Das gegenwärtige Zeitalter ist von einem Maß an individueller Freiheit geprägt, wie es in keiner vergangenen Epoche auch nur im Ansatz denkbar gewesen wäre. Der Einzelne verfügt über eine Handlungsmacht von außergewöhnlicher Qualität, welche er auf bequeme Weise durch die Nutzung digitaler Portale ausleben kann. Plattformen wie Facebook, Google, Amazon, Airbnb, Lieferando und viele weitere ermöglichen dem Individuum scheinbar unendliche Gestaltungsmöglichkeiten seines Arbeits-, Konsum-, Reise-, und Freizeitlebens. Der Aufwand zur Selbstverwirklichung der Menschen wurde, zumindest aus westlicher Perspektive, auf ein Minimum reduziert und der Traum einer singulären Lebensart wird der Gesellschaft auf einem digitalen Silbertablett serviert. Mittels weniger Mausklicks wird dem Einzelnen die Möglichkeit offenbart, mit Personen auf dem gesamten Erdball zu interagieren, ohne dabei auf obsolete Informationsträger, wie Briefe oder Telegrafen, zurückgreifen zu müssen. Die Home-Sharing-Plattform „Airbnb“ gewährleistet darüber hinaus die unkomplizierte Planung einer selbstbestimmten, individualisierten und einzigartigen Urlaubserfahrung, wodurch der autonome Globetrotter unabhängig von Reisebüros und deren Pauschalreisen die Welt entdecken kann. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, ohne jemals einen physischen Laden aufsuchen zu müssen, das wohl größte Warenhaus „Amazon“ zu betreten, wodurch dem Traum vom unendlichen Konsum scheinbar keine Grenzen mehr gesetzt sind. Auch das Grundbedürfnis der Nahrungsaufnahme wird durch eine der vermutlich vielfältigsten digitalen Speisekarten namens „Lieferando“ befriedigt, sodass der reale Besuch eines Restaurants aus Mangel an kulinarischer Diversität bald überflüssig erscheinen könnte. In Bezug auf die individuellen Handlungsoptionen klingen diese Tatsachen fast zu schön, um real zu sein. Viele dieser plattformbasierten Angebote kommen im unschuldigen Gewand einer kostenlosen Dienstleistung daher, wobei sich der User darüber bewusst sein sollte, dass er einen hohen Preis für seine neu gewonnenen Freiheiten zahlt. Das moderne Zahlungsmittel scheinen personenbezogene Daten zu sein, die nur allzu leichtfertig in die Hände der großen Unternehmen geraten. Somit unterliegt dieser individuelle Machtzuwachs der Gefahr, durch das leichtsinnige Entäußern von persönlichen Informationen, schließlich verloren zu gehen und in einer totalen Fremdbestimmung durch private Plattformkonzerne zu münden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Freiheitsversprechen als neue Legitimation des Kapitalismus
2.1 Die Legitimationsbedurftigkeit des Kapitalismus und die Rolle der Kritik
2.2 Selbstbestimmung im Berufsleben: Die „projektbasierte Polis“ als Ergebnis der uberwundenen „Industriepolis“ und als erfolgreiche Integration der Kunstlerkritik
3. Plattform-Kapitalismus: Das Geschaft mit der Freiheit
3.1 Der Mehrwert fur den Nutzer.
3.2 Kategorisierung der Plattformen und die Gefahr der Monopolbildung durch die Nutzung der User-Daten
3.2.1 Werbeplattformen
3.2.2 Schlanke Plattformen
3.2.3 Produktplattformen
4. Von kunstlicher Intelligenz und Verhaltenssteuerung
5. Die Illusion des Individualismus und die Quantifizierbarkeit der Einzigartigkeit
6. Resumee
Literaturverzeichnis
- Quote paper
- Jonas Heuten (Author), 2018, Das Freiheitsversprechen im Plattform-Kapitalismus. Wird die Selbstbestimmung von heute in einer totalen Fremdbestimmung enden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/488974
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