Hamlet ist mit rund 4000 Zeilen das längste Drama Shakespeares, es ist das erste der sogenannten großen Tragödien Shakespeares und bezeichnete eine Wende in Shakespeares Schaffen.
Englische Komödianten führten im Jahre 1626 Der Bestrafte Brudermord oder: Prinz Hamlet aus Daennmark, eine veränderte Fassung des Hamlet-Dramas in Deutschland auf, worin groteske Hanswurstiaden eingearbeitet waren, die das Drama lustspielmäßig verzerrten. Die Wirkungsgeschichte Hamlets im deutschsprachigen Raum begann mit der Wiener Erstaufführung am 16.01.1773. Die Übersetzung stammte von Wieland sie lag auch der Bearbeitung Ludwig Schröder zugrunde, in der Hamlet am Leben bleibt und König wird. Am 20 Februar 1776 in Hamburg erstaufgeführt, löste sie eine lang anhaltende Phase der Begeisterung für den empfindsamen Hamlet aus. Der schwermütige Held, der schließlich alle Schwierigkeiten meistert, bot in dieser Form Identifikationspotential, die Vielschichtigkeit von Hamlets Charakter fordert den Zuschauer auf, sich mit seiner Person zu befassen.
Die leidende, melancholisch gestimmte Bevölkerung wollte genau diesen Schluß sehen, um für Ihre eigene Situation Hoffnung schöpfen zu können. Deutschland war zu dieser Zeit keine Nation mit gemeinsamem Kulturgut, sondern eine Anhäufung von Einzelstaaten, die autokratisch regiert wurden. Die Starrheit der Regierungssysteme ohne Beteiligungsmöglichkeit der Bürger ließ einfache Leute wie Intellektuelle politikmüde werden, so daß sie ihre Aufmerksamkeit auf andere Inhalte lenkten, vor allem auf die Literatur. So entwickelte sich geradezu ein „Hamletfieber“: „Gerade in Hamlets schwermütigen Monologen erkannten viele ihren eigenen Gemütszustand wieder“.
Die Schrödersche Bearbeitung feierte große Erfolge, wohl weil der veränderte Schluß die „poetische Gerechtigkeit“ berücksichtigte, die das Publikum forderte, aus Hamlet wurde so ein nachahmenswertes Vorbild. Man kann Schröder keinen Vorwurf machen, daß er sich bei der Bühnenbearbeitung des Hamlet dem Volksgeschmack unterwarf; die Zeit verlangte „brave Familienstücke“ und sogar Goethe „schrieb im Aufsatz Shakespeare und kein Ende, es sei ein „Vorurteil, das sich in Deutschland eingeschlichen habe, daß man Shakespeare auf der deutschen Bühne Wort für Wort aufführen müsse“.
Inhaltsverzeichnis
- Wirkungsgeschichte von Shakespeares Hamlet in Deutschland
- Wilhelms Hamlet-Interpretation: Denkweise, Gehalt, Funktion im Roman
- Goethes Verhältnis zur Shakespearschen Dichtung
- Goethes Begeisterung für Shakespeare
- Hamlet-Aufführungen unter Goethes Leitung
- Denkweise und Gehalt von Wilhelms Hamlet-Interpretation
- Geistige Haltung von Wilhelms Hamlet-Interpretation
- Hamlet als Teil von Wilhelms Entwicklung
- Funktion von Wilhelms Hamlet-Interpretation im Roman
- Die Inszenierung des Hamlet als Wendepunkt in Wilhelms Entwicklung
- Wilhelms Hamlet-Inszenierung als Zentrum in Wilhelm Meisters Lehrjahre
- Goethes Verhältnis zur Shakespearschen Dichtung
- Die Hamlet-Inszenierung ist Höhepunkt für den Theater- wie den Bildungsroman Wilhelm Meisters Lehrjahre
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Text befasst sich mit der Interpretation des Hamlet-Dramas durch Wilhelm Meister in Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Der Text untersucht die Denkweise, den Gehalt und die Funktion dieser Interpretation im Roman und erörtert Goethes Verhältnis zur Shakespearschen Dichtung im Allgemeinen.
- Die Wirkung von Shakespeares Hamlet im deutschsprachigen Raum
- Goethes Begeisterung für Shakespeares Werke und die daraus resultierenden Einflüsse
- Die Rolle von Wilhelms Hamlet-Interpretation in seiner persönlichen Entwicklung
- Die Funktion des Hamlet-Dramas als Wendepunkt und zentrales Element in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“
- Die Bedeutung des Hamlet-Dramas für den Theater- und Bildungsroman
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Wirkungsgeschichte von Shakespeares Hamlet in Deutschland, beginnend mit der ersten Aufführung in Wien im Jahre 1773. Das Kapitel beleuchtet die Adaptionen und Veränderungen des Stückes durch Wieland und Schröder und untersucht den gesellschaftlichen Kontext und das "Hamletfieber" der Zeit.
Das zweite Kapitel analysiert Wilhelms Hamlet-Interpretation in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Es behandelt Goethes Verhältnis zur Shakespearschen Dichtung, die Anfänge seiner Bewunderung für Shakespeare und die Rolle von Herders Kritik an Shakespeares Einfluss auf Goethe. Das Kapitel beleuchtet zudem die Hamlet-Aufführungen, die Goethe in seiner Zeit als Leiter des Weimarer Hoftheaters inszenierte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter des Textes sind: Shakespeare, Hamlet, Goethe, Wilhelm Meister, "Wilhelm Meisters Lehrjahre", Theater, Bildungsroman, Denkweise, Gehalt, Funktion, Wirkung, Interpretation, Inszenierung, Übersetzung, Adaption, Kritik, Aufführung, Zeitgeist.
- Quote paper
- M.A. Erwin Maier (Author), 1998, Wilhelm Meisters Lehrjahre - Wilhelms Hamlet-Interpretation: Denkweise, Gehalt, Funktion im Roman, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48896