 3, 4 und 5 bei den jeweiligen Satzzeichen im inneren der Verse eine Pause gemacht. In der ersten Strophe kommt auch ein Enjambement vor: der in der ersten Verszeile beginnende Satz wird in der zweiten Verszeile fortgeführt. Die Akzente liegen in den meisten Verszeilen auf der vierten, sechsten und zehnten Silbe. In der zweiten Verszeile zum Beispiel dürften die Akzente auf den metrischen Silben vier, acht und zehn liegen.
Das Sonett von Gaspara Stampa enthält Reime, die das Gedicht zum Klingen bringen. Binnenreime sind keine enthalten, die phonetisch gleichwertigen Einheiten wiederholen sich jeweils am Versende. Die beiden Quartette sind umarmende Reime mit dem Schema abba – abba, das Reimschema der beiden Terzetten lautet cde – edc.
Die Strophen des Gedichtes Comparazione entsprechen jeweils einem Satz, mit Ausnahme der ersten Strophe, die aus zwei Sätzen besteht. In den Aussagesätzen der beiden Quartette finden sich auch jeweils ein Strichpunkt am Ende des zweiten resp. sechsten Verses, um die Sätze nicht zu lange halten und den Klang zu gewährleisten. Die Terzette bestehen beide aus einem Haupt- und einem Nebensatz.
1.3. Wortwahl
Die Dichterin verwendet viele Substantive aus der Natur in ihrem Sonett Comparazione. Die meisten davon beziehen sich auf ihren Geliebten, der diese Gefühlsregung in ihr auslöst. Gaspara Stampa spricht zum Beispiel im ersten Quartett von cielo, sole und stelle, wenn sie an die glücklichen Momente mit dem Freund denkt. Im Gegensatz dazu aber verwendet sie im zweiten Quartett tempeste, piogge und gelo, da hier der Schmerz überwiegt. Diese konträren Wörter in der zweiten Strophe stellen eine Antithese zur These der ersten Strophe dar. Auch die folgenden Terzette lassen sich so charakterisieren. Stampa wählt das Wort primavera im ersten Terzett, welches ihre hoffnungsvollen Gefühle beschreibt, während das zweite Terzett mit verno die Antithese beinhaltet, was wieder auf die große Enttäuschung hinweist.
Der angebetete Freund wird von der Dichterin mit für sie positiven und negativen Substantiven verglichen, wobei Gaspara Stampa die Natur und Gestirne zum Vergleich wählt. Dieser wird allerdings nicht mit dem Vergleichspartikel come gemacht, sondern einfach mit è bzw. sono. Die Dichterin bezeichnet die Augen des Geliebten direkt als Sterne, und sein Gesicht ist die Sonne, nicht wie die Sonne. Der Vergleich wird über das gesamte Sonett ausgeführt, wobei sich positive, glückliche Gefühle und negative, schmerzliche Gefühle abwechseln. Die Substantive sind die vorherrschende Wortwahl, gefolgt von Verben. Adjektive sind eher wenige vorhanden, was wahrscheinlich auf die beabsichtigte Aussagekraft der gewählten Hauptwörter zurückzuführen ist. Zu den Verben kann noch angemerkt werden, dass die Autorin nur in der ersten Verszeile ein Verb in der ersten Person Einzahl, in der Ich-Form, verwendet (io assomiglio). Diese Tatsache weist bereits am Beginn des Sonetts auf die große Subjektivität, die in diesem Sonett zum Ausdruck kommt, hin.
1.4. Kontext
Wie sich aus Gaspara Stampas Biographie ergibt, entsteht Comparazione mit Sicherheit aus den tiefen Gefühlen heraus, welche die Autorin für ihren angebeteten Freund hegt. Es handelt sich nicht um eine vorgestellte Situation oder jene einer anderen Person, sondern es ist einzig und allein Gaspara Stampas reale Gefühlswelt, die hier zum Ausdruck kommt. Ein ständiges Auf und Ab dieser Liebesbeziehung lässt sich erahnen, eine totale Verliebtheit in jenen Mann, dem „ihr Herz seit der ersten Begegnung gehörte“.2 Eine Trennung vom Geliebten stellt für Gaspara Stampa schlicht und einfach eine Qual dar, ein „Martyrium, welches ihre Verse in erschütternden Tönen besingen“3. Der angebetete, Collaltino di Collato, verlässt Gaspara Stampa, kommt zurück, verlässt sie wieder – um schlussendlich gar nicht mehr zu ihr zurückzukehren. Dieses „Geliebtwerden – Verstoßenwerden“ drückt die verzweifelte Dichterin in ihrem Sonett Comparazione aus. Dem Vergleich mit der Sonne folgt als Kontrast der Vergleich mit dem Gewitter.4 Dem Glücksgefühl des Frühlings, in dem Hoffnungen blühen, folgt als Kontrast der Schmerz, der mit dem schrecklichen Winter gleichgesetzt wird.
1.5. Schluss
Gaspara Stampas Sonett beschreibt die Wellen ihrer Gefühle für ihren Angebeteten. Genauso wie sich diese Gefühle in den vier Strophen abwechseln, so verlief wohl ihre tatsächliche Beziehung zu Graf Collaltino. Das tiefe Glück, die bis in die Haarspitzen gefühlte Liebe und die wunderschöne Gewissheit, auch geliebt zu werden, werden in den Strophen eins und drei „bejubelt“. Der Kontrast, das Abgestoßenwerden und das kalte Ende, sind Gegenstand der Strophen zwei und vier.
Die Dichterin geht auch weitere Liebesbeziehungen ein, die einige ihrer anderen Werke inspirieren.5 Der große, in Comparazione ausgedrückte Schmerz aber ist den Gefühlen für den Grafen Collatino di Collalto zuzuschreiben, und das Ende dieser unglücklichen Beziehung ist dem Winter gleichgestellt, dem Ende des Jahreszyklus. Vielleicht auch mit der Hoffnung auf einen neuen Frühling. Gaspara Stampa verstirbt allerdings recht jung, so könnte dieser von ihr so schrecklich empfundene Winter auch als Lebensende gesehen werden.
[...]
1 Vgl. Stampa, Gaspara: Dichtungen (Übers. v. Leo Graf Lanckoronski). Frankfurt am Main: Schauer 1947, S 180.
2 Ebda. S 180
3 Ebda. S 181
4 vgl. Ruschioni, Ada:Il sonetto italiano. Morfologia, profilo strorico, antologia. Vol. I: 1200-1500. Milano: Celuc 1985, S 259.
5 Scarpa, Emanuela (Hrsg.): Zehn italienische Lyrikerinnen der Renaissance. Dieci poetesse del Cinquecento (Übers. v. Gio Batta Bucciol u. Irmgard B. Perfahl). Tübingen: Narr (=Italienische Bibliothek 9), S 166.
- Quote paper
- Elisabeth Lyons (Author), 2014, Interpretationsmöglichkeiten von "Comparazione" von Gaspara Stampa und "Mar Grigio" von Aldo Palazzeschi, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496699
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