Die politische Willensbildung ist in modernen Demokratien ohne Parteien nicht denkbar. Parteien sind in parlamentarischen Systemen die wichtigste organisierende Mittlerinstanz zwischen Bevölkerung und Staat, indem sie zwischen Entscheidungsträgern und Politikbetroffenen vermitteln und Sphären der Willensbildung mit den Prozessen der verbindlichen Politikherstellung verkoppeln.
Da Parteienkritik und Parteienskepsis gerade in Deutschland eine lange Tradition haben, sollen in der vorliegenden Arbeit die Funktionen von Parteien vorgestellt und deren Erfüllung kurz kritisch diskutiert werden. Hierbei wird zunächst erörtert, wer Parteien in demokratischen Verfassungsstaaten Funktionen zuweist. Anschließend werden die idealtypischen Funktionen von Parteien erläutert, um in einem weiteren Schritt Denkanstöße für mögliche Kritikpunkte bezüglich der tatsächlichen Funktionserfüllung zu präsentieren.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Parteibegriff
3 Funktionen von Parteien
3.1 Transmissionsfunktion
3.2 Selektionsfunktion
3.3 Partizipationsfunktion
3.4 Integrationsfunktion
3.5 Sozialisationsfunktion
3.6 Selbstregulationsfunktion
3.7 Legitimationsfunktion
4 Kritische Anmerkungen zur Funktionserfüllung
5 Schlussbemerkung
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die politische Willensbildung ist in modernen Demokratien ohne Parteien nicht denkbar. Parteien sind in parlamentarischen Systemen die wichtigste organisierende Mittlerinstanz zwischen Bevölkerung und Staat, indem sie zwischen Entscheidungsträgern und Politikbetroffenen vermitteln und Sphären der Willensbildung mit den Prozessen der verbindlichen Politikherstellung verkoppeln.
Da Parteienkritik und Parteienskepsis gerade in Deutschland eine lange Tradition haben, sollen in der vorliegenden Arbeit die Funktionen von Parteien vorgestellt und deren Erfüllung kurz kritisch diskutiert werden. Hierbei wird zunächst erörtert, wer Parteien in demokratischen Verfassungsstaaten Funktionen zuweist. Anschließend werden die idealtypischen Funktionen von Parteien erläutert, um in einem weiteren Schritt Denkanstöße für mögliche Kritikpunkte bezüglich der tatsächlichen Funktionserfüllung zu präsentieren.
2 Der Parteibegriff
Bevor die Funktionen der Parteien erläutert werden können, muss der Parteibegriff geklärt werden. In Deutschland hielt sich der Gesetzgeber lange Zeit den politischen Parteien gegenüber zurück. Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vor allem in Artikel 21 des Grundgesetzes politische Parteien in einer Verfassungsurkunde angesprochen.[1] In Artikel 21 Abs. 1 GG heißt es: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“[2]
Der oben stehende Artikel legt die Aufgabe der Parteien, die Sicherung ihrer verfassungsrechtlichen Stellung, die Anforderungen an ihre innere Ordnung und die Grundlagen ihrer Finanzierung fest. Artikel 21 Abs. 2 legt das Parteienprivileg fest, wonach Parteien solange als verfassungskonform zu behandeln sind, als sie vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten wurden. Letztlich enthält Artikel 21 Abs. 3 einen Gesetzgebungsauftrag zur Ausgestaltung des Parteienrechts im Hinblick auf die in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Inhalte.
Das Grundgesetz setzt den Parteibegriff voraus ohne ihn genauer zu umschreiben bzw. zu definieren. Dies geschieht vom Gesetzgeber im Rahmen des Parteiengesetzes, welches erst 18 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassen wurde.[3] Das Parteiengesetz enthält acht Abschnitte, wovon nur die Paragraphen 1 und 2 des ersten Abschnittes in dieser Ausarbeitung behandelt werden sollen. Ich werde zunächst auf den Paragraphen 2 eingehen, da dieser eine Legaldefinition des Parteibegriffs enthält. Paragraph 1 – Verfassungsrechtliche Stellung und Aufgaben der Parteien – ist dem Gliederungspunkt 3 zugeordnet und als sinnvolle Einleitung zum Hauptteil Funktionen von Parteien zu verstehen. Der Parteibegriff nach § 2 PartG lautet: „Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein.“[4]
Die kürzer gefasste Arbeitsdefinition, welche dieser Arbeit zugrunde gelegt werden soll, stammt von Ulrich von Alemann: „Parteien sind auf Dauer angelegte gesellschaftliche Organisationen, die Interessen ihrer Anhänger mobilisieren, artikulieren und bündeln und diese in politische Macht umzusetzen suchen – durch die Übernahme von Ämtern in Parlamenten und Regierungen“.[5]
3 Funktionen von Parteien
Die Frage nach den Funktionen von Parteien ist eine normative Frage im politiktheoretischen Sinne. Wahrscheinlich ist dies einer der Gründe, warum die Aufgaben- und Funktionskataloge von Parteien so zahlreich sind.[6] Eine einheitliche Vorgabe, wie die Parteien an der Willensbildung mitzuwirken haben, findet sich in §1 Abs. 2 des Parteiengesetzes, wo es heißt: „Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere
- auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen,
- die politische Bildung anregen und vertiefen,
- die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern,
- zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden,
- sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen,
- auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen,
- die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen und
- für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen.“[7]
Nach Ulrich von Alemann sind dies „[…] hehre Ziele, die über die konkreten Aktionen, wie die Parteien Politik machen, wenig aussagen“.[8] Jedoch darf nicht vergessen werden, dass diese Ziele die Messlatte sind, nach der beispielsweise entschieden wird, ob eine neue Partei zur Wahl zugelassen wird oder nicht. Meiner Ausarbeitung habe ich den Funktionskatalog von Ulrich von Alemann zugrunde gelegt, da mir seine Verknüpfung und Differenzierung der Funktionen sinnvoll schien. Der Katalog enthält neben den vier Hauptfunktionen – Transmission, Selektion, Integration, Legitimierung – die Partizipation, die Selbstregulation und die Sozialisation, die im Folgenden vorgestellt werden sollen.[9]
[...]
[1] Vgl. Olzog, G; Liese, H. J. (1999) S. 11
[2] http://www.bundesregierung.de/Anlage760204/Grundgesetz.pdf
[3] Der Deutsche Bundestag beschloss das Parteiengesetz in der Sitzung vom 28. Juni 1967
[4] http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/partg/gesamt.pdf
[5] von Alemann, U. (1995) S. 9
[6] Vgl. von Beyme, K. (1982) S. 25
[7] http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/partg/gesamt.pdf
[8] von Alemann, U. (2001) S. 206
[9] Vgl. von Alemann, U. (2001) S. 208ff.
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- Bjoern Cebulla (Author), 2006, Welche Funktionen erfüllen Parteien in einem demokratischen Verfassungsstaat?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48863
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