Das Phänomen der Selbstmordattentate hat seit dem 11. September 2001 eine neue Dimension erlangt. Durch den Anschlag auf das World Trade Center, bei dem Tausende von Unschuldigen ums Leben kamen, kann man von einer neuen Eskalationsstufe des Terrorismus auf internationaler Ebene sprechen. Journalisten, Politiker und Psychologen zeichnen seither das Bild:
„Selbstmordattentäter seien Fanatiker, Verrückte. Sie glaubten daran, hieß es, himmelwärts ins Paradies zu fahren, denn dort warteten in der Vorstellung dieser Fanatiker bereits 72 Jungfrauen.“
Dabei wird den Ursachen, wie es dazu kommen kann, dass Menschen ihrem eigenen Leben so wenig Wert beimessen, dass sie es nur noch als Waffe benutzen wollen, nur wenig Beachtung geschenkt. Nur allzu gern beschränkt man sich mit den Erklärungen, dass Versprechungen wie etwa der Aufstieg ins Paradies, in dem 72 Jungfrauen auf den Märtyrer warten, sowie die Möglichkeit bei ´Allah´ Fürsprache für 72 seiner engsten Freunde und Verwandten halten zu dürfen, ausreichen um die Motivation zur Selbstopferung zu schaffen. Den Grund hierfür fasst m.E. Christoph Reuter treffend zusammen, wenn er anmerkt, dass:
„ (...) es in jeder Zeitungsgeschichte hübsch klingt, dass wieder so ein 17-, 18-jähriger, zweifellos sexuell frustrierter Palästinenser ohne Freundin daran geglaubt habe, mit einem Knopfdruck das Elend mit der Orgie vertauschen zu können.“ Gern wird übersehen, dass eine der ersten Nationen, die mit Selbstmordattentaten operierte, Japan war. Dabei konnten sich die Kamikazeflieger im Zweiten Weltkrieg weder auf das Paradies und die dort angeblich wartenden 72 Jungfrauen berufen, noch existiert in der japanischen Kultur der Begriff des ´Heiligen Krieges´. Dennoch gibt es interessante Parallelen zu den Suizidanschlägen im Nahen Osten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Der ökonomische Ansatz
2.1. Wurzeln und Varianten des ökonomischen Verhaltensmodells
2.2. Das Konzept der Haushaltsproduktionsfunktionen nach Gary S. Becker
2.3. Das klassische Modell des homo oeconomicus
2.3.1. Das Individuum als Analyseeinheit
2.3.2. Anreize als Determinanten menschlichen Verhaltens
2.3.3. Präferenzen und Restriktionen
2.3.4. Individuen verhalten sich eigennützig
2.3.5. Der mögliche Handlungsraum wird determiniert durch Einschränkungen
2.4. Rationalität
2.5. Kosten-Nutzen-Analyse
2.6. Entscheidung
2.7. Regeln
3. Der soziologische Ansatz
3.1. Wurzeln und Varianten des Rational-Choice-Ansatzes in der Soziologie
3.2. Das soziologische Modell nach Hartmut Esser
3.2.1. Die Logik der Situation
3.2.2. Die Logik der Selektion
3.2.3. Die Logik der Aggregation
3.2.4. Die Definition der Situation
3.2.5. Rahmung / Framing
3.3. Das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen
3.3.1. Das Problem der abnehmenden Abstraktion
3.3.2. Kriterien und Regeln der Modellierung sozialer Prozesse
3.3.3. Das SRSM-, OSAM- und SSSM-Modell und die Modellierung sozialer Prozesse
3.3.4. Das RREEMM-Modell nach Siegwart Lindenberg
3.4. Entscheidungstheorien bzw. Selektionsregeln
3.4.1. Die Theorie des subjektiv erwarteten Nutzens (SEU-Theorie bzw. Wert-Erwartungs-Theorie)
3.4.2. Die Einstellungstheorie
3.4.3. Die Prospekttheorie
4. Zusammenfassender Vergleich der beiden Ansätze
4.1. Rational Choice-Theorien
4.2. Ökonomischer Ansatz
4.3. Soziologischer Ansatz
4.4. Begründung für die Auswahl des Modells auf Analyseebene
4.5. Probleme und Erweiterungen der beiden Modelle
4.6. Rationalität und Entscheidung
4.6.1. Unvollständige Rationalität
4.6.2. Begrenzte Rationalität
4.6.2.1. Die Theorie der Anspruchsanpassung
4.6.3. Kritische Würdigung der Konzeptionen von unvollständiger und begrenzter Rationalität
4.7. Die Theorie öffentlicher Güter, Trittbrettfahrerproblematik (free -rider-dilemma)
4.8. Altruismus
4.9. Das Problem der versunkenen Kosten
4.10. Entscheidungen in low-cost bzw. high-cost Situationen
5. Selbstmordterrorismus als strategische Entscheidung
5.1. Zum Begriff des Selbstmordterrorismus
5.1.1. Eine Definition von Terrorismus
5.1.2. Terrorismus als strategische Entscheidung
5.1.3. Die Definition von Selbstmordterrorismus
5.1.4. Selbstmordterrorismus als strategische Entscheidung
5.1.4.1. Charakteristika von Selbstmordterrorismus
5.1.4.2. Zur Geschichte des Selbstmordterrorismus
5.1.4.3. Terroristische Vereinigungen die mit Selbstmord-attentaten operieren
5.1.4.4. Anschläge durch Selbstmordattentäter
5.1.4.5. Profile von Selbstmordattentätern
5.1.4.5.1. Demographische Variablen
5.1.4.5.1.1. Alter
5.1.4.5.1.2. Familienstand
5.1.4.5.1.3. Geschlecht
5.1.4.5.1.4. Sozio-ökonomische Faktoren
5.1.4.5.1.5. Sonstige relevante Faktoren
5.1.4.5.1.6. Persönliche und psychopathologische Faktoren
5.1.4.6. Ergebnisse
5.1.4.6.1. Indoktrination
5.1.4.6.2. Gruppenverpflichtung
5.1.4.6.3. Persönliche Verpflichtung
5.1.4.6.4. Öffentliche Unterstützung für Selbstmordattentate
6. Anwendung des theoretischen Modells auf Selbstmordterrorismus als rationale Entscheidung
6.1.1. Vorbemerkungen
6.1.2. Vorgehensweise
6.1.2.1. Soziale Situation 1
6.1.2.1.1. Kulturelle Wurzeln
6.1.2.1.2. Soziale, politische und ökonomische Ursachen
6.1.2.1.3. Religiöser Extremismus
6.1.2.2. Ergebnisse Soziale Situation 1
6.1.2.3. Alternativen
6.1.2.4. Kosten
6.1.2.5. Nutzen
6.1.2.6. Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Abwägung
6.1.2.7. Anwendung der Selektionsregel
6.1.2.8. Tiefenerklärungen
6.1.2.8.1. Psychologische Faktoren
6.1.2.9. Soziale Situation 2
6.1.2.10. Ergebnisse Soziale Situation 2
6.1.2.11. Variablen
6.1.2.12. Hypothesen
7. Ausblick
Group
Nationality
Motivation
Period
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Phänomen der Selbstmordattentate hat seit dem 11. September 2001 eine neue Dimension erlangt. Durch den Anschlag auf das World Trade Center, bei dem Tausende von Unschuldigen ums Leben kamen, kann man von einer neuen Eskalationsstufe des Terrorismus auf internationaler Ebene sprechen. Journalisten, Politiker und Psychologen zeichnen seither das Bild:
„Selbstmordattentäter seien Fanatiker, Verrückte. Sie glaubten daran, hieß es, himmelwärts ins Paradies zu fahren, denn dort warteten in der Vorstellung dieser Fanatiker bereits 72 Jungfrauen.“[1]
Dabei wird den Ursachen, wie es dazu kommen kann, dass Menschen ihrem eigenen Leben so wenig Wert beimessen, dass sie es nur noch als Waffe benutzen wollen, nur wenig Beachtung geschenkt. Nur allzu gern beschränkt man sich mit den Erklärungen, dass Versprechungen wie etwa der Aufstieg ins Paradies, in dem 72 Jungfrauen[2] auf den Märtyrer warten, sowie die Möglichkeit bei ´Allah´ Fürsprache für 72 seiner engsten Freunde und Verwandten halten zu dürfen, ausreichen um die Motivation zur Selbstopferung zu schaffen. Den Grund hierfür fasst m.E. Christoph Reuter treffend zusammen, wenn er anmerkt, dass:
„ (...) es in jeder Zeitungsgeschichte hübsch klingt, dass wieder so ein 17-, 18-jähriger, zweifellos sexuell frustrierter Palästinenser ohne Freundin daran geglaubt habe, mit einem Knopfdruck das Elend mit der Orgie vertauschen zu können.“[3]
Gern wird übersehen, dass eine der ersten Nationen, die mit Selbstmordattentaten operierte, Japan war. Dabei konnten sich die Kamikazeflieger im Zweiten Weltkrieg weder auf das Paradies und die dort angeblich wartenden 72 Jungfrauen berufen, noch existiert in der japanischen Kultur der Begriff des ´Heiligen Krieges´. Dennoch gibt es interessante Parallelen zu den Suizidanschlägen im Nahen Osten.[4]
Eine Analyse diese Phänomens muss m.E. über individualpsychologische Deutungsmuster hinausgehen[5]. Sie vermögen zwar einen Einblick in die Motivlage der Individuen zu geben, jedoch reichen sie nicht aus, um zu erklären warum zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten Selbstmordattentate begangen werde und warum einige terroristische Organisationen auf diese extremen Mittel zurückgreifen andere jedoch nicht. So stimme ich mit Christoph Reuter überein, wenn er schreibt:
„Ein Handeln, dass sich eben nicht erklären lässt allein aus den Einzelbiografien der Täter, ihren individuellen Erfahrungen oder einer persönlich hoffnungslosen Lage. Es kommen Traditionsbedingungen hinzu wie das Einstehen für die Gemeinschaft, die Familie, den Clan, der Vorrang der Gruppe vor dem Individuum.“[6]
Problemstellung dieser Arbeit ist es, das Phänomen des Selbstmordterrorismus aus der Perspektive der Theorie der rationalen Wahl[7] zu beleuchten. Dabei geht es um die Anwendung einer deskriptiven Entscheidungstheorie.[8] mit deren Hilfe die soziale Zusammenhänge und Prozesse erklärt werden sollen, die zu Selbstmordattentaten führen.
Von besonderer Brisanz ist vor allem die Frage, wie es möglich ist, unter Abwägung von Nutzenargumenten zu der Entscheidung zu kommen, sich selbst und andere mittels einer Bombe zu töten. Aus rationalen Erwägungen scheint diese Entscheidung im ersten Moment schwer nachvollziehbar. Gerade die Problematik einer scheinbar irrationalen Handlung, möchte ich jedoch im Sinne von Thomas S. Kuhn als Anomalie[9] innerhalb der Anwendung der RCT als Problemgegenstand wählen. Denn wenn mit dem Verweis auf die irrationale Handlung der Akteure ein Ergebnis feststehen würde, verböte sich z.B. jegliches Nachdenken über einen Prozess der politischen Versöhnung zwischen Israel und Palästina.
Im Rahmen dieser Arbeit verfolge ich nicht die Zielsetzung, die RCT gegen alle Vorwürfe und Kritikpunkte zu verteidigen. An den Stellen, wo es mir ratsam scheint, werde ich jedoch auf Argumente konkurrierender Ansätze verweisen.
Zur Vorgehensweise
Zunächst werde ich das ökonomische Verhaltensmodell skizzieren. Aufbauend auf dem Konzept der Haushaltsproduktionsfunktionen des Nobelpreisträgers Gary S. Becker werde ich die wichtigsten Prämissen des ´homo-oeconomicus-Modells´ darstellen.
Daran anschließend erfolgt eine Darlegung der Theorie der rationalen Wahl aus der Perspektive der Soziologie. Innerhalb des soziologischen Ansatzes werde ich mich vor allem auf die Theorie von Hartmut Esser beziehen. Meiner Ansicht nach stellt seine Theorie eine moderne Weiterentwicklung der klassischen RC-Modellierung dar. Hartmut Esser kann mit seiner Theorie m.E. am ehesten die Fragen beantworten, wie Akteure in Entscheidungssituationen das Kosten- und Nutzenverhältnis im Sinne ihrer Interessen definieren. Dies geschieht, wie ich noch zeigen werde, über die Einführung von Institutionen als generalisierte Handlungsmuster und von situationalen Interessen und Wissenskapazitäten, über die die Akteure verfügen. In diesem Zusammenhang werde ich auf das Konzept des ´Framing´ jedoch nur kurz eingehen, da es für meine Analyse keine weiterreichenden Erkenntnisse bringt.
Im Anschluss an die Abbildung der beiden Theorien werde ich einen Vergleich vornehmen, der die Frage beantworten soll, welcher Ansatz die vielversprechenderen Anwendungsmöglichkeiten bietet und worauf sich diese Erkenntnis gründet.
Im nächsten Abschnitt werde ich Erweiterungen und Probleme, mit den sich die RCT im Allgemeinen auseinander zu setzen hat. Die wichtigsten im Hinblick auf diese Arbeit sind unter den Begriffen Rationalität und Entscheidung, Herstellung von Kollektivgütern, Altruismus sowie die Problematik der ´sunk-costs´ zu subsumieren.
Daran anschließend werde ich im zweiten theoretischen Komplex dieser Arbeit Selbstmordterrorismus als Unterform von Terrorismus darstellen, die Begriffe definieren und ihre Ausprägungen erörtern.
Die abschließende Analyse hat zum Ziel, mit Hilfe des theoretischen Werkzeugs, welches im ersten Teil dieser Arbeit konzipiert wird, nach Variablen zu suchen, mit deren Hilfe eine theoretische Modellierung des RC-Modells mit Bezug auf das Phänomen des Suizidterrorismus als kollektivem Phänomen erfolgen könnte.
Schließlich wird im Ausblick eine Diskussion der gewonnen Erkenntnisse erfolgen. Es werden Fragen formuliert, an die sich eine weitere Auseinandersetzung im Sinne dieses Forschungsgebietes ergeben könnten. Hier werde ich Hypothesen formulieren und die unabhängigen Variablen benennen, die sich aus meiner Analyse ergeben.
Schwierigkeiten
Für diese Arbeit ergeben sich in Verbindung mit der gewählten Thematik folgende Schwierigkeiten. Zunächst stellt sich die Anwendung der RCT zur Erklärung eines solchen Phänomens schon als Herausforderung dar. Dies liegt zum einen darin begründet, dass es sich beim RC-Ansatz um kein einheitliches Theoriefeld handelt. Die Existenz unterschiedlichster Anwendungen und die Vielzahl von Bezugsmöglichkeiten machen einen Überblick über die gesamte Theorie der rationalen Wahl sehr schwierig.
Ein Grund für die kritische Haltung vieler Sozialwissenschaftler ist sicherlich die Tatsache, dass die RCT nicht alle sozialen Phänomene gleich gut erklären kann.
Die Politologin Ruth Zimmerling nennt diesen Ansatz:
„einen der derzeit umstrittensten theoretischen Ansätze in den Sozialwissenschaften“[10]
Material, welches sich der Problematik der Selbstmordattentate mit Hilfe des RC-Ansatzes nähert, ist nur unzureichend vorhanden. Zumindest sind theoretische Auseinandersetzungen, die sich mit anscheinend kostendominierten sozialen Situationen[11] befassen, dem Verfasser nicht bekannt.
Auch ist es aufgrund der Natur des Phänomens der Suizidattentate schwer, Datenmaterial oder Studien zur Thematik zu finden. Glücklicherweise kann ich hier auf eine Studie des Psychologen Ariel Merari von der Universität Tel Aviv zurückgreifen. Dieser hat Biografien von Selbstmordattentätern untersucht, und seine Ergebnisse werden im Rahmen meiner Analyse diskutiert.
Das Ende der Geschichte oder ein Kampf der Kulturen?
Eine Diskussionen in die sich dieser Problemzusammenhang einordnen lässt, findet derzeit auch in der Politikwissenschaft statt. Hier stehen sich zwei gegensätzliche Entwürfe für die Zukunft der internationalen Politik gegenüber. Da ist zunächst das Werk Francis Fukuyamas[12], der mit der Kapitulation der Sowjetunion als letztem großen konkurrierenden Systementwurf zum Kapitalismus ein Ende der Geschichte eingeläutet sieht. Von diesem ´idealistischen´ Bild zu unterscheiden ist der ´realistische´ Entwurf Samuel Huntingtons[13], der mit seinem Konzept des Kampfes der Kulturen auf eine Neueinteilung der Weltordnung entlang der konfessionellen Grenzen abzielt. Danach wird die Zukunft geprägt sein von einer Auseinandersetzung des Islam mit dem ´christlichen Westen´. Diese Betrachtungsweise ist jedoch nicht unproblematisch und innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft höchst umstritten[14]. So merkt der Orientalist Guido Steinberg an, dass ein undifferenzierter Umgang mit den Begriffen Islam, Islamismus und islamistischer Terrorismus zu einer ´self-fulfilling-prophecy´ im Hinblick auf die Ergebnisse Huntingtons führen kann.[15]
In diesem Zusammenhang verfolgt diese Arbeit auch das Ziel, die Handlungen von Selbstmordattentätern etwas differenzierter zu betrachten, als es aus der Lesart des Terrorismusexperten Rolf Tophoven hervorgeht, wenn er schreibt:
„denn in diesem Tätertyp triumphiert nicht nur religiöser Eifer und fundamentalistisches Gedankengut; es triumphiert vor allem ein Irrationalismus, der mit den Maßstäben des abendländisch orientieren Kulturkreises nicht mehr zu messen ist.“[16]
Es wird sich zeigen, dass für das Phänomen der Selbstmordattentate von einer Rationalität[17] ausgegangen werden kann. Diese Rationalität ist allerdings geprägt von Faktoren, die sich nur erschließen, wenn man die komplexen Zusammenhänge ergründet, die den Motivationen und dem Verhalten der Täter innewohnen.
So wird am Ende meiner Arbeit das Fazit stehen, dass es sich bei Selbstmordattentaten um ein modernes Phänomen handelt, das sich weder allein auf traditionelle Glaubensüberzeugungen, eine bestimmte Kultur oder individuellen Mängel in den psychischen Dispositionen reduzieren lässt, sondern dass im Anschluss an den Islamwissenschaftler Christoph Reuter von einer „Kosten-Nutzen-Rechnung einer Gesellschaft am Rande des Abgrunds“[18] gesprochen werden kann.
2. Der ökonomische Ansatz
2.1. Wurzeln und Varianten des ökonomischen Verhaltensmodells
In den Wirtschaftswissenschaften hat sich in den letzten Jahrzehnten eine „ andere Volkswirtschaftslehre[19] “ herausgebildet, welche die Zielsetzung verfolgt, Gegenwarts-probleme der Gesellschaft aus ökonomischer Perspektive zu analysieren. Diesen Bereich nennt Gebhard Kirchgässner ´Professor für Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie´ Ökonomik[20]: jenes Gebiet der Wirtschaftswissenschaften, deren Forschungsbereich die Erklärung menschlichen Verhaltens unter rationalen Gesichtspunkten ist. Dabei hat sich dieser Zweig der Ökonomie auf Bereiche ausgedehnt, die im klassischen Verständnis keine ökonomischen Domänen sind, wie z.B. die ökonomische Theorie des Bildungsverhaltens, der Familie, der Kriminalität, der Diskriminierung, und des Drogenkonsums[21].
Durch die Einführung eines Menschenbildes, das wesentlich von dem der Soziologie, Psychologie oder Politikwissenschaft abweichen soll, versucht das ökonomische Verhaltensmodell alternative Erklärungsmuster zu liefern. Allerdings darf, wie einleitend schon beschrieben, nicht übersehen werden, dass es viele Anknüpfungspunkte zu psychologischen Modellen gibt. So merkt der Ökonom Bruno S. Frey an:
„Das ökonomische Modell menschlichen Verhaltens ähnelt stark einem bestimmten psychologischen Modell, nämlich dem Verhaltensmodell der Sozialpsychologie.“[22]
Die Wurzeln des ökonomischen Ansatzes zur Erklärung menschlichen Verhaltens lassen, sich nach Frey schon im Werk von Adam Smith[23] ausfindig machen. Eben dort identifiziert Frey die wichtigsten Prämissen des ökonomischen Verhaltensmodells, wenn er schreibt:
„Die Elemente des methodologischen Individualismus, der Glaube an die Existenz von Gesetzmäßigkeiten (nomologische Orientierung), das Eigeninteresse als Triebkraft, die Bedeutung von Institutionen zur Beeinflussung menschlichen Verhaltens (..) [lassen] sich bereits im klassischen Erkenntnisprogramm [finden].“[24]
In der ökonomischen Literatur wird die handlungstheoretische Perspektive mit verschiedenen Begrifflichkeiten versehen. Außer dem Ökonomischen Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, sind dies die ´Theorien der Neuen Welt der Ökonomie´; der ´Außermarktlichen Ökonomie´, der ´Neuen Politischen Ökonomie´; die ´vergleichende Analyse von Institutionen´ bzw. ´Institutional Choice´, sowie die ´Theorie des Neuen Institutionalismus´.[25]
Die Bearbeitung sozialwissenschaftlichen Felder durch die Ökonomik befürwortet auch der Wirtschaftswissenschaftler Mancur Olson, denn:
„Economic (more precisely micro-economic) theory is in a fundamental sense more nearly a theory of rational behavior than a theory of material goods.”[26]
2.2. Das Konzept der Haushaltsproduktionsfunktionen nach Gary S. Becker
Der Nobelpreisträger und Ökonom Gary S. Becker kann als Vater der ökonomischen Verhaltenstheorie angesehen werden. Er formulierte das Konzept der Haushalts-produktionsfunktionen, um, im Rahmen seiner ökonomischen Theorie der Familie, der Anomalie zu begegnen, nach der mit steigendem Einkommen die Fertilitätsrate in den USA dramatisch gesunken war.
Innerhalb der traditionellen ökonomischen Theorie sind Akteure lediglich passive Konsumenten von Gütern und Dienstleistungen. Die Bestrebungen der Maximierung des Nutzens wird von den Akteuren über den Erwerb von Marktgütern bewerkstelligt. Dabei sehen sich Individuen lediglich den monetären Einkommensrestriktionen gegenüber. Die vollständige Erklärung des Verhaltens von Akteuren erfolgt also über die Variablen Einkommen, Preise und Präferenzen[27]. Allerdings gingen damit Probleme einher.Zur Erklärung verschiedener Präferenzen und Personengruppen benötigte man zusätzliche Variablen[28], für die innerhalb des klassischen theoretischen Konzepts kein Platz vorgesehen war.
Die Lösung dieses Problems versuchte Gary Becker zu erreichen, in dem er eine neue Form von Gütern einführte: die ´commodities´[29]. Diese Güter können jedoch nicht auf einem Markt erworben, sondern müssen selbst hergestellt werden, wobei jeder Haushalt die Rolle einer kleinen Fabrik übernimmt. Bei der Herstellung der ´commodities´ sind Marktgüter, Zeit und individuelle Fähigkeiten die entscheidenden Terme. Da diese Güter nicht ge- und verkauft werden, haben sie auch keine Marktpreise, sondern werden durch Schattenpreise[30] bzw. Opportunitätskosten quantifiziert.
Diese Annahmen ergeben für die eben erwähnte Anomalie die folgende Erklärung. Personen, die bei ihrem ausgeübten Beruf einen hohen Stundenlohn erzielen, haben bei zeitaufwendigen Tätigkeiten hohe Schattenpreise zu berücksichtigen. Wenn man weiter davon ausgeht, dass z.B. Kindererziehung eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit ist, wird deutlich das die Kosten von Kindern gerade bei gut verdienenden Personen steigen.
Zusammengefasst ist die Leistung Gary S. Beckers, die Erkenntnis, dass mit Hilfe seines theoretischen Modells das Verhalten nun auf gesellschaftliche Produktionsprozesse zurückgeführt werden konnte. D. h. durch die Betonung der Einkommens- und Preiseffekte gegenüber den angenommenen Präferenzen können diese nun auf Unterschiede innerhalb der individuellen Produktionsprozesse der ´commodities´ zurückgeführt werden.
2.3. Das klassische Modell des homo oeconomicus
In den folgenden Abschnitten möchte ich das Modell des homo oeconomicus vorstellen und auf die jeweils zentralen Annahmen näher eingehen.
Nach Bruno S. Frey[31] lässt sich das Handeln des Menschen durch fünf Elemente kennzeichnen.
2.3.1. Das Individuum als Analyseeinheit
Das erste Element besagt, dass als Analyseeinheit nur der einzelne Akteur in Frage kommen kann. Diese Herangehensweise folgt dem Konzept des Methodologischen Individualismus, bei dem davon ausgegangen wird, dass Gruppenverhalten das Resultat individueller Entscheidungen ist, und deshalb das Individuum zentraler Ausgangspunkt für die ökonomische Analyse sein muss. So auch die Argumentation der Ökonomen Richard B. McKenzie und Gordon Tullock:
„... wenn wir Gruppenverhalten verstehen wollen, wir zunächst das Verhalten der Individuen verstehen müssen, die die Gruppe ausmachen. Wir gehen davon aus, daß nur Individuen handeln können.“[32]
Der Politikwissenschaftler Reinhard Zintl sieht eine prognostische Überlegenheit von Theorien, welche Regelmäßigkeiten auf der Mikroebene erfassen können, denn:
„Regelmäßigkeiten auf der Makroebene müssen ihre Grundlage in Regelmäßigkeiten auf der Mikroebene, der Ebene individuellen Verhaltens haben.“[33]
Allerdings darf diese Betrachtungsweise nicht gleichgesetzt werden mit einer Theorie vereinzelter oder isolierter Individuen, denn es ist mit dem methodologischen Individualismus durchaus vereinbar, dass sich Menschen in Gruppenkontexten anders verhalten als im Rahmen von isolierten Situationen[34].
Obwohl das ökonomische Verhaltensmodell ursprünglich der Mikroökonomie entstammt, setzt sich diese Sichtweise mittlerweile auch in weiten Teilen der Makroökonomie durch, denn:
„Sowohl die (eher links orientierte) >Neue (keynesianische) Makroökonomik< als auch die (eher konservativ orientierte) >Neue klassische Makroökonomik< verwende heute eine solche >Mikrobasis<, d.h. sie gründen ihre theoretischen Überlegungen auf die Annahme individuell rationalen Verhaltens der Wirtschaftssubjekte.“[35]
Ein wesentlicher Unterschied zu (neo)klassischen mikroökonomischen Modellen vollständiger Konkurrenz besteht in der Annahme, dass die Marktteilnehmer nicht perfekt informiert[36] sind und Transaktionskosten auftreten.[37] Diese beiden Annahmen sind es auch, die Kirchgässner von einer „ modernen Version“[38] des homo oeconomicus sprechen lassen.
Für eine adäquate Analyse von Verhaltensänderungen ist im Rahmen der Ökonomik eine Aggregation[39] der gewonnen Erkenntnisse auf Individualebene von Nöten. Denn die Ökonomie interessiert sich weniger für die Ergebnisse individueller Handlungen, als vielmehr für das Verhalten größerer Gruppen. Diese Größeren Gruppen können Konsumenten, Unternehmen oder Wähler sein und werden als Aggregate bezeichnet. So macht Gebhard Kirchgässner auf diese zentrale Aufgabe der Sozialwissenschaften noch einmal aufmerksam, wenn er anmerkt:
„Nur so können von den einzelnen Individuen nicht intendierte soziale Folgen individueller Handlungen erfasst werden, welche zu einer spontanen Ordnung führen.“[40]
2.3.2. Anreize als Determinanten menschlichen Verhaltens
Das zweite Element innerhalb des ökonomischen Verhaltensmodelles rekurriert darauf, dass Menschen in systematischer und somit auch vorhersagbarer Art und Weise auf bestimmte Situationen oder Problemstellungen reagieren. Diese Situationen und Problemstellungen wirken in Form von Anreizen auf das Individuum ein. Dem Individuum ist es möglich nach Problemlösungen zu suchen, und dabei seine Erwartungen[41] einzubeziehen. Außerdem ist der Mensch in der Lage zwischen den Vor- und Nachteilen der sich ihm bietenden Alternativen abzuwägen.
Die soeben beschriebenen Anreize werden ihrerseits beeinflusst durch Präferenzen und Restriktionen.
2.3.3. Präferenzen und Restriktionen
Die Präferenzen werden in der ökonomischen Analyse mit dem Wertesystem des Individuums gleichgesetzt. Jede mögliche ausführbare Handlung besitzt für das Individuum einen bestimmten Nutzwert. Anhand dieser Nutzwerte kann das Individuum seine Handlungsalternativen nach dem Grad des Wertes gewichten und in eine systematische Reihenfolge bringen.
Restriktionen werden in der Ökonomie als Beschränkung der Möglichkeit, sich mit individuellen Gütern versorgen zu können interpretiert[42]. Ferner zählen nach Gebhard Kirchgässner auch soziale Institutionen zu den Restriktionen, da diese das Handeln des Individuums determinieren.[43] Ein wichtiger Aspekt ist hier, dass die Ökonomik zwischen Präferenzen und Restriktionen eine strikte Trennungslinie zieht[44]. Im ökonomischen Verhaltensmodell werden Verhaltensänderungen fast ausschließlich durch Änderungen auf der Restriktionsebene erklärt. Das liegt daran, dass Präferenzen deutlich stabiler sind und Veränderungen sich relativ langsam vollziehen.[45] Genau hier ist eine wichtige Fehlerquelle zu vermuten. Präferenzänderungen sind schwer bzw. gar nicht messbar, weshalb nur Veränderungen auf der Restriktionsebene für Verhaltensänderungen verantwortlich gemacht werden können.
Einschränkungen bzw. Restriktionen werden in der ökonomischen Analyse zwar vorwiegend in Geldeinheiten gemessen, z.B. Einkommen, sowie Güter- oder Dienstleistungspreise, allerdings wird ebenso der Zeitfaktor, welcher für das Ausführen von Konsumhandlungen oder Handlungen generell benötigt wird, berücksichtigt.
Unterschieden werden vor allem die Art der Kosten, die sich für das Individuum ergeben können. Dies sind monetäre Kosten, also Kosten, die direkt in Geldeinheiten erfasst werden können und sonstige Kosten. Zu diesen zählen neben den Opportunitätskosten und Transaktionskosten auch psychische Kosten. Dabei entstehen Opportunitätskosten, wenn durch die Verwendung von Ressourcen der Konsum anderer Güter ausgeschlossen wird. Transaktionskosten entstehen weil Individuen sich nur zum Teil mit den benötigten Gütern selbst versorgen können. Da die Versorgung mit anderen Gütern mit dem Überschreiten der persönlichen Sphäre einhergeht, spricht man von Transaktionen. Zu den Transaktionskosten zählen u.a. die Kosten der Informations-beschaffung und –verarbeitung, der Entscheidungsfindung und –koordination sowie der Verhaltenskontrolle und –sanktionierung. Psychische Kosten entstehen dem Individuum, wenn es bewusst von internalisierten Normen abweicht[46].
Somit kann allgemein gesagt werden, dass sich Individuen einer permanenten Beschränkung ihrer Möglichkeiten gegenübersehen (Gesamteinkommensrestriktion bzw. Budgetrestriktionen), d.h. sie können mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Budget zwar einige, nie jedoch alle Bedürfnisse befriedigen.
2.3.4. Individuen verhalten sich eigennützig
Das Eigennutzaxiom besagt, dass sich der Mensch dauerhaft nur an seinen eigenen Interessen orientiert. Dies bedeutet, dass für die Wahl der Handlung nur eigene Präferenzen und Restriktionen eine Rolle spielen. Zwar geht das ökonomische Verhaltensmodell auch von sozialen Orientierungen aus, allerdings sind diese schon in den Präferenzen enthalten. Zusammenfassend heißt das, dass der Akteur die Interessen anderen Akteure nur insofern mit einbezieht, wie sie seinen Handlungsspielraum, also seine Präferenzen oder Restriktionen, betreffen.
2.3.5. Der mögliche Handlungsraum wird determiniert durch Einschränkungen
Im Anschluss an Gary S. Becker sind die wichtigsten Determinanten innerhalb der ökonomischen Erklärung menschlichen Verhaltens das verfügbare Einkommen, die relativen Güterpreise, sowie die zum Konsum und Handeln benötigte Zeit.
Aus diesen fünf Elementen lässt sich nach Bruno S. Frey ein zentrales Gesetz, dass verallgemeinerte Nachfragegesetz ableiten. Nach diesem geht mit einer Preiserhöhung eines Gutes bzw. einer Aktivität der Konsum dieses Gutes zurück bzw. wird die Aktivität weniger häufig ausgeführt.
Allerdings weist Frey auch darauf hin, dass dieses Gesetz auf einer marginalen Substitution beruht. Eine Änderung der relativen Preise zieht somit keine plötzliche Veränderung im Verhalten der Individuen nach sich. Vielmehr geschieht diese Änderung über einen gewissen Zeitraum und passt sich der neuen Situation nach und nach an.[47]
Richard B. McKenzie und Gordon Tullock sehen die Anwendbarkeit des Gesetzes der Nachfrage nicht nur auf Güter und Dienstleistungen, die auf Märkten ausgetauscht werden beschränkt. Vielmehr gilt dieses Gesetz auch für:
„Güter wie Liebe, Ehrlichkeit, Rendezvous, die Geschwindigkeit auf Autobahnen, Babys und das Leben selbst.“[48]
2.4. Rationalität
Im Folgenden werde ich einige meines Ermessens wichtige Zusatzannahmen, die innerhalb des ökonomischen Verhaltensmodells zu berücksichtigen sind darstellen. Dabei werde ich kurz auf die folgenden Konzeptionen eingehen: Rationalität, die Bedeutung von Kosten-Nutzen-Analysen, Entscheidungen innerhalb des ökonomischen Verhaltensmodells sowie die Bedeutung von Regeln innerhalb der Ökonomik.
Ein zentraler Begriff im Rahmen der Analyse von menschlichem Verhalten ist der der Rationalität.
Sie ist nach McKenzie und Tullock durch ihre logische Konsistenz geprägt und sollte gewissen systematischen Anforderungen genügen. Menschen treffen eine rationale Auswahl aus alternativen Möglichkeiten und dies unabhängig vom jeweiligen Gegenstandsbereich[49].
Eine andere Definition von Rationalität gibt Gebhard Kirchgässner. Für ihn bedeutet Rationalität lediglich, dass die Individuen prinzipiell in der Lage sind ihren Handlungsraum abzuschätzen, zu bewerten und dann nach ihrem relativen Vorteil zu handeln.[50] Er wendet sich damit explizit gegen das Zerrbild des perfekt informierten, in jedem Augenblick optimal handelnden Individuums[51].
Auch der Ökonom Edward E. Williams schließt sich der kritischen Auseinandersetzung mit dem immer und zu jedem Zeitpunkt optimal handelnden Akteur an[52], wenn er anmerkt:
“Nevertheless, it is becoming increasingly obvious from the research conclusions of other disciplines (psychology, philosophy, political science and, sociology in particular) that the simplistic notion of “economic man” posited so often in the economics literature, is more fancy than fact.”[53]
Für den Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften Gary S. Becker stellt Rationalität ein Instrument zu Komplexitätsreduktion dar. Er führt den Begriff der ´als-ob-Rationalität´ ein. Die Begründung hierfür liegt in dem Umstand, dass:
„Positive Einkommens- und negative Preiseffekte (..) sich (..) somit als eine Folge von Knappheit, nicht jedoch als Folge von Rationalität [erklären lassen], da sie auch aus irrationalem Verhalten resultieren.“[54]
Dieses Konstrukt besagt, dass sich der Haushalt oder das Individuum so verhalten, als ob sie ihre Nutzenfunktion rational maximieren. Mit Hilfe eines solchen Konstruktes lassen sich nach Becker erst empirische Aussagen auf analytischem Wege herleiten. Ob generatives Verhalten der Akteure durch bewusste, halbbewusste oder unbewusste Entscheidungen zustande kommt, ob es traditional oder emotional determiniert wird, kann offen bleiben.
Ein allgemein in den Wirtschaftswissenschaften verwendetes Konzept von Rationalität ist allerdings das des nutzenmaximierenden Egoisten.
Im Anschluss an die spieltheoretischen Ergebnisse, die das Programm ´TIT FOR TAT´ des Psychologen Anatol Rapoport zum Thema Defektion vs. Kooperation lieferte[55], kommt Klaus-Dieter Lambert zu dem Schluss:
„Der wahre Egoist kooperiert, ist nicht neidisch und auch gar kein besonders raffinierter Stratege. Er ist umgänglich und freundlich, lässt sich aber auch nicht ausnutzen. Eigentlich ist der wahre Egoist also gar kein so ungenießbarer Zeitgenosse wie ihn viele Kommunitaristen und andere Moralapostel so gerne beschreiben.“ [56]
2.5. Kosten-Nutzen-Analyse
Mit Hilfe der Kosten-Nutzen-Analyse werden die Vor- und Nachteile, die als Handlungskonsequenzen auftreten können, quantifiziert. Dabei geht man davon aus, dass Kosten und Nutzen nicht nur beim handelnden Individuum auftreten, sondern dass auch andere Gesellschaftsmitglieder im Sinne von Interaktionspartnern davon betroffen sind. Die Anwendung dieser Analyse vollzieht sich, indem versucht wird sämtliche Nutzenbeeinträchtigungen und Nutzensteigerungen in monetäre Einheiten umzurechnen. Im Anschluss daran können die Ergebnisse bewertet werden, seien diese nun positiv oder negativ.[57]
In der traditionellen Ökonomie werden als Beispiele für solche Kosten-Nutzen-Analysen etwa die Anschaffung von Maschinen oder aber Investitionen im Allgemeinen zitiert. Solche Beispiele sind meist gut nachvollziehbar, weil sie sich in monetären Größen angeben lassen. Schwieriger wird dies natürlich, wenn es sich um menschliches Verhalten und eine dafür adäquate Analyse der Kosten und Nutzen handelt.
Ein Beispiel für eine Kosten-Nutzen-Analyse aus dem Bereich der sozialen Beziehungen ist die Anbahnung einer Partnerschaft. Im Anschluss an den Volkswirtschaftler Karl-Hans Hartwig[58] bilden sich Partnerschaften, weil sich die Individuen durch Eingehen einer Beziehung eine Wohlfahrtsteigerung erhoffen. Diese Wohlfahrtssteigerung ist darauf zurückzuführen, dass die in der Partnerschaft produzierten ´heimischen Güter´[59] von den Individuen allein nicht oder nicht so effizient hätten produziert werden können. Die Effizienz richtet sich dabei nach den Kosten, die für die Herstellung dieser materiellen aber auch immateriellen Güter hätten aufgewendet werden müssen.
2.6. Entscheidung
Im folgenden Abschnitt werde ich die wichtigsten Mechanismen der entscheidungstheoretischen Forschung kurz erläutern und ihren Einfluss auf das ökonomische Verhaltensmodell skizzieren. So wird z.B. gezeigt, dass die Entscheidung des Individuums nicht nur von seinen Informationen, Präferenzen und Restriktionen abhängt, wie das ökonomische Verhaltensmodell dies behauptet.
In der Entscheidungsforschung assoziiert man mit dem Begriff der Entscheidung ein überlegtes, konfliktbewusstes, abwägendes und zielorientiertes Handeln.[60] Damit von einer Entscheidung gesprochen werden kann, muss ein Akteur in einer Situation mindestens zwischen zwei Optionen wählen können. Der Prozess der Entscheidung wird dabei in Beurteilungen / ´judgments´ und Wahlen / ´choices´ unterteilt.
Entscheidungstheoretiker formulieren als Voraussetzung für Entscheidungen die Elemente Wissen, Motivation und Emotion. Wissen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Akteur verstehen muss, welche Optionen vorgegeben sind. Weiter muss er seine Kenntnisse über Konsequenzen in ähnlichen Situationen einsetzen, um die Situation zu verstehen und eine nützliche Lösung herbeiführen zu können. Außer dieser Wissensaktivierung kommt der Komponente der Motivationsdynamik die Aufgabe zu, dass der Akteur das Problem selbst und nach seinen eigenen Vorstellungen lösen will. Emotionen sind die bisher am wenigsten untersuchten dieser drei Entscheidungskomponenten. Hier kann aber zumindest unterschieden werden, ob die aktuellen Stimmungen und Gefühle unabhängig von dem jeweiligen Entscheidungsproblem entstanden sind oder direkt mit den durch den Akteur erwarteten Handlungsfolgen verknüpft sind[61].
In Abhängigkeit der Komponenten die in den Findungsprozess einfließen wird der Begriff Entscheidung in der psychologischen Forschung sehr stark differenziert.[62] Unterschiede hierbei sind u.a. die Merkmale von Entscheidungssituationen und die Art und der Umfang des kognitiven Aufwandes. So unterscheiden sich Entscheidungen beispielsweise danach, ob es sich um eine offene bzw. geschlossene Optionenmenge handelt, ob es einstufige oder mehrstufige Entscheidungen sind, ob sich die Entscheidungen wiederholen oder einmalig getroffen werden und ob es sich um routinisierte, stereotype, reflektierte oder konstruktive Entscheidungen handelt.
Der Einfluss, den eine solche theoretische Erweiterung auf das ökonomische Verhaltenmodell hatte und noch hat, ist durch die Anomalien zu erklären, die den ökonomischen Modellierungen in empirischen Analysen oft nachhingen.[63]
2.7. Regeln
Eine weitere wichtige Frage die sich bei Anwendung des ökonomischen Verhaltensmodells stellt, ist die Frage inwieweit sich der ´homo oeconomicus´ an Regeln orientiert.
Gebhard Kirchgässner widerspricht dabei der unter Nicht-Ökonomen verbreiteten Auffassung, Regeln würden durch den Akteur im Sinne des homo oeconomicus nicht befolgt. Vielmehr ist es auch innerhalb dieses Modells für den Akteur rational, sich an Regeln zu orientieren, weil in einer Welt die durch beschränkte Informationen und beschränkte Ressourcen geprägt ist, die Orientierung an Regeln als Vereinfachung gelten kann. Allerdings erfolgt innerhalb der ökonomischen Modellierung keine Absolutsetzung von Regeln. Vielmehr werden Regeln zur Entscheidungsfindung als Möglichkeit für das Sparen von Entscheidungs- und Informationskosten interpretiert[64]. Unterschieden wird zwischen internen Regeln und externen Regeln. Interne Regeln sind durch das Individuum selbst gesetzt und können bei Bedarf auch wieder geändert werden. Externe Regeln hingegen sind gesellschaftlich vorgegeben und das Individuum hat keinen Einfluss darauf. Es kann sich daran halten oder nicht. Solche gesellschaftlichen Regeln sind z.B. Rechtsvorschriften, deren Einhaltung von den Individuen erwartet wird und die somit weitere Restriktionen ihres Handelns darstellen[65]. Restriktionen sind diese Regeln deshalb, weil die Nichtbefolgung von Rechtsvorschriften ihrerseits ja mit Kosten verbunden sein kann. Allerdings kann es auch rational sein sich über die gesellschaftlichen Anforderungen hinwegzusetzen, da die Entscheidung ja auch durch die Wahrscheinlichkeit bei der Regelübertretung ertappt zu werden und die Höhe der jeweiligen Strafsanktion determiniert wird.
Die Besonderheit von solchen Restriktionen liegt in der zeitlichen Wirkung, da die Nichtbefolgung kurzfristig keine oder nur wenig Kosten mit sich bringt kann. Langfristig gesehen, kann das Verstoßen gegen solche Regeln jedoch erhebliche Kosten nach sich ziehen.[66]
Auch Harald Kunz bezieht sich in seinem Beitrag zur Kriminalitätsökonomik auf eben solche Regeln. Er beschreibt Regeln als Lösungsmechanismus von Problemen, die sich aus Knappheitsproblemen im Bereich menschlicher Interaktion ergeben[67].
3. Der soziologische Ansatz
3.1. Wurzeln und Varianten des Rational-Choice-Ansatzes in der Soziologie
Aus soziologischer Perspektive ist die Rational-Choice-Theorie eine allgemeine Handlungstheorie[68], die versucht soziale Phänomene und Prozesse als intendierte und nicht intendierte Folgen rationaler Entscheidungen[69] einzelner Akteure zu erklären.
Als Wurzel kann hier das Modell rationalen Handelns des Soziologen George C. Homans[70] identifiziert werden, das jedoch seinerzeit innerhalb seiner Disziplin nur mäßige Beachtung fand[71].
Eine erste geschlossene Gesellschaftstheorie auf Grundlage der Theorie der rationalen Wahl stammt von James S. Coleman mit seinen Grundlagen der Sozialtheorie[72].[73]
Bei allen Unterschieden, welche die eben genannten Autoren inhaltlich aufweisen, ist ihnen eines gemein; die Erklärung soziologischer Phänomene auf akteursorientierter Basis[74].
Nach Andreas Diekmann[75] lassen sich die unterschiedlichen Varianten der RCT durch die zugrunde gelegte Entscheidungsregel, die zulässigen Nutzenargumente sowie die Modellierungsstrategie differenzieren[76].
Eine der wichtigsten Entscheidungsregeln ist dabei nach Diekmann das Maximierungsprinzip, welches den meisten Theorien der rationalen Handlung zugrunde liegt. Dieses findet sich bei der Maximierung des Erwartungsnutzens innerhalb der Neumann-Morgenstern-Theorie, die Maximierung des subjektiv erwarteten Nutzens in der SEU-Theorie[77], sowie der Maximierung von ´prospects´ in der Prospekt-Theorie nach Daniel Kahnemann und Amos Tversky. Weitere Entscheidungsregeln sind ´Maximin´ und ´minimales Bedauern´. Allerdings finden auch nicht-maximierende Gesetzmäßigkeiten wie ´satisficing behaivior´ in ´bounded rationality´–Theorien Anwendung. Eine Darstellung der SEU-Theorie sowie der Prospekt-Theorie nehme ich im Kapitel Selektionsregel vor.
3.2. Das soziologische Modell nach Hartmut Esser
Das Grundprinzip der RCT in der Soziologie lautet, dass Akteure über Ressourcen verfügen, die sie für ihre Ziele einsetzen können. Nach Andreas Diekmann ist Verfügbarkeit über Ressourcen die Möglichkeit der Auswahl zwischen mindestens zwei Alternativen[78]. Die eben schon genannten Ziele soziale Wertschätzung und physisches Wohlbefinden erweitert Siegwart Lindenberg um ein weiteres: Die Minimierung von Verlust[79].
Innerhalb der RCT bedeuten diese Grundannahmen, dass Akteure innerhalb von Entscheidungssituationen ihre Präferenzen möglichst gut umsetzen wollen, dabei jedoch nur einen eingeschränkten Möglichkeitsraum[80] besitzen.
Obwohl dieses Grundprinzip sich oberflächlich nicht wesentlich von dem des homo oeconomicus unterscheidet, werden die Unterschiede doch schnell deutlich. Andreas Diekmann schlägt eine Differenzierung in eine „harte“ und eine „weiche“ Variante[81] der RCT vor. Die harte Variante[82] ist dabei das Modell des homo oeconomicus, dessen Schwerpunkt auf rein materiellen Interessen sowie der Eigennutzannahme liegt. Als weiche Variante soll in Anlehnung an Karl-Dieter Opp (1986) eine Theorie gelten, die die Aufnahme von Nutzenargumenten wie soziale Missbilligung, interne Kosten und Belohnungen sowie altruistische Motive zulässt. Trotz dieser Unterscheidung gilt jedoch für beide Varianten das Ziel, Theorien und Modelle zu konstruieren, die informative Hypothesen über soziale Phänomene zulassen.
Eine Unterscheidung ist für diese Arbeit besonders zentral, da sich die beiden Varianten bezüglich ihrer Anwendbarkeit unterscheiden. So werde ich im Kapitel ´Low-Cost-Situationen´ zeigen, dass gemäss der ´Low-Cost-Hypothese´ mit steigenden Kosten harte Modelle fruchtbarere Verhaltensprognosen erlauben als weiche.
Die Rational-Choice-Theorie ist eine Entscheidungstheorie auf Basis der Erklärung von kollektiven Effekten aus Annahmen über individuelles Handeln innerhalb eines sozialen Kontextes[83]. Im Gegensatz zu dieser individualistischen Vorgehensweise, die ich schon einleitend als „akteursorientierte“ Soziologie beschrieben habe, versucht die kollektivistische Soziologie, Phänomene lediglich auf der Makroebene zu erfassen und zu analysieren[84]. So kommentiert Paul B. Hill:
„Im Gegensatz dazu will der Durkheim´sche Ansatz Soziales ausschließlich durch soziales erklären, verbleibt also ganz auf der Makroebene (..).“[85]
Es darf jedoch nicht angenommen werden, dass sich die individualistische Theorie lediglich für Individuen und deren Handlungen interessiert.
„Aus methodologischer Sicht ist das vorgestellte Grundmuster einer Theorie kollektiver Phänomene also weder kollektivistisch, da es auf Erklärung der individuellen Effekte besteht, noch reduktionistisch, da es kollektive Phänomene als Randbedingungen (Ursachen) explizit zulässt.“[86]
Sie geht vielmehr davon aus, dass im Sinne des „Methodologischen Individualismus“ soziale Probleme und Prozesse über individuelles Handeln[87] kausal erklärt werden sollen[88]. Dies darf allerdings nicht als Beschränkung auf individuelle Alltagshandlungen verstanden werden. Nach Andreas Diekmann gelten hierzu auch Handlungen von Akteuren in Organisationen und Unternehmen (wie z.B. Managemententscheidungen), sowie die Erklärung aggregierter Handlungsfolgen auf der Makroebene von Institutionen und sozialen Systemen.
Eben um diese Mikro-Makro-Problematik geht es James S. Coleman mit seinem endogenen, rekursiven Erklärungsmodell[89]. Er verwendet hierfür ein ´deduktiv-nomologisches´ Erklärungsmuster. Im Sinne des Hempel-Oppenheim Schemas, bei dem zwischen dem zu erklärenden Phänomen, dem Explanandum und dem Erklärenden, dem Explananas unterschieden wird. Das Explanans besteht hierbei aus einer Theorie, die allgemein, d.h. ohne Raum-Zeit-Bezug, formuliert ist, sowie aus der empirischen Beschreibung der vorliegenden Ursache. Die Theorie verbindet also Ursache und Wirkung.[90]
Dieses Erklärungsmuster enthält ein allgemeines Handlungsgesetz und kennzeichnet die Ausgangsbedingungen auf der Makroebene durch Anfangs- und Randbedingungen. Eine Verbindung von Mikro- und Makroebene erfolgt dann über Brückenannahmen und Transformationsregeln. Innerhalb dieses Verfahrens haben die Brückenannahmen oder auch Brückenhypothesen[91] eine wichtige Funktion. Sie füllen die allgemeinen Konstrukte der Theorie mit operrationalisierbaren Variablen und sorgen im Sinne einer soziologischen Erklärung für die Verknüpfung der Merkmale der sozialen Struktur bzw. Situation mit den individuellen Merkmalen[92]. Eben diese Verknüpfung ist wichtig, da die soziale Struktur die individuelle Situationsdefinition beeinflusst.
[...]
[1] Reuter, Christoph (2003): Mein Leben ist eine Waffe: Selbstmordattentäter: Psychogramm eines Phänomens, München, 2002, S.13
[2] Interessanterweise ist die Übersetzung des hier gemeinten Begriffs ´Huri´ nicht bei allen Muslimen anerkannt. So ist z.B. Dr. Maher Hathout vom Islamischen Zentrum Südkaliforniens der Meinung, es bedeutet ´Engel´ oder ´himmlisches Wesen´ und habe somit weder ein Geschlecht noch überhaupt etwas mit Sexualität zu tun. Vgl. Reuter (2002): S. 261
[3] Reuter (2002): S. 263
[4] Eine ausführliche Darstellung der Geschichte der Selbstmordattentate findet sich bei: Croitoru, Joseph (2003): Der Märtyrer als Waffe – Die historischen Wurzeln des Selbstmordattentats, München / Wien, 2003
[5] So bezweifle ich, dass es allein ein Phänomen wie der ´explosive Narzissmus´ ist, der sich für die Entscheidung von Menschen, sich mit Hilfe einer Bombe zu sprengen, verantwortlich zeichnet. Zu diesem Ergebnis kommt etwa der Psychologe Wolfgang Schmidtbauer. Vgl. Schmidbauer, Wolfgang: Der Mensch als Bombe, Eine Psychologie des neuen Terrorismus, Reinbek bei Hamburg, 2003. Andere Erklärungen verweisen auf Konzepte wie „Boderline-Persönlichkeit“ oder „präsuizidalem Syndrom“. Vgl. Luczak/Kucklick/Reuter S. 264
[6] Reuter (2002): S. 28
[7] Innerhalb der Sozialwissenschaften existieren annähernd so viele Begrifflichkeiten für diese Theorie wie es verschiedene Theoriefelder für diesen Ansatz gibt. Neben Theorie der rationalen Wahl spricht man auch von Rational-Choice-Theorie, Nutzentheorie oder Rationalverhaltenstheorie. Im Folgenden werde ich die Abkürzung RCT verwenden.
[8] Der Soziologe Andreas Diekmann macht auf den Unterschied zwischen normativer und deskriptiver Analyse aufmerksam. Seines Ermessens: „lautet die Frage nicht, wie Menschen gemäß einer bestimmten Rationalitätsdefinition handeln sollen, sondern wie Akteure unter spezifischen Bedingungen in einer Wahlsituation handeln werden.“ Diekmann, Andreas: HOMO ÖKOnomicus, In: Umweltsoziologie, Sonderheft 36 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Opladen, 1996, S. 92
[9] Nach Kuhn beginnt eine Entdeckung: “mit dem Bewußtwerden einer Anomalie, das heißt mit der Erkenntnis, das die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten, die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfüllt hat.“ Kuhn, Thomas J.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt a.M., 1999, S. 65
[10] Zimmerling, Ruth: ´Rational-Choice´-Theorien: Fluch oder Segen für die Politikwissenschaft?, Opladen, 1994, S. 14
[11] Eine Ausnahme ist hier die aktuelle Diskussion von high-cost- und low-cost-Situationen im Bereich der Umweltsoziologie. Diese wird im Kapitel Entscheidungen in low-cost bzw. high-cost Situationen thematisiert. (Anm. d. Verf.)
[12] Fukuyama, Francis: Das Ende der Geschichte: wo stehen wir? München, 1992
[13] Huntington, Samuel: Der Kampf der Kulturen: die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München, 1996
[14] Ein Problem dieses Ansatzes ist sicherlich die fehlende Differenzierung zwischen Islam als Weltreligion und Islamismus als radikal-politischer Strategie. Deshalb werde ich im Abschnitt religiöse Motive eine Differenzierung zwischen Islam, Islamismus und islamistischen Terrorismus vornehmen.
[15] vgl. Steinberg, Guido: Islamismus und islamistischer Terrorismus im Nahen und Mittleren Osten – Ursachen der Anschläge vom 11. September 2001, Sankt Augustin, 2002, S. 14
[16] Tophofen, Rolf: Sterben für Allah: Die Schiiten und der Terrorismus, Herford, 1991, S. 108
[17] So versucht etwa der Direktor des Instituts für Politik und Strategie in Herzliya, Uzi Arad, die Parallelen zur Rationalität der Abschreckung, welches 40 Jahre lang Gültigkeit in der Doktrin der Weltpolitik hatte aufzuzeigen: „Schließlich beruhte doch das gesamte Konzept der atomaren Abschreckung nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Androhung eines institutionalisierten Selbstmordes. Es war paradox aber es funktionierte.“ Reuter (2002): S. 365
[18] Reuter (2002): S. 184
[19] Frey, Bruno S.: Ökonomie ist Sozialwissenschaft: die Anwendung der Ökonomie auf neue Gebiete, München, 1990, S. V
[20] Kirchgässner, Gebhard: Homo oeconomicus: das ökonomische Modell individuellen Verhaltens und seine Anwendung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Tübingen, 1991, S. 2
[21] Habisch, André: ´Extending Capital Theory´ - gesellschaftspolitische Implikationen eines theoretischen Forschungsprogramms, Tübingen, 1998, S. 31
[22] Frey (1990): S. 21
[23] Smith, Adam: Der Wohlstand der Nationen : eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, 10. Aufl., München, 2003
[24] Frey (1990) : S. 10
[25] Vgl. hierzu u.a. Becker (1982), McKenzie/Tullock (1988), Kirchgässner (1988), Bombach (1977/78), Boettcher (1983), Lindenberg (1985), Schenk (1985), Coase (1984), Furobotn/Richter (1984).
[26] Olson, Mancur: Economics, Sociology, and the best off all possible Worlds, Aldershot, 1991, S.54
[27] Becker, Gary S.: Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, Tübingen, 1982, S. 146
[28] Hier zu nennen sind Variablen wie Alter, Familienstand, Bildung, Beruf u.a.m.
[29] Hierzu zählt er Gesundheit, Anerkennung und Sinnfreuden.
[30] Der Schattenpreis einer Tätigkeit ist das entgangene Einkommen, welches der Akteur bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit erhalten hätte.
[31] Frey (1990): S. 4 - 8
[32] McKenzie, Richard B., Tullock, Gordon (1984): Homo oeconomicus: ökonomische Dimensionen des Alltags, Frankfurt a.M., 1984, S. 28
[33] Zintl, Reinhard (1991): Wahlsoziologie und individualistische Theorie – der ökonomische Ansatz als Instrument der Mikrofundierung von Aggregatanalysen, Bonn, 1991, S. 205
[34] Vgl. Kirchgässner (1991): S. 24
[35] Kirchgässner (1991): S. 93
[36] Kirchgässner betont, dass Informationen im hier gebrauchten Sinne nicht nur unvollständig, sondern häufig auch ungleich verteilt sind. Kirchgässner (1991): S. 72
[37] Vgl. hierzu die zusammenfassende Gegenüberstellung des ökonomischen Verhaltensmodells mit dem Modell nach Hartmut Esser in Abschnitt IV.
[38] Kirchgässner (1991): S. X
[39] Diese Aggregation ist Bestandteil jeder RC-Variante. Im Kapitel der soziologische Ansatz nach Hartmut Esser werde ich diesen Punkt noch einmal genauer aufgreifen.
[40] Damit wird genau auf das Problem bezug genommen, dass kein Individuum handelt um damit einen Marktmechanismus in Gang zu setzen. Allerdings werden durch die Handlungen der Marktteilnehmer -intendiert oder unintendiert- eben solche Mechanismen in Gang gesetzt. Vgl. Kirchgässner (1991): S. 22
[41] Dabei bezieht das Individuum natürlich auch ein, dass es in der Zukunft Erwartungen haben wird. So können etwa nicht sämtliche Ressourcen für sofortigen Konsum verbraucht werden.
[42] Dies können Preise, Einkommen und Erstausstattungen mit Ressourcen sein. Vgl. Kirchgässner (1991): S. 72
[43] So bestehen für Kirchgässner Institutionen vor allem aus Rechtsvorschriften oder werden zumindest von diesen beeinflusst. Er verweist hier auf die Ansätze der >Neuen Institutionenlehre< und die >neue institutionelle Ökonomie< deren Zielsetzung es ist, die Wirkungsweise sozialer Institutionen auf den Wirtschaftsablauf zu untersuchen. Kirchgässner (1991): S. 72
[44] Dies macht nach Kirchgässner einen wichtigen Unterschied zu anderen sozialwissenschaftlichen Ansätzen, z.B. der traditionellen Soziologie aus. Vgl. Kirchgässner (1991): S. 13
[45] Kirchgässner (1991): S. 26
[46] Der Begriff der psychischen Kosten geht zurück auf die von Leon Festinger entwickelte Theorie der kognitiven Dissonanz. Die Verwendung psychischer Kosten ist jedoch umstritten. Wenn man psychische Kosten nämlich als eine Art Restgröße innerhalb des Rational-Choice-Ansatzes verwendet, kann damit jedes Verhalten erklärt werden und keines ausgeschlossen. Vgl. Kirchgässner (1991): S. 59
[47] Frey (1990): S. 7
[48] McKenzie/Tullock (1984): S. 37
[49] McKenzie/Tullock (1984): S.29
[50] Vgl. Kirchgässner (1991): S. 17
[51] Vgl. Kirchgässner (1991): S. 17
[52] Für einen Überblick über die verschiedenen Erweiterungen des neoklassischen Rationalitätskonzepts vgl. Williams, Edward E., Findlay, Chapman M., A Reconsideration of the Rationality postulate. ´Right Hemisphere Thinking´ in Economics, Aldershot, 1991
[53] Williams/Findlay (1991): S. 135
[54] Pies, Ingo: Theoretische Grundlagen demokratischer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik – Der Beitrag Gary S. Beckers, Tübingen, 1998, S. 9
[55] Vgl. Axelrod, Robert (1995): Die Evolution der Kooperation, München, 1995
[56] Lambert (2000): S. 77
[57] vgl. Schäfer, Hans-Bernd (1989): Die Ökonomisierung der Sozialwissenschaften, Frankfurt a.M., 1989, 172f.
[58] Hartwig, Karl-Hans: Partnerschaften – Ökonomie zwischenmenschlicher Beziehungen, München, 1993, S. 35
[59] Anhand dieses Begriffes ist zu erkennen, dass er sich an den vorangegangenen Arbeiten Beckers orientiert.
[60] Jungermann, Helmut (1998): Die Psychologie der Entscheidung: Eine Einführung, Heidelberg/Berlin, 1998, S. 3
[61] Jungermann (1998): S. 63f
[62] Jungermann (1998); S. 25ff
[63] Für einen Überblick über solche Anomalien sei auf den Band Psychologische Grundlagen der Ökonomie (Fehr, Ernst, Schwarz, Gerhard (2002): Psychologische Grundlagen der Ökonomie: Über Vernunft und Eigennutz hinaus, Zürich, 2002) verwiesen. Dort werden neuere Forschungsansätze beschrieben, die u.a. zeigen, dass nicht nur eingeschränkte Rationalität, sondern auch Ungeduld, Willensschwäche, intrinsische Motivationen, Fairness und Altruismus die ökonomischen Entscheidungen von Individuen beeinflussen.
[64] Vgl. Kirchgässner (1991): S. 35
[65] Vgl. Kirchgässner (1991): S. 34
[66] Gebhard Kirchgässner verweist in diesem Zusammenhang auf das Modell des ´Rationalclowns´ des Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften Armatya K. Sen (1977). Dieser tritt als ´Minimaximierer´ auf, was bedeutet, dass dieser Akteur Vorteile nur kurzfristig bewertet, jedoch langfristige (negative) Konsequenzen ignoriert.
[67] Kunz, Harald (1993): Kriminalität, München, 1993, S. 205
[68] Weitere Vorschläge für solche allgemeinen Handlungstheorien sind behavioristische Lern- und Verhaltenstheorien, der rollen- und normorientierte homo sociologicus nach Ralf Dahrendorf, Austauschtheorien sowie phenomenologische Alltagstheorien. Vgl. Hill, Paul B. (2002): Rational-Choice-Theorie, Bielefeld, 2002, S. 29
[69] Der Soziologe Andreas Diekmann kritisiert die Verwendung von Begriffen wie „rational“, „rational choice“ und „rationales Handeln“ und schlägt vor, neutral von einer Entscheidungstheorie zu sprechen, denn: „Die Frage lautet nicht, wie Menschen gemäß einer bestimmten Rationalitätsdefinition handeln sollen, sondern wie Akteure unter spezifischen Bedingungen in einer Wahlsituation handeln werden.“ Diekmann, Andreas: (1996): S. 92
[70] Homans, George C., Social Behavior as Exchange, In: American Journal of Sociology, 63, 1958, S. 597 - 606
[71] Vgl. Opp, Karl-Dieter, Soziale Probleme und Protestverhalten, Opladen, 1984b, S. 2. Die Gründe hierfür liegen nach Ansicht von Klaus-Dieter Lambert darin begründet, dass viele Soziologen die theoretischen Erkenntnisse Georg C. Homans als Reduzierung auf Psychologie empfanden und das er ausschließlich mit Kleingruppen arbeitete. Weiter rief die Tatsache, dass er sich bei seinen Arbeiten auf die lerntheoretischen Erkenntnisse von Burrhus Frederic Skinner stützte, der vorwiegend mit Tauben und Ratten experimentierte, Zweifel hervor. Lambert (2000): S. 188
[72] Coleman, James S., Grundlagen der Sozialtheorie, Band I – III, München, 1991
[73] Weiter sind innerhalb dieses Forschungsprogramms die Namen Peter M. Blau, Raymond Boudon, Jon Elster, Harold H. Kelley, Siegwart Lindenberg, John W. Thibaut und Mancur Olson als moderne Klassiker der soziologischen Rational-Choice-Theorie gelten. Aus dem deutschsprachigen Raum sind die Soziologen Hartmut Esser, Bernhard Nauck, Karl-Dieter Opp, Werner Raub, Thomas Voss und Reinhard Wippler zu nennen.
[74] Auch innerhalb des soziologischen Ansatzes gründet sich diese Theorie also auf den ´Methodologischen Individualismus´.
[75] Diekmann, Andreas (1996): S. 91
[76] Neben diesen primären Unterscheidungskriterien weist Andreas Diekmann auf weitere Spezifikationen hin. Diese wären u.a. der Typ der Aggregationsregel, die Berücksichtigung strategischer Interdependenz, Informationsannahmen, einschränkende Präferenzannahmen, die Art der Brückenhypothesen, sogenannte ´weiche´ Nutzenargumente (soziale Normen, moralische Überzeugungen sowie die Strategie der Modellierung und empirischen Umsetzung. Diekmann, Andreas (1996): S. 93
[77] subjective expected utility theory.
[78] Vgl. Diekmann, Andreas, Voss, Thomas (2004): Die Theorie rationalen Handelns. Stand und Perspektiven, München, 2004, S. 14
[79] Vgl. Lindenberg, Siegwart, Rationalität und Kultur (1990): Die verhaltenstheoretische Basis des Einflusses von Kultur auf Transaktionen, Frankfurt a.M., 1990, S. 271.
[80] Synonym mit Möglichkeitsraum können hier die Begriffe Ressourcen bzw. Restriktionen verwandt werden. Gemeint sind damit wie im ökonomischen Verhaltensmodell Einkommen, Marktpreise, Zeit, Technologie, institutionelle Regelungen wie gesetzliche Auflagen und Verbote. Vgl. Diekmann/Voss (2004): S. 15
[81] Vgl. Diekmann/Voss (2004): S. 20
[82] Es lassen sich nach Diekmann und Voss neben den Nachteilen eines solchen Modells, nämlich die häufige de facto Falsifizierung von Vorhersagen (als Bespiele führt er Soziale Normen und Gesetze an) jedoch auch Vorteile charakterisieren. So macht das mit Annahmen sparsam versehene Modell der harten Variante die Messung in monetären Einheiten möglich und erlaubt damit überhaupt erst eine Falsifizierung. Diekmann/Voss (2004): S. 19
[83] Diekmann/Voss (2004): S. 14
[84] Hartmut Esser weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Theorien von Peter M. Blau, Anthony Giddens, Norbert Elias, Jürgen Habermas, Pierre Bourdieu und Niklas Luhmann allesamt einen Mikrobezug aufweisen. Vgl. Esser, Hartmut, Die Definition der Situation, In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 48, S. 1f
[85] Hill (2002): S. 27
[86] Hill (2002): S. 28
[87] Vgl. Diekmann (1996): S. 91
[88] Vgl. Coleman, James S. (1991a): S. 2
[89] Vgl. Maurer, Andrea (1999): Interessen, Macht und Rechte : die rationalistische Herrschaftstheorie Colemans, Opladen, 1999, S. 138
[90] Vgl. Fuchs-Heinritz, Werner u.a. (1995): Lexikon zur Soziologie, Opladen, 1995
[91] Zur Problematik der Gewinnung von Brückhypothesen vgl. Kelle, Udo, Lüdemann, Christian (1995): Grau teurer Freund ist alle Theorie. Rational Choice und das Problem der Brückenannahmen, In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 47, S. 249 - 267
[92] D. h., den konkreten Handlungszielen, Handlungsalternativen und Bewertungen der Individuen.
- Arbeit zitieren
- Simon Zabel (Autor:in), 2004, Der (Ir)Rationale Terrorismus. Selbstmordattentate aus ökonomischer und soziologischer Perspektive der Rational-Choice-Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48735
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