Die folgende Arbeit geht der Frage nach, welche Auswirkungen der griechische "Freiheitskampf" und die Herausbildung eines griechischen Nationalstaates im 19. Jahrhundert für Zypern hatte.
Hierbei wird zunächst detailierte auf die Entstehung und den Verlauf des Griechischen Unabhängigkeitskrieges von 1821 -1829 eingegangen, bevor danach die spezifischen Folgen des Krieges für Zypern selbst erläutert werden.
Der griechische „Freiheitskampf“ und die Entstehung eines griechischen Staates mit ihren Auswirkungen auf Zypern
Die Entstehung eines nationalrevolutionären Potenzials in griechischsprachigen Milieus ist seit dem Ende des 18. Jahrhunderts dokumentierbar. Zentrale Impulse kamen dabei aus dem mittel- und westeuropäischen Raum. Insbesondere die politischen und gesellschaftlichen Ideen der Französischen Revolution genossen großen Anklang. Gleichzeitig fingen im selben Zeitraum schon erste lokale und regionale Revolten christlicher Untertanten im osmanischen Südosteuropa statt (Orlow-Aufstand), wobei diese noch keine explizit nationalemanzipatorische Programmatik verfolgten und nur recht unscharfe politische Ziele aufwiesen.1
Die Rahmenbedingungen für den griechischen Unabhängigkeitskrieg lassen sich auf mehrere Ursachen zurückführen. Hierbei ist als Erstes die politische Wendephase ab Anfang des 19. Jahrhunderts zu erwähnen. In dieser Periode erschienen verschiedene Texte in griechischer Sprache, die unmittelbar unter dem Einfluss der Französischen Revolution und der nachfolgenden Ereignisse standen. Ihre Neuartigkeit bestand darin, dass in ihnen über die bereits bekannte Gegenwartskritik hinaus, erstmals auch die radikale Umwälzung bestehender Verhältnisse durch den Einsatz von Gewalt als eine realistische Option für die nahe Zukunft präsentiert wurde. Die neue Revolutionsliteratur wurde insbesondere durch die Schriften von Rigas Velestinlis geprägt. Sein bedeutendstes politisches Manifest war ein 1797 erstellter Verfassungsentwurf, welcher im engeren Sinne an die französische Revolutionsverfassung von 1793 angelehnt war und eine „Hellenische Republik“ propagierte.2 Daneben erschien verschiedene Revolutionsliteratur seitens der späteren Leitfigur der griechischen Aufklärung Adamantios Korais, welcher durch das persönliche Miterleben der Französischen Revolution in Paris stark inspiriert wurde. Er publizierte ab 1800 eine Reihe von Revolutionsgedichten sowie politische Essays, welche später als Inspiration für andere Revolutionsschriften dienten. Inhaltlich reflektierte die Literatur von Korais in hohem Maße zeitgenössische europäische Geistesströmungen, welche durch eine idealisierende Wahrnehmung der klassischen griechischen Antike und ihrer axiomatischen Erhebung zum universellen Kulturparadigma gekennzeichnet war. Die Identifizierung zur griechischen Antike, welcher später zur Kerndoktrin des griechischen Nationalismus wurde, lieferte die argumentative Grundlage dafür, die osmanische Herrschaft als Unrecht darzustellen und die Überwindung dieser nicht allein als Akt der nationalen Befreiung zu begreifen, sondern auch als kulturelle Wiedergeburt.3
Eine weitere Ursache für den griechischen Unabhängigkeitskampf war der Wiener Kongress, da dieser schlechte Voraussetzungen für nationalrevolutionäre Bewegungen schuf und die regionale Unzufriedenheit anstiegen ließ. Eine wichtige Funktion innerhalb dieses Kontextes nahm Ali Tepedelenli ein, welches u. a. auch als Pascha von Ioannina bekannt ist und während seines Machthöhepunktes mit Südalbanien, Epirus, Westmakedonien und Thessalien fast den gesamten Südwestbalkan kontrollierte und dort von 1807 bis 1822 faktisch unabhängiger Alleinherrscher war. Tepedelenli zeigte durch seine Herrschaft auf, dass es durchaus möglich war, die Herrschaft des osmanischen Sultans erfolgreich infrage zu stellen, was den Menschen Mut für die Erreichung ihrer Ziele gab. Doch für die Entstehung einer akut revolutionären Situation war aber nicht nur das Bewusstsein entscheidend, dass ein politischer Umsturz prinzipiell möglich war, sondern auch der Wille, ihn aktiv herbeizuführen. Hierbei war der Anstieg des Unzufriedenheitspotenzials unter der griechischsprachigen Elite ab dem 19. Jahrhundert von Bedeutung. Dabei handelte es sich insbesondere um Angehörige einer aufstrebenden Mittelschicht von Intellektuellen sowie Kaufleuten, die sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts mithilfe wachsenden Erfolgs im Fernhandel mit Mittel- und Westeuropa betätigten. Die Kaufleute hatten dabei in großem Maße von den Nebenwirkungen der 1789 eingeleiteten Kriegsperiode stark profitiert und wurden durch deren Ende folglich mit der Perspektive drohender ökonomischer Rückschläge konfrontiert. Im Jahre 1814 gründeten einige Kaufleute, welche wenig zu verlieren aber durch einen radikalen Umsturz der politischen Verhältnisse viel zu gewinnen hatten die Geheimgesellschaft „Filiko Etaireia“. Sie orientierte sich in ihrem Aufbau an die Freimaurerlogen. Seine Mitglieder kamen mehrheitlich aus russischen Gebieten und aus Regionen der Donaufürstentümer, welche später den griechischen Nationalstaat bilden sollten.4 Dennoch kann die Geheimgesellschaft nicht als nationale Befreiungsbewegung bezeichnet werden, da ihr dazu die Massenbasis fehlte. Die historische Relevanz der Filiki Etaireia für den griechischen Unabhängigkeitskrieg lag somit vor allem in der Katalysatorfunktion, die sie im Vorfeld erfüllte. Nach dem Ausbruch des Krieges spielte sie wiederum keine politisch tragende Rolle mehr und verlor immer mehr an Bedeutung und Einfluss.5
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1 Zelepos, Ioannis: Kleine Geschichte Griechenlands. Von der Staatsgründung bis heute (Beck Paperback v.6121), München, 2014, S. 37ff.
2 Ebd., S. 40ff.
3 Zelepos, Ioannis: Griechischer Unabhängigkeitskrieg (1821–1832), http://ieg-ego.eu/de/threads/europaeische-medien/europaeische-medienereignisse/ioannis-zelepos-griechischer-unabhaengigkeitskrieg-1821-1829/at_download/dnb. (1.7.2018), S. 2.
4 Ebd., S. 3.
5 The struggle for Greek independence. Essays to mark the 150th anniversary of the Greek war of independence (Archon books), Hamden, Conn., 1973.
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- Georg Rosenkranz (Author), 2018, Der griechische "Freiheitskampf" und die Entstehung eines griechischen Staates. Die Auswirkungen auf Zypern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/492377
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