Dieser Essay beschäftigt sich mit der Frage, ob der kanadische Multikulturalismus und die Bildungsgleichheit wirklich als ein weltweites Vorbild gesehen werden kann.
Der Begriff Multikulturalismus ist im deutschen Sprachgebrauch weit weniger integriert und auch bei weitem weniger in der deutschen Mentalität verankert als in der kanadischen. Führt man sich vor Augen, dass in Deutschland, einem der bedeutendsten Einwanderungsländer weltweit, jeder fünfte Mensch einen Migrationshintergrund hat, sollte man meinen, dass man hierzulande einen angemessenen Umgang von Multikulturalismus und Bildungsgleichheit erwarten sollte.
Mein Vorhaben beinhaltet nicht primär die migrationspolitischen Defizite Deutschlands im Hinblick auf das kanadische Einwanderungsmodell und deren fortschrittlichen Multikulturalismus herauszufiltern, sondern letzteren kritisch und argumentativ zu beleuchten. Zu den vielen Vorteilen des kanadischen Umgangs mit Immigranten entstehen natürlich auch verschiedene Nachteile für die Bevölkerung.
Es stellt sich also die Frage, ob sich das viel gelobte kanadische Modell über den Umgang mit Einwanderern als Leitidee für weitere Nationen oder vielleicht sogar weltweit etablieren könnte. Die Relevanz dieser Fragestellung ist meines Erachtens gegeben, denkt man dabei nur an die möglichen Folgen, welche ein fehlender Multikulturalismus erzeugen kann.
Zum Beispiel ein zukünftiger Arbeitskräftemangel oder auch einfach nur das Konfliktpotential zwischen Einheimischen und Zuwanderern, welches größtenteils durch richtige Vorbeugung verringert werden könnte. Meine Vorgehensweise beinhaltet die kritische Auseinandersetzung mit den Bereichen des Multikulturalismus innerhalb der kanadischen Bevölkerung, den Perspektiven der Einwandernden, den Maßnahmen für eine Gewährleistung der Chancengleichheit und der fundamental wichtigen Schulsituation der Einwanderungskinder.
Des Weiteren werde ich unter anderem verschiedene Statistiken in meiner Argumentation berücksichtigen und zunächst eine kleine Übersicht über die aktuelle Einwanderung aufzeigen.
Bildung und Partizipation in Kanada. Sind der kanadische Multikulturalismus und die Bildungsgleichheit wirklich ein weltweites Vorbild?
Jan Philipp Weber
Bachelor Geschichte, Ergänzungsfach Europa im globalen Wandel
Der Begriff Multikulturalismus ist im deutschen Sprachgebrauch weit weniger integriert und auch bei weitem weniger in der deutschen Mentalität verankert als in der kanadischen. Führt man sich vor Augen, dass in Deutschland, einem der bedeutendsten Einwanderungsländer weltweit, jeder fünfte Mensch einen Migrationshintergrund hat, sollte man meinen, dass man hierzulande einen angemessenen Umgang von Multikulturalismus und Bildungsgleichheit erwarten sollte. Mein Vorhaben beinhaltet nicht primär die migrationspolitischen Defizite Deutschlands im Hinblick auf das kanadische Einwanderungsmodell und deren fortschrittlichen Multikulturalismus herauszufiltern, sondern letzteren kritisch und argumentativ zu beleuchten. Zu den vielen Vorteilen des kanadischen Umgangs mit Immigranten entstehen natürlich auch verschiedene Nachteile für die Bevölkerung. Es stellt sich also die Frage, ob sich das viel gelobte kanadische Modell über den Umgang mit Einwanderern als Leitidee für weitere Nationen oder vielleicht sogar weltweit etablieren könnte. Die Relevanz dieser Fragestellung ist meines Erachtens gegeben, denkt man dabei nur an die möglichen Folgen, welche ein fehlender Multikulturalismus erzeugen kann. Zum Beispiel ein zukünftiger Arbeitskräftemangel oder auch einfach nur das Konfliktpotential zwischen Einheimischen und Zuwanderern, welches größtenteils durch richtige Vorbeugung verringert werden könnte. Meine Vorgehensweise beinhaltet die kritische Auseinandersetzung mit den Bereichen des Multikulturalismus innerhalb der kanadischen Bevölkerung, den Perspektiven der Einwandernden, den Maßnahmen für eine Gewährleistung der Chancengleichheit und der fundamental wichtigen Schulsituation der Einwanderungskinder. Des Weiteren werde ich unter anderem verschiedene Statistiken in meiner Argumentation berücksichtigen und zunächst eine kleine Übersicht über die aktuelle Einwanderung aufzeigen.
Man kann über Kanada sagen, dass sie sich als erstes Land weltweit gezielt auf die Veränderungen zu einer Einwanderungsgesellschaft und vor allem auf den politischen Multikulturalismus eingelassen haben. Sie sind in der Lage große Erfolge im Hinblick auf die soziale und strukturelle Integration von Einwanderern und derer nächsten Generation vorweisen zu können. Aufgrund dessen scheint es doch so, als sollten sich sämtliche andere Nationen ein Beispiel an Kanada nehmen und deren migrationspolitische Bemühungen als internationales Leitbild für die eigene Einwanderungskultur anerkennen? Ein Ansatzpunkt für diese These ist der Multikulturalismus oder auch einfach betitelt als Einheit in der Vielfalt in Kanada. Den kanadischen Bevölkerungszuwachs machten um die Jahrtausendwende zu 53 % die Einwandernden aus und dabei wurde knapp jeder fünfte Kanadier im Ausland geboren. Über 200 verschiedene Ethnizitäten bilden heute das Konstrukt Kanada, wobei neben den einheimischen Kanadiern und den sogenannten Mitgliedern der First Nation 1 die britisch und französisch stämmigen den größten Teil ausmachen. Zur Zeit lässt sich ein stetiger Zuwachs der kanadischen Bevölkerung von durchschnittlich ca. 1 % jährlich dokumentieren2, wobei der Anteil weiterhin stark von neuen Zuwanderern geprägt bleibt. 1971 wurde der Multikulturalismus zum offiziellen Staatskonzept Kanadas und durch das Multikulturalismus- gesetz von 1988 wurde er zum fundamentalen Bestandteil der Gesellschaft gemacht. Diese vorteilhafte Grundlage ermöglicht bis heute die Förderung von ethnischen Minderheiten auf institutioneller und politischer Ebene, jedoch wurden weitere Gesetze gefordert um "(...)die Diskriminierung und Ungleichbehandlung von sichtbaren Minderheiten(...)"3 zu verbannen. Ein negativer Aspekt der Multikulturalismus-Politik ist, dass man diese Diskriminierungen gegenüber ethnischen Minderheiten nicht komplett hat aufheben können. Nichtsdestotrotz ist es ein Verdienst ebendieser Politik das man kulturelle Vielfalt zunehmend, als positiv wahrnimmt und Einwanderung nicht als Problem empfindet. Im Gegensatz zum deutschen Staatsverständnis, bei dem man von einer Art Kulturnation sprechen kann, steht in Kanada die individuelle Loyalität im Unterbewusstsein der Gesellschaft. Ich persönlich empfinde diesen grundsätzlichen Gedanken einer ganzen Nation, die aus den kulturellen Eigenheiten ihrer neu zugewanderten Mitglieder ihr eigenes Staatskonzept kreiert als enorm vorbildlich und vor allem konflikt- und vorurteilsvorbeugend. Allerdings suchen diejenigen, die nach einer offiziellen kanadischen Kultur suchen erfolglos. Die Debatte um eine Leitkultur fixieren zu können scheint aufgrund der vorhandenen Vielfalt fast schon überflüssig zu sein. Der Multikulturalismus beugt also jegliche Problematik die es zum Beispiel in Deutschland durch Furcht vor der Politisierung der Einwanderungsthematik geben könnte vor. Es ist keine Überraschung, dass die Zuwanderer Kanadas Politik mehr als begrüßen, denn es wird stets darauf geachtet ethnische Minderheiten in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen und institutionellen Ebenen vertreten zu haben. Eine weitere sehr bedeutsame Begebenheit in Kanada ist der wegfallende Assimilationsdruck innerhalb der Gesellschaft, somit vermittelt man nach innen und außen, dass sowohl die Politik als auch der Großteil der Gesellschaft die Werte Offenheit und Toleranz verkörpern. Letzteres bedeutet die Kanadier zeigen enorme Akzeptanz für ihr System und das spiegelt für mich das Fundament eines internationalen Leitkonzepts für Einwanderungsgesellschaften wider. Des Weiteren ist es für viele Einwanderungswilligen sehr reizvoll, dass Kanada die doppelte Staatsbürgerschaft akzeptiert und gesellschaftlich keine assimilativen Ansprüche stellt, ihre eigene Kultur und auch Lebensweise somit als gleichwertig mit der kanadischen anerkennt.
Kanadas Bildungspolitik beinhaltet in hohem Maße die Förderung von Chancengleichheit und die multikulturelle Bildung. In jeder einzelnen Provinz wird die antirassistische Erziehung in den Bildungsgesetzen verankert. Man zielt also von klein auf darauf ab jegliche potentiellen Bildungsungleichheiten abzulegen und jeden auf die heterogene Gesellschaft vorzubereiten. Neben dem Bildungsaspekt möchte ich auch von der Partizipation der Menschen in Kanada sprechen. Die kanadischen Schulen verfolgen einige Richtlinien4 um ihren Schülern das Fundament der Teilhabe bzw. Teilnehmens innerhalb der Gesellschaft früh vermitteln zu können. Man achtet darauf die Bedürfnisse aller Schüler zu integrieren und das funktioniert am besten durch die Berücksichtigung der Weltanschauung insbesondere derer, die öfter benachteiligt werden könnten. Dabei könnten sich wohl trotzdem die ein oder anderen weniger beachtet vorkommen. Um dies so gut es geht vorzubeugen, wird besonders die Schulleitung in die Pflicht gesetzt mit den Eltern und den ethnischen Gemein- schaften, vor allem in den bestimmten Stadtteilen in denen sich die Schule und auch die Wohnorte der Kinder befinden, zusammen zu arbeiten und zu kommunizieren. Meiner Meinung nach ist es von enormer Bedeutung, dass sich die Einwanderer in diesem sehr sozialen Gefüge als Hilfe und nicht als Hindernis etablieren. Die Regierung mischt dementsprechend auch in den Lehrplänen der Schulen mit und gibt vor, dass keine eurozentrischen Werte und Anschauungen vermittelt werden sollen und das ein respektvoller Umgang gegenüber anderen Kulturen als Bereicherung angesehen werden kann.
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1 http://www.geschichte-kanadas.de/Canada_ethnic/first_nations.html
2 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/170266/umfrage/bevoelkerungsent wicklung-in-kanada/
3 Siehe Polat, Ayca (2008): Multikulturalismus und Bildungsgleichheit, S.188
4 Vgl. Ministry of Education and Training 1993
- Quote paper
- Jan Philipp Weber (Author), 2017, Vor- und Nachteile des Multikulturalismus und der Bildungsgleichheit in Kanada, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495789
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