Diese Arbeit geht den Fragen nach, was unter dem Begriff der Verschmelzungspolitik gefasst werden kann und ob man überhaupt von einer Verschmelzung sprechen kann. Zudem welche Rolle dabei die Hochzeit mit Roxane, auch für das Ansehen Alexanders bei seinem makedonischen Gefolge und für die Nachfolgeregelung des Reiches, spielte.
Eine der wichtigsten Aufgaben eines Herrschers war die Sicherung der Machtposition. Gerade bei der Größe des Reiches, welches Alexander im Laufe seiner Kriegszüge eingenommen hatte, war es ein zentraler Aufgabenkomplex seines Regierens. Alexanders Sicherunsmaßnahmen waren vielfältig, hatten Methode und folgten einem Plan. In allen Veränderungen der makedonischen Traditionen strebte Alexander einen Prozess an, der in der Literatur als Verschmelzungspolitik dargestellt wird. Die Ausmaße dieser Politik begrenzten sich nicht nur auf die Eingliederung der Perser in das Heer und die Übernahme vielfältiger persischer Traditionen sondern, um sich die Loyalität der eroberten persischen Völker zu sichern, nahm Alexander der Große 328 v. Chr. Roxane, die Tochter eines sogdischen Fürsten zur Frau. Die Besonderheit bei der Wahl seiner Gattin war, dass er keine hochrangige Makedonin oder Griechin ehelichte oder eine vornehme Perserin. Dies führte unweigerlich zum Unmut innerhalb des makedonischen Gefolges. Die Geschichte der Roxane wurde Gegenstand mittelalterlicher Roma und ist in den Geschichten der ländlichen Bevölkerung Afghanistans weiterhin ein Thema. So spielt diese einmalige Politik der Eroberung auch in späteren Zeiten eine Rolle und wird in der modernen Forschungsliteratur kontrovers diskutiert.
1 Einleitung
„ Da aber sind die Perser, die wir besiegt haben […]. Ich bin nicht nach Asien gekommen, um von Grund aus ganze Völker zu vernichten […]. Nun aber heißt es, ich verschmölze Sitten mit denen der Makedonen. Allerdings sehe ich bei vie- len Völkern Dinge, die wir ohne Erörtern nachahmen dürfen, und ein so großes Reich lässt sich nur dann geschickt regieren, wenn wir gewisse Dinge ihnen über- mitteln, andere aber von ihnen erlernen“ 1
So äußert sich Alexander der Große in Diodors Überlieferung der Alexandergeschichte. Eine der wichtigsten Aufgaben eines Herrschers war die Sicherung der Machtposition. Gerade bei der Größe des Reiches, das Alexander im Laufe seiner Kriegszüge eingenom- men hatte, war es ein zentraler Aufgabenkomplex seines Regierens2.
Alexanders Sicherungsmaßnahmen waren vielfältig, hatten Methode und folgten einem Plan. In allen Veränderungen der makedonischen Traditionen strebte Alexander einen Prozess an, der in der Forschungsliteratur als Verschmelzungspolitik bezeichnet wird. Diese Politik begrenzte sich nicht nur auf die Eingliederung der Perser in das Heer und die Übernahme vielfältiger persischer Traditionen sondern, um sich die Loyalität der er- oberten persischen Völker zu sichern, nahm Alexander der Große 328 v. Chr. Roxane3, die Tochter eines sogdischen Fürsten zur Frau4. Die Besonderheit bei der Wahl seiner Gattin war, dass er keine hochrangige Makedonin oder Griechin ehelichte oder zumindest eine vornehme Perserin. Dies führte unweigerlich zum Unmut innerhalb des makedoni- sche-griechischen Gefolges. Die Geschichte der Roxane wurde Gegenstand mittelalterli- cher Literatur und ist in den Geschichten der ländlichen Bevölkerung Afghanistans wei- terhin ein Thema5. So spielt diese einmalige Politik der Eroberung auch in späteren Zeiten eine Rolle und wird in der modernen Forschungsliteratur kontrovers diskutiert.
Die vorliegende Arbeit geht den Fragen nach, was unter dem Begriff der Verschmel- zungspolitik gefasst werden kann und ob man überhaupt von einer Verschmelzung spre- chen kann. Zudem welche Rolle dabei die Hochzeit mit Roxane spielte. Auch im Hinblick auf das Ansehen Alexanders bei seinem Gefolge und für die Nachfolgeregelung des Rei- che.
Dabei fällt die militärische Eroberung der Felsenburg nicht ins Gewicht und auch der Zeitraum nach der Hochzeit bis zum Tod Alexanders zählt nicht zum Inhalt des For- schungsinteresses.
Zunächst wird versucht, eine Definition für den Begriff der „Verschmelzungspolitik“ zu finden. Ausgangspunkt ist hier die Definition SEIBERT aus dem Jahr 1979. Im Kapitel drei, welches sich mit den Gründen und dem Ablauf der Hochzeit beschäftigt, sind die Werke von GREGOR (1940) und FOX (1974) im Fokus. Die Reaktionen der Makedonen und die Auswirkungen auf die Herrschaft Alexanders, welche Themen des vierten Kapi- tels sind, stützt sich unter anderem auf die Werke von GREGOR (1940 ), ENGELS (2006), WIEMER (2005) und FOX (1974).
Das Ereignis der Hochzeit wird in allen fünf bedeutenden antiken Werken über Alexander erwähnt. Die Überlieferungen von Iustin, Curtius, Arrian sowie Plutarch werden in dieser Arbeit Gegenstand der Analyse sein. Das Fragment der Überlieferung durch Diodor ist verloren gegangen. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem abschließenden Fazit resümiert.
2 Gleichstellung oder Verschmelzung?
Die Bemühungen Alexanders zwischen, den Griechen und den Makedonen auf der einen Seite, sowie den eroberten Völkern auf der anderen Seite, eine Gleichstellung zu errei- chen, sind in ihrer Interpretation sehr umstritten
In der Forschung gibt es zahlreiche Definitionen, was unter dem Begriff Verschmel- zungspolitik verstanden werden kann. Im Folgenden stütze ich mich auf die Definition von SEIBERT aus dem Jahr 1979.
Zunächst muss der Begriff Verschmelzungspolitik bestimmt werden, denn manch mo- derne Vorstellung von Alexanders Zielen orientiert sich an einer unklaren Fassung des Begriffes. Die Besonderheiten der Verschmelzung können nicht gleichgesetzt werden mit der Ernennung heimischer Einrichtungen in den gewonnenen Gebieten, denn solch eine Entwicklung hat schon in zahlreichen früheren Eroberungen stattgefunden. All diese „Vorgänge“ sollten tendenziell unter dem Begriff der Gleichstellung gefasst werden. Doch für eine Verschmelzung der Völker, was dem Plan Alexanders unterstellt wird, ge- hört weitaus mehr. Dazu kommt der Wille, zwei Volksgruppen durch blutmäßige Verbindung zu einer Einheit zu formieren6. „Aus verschiedenen sollten allmählich Gleichartiges erwachsen“7 .
3 Die Hochzeit mit Roxane: Gründe und Ablauf
Nachdem Alexander die Felsenburg erobert hatte, war diese Schauplatz der Hochzeit zwi- schen ihm und Roxane8. Vor dem Liebesverhältnis mit Roxane war lediglich die „Bezie- hung“ mit Barsine9, mit der er den gemeinsam Sohn Herakles10 hatte, bekannt. Diese ehe- lichte er jedoch nicht, denn für die Perserin hatte er nicht viel übrig. „Er meinte schon ihr Anblick bereite ihm Augenschmerzen“ 11. So kann man sagen, dass sein Liebesleben, im Gegensatz zu dem seines Vaters, bisher keine große Rolle in seinem Leben spielte. Im Gegensatz zu Barsine schien Roxane eine wahre Augenweide gewesen zu sein, sie habe ihren Namen, welcher „glänzend, leuchtend“12 bedeutet, verdient. Man war sich weitest- gehend einig, dass er ihrer Schönheit erlag. Dies wird auch bei Plutarch, Curtius, Arrian und Iustin beschrieben13. Nach den Berichten der antiken Autoren, soll er während den Feierlichkeiten nach der Eroberung der Felsenburg das erste Mal auf Roxane aufmerksam geworden sein14. Während eines Festes, „ einem Bankett von barbarischer Pracht15 “ tanzte sie mit anderen Frauen.
Man kann annehmen, dass es trotzdem auch politische Gründe waren, die diese Hochzeit begründeten. Denn mit der Vermählung würden sich spätere Könige Baktriens als Nach- folger Alexanders bezeichnen16. Gewiss war die Ehe politisch sinnvoll, jedoch hätte es viele andere persische Damen gegeben, die diesen Zweck ebenso, oder besser erfüllt hät- ten. Laut Robin Lane Fox (1974) mag Alexander zwar seinem Verstand gefolgt sein, je- doch erwählte er dafür das Mädchen, welches sein Herz entflammt hatte17 .
Ob die Hochzeit mehr nach makedonischen oder baktrischen Riten geschlossen wurde, ist in der Literatur und den Quellen umstritten. Curtius berichtet, dass die Zeremonie unter anderem aus dem gemeinsamen Verzehr eines Brotes bestand, und betitelt sie daher als makedonisch18. In der Forschungsliteratur ordnet Hans-Ulrich Wiemer diseses Ritual je- doch den Baktrieren zu, denn genau dieses Hochzeitszeremonial ist in neuer Zeit in Tur- kestan üblich. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Vermutung, dass dies auch zur Zeit Alexanders bereits der Fall gewesen sei19. Mit reichen Vorräten ausgestattet, sorgte Alexander für eine verschwenderisch wirkende prachtvolle Hochzeit. Doch auch die rit- terlichen Züge sollten nicht fehlen. So wurde der Laib Brot, den Alexander und Roxane teilten mit einem Schwert geteilt. FOX (1974) verbindet die Darstellung von Curtius und die Theorie Wilhelms, da er die Sitte an sich den Iranern zuspricht, jedoch die Art und Weise den Laib mit dem Schwert zu teilen, als ein Detail, welches durch Alexander ein- geführt wurde, betitelt20.
3.1 Der politische Einfluss von Roxane
Da Roxane „nur“ Asiatin war, hatte sie zu Lebzeiten Alexanders keinerlei politische Rolle gespielt, im Gegensatz zur Königsmutter Olympias in Makedonien. Zudem sollte sie viel von ihrem Ansehen durch die Doppelhochzeit von Susa 325 einbüßen21. Entscheiden war ihre Rolle nach dem Tod Alexanders, dieser hatte zu Lebzeiten keinen Nachfolger be- stimmt. In der Darstellung von Iustin beschreibt dieser, dass die Opposition Alexanders auf der einen Seite erfreut über dessen Tod war, sie aber andererseits auch in Unsicherheit versetzt wurden. Sie kamen im königlichen Palast zusammen, um den derzeitigen, unge- klärten Umständen eine neue, feste Ordnung zu geben22.
Denn als Alexander im Juni 232 starb23 war Roxane von ihm schwanger. Es war jedoch ungewiss, ob sie einen gesunden, männlichen Nachfolger gebären würde24. Und Roxane gebar tatsächlich einen Sohn, der obwohl er regierungsunfähig war, zum König ausgeru- fen wurde25.
So konnten Streitigkeiten nicht ausbleiben, denn die Entscheidung müsse bei der Heeres- versammlung, liegen. Diese lehnte es dann auch entrüstet ab, dass ein „Asiate“ König werden sollte. Dies gibt auch Iustin in seiner Überlieferung des Ereignisses wieder, wenn er schreibt: „ Das habe nicht einmal Alexander so haben wollen; jedenfalls habe er auf dem Sterbebett ihn26 mit keinem Worte erwähn t“27.
Diese Meinungsverschiedenheiten führten letztendlich zu einem Aufstand der Phalanx und den Diadochenkriegen28. Hier wird klar, dass die Hochzeit mit Roxane bei den Zeit- genossen, keine Sicherung der Nachfolge darstellte, sondern eher das Gegenteil bewirkte und es zu Streitigkeiten kam. Alexander IV. blieb der einzige, legitime Sohn Alexanders und regierte formal 323 bis 310, faktisch aber blieb er unglücklicher Spielball der rivali- sierenden Diadochen.
3.2 Darstellung in den historischen Quellen
In allen fünf wichtigen, großen antiken Werken über Alexanders Leben wird die Hochzeit mit Roxane erwähnt. Jedoch ist der Teil aus Diodors Werk verloren gegangen. Vor allem Plutarch, Arrian und Curtius liefern sowohl politische als auch romantische Gründe für die Hochzeit. Beispielsweise schrieb Arrian: „ und wie Alexander sie gesehen habe, hätte er sich in sie verliebt “29. So sah auch Plutarch Beweggründe der Liebe, jedoch als Ge- genstück führt er die politischen Gründe auf: „ […] aus Liebe zum Weib nahm, so lag die Vermählung doch auch in der Linie seiner Politik “30. Curtius geht soweit zu sagen, dass die Leidenschaft Alexander dazu bewegte, die im Vergleich eher niedrig geborene Ro- xane zu heiraten und dies dann mit der Befestigung seiner Herrschaft zu begründen31. In den Augen des Curtius Rufus dominierte das Motiv der Leidenschaft als Grund für die Hochzeit, denn die anderen Beweggründe waren nur vorgeschoben worden32. Dem steht die Einschätzung von Arrian gegenüber, der die Handlung des Alexanders, Roxane zu heiraten, mehr lobt als sie zu tadeln33. Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Curtius an- spricht ist, dass die Freunde Alexanders sich seit der Ermordung Kleitos nicht mehr trau- ten ihre ehrliche Meinung zu äußern. So ist es schwer nachzuvollziehen, was seine Anhänger wirklich über Roxane und die Hochzeit dachten34.
[...]
1 Diod. XIII, 10.
2 Vgl. MÜLLER 2003, S.267.
3 * um 345 v.Chr., †310 v.Chr., auch „Roxana“, „Rhoxane“ oder „Roksana“.
4 Vgl. BADIAN 1958, S.438f.; ENGELS 2006, S.58; SCHACHERMEYER 1973, S.482.
5 Vgl. SEIBERT 1972, S. 175.
6 Vgl. SEIBERT 1972, S.136
7 SCHACHERMEYER 1973, S. 482.
8 Vgl. GREGOR 1940, S. 393. DROYSEN 1877, S.466; FOX 1974, S.430; SNYDER 1966, S.145.
9 *um 363 v.Chr., †309 v.Chr., Geliebte von Alexander.
10 *327 v.Chr., † 309 v.Chr., unehelicher Sohn von Alexander und Barsine.
11 Vgl. GREGOR 1940, S.393.
12 Vgl. Droysen 1877, S.466; der Name ist vom avestischen “raoxana” abgeleitet.
13 Vgl. Iust. 13,2; Curt. XIII,4,16-25; Plut.Alex.47; Arr. IX 19-20.
14 Vgl. FOX 1974, S.430; HAMMOND 1981, S.195; SNYDER 1966, S.145; WIEMER 2005, S.132. DROYSEN 1934, S.392.
15 WOOD 1997.
16 Vgl. GREGOR 1940, S.393.
17 Vgl. FOX 1974, S.430; DROYSEN 1877, S.466; HAMILTON 1973, S.101; ENGELS 2006, S. 58; HAMMOND 1981, S.195; SCHACHERMEYER 1973, S.354; DROYSEN 1943, S.392.
18 Vgl. Curt. XIII.4.27.
19 Vgl. WIEMER 2005, S.133.
20 Vgl. FOX 1974, S.430.
21 Vgl. WIEMER 2005, S.133.
22 IUST.XIII,2. übersetzt von Otto Seel, S.241.
23 Arr. VII 25, 1-26,3; Curt.X.5, 1-6; Diod. XVII 117,1-5; Plut. Alex. LXXV4 – LXXVI 9.
24 Vgl. ENGELS 2006, S.59; Seibert 1972, S.175.
25 Vgl. GREGOR 1940, S.433; ENGELS 2006, S.59.
26 Herakles: Sohn von Roxane und Alexander.
27 IUST XIII, 2. Übersetzt von Seel, S. 242.
28 Vgl. GREGOR 1940, S. 432; SEIBERT 1972, S.175; Droysen 1877, S.432.
29 Arr. IV, 19-20.
30 Plut. Alex. 47.
31 Curt. 8,4,25.
32 Cur. XII,4,25.
33 Arr.Alex. XI, 19-20.
34 Cur. XII,4,30.
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- Alexandra Breier (Author), 2018, Die Verschmelzungspolitik Alexander des Großen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/494209
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