Diese Seminararbeit befasst sich mit dem Thema Pädagogische Autorität, sie wirft hierzu einen Blick auf verschiedene Theorien und Konzepte der Bildungswissenschaft und Pädagogik, wie beispielsweise auf die Autonomiepädagogik am Beispiel der Schule Summerhill oder auch auf das Konzept der Neuen Autorität. Des Weiteren hat der Autor Erkenntnisse aus Texten von Experten, wie beispielsweise Roland Reichenbach oder Alice Miller (Am Anfang war Erziehung), betrachtet und zusammengefasst. Der Autor hat auch viele persönliche Erfahrungen aus seinem Leben, seinem Studium und der Schulpraxis mit einfließen lassen, sodass in dieser Arbeit auch sehr viele subjektive Erfahrungen und Annahmen reflektiert betrachtet werden.
Diese Seminararbeit entstand für eine Lehrveranstaltung des zweiten Semesters, sie erhebt also nicht den professionellen Anspruch einer Bachelor-, oder Masterarbeit, viel mehr soll sie anderen Lehramtsstudenten als Inspiration dienen und zum Gedankenaustausch sowie zur Reflexion anregen.
Inhaltsverzeichnis:
1.) Abstract
2.) Begriff Autorität – Zwei Meinungsblöcke
3.) Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Autoritäten
4.) Zwiespältiges Verhältnis zu Autoritäten
5.) Der negative Ruf der Autorität
6.) Autorität in Erziehung und Pädagogik
7.) Autorität im Berufsleben
8.) Der Zusammenhang zwischen Autorität und Vertrauen
9.) Die Rolle der Autorität in verschiedenen pädagogischen Strömungen
9.1.) Die Rolle der Autorität in der Kontrollpädagogik
9.2.) Die Rolle der Autorität in der Antipädagogik
9.3.) Die Rolle der Autorität in der Autonomiepädagogik am der privaten Internatsschule Summerhill
10.) Pädagogische Autorität bei dem Konzept“Neue Autorität in der Schule“
11.) Resümee
12.) Literaturverzeichnis
1.) Abstract:
Das Thema Pädagogik und Erziehung weist viele Facetten auf, eine dieser Facetten, und zwar die Autorität, möchte der Verfasser in der folgenden Arbeit genauer unter die Lupe nehmen, und vergleicht hierzu verschiedene wissenschaftliche Literaturquellen. Zuerst wird ausführlich der Autoritätsbegriff, der im Laufe der Geschichte eine starke Wandlung vollzogen hat, ganz allgemein untersucht.
Da nach Meinung des Verfassers die Existenz von Autoritäten und Machtstrukturen in der Gegenwart viel zu selten und ungern thematisiert wird, werden jene in der vorliegenden Arbeit beleuchtet, vor allem auch die sogenannten anonymen Autoritäten. (vgl. Reichenbach, 2011) Im Hauptteil der Arbeit geht es jedoch um Pädagogische Autorität und deren Rolle in der Pädagogik, in der Schule, sowie in der Erziehung.
Hier werden ein paar verschiedene Ansätze und Ideen miteinander verglichen, wie zum Beispiel der antiautoritäre Ansatz am Beispiel von Summerhill.
Wie bei jedem gesellschaftlichen Thema gibt es hier nicht die Pauschallösung die immer am Besten funktioniert. Jedoch liefert gerade, dass vorgestellte Konzept der neuen Autorität sehr viele interessante Tipps für Lehrer und Lehrerinnen, um eine tragfähige Autoritätsbeziehung zu ihren Schülern und Schülerinnen aufzubauen. Auch wenn zu bedenken ist, dass dieses Konzept eine sehr große Nähe benötigt was sich vielleicht damit erklären lässt, dass es aus der Sozialarbeit kommt. Die Umsetzbarkeit in der Regelschule mit über 20 Schülerinnen und Schülern pro Klasse und somit mit ca. einhundert Kindern pro Semester und Lehrkraft konnte auch die vorliegende Arbeit nicht bewerten.
2.) Begriff Autorität – Zwei Meinungsblöcke?
Es gibt bei Autorität, wie bei vielen Themen mindestens zwei Meinungsblöcke, Menschen die Autorität befürworten und Kritiker der Autorität (bspw. Kant, „Faul und Feig wer sich nicht seines Verstandes bedient und die Anweisungen der Obrigkeit als genug erachtet“) (vgl., Reichenbach, S. 16)
Jedoch ist beim Thema Autorität zu beachten, dass es auch Kritiker der Autorität gibt die jedoch selber autoritär agieren und so im Grunde eigentlich der Pro-Autoritätsgruppe angehören, als Beispiel bringt Reichenbach hier, dass Michel Foucault in seiner Schrift „Überwachen und Strafen“ die Psychoanalyse als autoritäre Wissenschaft entlarvt. (vgl., Reichenbach, 2011) Außerdem sind Verhaltensmuster von Personen oft unbewusst und treten somit nicht immer klar sichtbar zu Tage.
3.) Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Autoritäten
Reichenbach unterscheidet die gesellschaftlichen Autoritäten generell in zwei Gruppen in vertikale und horizontale Autoritäten.
Unter den alten vertikalen Autoritäten werden Gott, Kirche, Militär und Staat eingeordnet, die nach und nach von neuen vertikalen Autoritäten wie z.B. dem Markt, dem Geld, dem Karrierestreben, und der Meinungsmache mancher Medien ersetzt werden. (vgl. Reichenbach, 2011) Auch historisch gesehen klingt das plausibel, wenn man beispielsweise berücksichtigt wie stark der Einfluss der katholischen Religion im Europa des Mittelalters war, welcher dass Leben und sogar das Denken der Menschen prägte, und wie schwach er in unserer gegenwärtigen westeuropäischen säkularen Gesellschaft ist.
Der Markt als bestimmende Autorität hat auf jeden Fall zugenommen, während man sich im Mittelalter, nach Schätzungen, lange Zeit mit einem Wirtschaftswachstum von 0-0,3% zufrieden gab werden nun, oft auf Wunsch der Wähler, ganze Regierungsprogramme auf Wachstum getrimmt. Man sieht daran also, dass Autoritäten prinzipiell austauschbar sind, dass sie das Leben und Denken der Menschen, ja sogar ganzer Gesellschaften bestimmen und zum Teil lenken. Sowie, dass die horizontalen Autoritäten, die im Gegensatz zu den Vertikalen, anonyme Autoritäten sind und dadurch auch schwer angreifbar sind.
Nun ist der Begriff Autorität durchaus nicht immer negativ, wie es deren Kritiker gerne darstellen, gerade für Kinder kann die Anerkennung einer Person als Autorität durchaus auch wichtig sein um von dieser lernen zu können und sich sicherer zu fühlen, und genau hier setzt diese Arbeit an, bei der pädagogischen Autorität der Lehrkraft-Schülerbeziehung.
Generell muss ein Wegfall von Autorität nicht zwangsläufig individuelle oder kollektive Freiheitsspielräume sichern oder vergrößern. (Reichenbach, 2011, S. 21). Diese Aussage von Reichenbach bietet durchaus interessante Erklärungen an, und zwar weil durch den Wegfall von Autoritäten immer eine Art Machtvakuum entsteht, dass erst von neuen Autoritäten gefüllt werden muss, in denen oft durchsetzungsstärkeren Gruppierungen gewinnen. (chicago tribune, 1989)
Dies soll allerdings nicht als ausschließliches Plädoyer für eine konservative Bewahrung von Autorität allgemein verstanden werden.
In der Geschichte hat sich schon oft gezeigt, dass bedeutende Veränderungen einer Gesellschaft erst nach einer Entmachtung oder einem Rückzug alter Autoritäten entstehen konnten, diese Arbeit soll allerdings zeigen, dass Autorität generell, und auch die pädagogische Autorität etwas mit der Lenkung von Verhalten zu tun hat.
4.) Zwiespältiges Verhältnis zu Autoritäten
Das Verhältnis zu einer bestimmten Autorität oder zu Autoritäten generell ist auch nicht bei jedem Menschen klar. Zwischen Anerkennung, Ablehnung und Unterwerfung gibt es auch Menschen, die ein zwiespältiges und gespaltenes Verhältnis zu einer bestimmten Autoritätsperson haben und zwar eine sogenannte Ablehnungsbindung.
Reichenbach unterscheidet hier drei Arten von Ablehnungsbindung und erläutert diese anhand von folgenden Fallbeispielen:
1.) Ungehorsame Abhängigkeit – Fallbeispiel: Eine Tochter sucht sich absichtlich immer einen Partner mit dunkler Hautfarbe, weil sie weiß, dass ihre Eltern Vorurteile gegenüber Menschen mit dunkler Hautfarbe haben. Sie kann aus diesem Verhalten nicht ausbrechen und denkt gezielt darüber nach was die Eltern nicht wollen, um dies dann in einem wiederkehrenden Muster zu tun.
2.) Idealisierte Ersetzung – Fallbeispiel: Eine Chefin ist sehr nett, kollegial zu Ihren Untergebenen und fordert jene nicht, was diese stört. Sie weigern sich darum sie als Respektsperson zu sehen was dazu führt, dass sie ihre Arbeitsleistung reduzieren, jedoch dann selber darunter leiden, weil Sie eigentlich leistungsorientierter arbeiten möchten. Sie reden sich ein, dass sie gerne eine strengere Chefin hätten, die viel von Ihnen fordert. Dieses Beispiel scheint dem Verfasser etwas eigenartig da hier ja eigentlich die Angestellten, dass Problem haben. Und zwar jenes der Selbstüberwindung, sie haben zu wenig Eigenantrieb um selbstständig engagiert zu arbeiten was sie sogar selber belastet, aber anstatt ihre eigene Antriebslosigkeit zu überwinden geben Sie der Ihnen übergeordneten Autorität die Schuld für Ihr eigene Schwäche und wünschen sich einen Austausch derselben. Sie bringen auch nicht genug Mut zusammen die für Sie belastende Situation anzusprechen.
3.) Phantasiertes Verschwinden: Die Merkmale sind hier eine starke äußere Ablehnung gegenüber der Autorität, wäre alle Personen die Macht hätten oder eine bestimmte Person die Macht über einen hat, verschwunden würde alles gut werden. (Reichenbach, 2011, S. 43)
Das kann somit bedeuten dass gerade die vehementesten Gegner einer Autorität, umgangssprachlich würde man sagen „die die am Lautesten schreien!“ unter Umständen die Autorität gerade deshalb kritisieren weil sie diese für ihr eigenes Unvermögen verantwortlich machen und alles Negative auf jene projizieren.
Es kann durchaus auch sein, dass jene denn Wegfall der Autorität bewusst oder sogar unbewusst fürchten, weil sie sich dann ihre eigene Schwäche eingestehen müssten.
Die Beherrschten habe also eine paradoxe doppelte Furcht, einerseits haben sie reale Angst vor der Autoritätsperson, andererseits fürchten Sie auch deren Verschwinden. (vgl., Reichenbach, 2011, S. 44)
5.) Der negative Ruf der Autorität
Die Frage stellt sich wie es in der Gegenwart mit der Einstellung der Mehrheit zu Autorität aussieht. Hier wähnt der Verfasser einen Wandel wahrzunehmen bis vor Einigen Jahren noch hatte er die Wahrnehmung, dass umso moderner gebildeter und liberaler Personen waren umso mehr lehnten Sie autoritäre Strukturen ab, immerhin hatte autoritärer Gehorsam die großen Katastrophen des 20 Jahrhunderts wie die Weltkriege oder auch die nationalsozialistische und die sowjetische Diktatur begünstigt. Auch in den Medien sowie der öffentlichen Debatte hatte Autorität keinen guten Stand. Wenig thematisiert wurden und werden nach Ansicht des Verfasser die finanziellen Machtgefälle die er zu den anonymen jedoch mächtigen Autoritäten zählt, diese werden, nach Ansicht des Verfassers auch nicht gerne thematisiert da der Normalbürger hier bei genauerer Betrachtung eine dumpfe Ungerechtigkeit fühlt der Schuldige sich jedoch schwer festmachen lässt.Auch Miller stellte in ihrem Buch, bereits im Jahr 1980, die Frage ob man nicht mehr über verborgene Machtverhältnisse sprechen sollte. (Miller, 1980, S. 318)
Autoritäre Strukturen wurden gerne als Phänomen der Vergangenheit gesehen, die gegenwärtig nur mehr in Diktaturen weit weg von Europa vorhanden waren. Im Europa der Gegenwart jedoch wähnt der Verfasser, seit der Finanzkrise und der Flüchtlingswelle 2015, eine Wiederkehr des Wunsches nach starken Autoritäten zu sehen und sieht im Erstarken der Konservativen und rechtsgerichteten Parteien und deren Gesetzgebungen einen Beweis hierfür.
Geht man nach Reichenbach, der wiederum seine Erkenntnisse von Sennet übernommen hat, waren die autoritären Strukturen und auch der Wunsch der Erwachsenen nach diesen immer da, nur äußerten sich die Menschen aufgrund der oben erklärten Ablehnungsbindung trotzdem gerne abfällig über Autorität und Machtstrukturen und taten so als ob sie persönlich von solchen emanzipiert wären. (vgl., Reichenbach, 2011)
6.) Autorität in Erziehung und Pädagogik
Erziehung und Pädagogik kommen jedoch aus zwei Gründen nicht ganz ohne Autorität aus. Erstens weil Eltern über ihre Kinder im Normalfall Autorität ausüben, Eltern beschützen ihr Kind und kümmern sich um ihr Kind, um ihr Kind jedoch vor Gefahren (Straßenverkehr, chemische Produkte, kriminelle Kreise, etc.) oder überfordernden Situationen zu bewahren stellen Sie Verbote und Regeln auf. Das machen Sie, je nach Erziehungsstil und Altersstufe des Kindes, mithilfe ihrer Autorität und das Kind wird diese im Regelfall befolgen, da es im Normalfall seinen Eltern vertraut. Auch bei einem noch so antiautoritären Erziehungsstil wird es bspw. bei kleineren Kindern Verbote geben wie zum Beispiel spiele nicht mitten auf der Straße.
Die Lehrkraft ist nun sozusagen so eine Art Stellvertreter der Erziehungsberechtigten, sie hat ja auch die Aufsichtspflicht über die Schüler und Schülerinnen und lernt den Kindern nun Dinge, die Ihnen die Eltern im Normalfall nicht lernen können, da diese über deren Wissen oder deren verfügbare Zeit hinausgehen.
Die Lehrkraft bekommt diese Autorität, und somit das Vertrauen der Eltern, auch nur nach der dafür vorhergesehenen pädagogischen Ausbildung und wird auch permanent durch die Institution Schule kontrolliert. Diese Kontrolle erfolgt von seitens des Schuldirektors, der Schuldirektorin, von Seiten der anderen Lehrkräfte, jedoch indirekt auch von Seiten der Schüler und Schülerinnen sowie natürlich vor Allem auch von deren Eltern. Es gibt dann auch noch andere übergeordnete gesellschaftliche Institutionen, wie beispielsweise den Landesschulrat und das Bildungsministerium, welches auch die Lehrpläne vorgibt. Diese Tatsache zeigt, dass die Lehrkraft die Autorität vom System nicht wegen ihrer individuellen Persönlichkeit, sondern wegen ihrer Ausbildung zugestanden bekommt, Im Unterricht jedoch spielt die individuelle Persönlichkeit der Lehrkraft jedoch durchaus eine Rolle.
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- Quote paper
- David Lemberger (Author), 2018, Pädagogische Autorität im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490479
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