In der hier vorliegenden Arbeit sollen im Wesentlichen zwei Hauptaspekte der Kritik der reinen Vernunft bezüglich des relevanten Textabschnittes „Transzendentale Logik“ näher bestimmt werden. In Erarbeitung der Texte verdeutlichte sich zunehmend die in dieser Arbeit berücksichtigte Schwerpunktsetzung. Die Urteilstafel rückte in den Vordergrund der Betrachtungen. Besser: Die Vollständigkeit der von Kant vorgeschlagenen Urteilstafel. Weiter ergaben sich daraus die Fragen. Sind für die Gewährleistung des Vollständigkeitsanspruches, der für das Ganze der kritischen Philosophie Kants zum Entscheidungspunkt wird, Annahmen zu berücksichtigen, die dem unmittelbar beigefügten Text, d.h. im Wesentlichen dem Abschnitt der transzendentalen Logik, nicht zu entnehmen sind? Oder verhält es sich umgekehrt? Gibt der benannte Textabschnitt den Schlüssel für das Verständnis der Urteilstafel und der damit verbundenen Kategorientafel frei? In Darstellung der darüber kontrovers geführten Diskussion erscheint mir Letzteres plausibler. Ebenfalls muss die der Urteilstafel immanente Verständnisweise berücksichtigt werden. Gibt es ein Prinzip, das ihr zugrunde liegt oder ist sie als Ganzes nur in Berücksichtigung aller von Kant aufgeführten Momente zu verstehen? In Auseinandersetzung mit diesen Fragen ergab sich notwendig der zweite, in dieser Arbeit eigens berücksichtigte Forschungsbereich. Aus welchem historischen Kontext ergab sich für Kant die in der Kritik vorliegende Bestimmung der Urteilsmomente? Wo liegen Übereinstimmungen, wo Unterschiede zur traditionellen, für Kant relevanten Logikdiskussion? Beweist Kant Innovationspotential oder entblößt er sich als Puzzlespieler, der schon vorhandene Systemvorschläge neu strukturiert? In Annäherung einer bezüglich dieser Überlegung fruchtbaren Untersuchung von Tonelli1ist beides gleichermaßen zutreffend. Kant vertraut auf schon erbrachte Leistungen von Logikern, beweist aber zugleich Gespür für deren Mängel. In einer abschließenden Überlegung, die eher als ein Hinweis auf die im Kantischen Vorschlag enthalten Schwierigkeiten zu lesen ist, entferne ich mich von der rein wissenschaftlichen Auseinandersetzung und versuche spekulativ Probleme zur Genese von Gegenstandswahrnehmungen aufzugreifen. Fruchtbar dafür waren schon früher geleistete Auseinandersetzungen mit Denkern, die Kant eher kritisch gegenüberstanden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung (S.4)
- II. Die Urteilstafel als Entscheidungspunkt des ganzen Versuchs einer kritischen Philosophie und die daraus entstehende Notwendigkeit ihrer Vollständigkeit- Interpretationsversuche verschiedener Autoren (S.6 – 14)
- II.1. Bröcker Walter - Die Qualität als Grundbestimmung des Urteils (S.6)
- II.2. Wagner Hans – Relation als Grundbestimmung des Urteils (S.7)
- II.3. Hegel Georg Wilhelm Friedrich – Der empirische Einwand (S.8)
- II.4. Krüger, Lorenz – Transzendentale Apperzeption als Entscheidungskriterium des Entscheidungskriterium (S.10)
- II.5. Reich Klaus – Etablierung der transzendentalen Einheit der Apperzeption als notwendige Voraussetzung zur Vollständigkeit der Urteilstafel (S.11)
- III. Spezifischer Gebrauch des Verstandesbegriffs – die für Kant relevante Tradition der Logik (S.14 - 20)
- III.1. Aristoteles und Lampert – Graue Eminenzen der Kantischen Logikvorstellung (S.14)
- III.2. Weise Christian (S.16)
- III.3. Thomasius Christian (S.16)
- III.4. Wolf Christian (S.17)
- III.5. Kants Einteilung der Urteilsmomente im Vergleich zu der ihm vorliegenden historischen Logiktradition (S.18 - 20)
- III.5.1. Qualität und Quantität (S.18)
- III.5.2. Relation (S.19)
- III.5.3. Modalität (S.19)
- III.5.4.Fazit (S.20)
- IV. Schluss: Das Verhältnis von Verstand und Vernunft und die sich daraus ergebende Problematik der tierischen Gegenstandswahrnehmung (S.21)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit zwei Hauptaspekten der „Kritik der reinen Vernunft“ bezüglich des Textabschnitts „Transzendentale Logik“. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Vollständigkeit der von Kant vorgeschlagenen Urteilstafel und ihre historische Einbettung.- Die Vollständigkeit der Urteilstafel als Entscheidungspunkt der kritischen Philosophie
- Die Frage nach der historischen Einbettung der Urteilstafel in die Logiktradition
- Die Kritik an Kants Position aus verschiedenen philosophischen Perspektiven
- Die Problematik der tierischen Gegenstandswahrnehmung
- Das Verhältnis von Verstand und Vernunft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung skizziert die Hauptaspekte der Arbeit und stellt die zentrale Frage nach der Vollständigkeit der Urteilstafel in den Vordergrund. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Interpretationen der Urteilstafel und die Frage, ob sie ein Schlüssel zum Verständnis der Kategorientafel ist.
- Die Urteilstafel als Entscheidungspunkt: Dieses Kapitel analysiert verschiedene Interpretationsversuche der Urteilstafel und der darin enthaltenen Vollständigkeit. Es diskutiert die Ansätze von Bröcker, Wagner, Hegel, Krüger und Reich.
- Spezifischer Gebrauch des Verstandesbegriffs: Dieses Kapitel untersucht den historischen Kontext der Kantischen Logik und vergleicht Kants Einteilung der Urteilsmomente mit der Tradition der Logikdiskussion bei Aristoteles, Lampert, Weise, Thomasius und Wolf.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der Kantischen Philosophie, insbesondere der transzendentalen Logik. Im Mittelpunkt stehen die Urteilstafel, die Kategorientafel, die Vollständigkeit der Urteilstafel, die historische Einbettung der Urteilstafel in die Logiktradition, das Verhältnis von Verstand und Vernunft und die Problematik der tierischen Gegenstandswahrnehmung.- Quote paper
- M.A. Mirko Jungkunz (Author), 2004, Die Urteilstafel der Kantischen transzendentalen Logik Entscheidungspunkt der kritischen Philosophie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48609