Was haben erfolgreiche Songtexte wie „Geboren um zu Leben“ von Unheilig und Filme wie Star Wars, Findet Nemo oder Harry Potter gemeinsam? Ihre Geschichte stützt sich immer auf das Konzept einer Heldenreise, die sie so erfolgreich machen. Sogar Geschichten von Naturvölkern haben eine ähnliche Abfolge von Situationen. Dies fiel dem amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell auf, der daraufhin das erste Muster der Heldenreise erstellte. Christopher Vogler erkannte das Potenzial der Heldenreise und entwickelte dies weiter.
Doch lässt sich unsere Faszination an Heldengeschichten einfach auf ihren Aufbau zurückführen? Um die Bedeutsamkeit der Heldenreise zu verdeutlichen, werde ich ihr Konzept vorstellen und im Anschluss auf den Roman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf anwenden. Dabei wird literarisch analysiert, inwieweit dieser Roman in das Konzept der Heldenreise passt und ob es Abweichungen gibt, die Hernndorfs Roman vielleicht sogar noch verbessern. Im Anschluss der Analyse werde ich vor dem Hintergrund der erzielten Ergebnisse, richtungsweisende Antworten zu dieser Frage geben. Mein zweites Kapitel wird sich mit dem Aufbau der Heldenreise nach Vogler beschäftigen. Im dritten Kapitel folgt eine analytische Überprüfung des Romans „Tschick“ vor dem Hintergrund der zuvor vorgestellten Heldenreise. Daraufhin folgt eine Auswertung der erzielten Ergebnisse und ein Deutungsansatz über die Anlage des genannten Romans mit Blick auf den Einfluss auf die Leser.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Konzept der Heldenreise nach Vogler
3 Ist der Roman Tschick eine Heldenreise?
4 Schlussteil
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Was haben erfolgreiche Songtexte wie „Geboren um zu Leben“ von Unheilig und Filme wie Star Wars, Findet Nemo oder Harry Potter gemeinsam? Ihre Geschichte stützt sich immer auf das Konzept einer Heldenreise, die sie so erfolgreich machen (Walter 2012, S. 3f.).
Sogar Geschichten von Naturvölkern haben eine ähnliche Abfolge von Situationen (Bartsch 2017). Dies fiel dem amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell auf, der daraufhin das erste Muster der Heldenreise erstellte (Bartsch 2017). Christopher Vogler erkannte das Potenzial der Heldenreise und entwickelte dies weiter.
Doch lässt sich unsere Faszination an Heldengeschichten einfach auf ihren Aufbau zurückführen? Um die Bedeutsamkeit der Heldenreise zu verdeutlichen, werde ich ihr Konzept vorstellen und im Anschluss auf den Roman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf anwenden. Dabei wird literarisch analysiert, inwieweit dieser Roman in das Konzept der Heldenreise passt und ob es Abweichungen gibt, die Hernndorfs Roman vielleicht sogar noch verbessern. Im Anschluss der Analyse werde ich vor dem Hintergrund der erzielten Ergebnisse, richtungsweisende Antworten zu dieser Frage geben. Mein zweites Kapitel wird sich mit dem Aufbau der Heldenreise nach Vogler beschäftigen. Im dritten Kapitel folgt eine analytische Überprüfung des Romans „Tschick“ vor dem Hintergrund der zuvor vorgestellten Heldenreise. Daraufhin folgt eine Auswertung der erzielten Ergebnisse und ein Deutungsansatz über die Anlage des genannten Romans mit Blick auf den Einfluss auf die Leser.
2 Das Konzept der Heldenreise nach Vogler
Im Folgenden werden die Stufen der Heldenreise nach Vogler vorgestellt wie sie Svenja und Uwe Walter konzipiert haben (Walter 2012).
Stufe 1. Die gewohnte Welt: Zu Beginn einer Heldenreise findet sich der Protagonist in einer Umgebung wieder, in der er alles genau kennt und er jeden Tagesablauf auswendig weiß. Die Personenkonstellationen sind genau definiert. Zudem stellen sich Mängel im Leben des Protagonisten dar, die den Anschein machen, als ob irgendetwas fehlen würde. Das fehlende Etwas lässt so Platz für etwas Neues, das der Protagonist erreichen kann (vgl. Walter 2012, S. 5ff.).
Stufe 2. Der Ruf zum Abenteuer: Der Held muss sich aus seiner gewohnten Welt herausbewegen, da ihm aufgezeigt wird, was er haben oder sein könnte, wenn er dies tut. Der Ruf zum Abenteuer kann dabei immer wieder kommen, wenn er zuvor ignoriert wurde. So kommt der Protagonist zu der Frage, ob er sich in das Abenteuer bewegt oder nicht (vgl. ebd. S. 8f.).
Stufe 3. Die Verweigerung des Rufes: Das zuvor Erlebte zeigt dem Helden, dass er dem Ruf nicht folgen sollte. Dem Helden wird aufgezeigt, welche Ängste ihn erreichen könnten, falls er den Ruf nicht verweigert. Dem Helden wird zudem die Möglichkeit des Abenteuers aufgezeigt (vgl. ebd. S. 10-13).
Stufe 4. Begegnung mit dem Mentor: Der Held trifft den Mentor, der ihm den Weg in das Abenteuer weist. Dabei kennt der Mentor die Unterschiede der neuen und alten Welt und weiß von den Möglichkeiten der neuen Welt. Der Mentor stellt sich meist als jemand Nettes heraus, der keine Forderungen an den Protagonisten stellt. Der Held trifft dann auf einen zweiten Mentor, der andere Vorstellungen vertritt, die dem Helden aber nicht wegweisend erscheinen (vgl. ebd. S. 14-17.).
Stufe 5. Überschreiten der ersten Schwelle: Der Held muss zum ersten Mal seine gewohnte Welt verlassen. Der Held kann nun nicht mehr umkehren und nimmt die neue Welt im Vergleich zur alten wahr (vgl. ebd. S. 18ff.).
Stufe 6. Bewährungsprobe, Verbündete/Feinde – experimentieren mit der ersten Veränderung: Der Held erkennt die Teilung der Welt in das Gute und das Böse. Er findet unweigerlich heraus, wer der Feind ist. Der Protagonist trifft auf „Gestaltenwandler“, die Freund oder Feind werden können. Er lernt neuen Regeln in der neuen Welt kennen und experimentiert mit seinen neuen Möglichkeiten (vgl. ebd. S. 21.ff).
Stufe 7. Vordringen in die tiefste Höhle: Der Protagonist erkennt zum ersten Mal die gesamte Situation. Er erkennt im Antagonisten den größten Feind, der die schlechten Werte verkörpert, die er bei ihm einpflanzen möchte. Der Tag entwickelt sich aufgrund dessen zum Tag vor dem Entscheidungskampf (vgl. ebd. S. 24f.).
Stufe 8. Entscheidungskampf: Der Entscheidungskampf bildet den Wendepunkt der Geschichte, bei der für den Helden alles auf dem Spiel steht und es um Leben und Tod geht. Der Endscheidungskampf symbolisiert die tiefsten Ängste des Protagonisten (vgl. ebd. S. 26ff.).
Stufe 9. Belohnung und Ergreifung des Schwertes: Der Kampf ist gewonnen. Der Protagonist fühlt sich besonders gut und ist von sich selber überrascht. Das Selbstvertrauen des Protagonisten ist stark gewachsen (vgl. ebd. S. 29f.).
Stufe 10. Rückweg: Der Held begibt sich mit den neuen Erfahrungen und Erkenntnissen in die früher gewohnte Welt zurück. Entbehrliche Charaktere werden zurückgelassen (vgl. ebd. S. 31f.).
Stufe 11. Erneuerung / Verwandlung - Die Hinwendung zu der großen Veränderung: Der Protagonist wird zu verkommenden Persönlichkeiten aus alten und neuen Werten. Das Gute hat endgültig über das Böse gesiegt (vgl. ebd. S. 33f.).
Stufe 12. Rückkehr mit dem Elixier: Erfahrungen aus seiner Reise integriert der Held in seinen tägliches Leben. Er versteht nun mehr von der Welt. Der Kreis schließt sich (vgl. ebd. S. 35f.).
3 Ist der Roman „Tschick“ eine Heldengeschichte?
Der Roman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf handelt von Maik Klingenberg und Andrej Tschichatschow (genannt Tschick), die in den Sommerferien mit einem geklauten Auto eine Reise durch Deutschland machen. Beide kommen aus gänzlich verschiedenen Familien. Tschick ist Sohn russischer Einwanderer, die in einem verwahrlosten Hochhaus leben. Maik dagegen lebt mit seinem Vater, der Immobilienunternehmer ist, in einem großen Haus mit Pool. Seine alkoholabhängige Mutter ist oft in einer Entzugsklinik. Während der Reise entwickelt sich zwischen beiden eine enge Freundschaft, die ihnen oft durch schwierige Situationen hilft. In der Folge wird analysiert, ob und inwieweit sich im Roman „Tschick“ die vorgestellten Stufen einer Heldenreise befinden (vgl. Herrndorf 2010).
Lässt man den zu Beginn des Romans beschriebenen Blick an das Ende der Geschichte aus, beschreibt Herrndorf am Anfang die Lebensverhältnisse von Maik Klingenberg (vgl. ebd. S. 21-40). Dabei wird deutlich ein unerfülltes Leben Maiks charakterisiert. Dies beginnt damit, dass „[er] [...] nie einen Spitznamen [hatte]“ (S. 21), zudem langweilig ist und keine Freunde hat (vgl. ebd. S. 21). Außerdem kristallisiert sich ein heimliches Verlangen Maiks zu seiner Klassenkameradin Tatjana Cosic heraus, die für ihn unerreichbar scheint (vgl. ebd. S. 23). Herrndorf leitet die erste Stufe ein, indem Maiks gewohnte Umgebung aufgezeigt wird. Auffällig ist, dass sich in Maiks Leben besonders viele Mängel aufzeigen lassen. So ist Maik neidisch auf Andre Lagin, der sehr bliebt in der Klasse ist (vgl. ebd. S. 33) und der „[a]uch an Tatjana [...] mal kurz rumgegraben [hat]“ (ebd. S. 33). Neben seinem unerfüllten Schulleben weist Maik auch ein gestörtes Verhältnis zu seiner Mutter auf, deren Aufenthalt in einer Entzugsklinik in der Familie als „Beautyfarm“ (ebd. S. 27) bezeichnet wird. Lichtblicke für Maik bieten zum einen der Hochsprungunterricht, bei dem er der Beste in der Klasse ist (vgl. ebd. S. 36ff.) und zum anderen die Erinnerung an vergangene Tage mit seiner Mutter, an denen er „[...] fünf Eis [...] am Tag [essen]“ durfte (ebd. S. 27). So lässt sich sagen, dass die erste Stufe einer Heldenreise sich in dem Roman entdecken lässt und so weitere Stufen folgen könnten. Im weiteren Verlauf der Geschichte tritt Tschick als neue Person in Maiks Leben (vgl. ebd. S. 41ff.) auf. In Verbindung mit dessen Versuchen, ein Gespräch zwischen ihnen aufzubauen (vgl. ebd. S. 62f.), lässt sich hier die zweite Stufe der Heldenreise - der Ruf zum Abenteuer wiederfinden. Zudem werden Grundvoraussetzungen eines Abenteuers geschaffen, indem Maiks Vater über die Ferien auf Geschäftsreise fährt (vgl. ebd. S. 76).
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- Jacob Ricking (Author), 2017, Die Heldenreise im Roman "Tschick", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/489332
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