Die Welt um König Artus und seine Ritter der Tafelrunde erlebte im deutschsprachigen Raum um 1200 in der höfischen Artusdichtung, die durch Chrétien de Troyes in Frankreich begründet wurde, ihren literarischen Höhepunkt. Neben Hartmann von Aue hat auch Wolfram von Eschenbach sich im "Parzival" des Artusstoffes angenommen, wobei er den Artushof jedoch nicht als einziges Gesellschaftsmodell in seine Erzählung integriert hat. Mit der Welt des Grals und seiner Ritter, den Templeisen, kam vielmehr eine neue Sphäre hinzu, die bereits in Grundzügen im "Percevalroman" von Chrétien angelegt worden war. Wolfram gestaltete diese jedoch weiter aus und entwickelte auf diese Weise einen zweiten konkreten Gesellschaftsentwurf neben dem Artushof. Während die Gralsgesellschaft von der Forschung jedoch lange Zeit als Gesellschaftsutopie verklärt wurde, fanden König Artus und sein Hof kaum Beachtung oder es wurde ihnen eine grundsätzlich negative Bewertung zuteil. So wurde die Gralswelt als ein völlig anderes und übergeordnetes Gesellschaftsmodell wahrgenommen, wohingegen die Artuswelt als defizitär und existenzunwürdig abgeurteilt wurde. Doch wollte Wolfram mit der Artusgesellschaft tatsächlich Kritik an einem lange Zeit als Ideal verstandenen weltlichen Rittertum üben?
Die folgende Ausarbeitung wird sich deshalb schwerpunktmäßig mit der Darstellung von König Artus und der arturischen Gesellschaft im literarischen Weltentwurf des "Parzival" befassen. Zunächst soll jedoch ein kurzer Einblick in die Tradition des Artusstoffes gegeben werden, um festzustellen, auf welche Weise sich die Figur des Königs im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Der darauf folgende Abschnitt wird sich schließlich der Gestaltung der Artuswelt im "Parzival" widmen. Dabei sollen die Strukturen des Artuskönigtums und der arturischen Herrschaftsausübung aufgezeigt werden sowie die Bedeutung der Tafelrunde für die Gemeinschaft am Artushof. Ein weiteres Unterkapitel wird sich mit der Zeichnung der Figur des König Artus befassen.
Schließlich sollen unter dem Gesichtspunkt der arturischen Lebensführung zwei für die Artusgesellschaft konstitutive Aspekte untersucht werden, nämlich die der Ritterschaft und die des Minnekults, wobei Letzterer auch die Betrachtung der Frau am Artushof mit einschließt. Der letzte Abschnitt wird sich mit der Frage auseinander setzen, ob Wolfram durch seine Gestaltung der Artushofes tatsächlich Kritik an diesem Gesellschaftsmodell ausüben wollte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kurze Einführung in die Tradition des Artusstoffes
- Die Ursprünge des Artusstoffes und die Entwicklung der Artusfigur von den englischen Chroniken bis zur klassischen Artusdichtung
- Die Darstellung von König Artus und der Artusgesellschaft im „Parzival“
- Artuskönigtum und Herrschaftsausübung
- Die Zeichnung der Figur von König Artus
- Der Artushof und die Institution der Tafelrunde
- Konstituenten arturischer Lebenswelt
- Die Ritterschaft
- Der Minnekult und die Stellung der Frau am Artushof
- Artusgesellschaft im „Parzival“: Kritik Wolframs am klassischen Artusbild?
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Darstellung von König Artus und der arturischen Gesellschaft im literarischen Weltentwurf des „Parzival“ Wolframs von Eschenbach. Ziel ist es, die Strukturen des Artuskönigtums und der Herrschaftsausübung im „Parzival“ zu analysieren, die Bedeutung der Tafelrunde für die Gemeinschaft am Artushof aufzuzeigen und die Figur von König Artus näher zu betrachten. Darüber hinaus werden zwei für die Artusgesellschaft konstitutive Aspekte, die Ritterschaft und der Minnekult, sowie die Stellung der Frau am Artushof untersucht. Schließlich wird die Frage erörtert, ob Wolfram mit seiner Gestaltung der Artuswelt Kritik an diesem Gesellschaftsmodell üben wollte.
- Die Darstellung von König Artus und seiner Rolle im „Parzival“
- Die Strukturen des Artuskönigtums und die Herrschaftsausübung am Artushof
- Die Bedeutung der Tafelrunde für die Gemeinschaft am Artushof
- Die Ritterschaft und der Minnekult als konstitutive Aspekte der arturischen Lebenswelt
- Die Stellung der Frau am Artushof im Kontext des Minnekults
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über das Thema der Arbeit und skizziert den Forschungsstand zum Thema Artus und Gralsgesellschaft.
Das zweite Kapitel bietet eine kurze Einführung in die Tradition des Artusstoffes, beleuchtet dessen Ursprünge im walisischen und englischen Raum und zeichnet die Entwicklung der Artusfigur von den englischen Chroniken bis zur klassischen Artusdichtung nach.
Das dritte Kapitel widmet sich der Darstellung von König Artus und der Artusgesellschaft im „Parzival“. Es werden die Strukturen des Artuskönigtums und der Herrschaftsausübung, die Bedeutung der Tafelrunde und die Figur von König Artus im „Parzival“ genauer betrachtet.
Das vierte Kapitel untersucht zwei wichtige Aspekte der arturischen Lebensführung: die Ritterschaft und den Minnekult. Der Minnekult wird im Kontext der Stellung der Frau am Artushof betrachtet.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Frage, ob Wolfram von Eschenbach mit seiner Gestaltung der Artusgesellschaft Kritik an diesem Gesellschaftsmodell üben wollte.
Schlüsselwörter
König Artus, Artusgesellschaft, Artusstoff, Tafelrunde, Ritterschaft, Minnekult, Wolfram von Eschenbach, „Parzival“, Chrétien de Troyes, Gralsgesellschaft.
- Quote paper
- Nicole Rösingh (Author), 2005, König Artus und die arturische Gesellschaft im Parzival Wolfram von Eschenbachs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48326